September 1805.)

 

Das Publikum hat meine Allemannischen Gedichte so unerwartet gütig aufgenommen, daß sich seit zwei Jahren schon zwei Auflagen derselben vergriffen haben und eine dritte notwendig zu werden scheint.

Um diese anspruchslosen Spiele meiner Muse der Liebe und Teilnehmung, die sie schon so glücklich fanden, immer würdiger zu machen, habe ich die öffentlichen und stillen Belehrungen und Erinnerungen mehrerer ebenso einsichtsvoller als nachsichtiger Richter und Freunde zu mannichfaltiger Verbesserung und zum Teil beträchtlicher Umarbeitung derselbigen, so viel als die Zeit noch erlaubte, dankbar benutzt, und zugleich das angefügte Idiotikon, wo es nötig schien, vermehrt. Auch will der Verleger der dritten Ausgabe einige Kupferstiche zur gefälligen Ausstattung mitgeben.

Hebel.

 

Zur dritten Auflage

 

Das Publikum hat die allemannischen Gedichte so gütig aufgenommen, daß der Verlagshandlung eine neue Auflage derselben notwendig zu werden schien. Um diese anspruchslosen Spiele meiner Muse der Liebe und Teilnehmung, die sie bisher so glücklich gefunden haben, immer würdiger zu machen, habe ich für diese Ausgabe die öffentlichen und stillen Belehrungen und Winke mehrerer ebenso einsichtsvollen als nachsichtigen Richter und Freunde zu mannigfaltigen Verbesserungen derselben dankbar zu benutzen gesucht und das beigehende Idiotikon, wo es nötig schien, da und dort vermehrt.

Möge das Publikum für diese Bemühung, seinen Beifall zu gewinnen, wozu auch die Verlagshandlung durch einige Kupferstiche das Ihrige beitragen wollte, dem Büchlein ferner ein freundliches Gesicht gönnen, und sie statt des Kompliments annehmen, womit sich ihm der Verfasser empfiehlt.

Carlsruhe d. 2. April 1806.

 

J.P.H.

 

Zur vierten Auflage

 

Mehrere Freunde der allemannischen Gedichte haben den Wunsch geäußert, in einer neuen Auflage die Lesarten der ersten wiederhergestellt zu sehen. Ich fühle, wie viel in diesem Wunsche Schmeichelhaftes liegt. Er verbürgt mir in einem, neuen Beweis das Wohlwollen, mit welchem, diese Gedichte bei ihrer ersten Erscheinung aufgenommen wurden, und die Aufmerksamkeit, mit welcher das Publikum dieselben fortdauernd beehrt. Was wir lieb haben, gefällt uns am längsten in der Gestalt, in welcher es uns lieb geworden ist. Mit einiger Schüchternheit, und nicht ohne den Versuch einer kurzen Rechtfertigung, gebe ich daher in dieser neuen Auflage den veränderten Text der dritten wieder.

Die neuen Lesarten und größern Umarbeitungen, die in denselben eingeführt sind, entstanden aus dreierlei Rücksichten.

Kaum konnte eine mißbilligende Miene auf die Veränderungen fallen, die ich hie und da versucht habe, um einzelne Härten des Dialekts zu mildern, oder dem Vers, in welchen sich derselbe nicht überall gerne schmiegt, in etwas nachzuhelfen. Sie sind wenig auffallend und, wie ich wünsche, verbessernd. – Ebenso wenig können wohl einzelne ältere Lesearten vermißt und zurückgewünscht werden, die, wie Seite 18 Vers 1, oder ebendaselbst Vers 8–11 der ersten Ausgabe, auf ganz lokale Umstände und bereits vorübergegangene Erscheinungen anspielen, und eben deswegen nur für die wenigen Leser an Ort und Stelle Sinn und Interesse haben konnten. – Eine andere Bewandtnis dürfte es mit Verwischungen einzelner Züge und größeren Umarbeitungen der alten Ausgabe haben, die eine dritte Rücksicht veranlaßte. Sie scheinen vielleicht ganz willkürlich und zwecklos zu sein, sind es aber am wenigsten. Fast nur durch ein Wunder könnte bei aller Vorsicht ein Schriftsteller, der den engen Kreis, aus welchem er seine Gegenstände heraushebt, selber angibt oder verratet, und das Leben, das sich in ihm bewegt, mit Treue darzustellen sucht, vor dem Unglück verwahrt bleiben, zu treffen, was er nicht treffen wollte. In mehreren Stellen ist mir dieses widerfahren. Personen, die ich nicht kenne, glaubten da und dort, sich, ihre Schicksale und persönlichen Eigenheiten angedeutet zu sehen, und fanden sich dadurch, betrübt oder beleidigt. Ich benutze diese Gelegenheit zur öffentlichen Versicherung, daß ich durch das ganze Werklein auf niemand deuten, niemand kränken und höhnen wollte. Zugleich aber darf ich von allen übrigen Lesern hoffen, daß sie die Umarbeitung solcher Stellen, wenn auch die Gedichte selbst dadurch verloren hätten, moralisch billigen werden.

Zu dem allen berechnet der Verleger, der auch seine Meinung mit einzutragen um Erlaubnis bittet, daß um ein Gutes mehr Exemplare der veränderten dritten als der beiden ersten Auflagen in das größere Publikum gekommen seien, und es scheint etwas an der Besorgnis desselben zu sein, daß den Lesern, die diese Gedichte erst aus besagter dritter Auflage kennen, eine zweite und zurückgehende Änderung auffallender und wieder ebenso unangenehm werden könnte, als manchen älteren Freunden derselben die erste war.

Carlsruhe, den 20. Oktober 1808.

 

J.P.H.

 

Zur fünften Auflage

Die Verspätung dieser schon längst angekündigten Ausgabe ist größtenteils durch den Übergang an eine andere Verlagshandlung veranlaßt. Noch andere Hindernisse verlängerten den Aufschub zum Bedauern des Verfassers. Mehrere der neu hinzugekommenen Gedichte sind aus der »Iris« von Jacobi und dem »Alsatischen Taschenbuch« wieder gesammelt. Ich übergebe sie dem Publikum mit dem Wunsche, daß ihnen eine gleich wohlwollende Aufnahme wie den früheren möge zu Teil Werden.

 

J.P. Hebel

 

Einem Freund und der ehrsamen Gemeinde Hausen im Wiesental geweiht

 

Hoch von der langen schwarzen Möhr herab,

vom Platzberg her, auf wohlbekanntem Pfad

erschein ich dir, o Freund, den Blumenkranz

dir bringend, den ich jüngst in Wald und Flur

und an der Wiese duftigem Gestad

und um die stillen Dörfer her gepflückt.

Zwar nur Gamänderlein und Ehrenpreis,

nur Erdbeerblüten, Dolden, Wohlgemut

und zwischendurch ein dunkles Rosmarin,

geringe Gabe! doch so gut sie kann,

hat lächelnd und mit ungezwungener Hand

des Feldes Muse sie in diesen Kranz

gewunden, und der reine Freundessinn,

der dir ihn bietet, sei allein sein Wert.

Und hing er nun hier unterm Spiegel schön,

so schwankt er schöner doch am Lindenast

in freier Weitung, leichter Weste Spiel.

Dort schwank' er denn!, und sammelt um sich her

die Linde unterm Sonntagshimmelblau

das frohe Völklein aus dem nahen Dorf,

das gute Völklein, das dich liebt und ehrt,

und unter ihnen manchen mir von Blut

verwandt, und manchen aus der goldnen Zeit

der frohen Kindheit mir noch wert und lieb,

so teilst du gern des kleinen Spaßes Freud

mit ihnen. Seht, zu diesem leichten Strauß,

so sagst du, sind die besten Blümlein doch

von unsrer Flur, und unser Eigentum

mit Recht. – Jo weger uffem Alzebüehl,

jo weger uffem Maiberg hen sie blüeiht,

und bin i nit im frische Morgetau

dur d'Matte gstreift, und über d'Gräbe gumpt,

und hani nit ab mengem hoche Berg

mit nassen Augen abe gluegt ins Dorf

und hanich Fried und guti Stunde gwünscht.

's isch weger wohr, und glaubsch mer's nit, se frog

de Bammert, mengmal het er mi verscheucht

im Habermark und im verhängte Wald.

Se bschauet denn mi Blumechränzli au

am Lindenast, und 's freut mi, wenn's ich gfallt,

und nehmet so verlieb! Es isch nit viel.

Die Wiese

 

Wo der Denglegeist in mitternächtige Stunde

uffeme silberne Gschir si goldeni Sägese denglet,

(Todtnau's Chnabe wüsse 's wohl) am waldige Feldberg,

wo mit liebligem Gsicht us tief verborgene Chlüfte

d'Wiese luegt, und check go Todtnau aben ins Tal springt,

schwebt mi muntere Blick, und schwebe mini Gidanke.

Feldbergs liebligi Tochter, o Wiese, bis mer Gottwilche!

Los, i will di jez mit mine Liederen ehre,

und mit Gsang bigleiten uf dine freudige Wege!

Im verschwiegene Schoß der Felse heimli gibore,

an de Wulke gsäugt, mit Duft und himmlischem Rege,

schlofsch e Bütschelichind in dim verborgene Stübli

heimli, wohlverwahrt. No nie hen menschligi Auge

güggele dörfen und seh, wie schön mi Meiddeli do lit

im christalene Ghalt und in der silberne Wagle,

und 's het no kei menschlig Ohr si Otmen erlustert,

oder si Stimmli ghört, si heimli Lächlen und Briegge.

Numme stilli Geister, sie göhn uf verborgene Pfade

us und i, sie ziehn di uf, und lehre di laufe,

gen der e freudige Sinn, und zeige der nützligi Sache,

und 's isch au kei Wort verlore, was sie der sage.

Denn so bald de chasch uf eigene Füeßlene furtcho,

schliefsch mit stillem Tritt us dim christalene Stübli

barfis usen, und luegsch mit stillem Lächlen an Himmel.

O, wie bisch so nett, wie hesch so heiteri Äugli!

Gell, do ussen isch's hübsch und gell, so hesch der's nit vorgstellt?

Hörsch, wie's Läubli ruuscht, und hörsch, d'Vögeli pfife?

Jo, de seisch: »I hör's, doch gangi witers und blib nit.

Freudig isch mi Weg, und alliwil schöner wie witer!«

Nei, so lueg me doch, wie cha mi Meiddeli springe!

»Chunnsch mi über«, seit's und lacht, »und witt mi, se hol mi!«

Allwil en andere Weg, und alliwil anderi Sprüngli!

Fall mer nit sel Rainli ab! – Do hemmer's, i sag's jo, –

hani's denn nit gseit? Doch gaukelet's witers und witers,

groblet uf alle Vieren, und stellt si wieder uf d'Beinli,

schlieft in d'Hürst, – jez such mer's eis! – dört güggelet's use.

Wart, i chumm! Druf rüeft's mer wieder hinter de Bäume:

»Rot!, wo bin i jez?« – und het si urige Phatest.

Aber wie de gohsch, wirsch sichtli größer und schöner.

Wo di liebligen Otem weiht, se färbt si der Rase

grüner rechts und links, es stöhn in saftige Triebe

Gras und Chrüter uf, es stöhn in frischere Gstalte

farbigi Blümli do, und d'Immli chömmen und suge.

's Wasserstelzli chunnt, und lueg doch, 's Wuli vo Todtnau!

Alles will di bschauen, und alles will di bigrüße,

und di fründlig Herz git alle fründligi Rede:

»Chömmet, ihr ordlige Tierli, do hender, esset und trinket!

Witers goht mi Weg, Gsegott, ihr ordlige Tierli!«

Rotet jez ihr Lüt, wo üser Töchterli hi goht!

Hender gmeint an Tanz, und zu de lustige Bube?

Z'Utzefeld verbei goht's mit biwegliche Schritte

zu de Schöne Buchen, und hört e heiligi Meß a.

Gut erzogen isch's, und anderst cha me nit sage.

No der heilige Meß se seit's: »Jez willi mi schicke,

aß i witers chumm.« – Jez simmer schon vornen an Schönau,

jez am Chastel verbei, und alliwil witers und witers

zwische Berg und Berg im chüele duftige Schatte,

und an mengem Chrütz verbei, an menger Kapelle.

Aber wie de gohsch, wirsch alliwil größer und schöner.

Wo di liebligen Otem weiht, wie färbt si der Rase

grüner rechts und links, wie stöhn in chräftige Triebe

neui Chrüter do, wie schießen in prächtige Gstalte

Blumen an Blumen uf, und geli saftigi Wide!

Vo dim Otem gwürzt, stöhn roti Erdbeerichöpfli

Millione do, und warten am schattige Talweg.

Vo dim Otem gnährt, stigt rechts an sunnige Halde

goldene Lewat uf in Feldere Riemen an Rieme.

Vo dim Otem gchüelt, singt hinter de Hürste verborge,

freudig der Hirtebueb, und d'Holzax tönet im Buchwald.

's Mambecher Hätteli chunnt, und wulligi Häli vo Zell her.

Alles lebt und webt, und tönt in freudige Wiise;

alles grünt und blüeiht in tusigfältige Farbe;

alles isch im Staat, und will mi Meiddeli grüße.

Doch de bisch ke Meiddeli meh, jez sag i der Meidli.

Aber an der Bruckwoog, nit wit vom steinene Chrützli,

chresme d'Büebli vo Zell hoch an de felsige Halde,

suchen Engelsüß, und luegen aben und stune.

»Toneli«, seit der Sepli, »was het echt d'Wiesen im Chöpfli?

Lueg do, wie sie stoht, und wie sie nieder an d'Stroß sizt

mit vertieftem Blick, und wie sie wieder in d'Höchi

schießt, und in d'Matte lauft, und mittere selber im Champf isch!«

Feldbergs Tochter, los, de gfallsch mer numme no halber!

's goht mer, wie dem Sepli. Was hesch für Jesten im Chöpfli?

Fehlt der näumis, se schwetz, und hättsch gern näumis, se sag mer's!

Aber wer nüt seit bisch du! Mit schwankige Schritte

laufsch mer d'Matten ab in dine tiefe Gidanke

furt ins Wiesetal, furt gegenem Husemer Bergwerch,

und schangschiersch der Glauben und wirsch e luthrische Chetzer!

Hani's denn nit gseit, und hani mer's echter nit vorgstellt?

Aber jez isch's so, was hilft jez balgen und schmäle!

Ändere chani's nit, se willi der lieber gar helfe;

öbbe bringsch mer doch no Freud und heiteri Stunde!

Halt mer e wenig still, i will di jez lutherisch chleide.

Do sin wiissi Bauwelestrümpf mit chünstlige Zwickle,

(leg sie a, wenn d' chasch!) und Schuh und silberni Rinkli;

do ne grüne Rock! Vom breit verbendlete Liibli

fallt bis zu de Chnödlenen abe Fältli an Fältli.

Sizt er recht? Tu d'Häftli i, und nimm do das Brusttuch

sammet und roserot. Jez flichti der chünstligi Zupfe

us de schöne, sufer gstrehlte, flächsene Hoore.

Obe vom wiißen Äcken und biegsem in d'Zupfe verschlunge,

fallt mit beiden Ende ne schwarze sidene Bendel

bis zum tiefe Rocksaum abe. – Gfallt der die Chappe,

wasserblaue Damast und gstickt mit goldene Blume?

Zieh der Bendel a, wo in de Ricklene durgoht,

unter de Zupfe dure, du Dotsch, und über den Ohre

fürsi mittem Letsch, und abe gegenem Gsicht zu!

Jez e side Fürtuch her, und endli der Hauptstaat,

zwenzig Ehle lang und breit e Mailänder Halstuch!

Wie ne luftig Gwülch am Morgehimmel im Früeihlig

schwebt's der uf der Brust, stigt mittem Otem, und senkt si,

wahlet der über d'Achslen, und fallt in prächtige Zipfle

übere Rucken abe, sie rusche, wenn de 'n im Wind gohsch!

Het me's lang, se loßt me's henke, hör i mi Lebtig.

D'Ermel, denkwol, henksch an Arm, wil's Wetter so schön isch,

aß me's Hemd au sieht, und dini gattigen Ärmli,

und der Schiehut nimmsch in d'Hand am sidene Bendel.

D'Sunne git eim wärmer, und schint eim besser in d'Auge,

wer en in de Hände treit, und 's stoht der au hübscher!

Jez wärsch usstaffiert, as wenn de hoffertig stoh wottsch,

und de gfallsch mer selber wieder, chani der sage.

Wienes si jez freut, und wie's in zimpfere Schritte

tänzlet, und meint, es seig d'Frau Vögtene selber,

wie 's si Chöpfli hebt, und jeden Augeblick zruck schielt,

öb me's echt au bschaut, und öb men em ordeli noluegt!

Jo, de bisch jo hübsch, und jo, du Närli, mer luege,

du Marggröfer Meidli mit dine goldige Chappe,

mit de lange Zupfen und mit der längere Hoorschnur,

mittem vierfach zsemmegsezte flattrige Halstuch!

Aber rotet jez, wo's hoffertig Jümpferli hi goht!

Denkwol uffe Platz, denkwol zur schattige Linde,

oder in d'Weserei, und zu de Husemer Chnabe?

Hender gmeint, jo wol! Am Bergwerch fisperlet's abe,

lengt e wenig duren, und trüllt e wengeli d'Räder,

was der Blosbalg schnufe mag, aß d'Füürer nit usgöhn.

Aber 's isch sis Blibes nit. In d'Husemer Matte

schießt's, und über d'Legi mit große Schritte go Fahrnau,

laufsch mer nit, se gilt's mer nit, durs Schopfemer Chilspel.

Aber z'Gündehuse, wer stoht echt an der Stroße,

wartet, bis de chunnsch, und goht mit freudige Schritte

uf di dar, und git der d'Hand, und fallt der an Buse?

Chennsch die Schwesterli nit? 's chunnt hinte füre vo Wislet.

Uf und nieder het's di Gang und dini Giberde.

Jo, de chennsch's! Worum denn nit? Mit freudigem Brusche

nimmsch's in d'Arm, und losch's nit goh, gib achtig, verdruck's nit!

Jez goht's wieder witers, und alliwil aben und abe!

Siehsch dört vorne 's Röttler Schloß – verfalleni Mure?

In vertäfelte Stube, mit goldene Liiste verbendlet,

hen sust Fürste gwohnt, und schöni fürstligi Fraue,

Heren und Heregsind, und d'Freud isch z'Röttle deheim gsi.

Aber jez isch alles still.