Nun aber ist der Himmel ein lieblicher Freudensaal, darinnen alle Kräfte sind, wie in der ganzen Natur, in Sternen und Elementen, aber nicht also hart, treibend und quallend. Denn jede Kraft des Himmels hat nur eine Species oder Gestalt der Kraft, helle und ganz sänftig quellend, nicht bös und gut miteinander, wie in den Sternen und Elementen, sondern lauter und rein. Er ist aus dem Mittel des Wassers gemacht, aber nicht auf eine solche Weise qualifizierend, wie das Wasser in den Elementen; denn die Grimmigkeit ist nicht darinnen.

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Jakob Böhme: Aurora oder Morgenröte im Aufgang

27. Aber nichts desto weniger gehöret der Himmel zu der Natur; denn aus dem Himmel haben die Sterne und Elementa ihren Ursprung und Kraft; denn der Himmel ist das Herze des Wassers.

Gleichwie in allen Kreaturen, sowohl in alledem, was da ist in dieser Welt, das Wasser sein Herze ist, und bestehet nichts außer dem Wasser, es sei gleich im Fleische oder außer dem Fleische, in Gewächsen der Erde oder in Metall und Steinen, so ist in allen Dingen das Wasser der Kern und das Herze.

28. Also ist der Himmel das Herze in der Natur, darinnen alle Kräfte sind wie in Sternen und Elementen, und ist eine weiche und sanfte Materia aller Kräfte, gleichwie das Hirn im Haupt des Menschen.

29. Nun zündet der Himmel mit seiner Kraft die Sternen und Elementa an, daß sie quallen und treiben; also auch ist das Haupt des Menschen wie der Himmel. Gleichwie im Himmel alle Kräfte sänftig und lieblich, dazu freudenreich sind und qualifizieren, also sind im Haupt oder Hirn des Menschen alle Kräfte sänftig und freudenreich. Und gleichwie der Himmel einen Schluß oder Festung hat über den Sternen, und gehen doch alle Kräfte aus dem Himmel in die Sterne, also hat das Hirn einen Schluß oder Festung vor dem Leibe, und gehen doch alle Kräfte aus dem Hirn in den Leib und in den ganzen Menschen.

30. Das Haupt hat in sich die fünf Sinne, als Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen; darinnen qualifizieren die Sterne und Elementa und entstehet darinnen der siderische Sternen oder Naturgeist in Menschen und Tieren. In diesen quillet Böses und Gutes, denn es ist ein Haus der Sterne. Solche Kraft nehmen die Sterne von dem Himmel, daß sie im Fleische können einen lebendigen und bewegenden Geist machen in Menschen und Tieren. Die Bewegung des Himmels macht die Sterne beweglich; also macht das Haupt den Leib beweglich.

31. Allhier tue nun die Augen deines Geistes auf und schaue deinen Schöpfer. Allhier ist nun die Frage, woher denn der Himmel solche Kraft hat oder nimmt, daß er solche Beweglichkeit in der Natur machet?

32. Hie mußt du nun sehen über und außer die Natur in die licht−heilige, triumphierende, göttliche Kraft, in die unveränderliche Hl. Dreifaltigkeit, die ist ein triumphierend, quallend, beweglich Wesen, und sind alle Kräfte darinnen wie in der Natur. Denn das ist die ewige Mutter der Natur, davon Himmel, Erden, Sternen, Elementa, Engel, Teufel, Menschen, Tiere und alles worden ist und darinnen alles stehet.

33. So man nennet Himmel und Erden, Sternen und Elementa und alles, was darinnen ist, und alles, was über allen Himmeln ist, so nennet man hiemit den ganzen Gott, der sich in diesem oberzählten Wesen in seiner Kraft, die von ihm ausgehet, also kreatürlich gemacht hat.

34. Gott aber in seiner Dreifaltigkeit ist unveränderlich, sondern alles, was da ist im Himmel und auf Erden und über der Erde, das hat seinen Quell und Ursprung von der Kraft, die von Gott ausgehet.

35. Nicht mußt du denken, daß darum in Gott Böses und Gutes quälle oder sei, sondern Gott ist selber das Gute und hat auch den Namen von dem Guten, die triumphierende ewige Freude. Allein alle Kräfte gehen aus ihm aus, die du in der Natur erforschen kannst und die in allen Dingen sind.