Alaska-Kid - V3

JACK LONDON


Alaska-Kid

V3

Über das Buch

San Francisco, O'Hara und seine Zeitschrift, für die er Erzählungen in wöchentlichen Fortsetzungen schrieb, die Redaktion, die Klubs, in denen er verkehrte, all die Nichtigkeiten jener tatenlosen Tage scheinen einer unbeschreiblich fernen Vergangenheit anzugehören. Nur mit Schaudern denkt Kid Bellew daran, wie er einst Zeit und Kraft in dem Bohèmeleben der großen Stadt vergeudet hat, ohne zu wissen, was Nahrung, Schlaf und Gesundheit in Wirklichkeit bedeuten. Aus einer Laune heraus hat er sich Goldgräbern auf dem Wege nach Alaska angeschlossen, hat ungeheure körperliche Strapazen auf sich genommen und schließlich Gefallen am harten Leben in den endlosen Wäldern, den unnahbaren, zerklüfteten Gebirgen und den wild schäumenden Wassern gefunden. Gemeinsam mit Jack Kurz, einem prächtigen Kameraden, schlägt er sich quer durch Alaska, zu Fuß, im Boot, auf Schneeschuhen und mit dem Hundeschlitten. Aus dem ehemaligen Chechaquo, dem Grünschnabel, wird der erfahrene Waldläufer, Hundeführer und Goldsucher Alaska-Kid.

Über den Autor

Jack London (eig. John Griffith, später J. G. London nach seinem Stiefvater) wurde am 12.01.1876 in San Francisco geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Er schlägt sich als Fabrikarbeiter, Austernpirat, Landstreicher und Seemann durch, holt das Abitur nach, beginnt zu studieren, geht dann als Goldsucher nach Alaska, lebt monatelang im Elendsviertel von London, gerät als Korrespondent im russisch-japanischen Krieg in Gefangenschaft und bereist die ganze Welt. Am 22.11.1916 setzt der berühmte Schriftsteller auf seiner Farm in Kalifornien seinem zuletzt von Alkohol, Erfolg und Extravaganz geprägten Leben ein Ende.

1

Ursprünglich hieß er Christoffer Bellew. Als er die Universität besuchte, wurde er zu Chris Bellew. Später bekam er in den Kreisen der San Franziskoer Bohème den Namen Kid Bellew. Und schließlich kannte man ihn nur noch unter »Alaska-Kid«. Und die Geschichte, wie sich sein Name entwickelte, ist zugleich die Geschichte seiner eigenen Entwicklung. Es wäre aber nie so geworden, hätte er nicht eine nachgiebige, schwache Mutter und einen eisenharten Onkel gehabt und wäre kein Brief von Gillet Bellamy gekommen.

»Ich lese soeben eine Nummer der Woge«, schrieb Gillet aus Paris. »Selbstverständlich wird O'Hara sich damit durchsetzen. Er macht aber, scheint's mir, einige Schnitzer.« (Hier folgte eine genaue Aufstellung aller Verbesserungen, die ihm für die neue mondäne Zeitschrift notwendig erschienen.) »Besuch ihn doch mal. Laß ihn aber in dem seligen Glauben, daß es Deine Anregungen seien - er darf um Gottes willen nicht ahnen, daß sie von mir stammen! Sonst macht er mich zu seinem Pariser Korrespondenten, und das kann ich mir nicht leisten, weil die großen Magazine mir ja menschenwürdige Honorare für meine Aufsätze zahlen. Vor allem darfst Du nicht vergessen, ihm zu sagen, daß er den langweiligen Affen, der die Musik- und Kunstkritiken schreibt, hinausschmeißen soll. Und noch eins: San Franzisko hatte früher immer seine eigene Literatur von besonderem Charakter. Das ist augenblicklich nicht der Fall. Sage ihm, daß er irgendeinen gutmütigen Trottel ausfindig machen muß, der eine lange, lebendige Erzählung schreiben soll, in die er den ganzen romantischen Zauber und die schillernde Farbenpracht San Franziskos hineindichten kann.«

Seinen Instruktionen getreu, wanderte Kid brav und bieder zum Redaktionsbüro der Woge. O'Hara lauschte mit Interesse auf seine Ausführungen und erklärte sich mit ihnen einverstanden. Er entließ auch sofort den langweiligen Affen, der die Kritiken schrieb. Aber O'Hara hatte außerdem seine ganz besondere Art, die Gillet selbst in Paris, so weit vom Schuß, fürchtete. Wenn O'Hara sich nämlich etwas in den Kopf setzte, war keiner seiner Freunde imstande, es ihm auszureden. Er war so liebenswürdig und gleichzeitig so eindringlich, daß man ihm einfach nicht widerstehen konnte. Noch ehe Kid Bellew die Redaktion verließ, war er Mitredakteur geworden, hatte versprochen, einige Kritiken zu schreiben, bis man eine brauchbare Feder gefunden hätte, und hatte sich endlich verpflichtet, eine lange, spannende San Franziskoer Erzählung in wöchentlichen Fortsetzungen von je tausend Zeilen zu schreiben... alles, ohne einen Heller dafür zu erhalten. Die Woge könne noch nichts zahlen, erklärte O'Hara.