Ausgewählte Gedichte

Brentano, Clemens

Ausgewählte Gedichte

 

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Clemens Brentano

Ausgewählte Gedichte

 

Simphonie

Ruhe! – die Gräber erbeben;

Ruhe! – und heftig hervor

Stürzt aus der Ruhe das Leben,

Strömt aus sich selbsten empor

Die Menge, vereinzelt im Chor.

 

Schaffend eröffnet der Meister

Gräber – Geborener Tanz

Schweben die tönenden Geister;

Schimmert im eigenen Glanz

Der Töne bunt wechselnder Kranz.

 

Alle in einem verschlungen,

Jeder im eigenen Klang,

Mächtig durchs Ganze geschwungen,

Eilet der Geister Gesang

Gestaltet die Bühne entlang.

 

Heilige brausende Wogen,

Ernst und wollüstige Glut

Strömet in schimmernden Bogen,

Sprühet in klingender Wut

Des Geistertanz silberne Flut.

 

Alle in einem, erstanden,

Sind sie sich selbst nicht bewußt

Daß sie sich einzeln verbanden;

Fühlt in der eigenen Brust

Ein jeder vom Ganzen die Lust.

 

Aber im inneren Leben

Fesselt der Meister das Sein;

Läßt sie dann ringen und streben;

Handelnd durcheilet die Reihn

Das Ganze im einzelnen Schein.

 

 

Phantasie

(Für Flöte, Klarinette, Waldhorn und Fagott)

 

Flöte

 

Stille Blumen,

In der Liebe Heiligtumen

Nicht entsprossen,

Welken nieder.

Süße Lieder,

Ohne Echo hingeflossen,

Kehren nimmer wieder.

 

Klarinette

 

Doch zeiget der Spiegel im Quelle,

So freundlich und helle,

Das eigne Gebild;

Wie's flüchtig in rastloser Schnelle

Sich eilend geselle,

Und Welle an Welle

Dem Leben entquillt.

 

Fagott

 

Wohnen nicht klar in mir

Des Geistes Gestalten;

Leben, so will ich Dir

Den Busen entfalten;

Wer den eignen Ton nicht hört,

Lausche, bis er wiederkehrt –

Widerschein

Blickt ins dunkle Herz herein.

 

Waldhorn

 

Des Vorhangs leises Beben

Erschreckt mich nicht,

Und kann ich nicht erstreben

Das eigne Licht:

So wandl' ich schön und stille

Ein Kind dahin:

Mich grüßt durch fromme Hülle

Ein heil'ger Sinn.

 

Alle

 

Es eilet jed Leben die eigene Bahn;

Es schauet der Spiegel den Menschen nicht an;

Es küsset die Welle die Welle so gerne,

Und reißet vom Ganzen nicht einer sich los;

Doch blüht einem jeden das Ganze im Schoß,

Und tief durch den Schleier, da weht es von ferne.

 

Flöte

 

Helle Sterne

Blinken aus der weiten Ferne

Fremdes Licht –

Und die Tränen,

Die sich nach dem Freunde sehnen,

Siehst Du nicht.

 

Waldhorn

 

Es wandelt voll Liebe im Leben

Die Sonn' und das Mondlicht herauf;

Doch, wenn wir das eigne nicht geben,

Schließt nimmer der Schatz sich uns auf.

 

Fagott

 

Was wir suchen, ach, das wohnet,

Unerkannt

Uns im Herzen, unbelohnet;

Und die Hand

Haschet stets nach äußerm Schimmer.

Was wir nicht umfassen,

Das müssen wir lassen;

Denn wir fassen's sicher nimmer.

 

Klarinette

 

Die ganze Welt

Umwölbet ein Zelt,

Über jeglicher Pforte

Stehn goldne Worte.

Das Aug' der Sonne glühet

Zur Blume, die aufsteht,

Den heißen Gruß;

Auf Mondeslippen blühet

Der Blume, die heimgeht,

Der stille Kuß.

Und wer mit beiden

Nicht kindlich spricht,

Dem leuchtet kein Licht,

Der findet den Ein- und den Ausgang nicht,

Der kann nicht kommen, nicht scheiden.

 

Alle

 

Und wer sich mit Liebe nicht selber umarmt,

Für den ist das Leben zum Bettler verarmt.

In eigenem Busen muß alles erklingen,

Und daß der Sinn leicht finden es kann,

Hat's viele buntfarbige Kleider an,

Und Hülle und Geist sich zum Leben verschlingen.

 

 

Guitarre und Lied

Guitarre

 

Wache auf, Du süßes Lied,

Öffne Deine goldnen Augen;

Mondschein still herniedersieht.

Leise, kühle Lüfte hauchen

Durch die tiefe dunkle Nacht.

Lasse Deinen hellen Blick,

Leuchtend, durch die Schatten schweben;

Antwort kehret bald zurück,

Wenn des Echos Wechselleben

Hallend an dem Fels erwacht.

Sag', wo willst Du hin?

Soll ich Dich begleiten,

Durch die Dunkelheiten

Deine Schritte leiten?

Soll ich stiller Liebe

Deinen düstern Sinn

Freundlich deuten?

Willst Du Deine Triebe

Durch den Abend singen;

Oder höher,

Immer höher

Zu den Sternen klingen?

Laß Dich traulich umschlingen;

Sprich Deine Worte

In meine Akkorde.

 

Lied

 

O, welch nächtlich banges Rauschen;

Ob sie wohl am Fenster stehet,

Oder an der kleinen Pforte,

Meine Töne zu belauschen;

Oder durch den Abend gehet.

 

Guitarre

 

Mädchen, höre seine Worte!

Mädchen, lieb Mädchen erscheine,

Sieh vom Fenster nieder;

Laß das Lied

Nicht so alleine.

Ach, der helle Schimmer

Bald verglüht,

Kehret nimmer,

Nimmer wieder.

 

Lied

 

Nimmer, nimmer wiedersehen!

Stille Liebe, süße Blicke,

All die Töne, all die Lieder

In der kühlen Nacht verwehen;

Nimmer kehren sie zurücke.

 

Guitarre

 

Ach, das Mädchen sieht nicht nieder;

Von den Saiten schwingen

Sich die Töne durch die Nacht,

Worte irren und verklingen –

Wo die Liebe nicht wacht,

Ist alles leer,

Kein Freuen mehr.

 

Lied

 

Alles leer, und nimmer freuen,

Kaum im Herzen aufgeblühet,

Ist das Leben schon so schwer.

Muß ich mich dem Tode weihen,

Der mich langsam abwärts ziehet.

 

Guitarre

 

Ist denn keine Wiederkehr?

Ist die Liebe hingetragen

In den stummen Tod?

Ist sie nirgends zu erfragen;

Ist sie in dem Abendrot,

Mit den andern Funken,

Hinabgesunken?

 

Lied

 

Alle Lichter bald versinken;

Alle Töne stumm ersterben;

Nur allein, wer liebetrunken,

Liebe sieht im Auge blinken,

Der kann nimmermehr verderben.

 

Guitarre

 

Ist die Liebe Dir versunken,

O, so wende,

Schnell behende,

Zum Himmel die Blicke,

Laß die untreue Erde zurücke.

Hinauf ins helle Getümmel,

In der Sterne froh Gewimmel!

Oben am Himmelszelt

Kein Echo Dich gefesselt hält.

Im hohen Wolkensaal,

Da sind Liebesblicke,

Und freudiges Hallen

Hörst Du zurücke,

In Tönen ohne Zahl,

Dir wieder schallen.

 

Lied

 

Aller Himmel bald verschwindet,

Alle Sterne bald vergehen,

Alle Töne niederfallen;

Denn allein ihr Blick entzündet

All das Licht in Himmelshöhen.

 

Guitarre

 

Nun so laß uns abwärts wallen.

Bebe nicht,

Der Weg ist so tief,

Ohne Licht.

Manch Lied schon so entschlief;

Kannst Du in den Himmelsseen

Keine Freiheit mehr ersehen,

In den fernen

Goldnen Sternen,

Die wie Blumen drinnen brennen.

Keinen Frühling mehr erkennen.

So will ich Dich führen auf stillen Wegen;

In den Busen, wie ins Grab,

Dein Gebete,

Deine süße Rede

Traurig niederlegen.

Blicke nieder

Ohne Wehe,

Vergehe,

Kehre heller wieder.

 

Lied

 

Ach, mit tiefen, tiefen Wehen

Kehre ich ins Herz zurücke,

Sink' ich in die Tiefe nieder,

Und das Herz muß nun vergehen,

Weil ich's mit Gewalt zerdrücke.

 

Guitarre

 

Ach, so sterben alle Lieder,

Die so lange

Liebe suchen in dem Weibe.

Liebe, nein, die währt nicht lange,

Dient dem Leibe

Bloß zum süßen Zeitvertreibe.

Ist die Zeit vertrieben,

Wo ist die Liebe geblieben?

Mit den Sinnen

Muß man die Liebe

Wild umspinnen;

Da ist Leben,

Wiedergeben

Zu gewinnen.

 

Lied

 

Laß, o laß mich ruhig sterben,

Drücke mir die Augen zu;

Laß mich glaubend still zerrinnen,

Soll ich zweifelnd denn verderben?

Gieb im Tode mir nur Ruh'.

 

Guitarre

 

Gehe hoffend still von hinnen,

Schlummre sanft Du süßes Lied;

Schließe Deine goldnen Augen,

Mondschein ist schon abgeblüht.

Leise Lüfte Dich verhauchen,

Kühler Morgen schon erwacht.

Lasse Deinen trüben Blick

Stille zu den Schatten schweben,

Sehne nimmer Dich zurück;

Denn der Liebe Wechselleben

Ist verhallt in tiefer Nacht. –

Ach, wo bist Du hin?

Konnt' Dich nicht begleiten,

Durch die Dunkelheiten

Deinen Schritt nicht leiten;

Konnt' nicht stiller Liebe

Deinen düstern Sinn

Freundlich deuten?

Konntest nicht Deine Triebe

Durch den Abend singen;

Auch nicht höher,

Immer höher

Zu den Sternen klingen;

Mußte Dich traurig umschlingen –

Schlummert freundlich

Ihr letzten Worte,

Im letzten Akkorde.

 

 

Wie steigst Du so ganz leise

Still aus der Erd' heraus

Und lischst das schöne, weiße,

Hell Tageslichtlein aus.

 

Du machst das ganze Leben

So dunkel und so tot;

Willst mir wohl Ruhe geben,

Und trösten meine Not?

 

Da bist Du gar betrogen,

Giebst Dir verlorne Müh';

Den aus der Not gezogen,

Hat keine mich, als sie,

 

Die jetzt in stillen Stunden

Mein kleines Bildnis schaut,

Der Liebe zu gesunden,

Manch Hoffnungsschloß erbaut.

 

Die treue Lieb' bewachet,

Hat schwärzer Haar als Du,

Und ihre Sternlein machet

Sie jetzo balde zu.

 

Ich geh' in stillen Gründen,

Mein' Liebe sinnt von ihr

Viel Blumen; daraus winden

Ich will ein Kränzlein mir.

 

Die Blümlein sind Gedanken,

Die schnelle all vergehn;

Doch eins hab' ich zu danken,

Das bleibet ewig stehn;

 

Ich hab' ein schön Geschmeide

Mit wundersamer Kraft,

Das alles Glück und Freude

Mir bald zu Diensten schafft.

 

Wohnt doch die Wahrheit drinnen,

Und zweifeln kann ich nicht,

Weil hell zu meinen Sinnen

Die Wunderblume spricht.

 

 

Der goldne Tag ist heimgegangen;

Ich sah ihn über die Berge ziehn,

Und all mein sehnendes Verlangen

Floh mit ihm hin.

 

Bunt ist wohl um des Jünglings Hüften

Der schimmernde Mantel hingewallt,

Und leise in den Himmelslüften

Sein Lied verhallt.

 

Ich sah wohl die glühenden Locken

Am Berge wehn,

Oben ihn stehn,

Und freundlich goldne Flocken

Auf die Bahn hinsäen,

Drauf weiter zu gehen.

 

Da breitet das Leben

Die Schmetterlingsflügel,

Am duftigen Hügel

Ihn hoch zu erheben,

Uns nochmals zu geben.

 

So traurig saß er oben

Im Purpurzelt,

Und grüßt' die Welt:

Leb wohl da unten!

 

Da hat ihn der Flügel

Mit Flammen umwunden,

Am duftigen Hügel

Hinübergehoben.

 

Sein ödes Reich bleibt still zurücke,

Die Welt verweilt ganz herrenlos.

Das Leben forscht mit trübem Blicke

Im eignen Schoß.

 

Ein düstrer Mantel rauschet nieder

Rund um des Jünglings verlaßnen Thron,

Und aus den Wäldern hallet wider

Ein trunkner Ton.

 

Es rühren die nächtlichen Stunden

Sich tief im Tal,

Bereiten ein Mahl

Im dämmernden Saal,

Mit dichten Gewändern umwunden.

 

Ein matter Strahl

Blinkt am Pokal,

Und süß betrunken,

Vom goldenen Wein,

Schlummert die jüngste

Der Stunden schon ein,

Die andern lauschen

Von außenher zu,

Und stürzen herein.

Es sterben die Funken,

Hinabgesunken

Ist der letzte Strahl

Von ihrem Pokal.

Sie irren und rauschen

Ohn' Schimmer und Schein,

Ohn' alle Ruh'.

Zerstört ist das Mahl

Und dunkel der Saal.

 

Da schreiten die Stunden so leise

Wohl in die Nacht,

Verhüllen auf finsterer Reise

Mit ernstem Bedacht,

In dunkeln Falten

Die regen Gestalten,

An denen sie sinnend vorüberwallten,

Und alles umarmt sich rings umher,

Es giebt keine einzelne Rechte mehr,

Es öffnet jed Leben dem andern die Brust,

Und trinket mit Lust,

Ganz ohnbewußt,

Den himmlischen Kuß,

Den Wechselgenuß.

So innig umschlungen,

So heilig durchdrungen,

Umhüllet ein Rausch,

Den lieblichen Tausch.

 

Und endlich lösen die Arme sich auf,

Der Mond zieht herauf;

Der dämmernde Blick

Träumt trunkenen Traum.

Im himmlischen Raum

Erblühen die Sterne,

Und kehret das Licht

Bescheiden zurück.

 

Das Leben flicht

Dann in der Ferne

Den bräutlichen Kranz,

Entzündet die Lieder,

Erleuchtet den Tanz.

Die reizenden Glieder

Umhüllt ein Gewand,

Durchsichtig gewebet.

Das Leben erhebet,

Zum Himmel gewandt,

Den Busen, und strebet

Sich wieder zu finden.

Die Sehnsucht erwacht

In schimmernder Nacht.

 

Ach nimmer will es in dem Herzen schweigen

Es treibt mich fort, fort aus des Lebens Mitte;

Wo eil' ich hin, wer leitet meine Schritte,

Das ferne weite Ziel noch zu erreichen?

All mein Leben,

Holder Frühling,

Morgenröte,

Abendschimmer,

Immer weiter abwärts schweben.

 

O stehe still du eilender Gedanken,

Laß mich in Deine klaren Augen sehen,

Daß alle meine Leiden dann vergehen.

O weile, sieh, ich kann nicht weiter wanken.

Ach, erbarme

Dich der Liebe,

Die die Sinne

Mir gelöset;

Laß mich ruhn in Deinem Arme.

 

Die Füße hab' ich blutig schon gegangen,

Die Sonne brennt so heiß auf mich hernieder,

Und immer finde ich den Kummer wieder,

Bin ewig in dem Leben eingefangen.

Niemals weilen

Seine Schritte,

Vor mir fliehet

Sein Gebilde;

Nimmer kann ich ihn ereilen.

 

Mein Denken all in Liebe ist ertrunken,

Und überall seh' ich den Mächt'gen stehen,

Und überall hör' ich ihn mich verschmähen;

Bin stets in tiefen bangen Schmerz versunken.

Von dem Glücke

Ihn zu hören,

Seine Blicke

Aufzufangen,

Blicket nie ein Strahl zurücke.

 

Da sitz' ich weinend nun an fremder Schwelle,

Und harr' und hoffe, was ich nie erreiche,

Was ich im Herzen tief und still verschweige;

Und nimmermehr wird mir die Aussicht helle.

Muntre Lieder,

Freudig Lachen,

Frohe Blicke,

Leichte Sinne,

Nimmer kehren sie mir wieder.

 

So möge denn die Blume niedersterben,

Die ohne Nahrung sich hinabgehärmt,

Die nie ein goldner Sonnenstrahl erwärmt;

Ich habe nur gelebet zu verderben.

Frohes Leben

Ihn umschlinge

Dicht mit Freude;

Von der Armen

Sollst Du nie ihm Kundschaft geben.

 

Von den Mauern Widerklang –

Ach! – im Herzen frägt es bang:

Ist es ihre Stimme;

Und vergebens sucht mein Blick

Kehret mir ein Ton zurück? –

Ist's nur meine Stimme? –

 

Auf der Mauern höherm Rand

Sind die Blicke hingebannt,

Doch ich seh' nur Sterne;

Und in hoher Himmelssee

Ich die Sterne küssen seh',

Wären's unsre Sterne.

 

Nacht ist voller Lug und Trug,

Nimmer sehen wir genug

In den schwarzen Augen;

Heiß ist Liebe, Nacht ist kühl,

Ach ich seh' ihr viel zu viel

In die schwarzen Augen.

 

Sonne wollt' nicht untergehn,

Blieb am Berg neugierig stehn;

Kam die Nacht gegangen.

Stille Nacht in deinem Schoß

Liegt der Menschen höchstes Los,

Mütterlich umfangen.

 

 

So weit als die Welt,

So mächtig der Sinn,

So viel Fremde er umfangen hält,

So viel Heimat ist ihm Gewinn.

 

 

Weste säuseln; silbern wallen

Locken um den Scheitel mir.

Meiner Harfe Töne hallen

Sanfter durch die Felsen hier.

Aus der ew'gen Ferne winken

Tröstend mir die Sterne zu.

Meine müden Augen sinken

Hin zur Erde, suchen Ruh'.

 

Bald ach bald wird beßres Leben

Dieses müde Herz erfreun,

Und der Seele banges Streben

Ewig dann gestillet sein.

Schwarzer Grabesschatten dringet

Um den Tränenblick empor,

Aus des Todes Asche ringet

Schönre Hoffnung sich hervor.

 

Meines Kindes Klage lallet

Durchs Gewölbe dumpf und hohl,

Idolmios Zunge lallet

Jammernd mir das Lebewohl

Zu der lang ersehnten Reise.

Senkt mich in der Toten Reihn.

Klaget nicht, denn sanft und leise

Wird des Müden Schlummer sein.

 

Und du Gute nimmst die beiden

Mütterlich in deinen Arm,

Linderst meiner Tochter Leiden,

Lächelst weg des Knaben Harm.

Aus des Äthers lichter Ferne

Blickt dann Trost der Geist euch zu.

Es umarmen sich zwei Sterne

Und ihr Kuß giebt allen Ruh'.

 

Schwermut glänzt des Mondes Helle

In mein tränenloses Aug',

Schatten schweben durch die Zelle,

Seufzer lispeln, Geisterhauch

Rauschet bang durch meine Saiten,

Horchend heb' ich nun die Hand,

Und es pochen, Trost im Leiden,

Totenuhren in der Wand.

 

 

Die Seufzer des Abendwinds wehen

So jammernd und bittend im Turm;

Wohl hör' ich um Rettung dich flehen,

Du ringst mit den Wogen, versinkest im Sturm.

 

Ich seh' dich am Ufer; es wallet

Ein traurendes Irrlicht einher.

Mein liebendes Rufen erschallet,

Du hörest, du liebest, du stürzest ins Meer.

 

Ich lieb' und ich stürze verwegen

Dir nach in die Wogen hinab,

Ich komme dir sterbend entgegen,

Ich ringe, du sinkest, ich teile dein Grab.

 

Doch stürzt man den Stürmen des Lebens

Von neuem mich Armen nun zu.

Ich sinke; ich ringe vergebens,

Ach nur in dem Abgrund des Todes ist Ruh'.

 

Da schwinden die ewigen Fernen,

Da endet kein Leben mit dir.

Ich kenn' deinen Blick in den Sternen,

Ach sieh nicht so traurig, hab' Mitleid mit mir!

 

 

Um die Harfe sind Kränze geschlungen,

Schwebte Lieb' in der Saiten Klang:

Oft wohl hab' ich mir einsam gesungen,

Und wenn einsam und still ich sang,

Rauschten die Saiten im tönenden Spiel,

Bis aus dem Kranze, vom Klange durchschüttert,

Und von der Klage der Liebe durchzittert,

Sinkend die Blume herniederfiel.

 

Weinend sah ich zur Erde dann nieder,

Liegt die Blüte so still und tot;

Seh' die Kränz' an der Harfe nun wieder, –

Auch verschwunden des Lebens Rot,

Winken mir traurig wie schattiges Grab,

Wehen so kalt in den tönenden Saiten,

Wehen so bang und so traurig: Es gleiten

Brennende Tränen die Wang' herab.

 

Nie ertönt meine Stimme nun wieder,

Wenn nicht freundlich die Blüte winkt;

Ewig sterben und schweigen die Lieder,

Wenn die Blume mir nicht mehr sinkt.

Schon sind die meisten der holden entflohn;

Ach! wenn die Kränze die Harfe verlassen,

Dann will ich sterben; die Wangen erblassen,

Stumm ist die Lippe, verhallt der Ton.

 

Aber Wonn', es entsprosset zum Leben

Meiner Asche, so hell und schön,

Eine Blume. – Mit freudigem Beben

Seh' ich Tilie so freundlich stehn.

Und vor dem Bilde verschwindet mein Leid.

Herrlicher wird aus der Gruft sie ergehen –

Schöner und lieblicher seh' ich sie stehen,

Wie meinen Feinden sie mild verzeiht.

 

 

Wenn der Sturm das Meer umschlinget,

Schwarze Locken ihn umhüllen,

Beut sich kämpfend seinem Willen

Die allmächt'ge Braut und ringet,

 

Küsset ihn mit wilden Wellen,

Blitze blicken seine Augen,

Donner seine Seufzer hauchen,

Und das Schifflein muß zerschellen.

 

Wenn die Liebe aus den Sternen

Niederblicket auf die Erde,

Und dein Liebstes Lieb begehrte,

Muß dein Liebstes sich entfernen.

 

Denn der Tod kömmt still gegangen,

Küsset sie mit Geisterküssen,

Ihre Augen dir sich schließen,

Sind im Himmel aufgegangen.

 

Rufe, daß die Felsen beben,

Weine tausend bittre Zähren,

Ach, sie wird dich nie erhören,

Nimmermehr dir Antwort geben.

 

Frühling darf nur leise hauchen,

Stille Tränen niedertauen,

Komme, willst dein Lieb du schauen,

Blumen öffnen dir die Augen.

 

In des Baumes dichten Rinden,

In der Blumen Kelch versunken,

Schlummern helle Lebensfunken,

Werden bald den Wald entzünden.

 

In uns selbst sind wir verloren,

Bange Fesseln uns beengen,

Schloß und Riegel muß zersprengen,

Nur im Tode wird geboren.

 

In der Nächte Finsternissen

Muß der junge Tag ertrinken,

Abend muß herniedersinken,

Soll der Morgen dich begrüßen.

 

Wer rufet in die stumme Nacht?

Wer kann mit Geistern sprechen?

Wer steiget in den dunkeln Schacht,

Des Lichtes Blum' zu brechen?

Kein Licht scheint aus der tiefen Gruft,

Kein Ton aus stillen Nächten ruft.

 

An Ufers Ferne wallt ein Licht,

Du möchtest jenseits landen;

Doch fasse Mut, verzage nicht,

Du mußt erst diesseits stranden.

Schau still hinab, in Todes Schoß

Blüht jedes Ziel, fällt dir dein Los.

 

So breche dann, du tote Wand,

Hinab mit allen Binden;

Ein Zweig erblühe meiner Hand,

Den Frieden zu verkünden.

Ich will kein Einzelner mehr sein,

Ich bin der Welt, die Welt ist mein.

 

Vergangen sei vergangen,

Und Zukunft ewig fern;

In Gegenwart gefangen

Verweilt die Liebe gern,

 

Und reicht nach allen Seiten

Die ew'gen Arme hin,

Mein Dasein zu erweiten,

Bis ich unendlich bin.

 

So tausendfach gestaltet,

Erblüh' ich überall,

Und meine Tugend waltet

Auf Berges Höh', im Tal.

 

Mein Wort hallt von den Klippen,

Mein Lied vom Himmel weht;

Es flüstern tausend Lippen

Im Haine mein Gebet.

 

Ich habe allem Leben

Mit jedem Abendrot

Den Abschiedskuß gegeben,

Und jeder Schlaf ist Tod.

 

Es sinkt der Morgen nieder,

Mit Fittichen so lind,

Weckt mich die Liebe wieder,

Ein neugeboren Kind.

 

Und wenn ich einsam weine,

Und wenn das Herz mir bricht,

So sieh im Sonnenscheine

Mein lächelnd Angesicht.

 

Muß ich am Stabe wanken,

Schwebt Winter um mein Haupt,

Wird nie doch dem Gedanken

Die Glut und Eil geraubt.

 

Ich sinke ewig unter,

Und steige ewig auf,

Und blühe stets gesunder

Aus Liebes-Schoß herauf.

 

Das Leben nie verschwindet,

Mit Liebesflamm' und Licht

Hat Gott sich selbst entzündet

In der Natur Gedicht.

 

Das Licht hat mich durchdrungen,

Und reißet mich hervor;

Mit tausend Flammenzungen

Glüh' ich zur Glut empor.

 

So kann ich nimmer sterben,

Kann nimmer mir entgehn;

Denn um mich zu verderben,

Müßt' Gott selbst untergehn.

 

 

Die Liebe fing mich ein mit ihren Netzen,

Und Hoffnung bietet mir die Freiheit an;

Ich binde mich den heiligen Gesetzen,

Und alle Pflicht erscheint ein leerer Wahn.

Es stürzen bald des alten Glaubens Götzen,

Zieht die Natur mich so mit Liebe an.

O süßer Tod, in Liebe neu geboren,

Bin ich der Welt, doch sie mir nicht verloren.

 

 

Schnell nieder mit der alten Welt,

Die neue zu erbauen.

Der, dem die Liebe sich gesellt,

Darf nicht nach Trümmern schauen.

Aus Kraft und nicht aus Reue dringt,

Was die Vergangenheit verschlingt.

 

 

Szene aus meinen Kinderjahren

Oft war mir schon als Knaben alles Leben

Ein trübes träges Einerlei. Die Bilder,

Die auf dem Saal und in den Stuben hiengen,

Kannt' ich genau; ja selbst der Büchersaal,

Mit Sandrart, Merian, den Bilderbüchern,

Die ich kaum heben konnte, war verachtet,

Ich hatte sie zum Ekel ausbetrachtet.

So, daß ich mich hin auf die Erde legte,

Und in des Himmels tausendförm'gen Wolken,

Die luftig, Farben wechselnd oben schwammen,

Den Wechsel eines flücht'gen Lebens suchte.

Kein lieber Spielwerk hatt' ich, als ein Glas,

In dem mir alles umgekehrt erschien.

Ich saß oft stundenlang vor ihm, mich freuend,

Wie ich die Wolkenschäfchen an die Erde,

Und meines Vaters Haus, den ernsten Lehrer

Und all mein Übel an den Himmel bannte.

Recht sorgsam wich ich aus, in jenen Höhen

Den kleinen Zaubrer selbst verkehrt zu sehen.

 

Ich wollte damals alles umgestalten,

Und wußte nicht, daß Änderung unmöglich,

Wenn wir das Äußre, nicht das Innre wenden,

Weil alles Leben in der Waage schwebet,

Daß ewig das Verhältnis wiederkehret,

Und jeder, der zerstört, sich selbst zerstöret.

 

Dann lernt' ich unsern Garten lieben, freute

Der Blüten mich, der Frucht, des goldnen Laubes

Und ehrte gern des Winters Silberlocken.

An einem Abend stand ich in der Laube,

Von der die Aussicht sich ins Tal ergießt,

Und sah, wie Tag und Nacht so mutig kämpften.

 

Die Wolken drängten sich wie wilde Heere,

Gestalt und Stellung wechselnd in dem Streite,

Der Sonne Strahlen schienen blut'ge Speere;

Es rollte leiser Donner in der Weite,

Und unentschieden schwankt des Kampfes Ehre

Von Tag zu Nacht, neigt sich zu jeder Seite;

Dann sinkt die Glut, es brechen sich die Glieder,

Es drückt die Nacht den schwarzen Schild hernieder.

 

Da fühlte ich in mir ein tiefes Sehnen

Nach jenem Wechsel der Natur, es glühte

Das Blut mir in den Adern, und ich wünschte

In einem Tage so den Frühling, Sommer,

Herbst, Winter, in mir selbst, und spann

So weite, weite Pläne aus, und drängte

Sie enge, enger nur in mir zusammen.

 

Der Tag war hinter Berge still versunken,

Ich wünschte jenseits auch mit ihm zu sein,

Weil er mir diesseits mit dem kalten Lehrer,

Und seinen Lehren, stets so leer erschien.

Der Ekel und die Mühe drückte mich,

Ich blickte rückwärts, sah ein schweres Leben,

Und dachte mir das Nichtsein gar viel leichter.

Dann wünscht' ich mich mit allem, was ich Freude

Und wünschenswertes Glück genannt, zusammen

Vergehend in des Abendrotes Flammen.

 

Der Gärtner gieng nun still an mir vorüber

Und grüßte mich, ein friedlich Liedchen sang er,

Von Ruhe nach der Arbeit, und dem Weibe,

Das freundlich ihn mit Speis und Trank erwarte.

 

Die Vöglein sangen in den dunkeln Zweigen,

Mit schwachen Stimmen ihren Abendsegen,

Und es begann sich in den hellen Teichen

Ein friedlich monotones Lied zu regen.

Die Hühner sah ich still zur Ruhe steigen,

Sich einzeln folgend auf bescheidnen Stegen.

Und leise wehte durch die ruh'ge Weite,

Der Abendglocke betendes Geläute.

 

Da sehnt' ich mich nach Ruhe nach der Arbeit,

Und träumte mancherlei von Einfachheit,

Von sehr bescheidnen bürgerlichen Wünschen.

Ich wußte nicht, daß es das Ganze war,

Das mich mit solchem tiefen Reiz ergriff.

 

Des Abends Glut zerfloß in weite Röte,

So löst der Mühe Glut auf unsern Wangen

Der Schlaf in heilig sanfte Röte auf.

Kein lauter Seufzer hallte schmerzlich wider,

Es ließ ein Leben ohne Kunst sich nieder,

Die hingegebne Welt löst' sich in Küssen,

Und alle Sinne starben in Genüssen.

 

Da flocht ich trunken meine Ideale,

Durch Wolkendunkel webt' ich Mondesglanz.

Der Abendstern erleuchtet, die ich male,

Es schlingt sich um ihr Haupt der Sternenkranz,

Die Göttin schwebt im hohen Himmelssaale

Und sinkt und steigt in goldner Strahlen Tanz.

Bald faßt mein Aug' nicht mehr die hellen Gluten,

Das Bild zerrinnt in blaue Himmelsfluten.

 

Und nie konnt' ich die Phantasie bezwingen,

Die immer mich mit neuem Spiel umflocht;

So glaubte ich auf einem kleinen Kahne

In süßer Stummheit durch das Abendmeer

Mit fremden schönen Bildern hinzusegeln.

Und dunkler, immer dunkler ward das Meer,

Den Kahn und mich, und ach, das fremde Bild,

Dem du so ähnlich bist, zog's still hinab.

 

Ich ruht' in mich ganz aufgelöst im Busche,

Die Schatten spannen Schleier um mein Aug',

Der Mond trat durch die Nacht, und Geister wallten

Rund um mich her, ich wiegte in der Dämmrung

Der Büsche dunkle Ahndungen, und flocht

Aus schwankender Gesträuche Schatten Lauben

Für jene Fremde, die das Meer verschlang.

Und neben mir, in toter Ungestalt,

Lag schwarz wie Grab mein Schatten hingeballt.

 

Und es schien das tiefbetrübte

Frauenbild von Marmorstein,

Das ich immer heftig liebte,

An dem See im Mondenschein,

Sich mit Schmerzen auszudehnen,

Nach dem Leben sich zu sehnen.

 

Traurig blickt es in die Wellen,

Schaut hinab mit totem Harm,

Ihre kalten Brüste schwellen,

Hält das Kindlein fest im Arm.

Ach, in ihren Marmorarmen

Kann's zum Leben nie erwarmen!

 

Sieht im Teich ihr Abbild winken,

Das sich in dem Spiegel regt,

Möchte gern hinuntersinken,

Weil sich's unten mehr bewegt,

Aber kann die kalten, engen

Marmorfesseln nicht zersprengen.

 

Kann nicht weinen, denn die Augen

Und die Tränen sind von Stein.

Kann nicht seufzen, kann nicht hauchen,

Und erklinget fast vor Pein.

Ach, vor schmerzlichen Gewalten

Möcht' das ganze Bild zerspalten!

 

Es riß mich fort, als zögen mich Gespenster

Zum Teiche hin, und meine Augen starrten

Aufs weiße Bild, es schien mich zu erwarten,

Daß ich mit heißem Arme es umschlinge,

Und Leben durch den kalten Busen dringe.

 

Da ward es plötzlich dunkel, und der Mond

Verhüllte sich mit dichten schwarzen Wolken.

Das Bild mit seinem Glanze war verschwunden

In finstrer Nacht. In Büsche eingewunden,

Konnt' ich mit Mühe von der Stelle schreiten.

Ich tappe fort, und meine Füße gleiten,

Ich stürze in den Teich. Ein Freund von mir,

Der mich im Garten suchte, hört den Fall,

Und rettet mich. Bis zu dem andern Morgen

War undurchdringlich tiefe Nacht um mich,

Doch bleibt in meinem Leben eine Stelle,

Ich weiß nicht wo, voll tiefer Seligkeit,

Befriedigung und ruhigen Genüssen,

Die alle Wünsche, alle Sehnsucht löste.

 

Als ich am Turm zu deinen Füßen saß,

Erschufst du jenen Traum zum ganzen Leben,

In dem von allen Schmerzen ich genas.

O teile froh mit mir, was du gegeben,

Denn was ich dort in deinem Auge las,

Wird sich allein hoch über alles heben.

Und kannst du mir auf jenen Höhen trauen,

So werd' ich bald das Tiefste überschauen.

 

Ich glaube, daß es mir in jener Nacht,

Von der ich nichts mehr weiß, so wohl erging,

Als ich erwachte, warf sich mir die Welt

Eiskalt und unbeweglich hart ums Herz.

Es war der tötende Moment im Leben,

Du, Tilie, konntst allein den Zauber heben.

 

Mein Vater saß an meinem Bette, lesend

Bemerkte er nicht gleich, daß ich erwachte.

Es stieg und sank mein Blick auf seinen Zügen

Mit solchem Forschen, solcher Neugierd', daß

Mir selbst vor meiner innern Unruh bangte.

Dann neigte er sich freundlich zu mir hin

Und sprach mit tiefer Rührung: Karl, wie ist dir?

Ich hatte ihn noch nie so sprechen hören,

Und rief mit lauten Tränen aus – O Vater!

Mir ist so wohl, doch, ach! die Marmorfrau –

Wer ist sie? – Wessen Bild? – Wer tat ihr weh?

Daß sie so tiefbetrübt aufs holde Kind,

Und in den stillen See herniederweint?

 

Mein Vater hob die Augen gegen Himmel,

Und ließ sie starr zur Erde niedersinken,

Sprach keine Silbe und verließ die Stube.

In diesem Augenblicke fiel mein Los.

Ein ew'ger Streit von Wehmut und von Kühnheit,

Der oft zu einer innern Wut sich hob,

Ein innerliches, wunderbares Treiben

Ließ mich an keiner Stelle lange bleiben.

 

Es war mir alles Schranke, nur wenn ich

An jenem weißen Bilde in dem Garten saß,

War mir's, als ob es alles, was mir fehlte,

In sich umfaßte, und vor jeder Handlung,

Ja fast, eh' ich etwas zu denken wagte,

Fragt' ich des Bildes Widerschein im Teiche.

Entgegen stieg mir hier der blaue Himmel,

Und folgte still wie die bescheidne Ferne,

Der weißen Marmorfrau, die auf dem Spiegel

Des Teiches schwamm. So wie der Wind die Fläche

In Kreisen rührte, wechselte des stillen

Und heil'gen Bildes Wille, und so tat ich.

 

Sprich aus der Ferne

Heimliche Welt,

Die sich so gerne

Zu mir gesellt.

 

Wenn das Abendrot niedergesunken,

Keine freudige Farbe mehr spricht,

Und die Kränze stilleuchtender Funken

Die Nacht um die schattigte Stirne flicht:

 

Wehet der Sterne

Heiliger Sinn

Leis durch die Ferne

Bis zu mir hin.

 

Wenn des Mondes still lindernde Tränen

Lösen der Nächte verborgenes Weh;

Dann wehet Friede. In goldenen Kähnen

Schiffen die Geister im himmlischen See.

 

Glänzender Lieder

Klingender Lauf

Ringelt sich nieder,

Wallet hinauf.

 

Wenn der Mitternacht heiliges Grauen

Bang durch die dunklen Wälder hinschleicht,

Und die Büsche gar wundersam schauen,

Alles sich finster tiefsinnig bezeugt:

 

Wandelt im Dunkeln

Freundliches Spiel,

Still Lichter funkeln

Schimmerndes Ziel.

 

Alles ist freundlich wohlwollend verbunden,

Bietet sich tröstend und traurend die Hand,

Sind durch die Nächte die Lichter gewunden,

Alles ist ewig im Innern verwandt.

 

Sprich aus der Ferne

Heimliche Welt,

Die sich so gerne

Zu mir gesellt.

 

 

Ist des Lebens Band mit Schmerz gelöset,

Liegt der Körper ohne Blick, ohn' Leben,

Fremde Liebe weint, und er geneset.

Seine Liebe muß zum Himmel schweben,

Von dem trägen Leibe keusch entblößet,

Kann zu Gott der Engel sie erheben.

Und er hält sie mit dem Arm umfasset,

Schwebet höher, bis das Grab erblasset.

 

Ist er durchs Vergängliche gedrungen,

Kehrt die Seele in die Ewigkeit,

O, so ist dem Tod genug gelungen,

Und er stürzet rückwärts in die Zeit.

Um die Seele bleibet Wonn' geschlungen,

Alles giebt sich ihr, die alles beut,

Wird zum ew'gen Geben und Empfangen,

Kann des Wechsels Ende nie erlangen.

 

 

So bricht das Herz, so muß ich ewig weinen,

So tret' ich wankend auf die neue Bahn,

Und in dem ersten Schritte schon erscheinen

Die Hoffnungen, der Lohn ein leerer Wahn.

Mit Pflichten soll ich Liebe binden,

Die Liebe von der Pflicht getrennt;

Und frohe Kränze soll ich winden,

Die keine Blume kennt.

 

Der erste Blick muß schon in Tränen schwimmen,

Mir gegenüber steht das stille Haus,

Der Orgelton schwillt bang um helle Stimmen,

Die blassen Kerzen löschen einsam aus.

Ihr Stimmlein kann ich nicht erlauschen,

In Gottes Hand erlosch ihr Licht,

Und aus der schlanken Pappeln Rauschen

Die stumme Freundin spricht.

 

 

Es ist der laute Tag hinabgesunken,

Er lächelte in stiller Dämmrung nieder;

Die Dunkelheit hat sich um ihn gewölbet,

Wie um Mathildens kurzes Wachen sorglich

Die Mutter stilles Wiegendunkel hüllet,

Wenn sie die zarten, holden Augenlider

Mit leisen Küssen rührend ihr geschlossen.

Das Leben träumte schon vom Wiedersehen,

Umarmte schon die Rosenglut der Küsse,

Die ihm des jungen Morgens goldene Lippen,

Voll heiliger Scham auf seinen runden Wangen,

Wie züchtigen Kuß der Braut entgegenbeben.

Und alle Äußrung war zurückgekehrt;

Sie ruhte still im innern Leben schaffend.

Es war die Form vom unerkannten Leben

In allgemeine Einigkeit verschwunden,

Von jedem Reize sank der Gürtel nieder,

Und alles ist nur ein und einzig da.

Ohn' eine Farbe löste sich der Wechsel

In eine Ruhe aller Farbenspiele.

Das Wort war in sich selbst zurückgekehrt

Und die Geschlechter starben mit Entzücken

Den süßen Tod, der alle Trennung bindet.

Das Leben lag dem Leben an dem Busen,

In tiefen Schlaf und Traum zerschmolz die Täuschung,

Die das Geschaffne schaffend überraschet.

Da hatte ich den lieben Brief erhalten,

Aus dem ein heitres Leben zu mir spricht,

Das durch des Sinnes düstere Gestalten

Wie Sternenglanz durch weite Nacht sich flicht,

Und lichter will sich meine Bahn entfalten

Und freundlich spielen mit dem holden Licht,

Das durch des Tages Dunkel sich verbreitet

Und heute mich zur stillen Nacht begleitet.

 

Die ruhige Nacht, dir hab' ich sie zu danken,

Sie blüht aus deinem trauten Wirken auf,

Umfaßt das weite Leben mir mit Schranken,

Die nimmer ich mit Träumen mir erkauf',

Und stille durch der regen Seele Ranken

Sproßt freundlich eine Blume mir herauf,

Sie soll dir voll erblühn und ich verspreche,

Daß, welkt sie nicht, nur deine Hand sie breche.

 

Du reichst mit deiner Liebe im Akkorde

Ein Lebenslied, das sich zu dir gesellt;

Erstorben ist die Sprache, wenige Worte

Durchirren, sich verspätend, meine Welt;

Da öffnest du in stiller Nacht die Pforte,

Willkommen sind sie dir, und wohlbestellt

Ist deine Hütte, meine Töne klingen

Zu deinen gut ein sanftes Lied zu singen.

 

Ein zartes Lied, es kann es keiner lehren,

Es schaffet sich im inneren Gemüt,

Wo Sehnsucht, Lieb' und himmlisches Verkehren

Beisammen sind. In Liedes Busen glüht

Ein leises Bitten und ein still Gewähren,

Um die wie Blumenkelch dein Leben blüht;

Und an dem Rande schwebe ich und schwelge,

Ein Schmetterling, vom Lied im Blumenkelche.

 

Es harrte still dein mütterlich Verlangen;

Du siehst ein Zähnchen in dem kleinen Mund,

Und große Freude hat dich nun umfangen,

Du tust es fröhlich seinem Vater kund,

Du zeigst des Kindes runde, volle Wangen,

Wie es so fröhlich ist und so gesund;

Doch ich, ich weine, habe nichts zu zeigen,

Und was ich weine, muß ich still verschweigen.

 

Noch zweimal wird das Kind dich überraschen,

Einmal, wenn ihm der Muttersorge Blick

Im Gehn zum Vater folgt, der froh es haschen

Und küssen wird, er leitet es zurück,

Du lohnst das Kind und gibst ihm was zu naschen,

Und lebend geht und kehret schon dein Glück.

Doch mir, mir wandelt nie ein solches Leben,

Um mich wird nie sich stille Heimat weben.

 

Und wenn es einst die heiligen Worte spricht,

Dich stammelnd Mutter und ihn Vater nennet,

Der Sinn durch die Gestalt in Worte bricht

Und es des Wechsellebens Geist bekennet,

Dann scheint des dritten Tages festlich Licht,

Es ist von dir ein fertig Bild getrennet;

Doch ich werd' ewig mich zum Spiegel bücken

Und nie ein neues Leben drin erblicken.

 

Und ewig soll ich stillen Kummer wiegen,

Erreich' wohl nie das freundlich holde Bild,

Das, göttlich aus sich selbst emporgestiegen,

Ein zartes Licht, die rohe Nacht erfüllt,

An das sich bang all meine Wünsche schmiegen;

Mein bißchen Gutes, all mein Denken quillt

Von diesem Licht, und seh' ich's nicht mehr wallen,

Dann ist die Nacht. Ins Grab muß ich dann fallen.

 

 

Sie blüht mir nicht in Tälern, nicht auf Höhen,

Nicht in dem Wolkenflug; nicht in der Flut,

Die fort wie Sehnsucht eilt, kann ich sie sehen,

Und aus dem stillen See, der ewig ruht,

Steigt nicht ihr Bild. Es ist schon längst geschehen,

Daß die Natur verlor, was ich mit Mut

Erringen soll. Drum muß mit meinen Sinnen

Ich ewig der Entflohenen Netze spinnen.

 

 

Tief unter mir ist alle Welt geschwunden,

Seit ich an eines schönen Geistes Hand,

Die Binde von den Augen losgebunden,

Auf meines Daseins höchster Zinne stand,

Ist alle Lust oft rund um mich gewunden,

Weil sich die Liebe schaffend um mich wand;

Auch wird wohl einst mein krankes Herz gesunden,

Hab' ich die Aussicht wieder nur gefunden.

 

 

Der Gottheit hoher Tempel ist zerstöret

Es ründen an der heil'gen Kuppel sich die Töne

Nicht mehr in schöne Worte des Gebetes,

Und teilen sich im Takte an den Säulen

Den' in den Kronen leichte Melodien

In lieblicher Verirrung schöner Locken

Auf ihre ernsten hohen Stirnen wallen.

Zertrümmert ist das herrliche Gebäude

Und mit dem Echo ist das Wort gestorben.

Vom weiten Himmel hallt kein Lied zurücke,

Denn schrecklich ist die Macht des großen Lebens

Und unermeßlich ist es hier zu beten.

 

 

Es senke sich ein leiser Traum hernieder

Der ihr der eignen Schönheit Gürtel löst

Und sanften Blicks mit schmeichelndem Gefieder

Des eignen Herzens Fülle ihr entblößt.

Im leichten Spiel küss' sie der eignen Lieder

Gestalten, und der leise Kuß erlöst

Die Blume von der Träne die sie drücket

Daß sie zum Grabe müd sich bücket.

 

 

Sie las den Brief, ich soll Dich freundlich lieben.

Der Brief hat sie im zärtern Sinn berührt

Sie hat ans End, ein kleines ja geschrieben

So nimm mich an, so schön zu Dir verführt

Ist Dir und mir der schöne Trost geblieben

Die unbedingte Liebe, und gerührt

Will ich mein stilles Haus für mich beschicken.

Wie Tageslicht sollst Du ins Fenster blicken.

 

 

Nur einer noch strebt zu dem Himmelsbogen

Der letzte ist's, die grüne Hoffnung spielt

So bang um ihn, der ewig hingezogen

Im Himmelblau, die letzte Blüte kühlt.

Die Blüte harrt, will daß aus jenen Wogen,

Ein Sternlein ihr in Busen fall', doch wühlt

Ein schwarzer Sturm, in sanften Himmelsmeeren

Und ohn' den Stern, kann lang die Blüt' nicht währen.

 

Und endlich irrt, von unerstiegnen Höhen

Die es verließ, und nimmermehr erringt

Ein Wesen her; das mir mit süßen Wehen

Den Busen löst. Zur offnen Wunde dringt

Sein höhres Leben. Nie wird mir's vergehen

Weil mein Gebet sich um die Schönheit schlingt.

Doch kann sie nur sich schön herniederneigen

Und ohne sie ich nie die Höh' ersteigen.

 

So fesselt mich die schönste Freiheit wieder

Mit ew'ger Sehnsucht an die Erde hin.

Denn sie verlor die Göttlichkeit der Lieder

Die sie elegisch singt. Der hohe Sinn

Blickt traurig zu der harten Erde nieder

Und sucht der Freude spärlichen Gewinn.

So bete ich zum Ewigen das nimmer

In ihr verlischt, und weine um die Trümmer.

 

Ein reines Wesen hat mich an der Stelle

Wo es mich liebend stille angerührt

Mit Heiligkeit erfüllt und zarter Helle.

Und alles, was das Leben zu mir führt

Wird wilde Woge, in der sanften Quelle

Die sich wie Ähnlichkeit in mir verliert.

Ich seh' im Quell die Sterne spiegelnd beben,

Den Spiegel aber wellenabwärts streben.

 

Es spricht die kalte Schönheit auch aus Dir

Die nichts erzeugt, als ihren eignen Willen

So schön zu sein, und jeder beuget ihr

Den eignen Sinn, ihn mit ihr anzufüllen.

 

Sie wandelt ewig sich nur schaffend hier.

Und nie kann sie die fremde Sehnsucht stillen.

Sie blickt in sich sich selbst so schön erbauet,

Denn sie erlischt wenn sie ins Leben schauet.

 

 

Willst du mir Trost verleihen

Laß mich aus deinen Augen,

Der Liebe Schwärmereien

Minutenwahrheit saugen,

 

Laß um des Lichtes Quelle

Die trunkne Fliege schwirren,

Laß, wird es ihr zu helle

Sie in die Flamme irren.

 

Du sahst im Nektarkelche

Die heitre Psyche sterben,

Wenn ich noch länger schwelge

Läßt du mich auch verderben?

 

Aus deines Herzens Raume

Möcht' ich nur einmal trinken,

Und dann zum kühnsten Traume

Im Götterrausche sinken.

 

Du bist die Zaubervase,

Die meinen Geist umhüllet,

Und im Champagnerglase

Ist schon mein Los erfüllet.

 

 

Die Klage, sie wecket

Den Toten nicht auf,

Die Liebe nur decket

Den Vorhang Dir auf.

 

Man liebt und was immer

Das Leben belebt,

Mit fassenden Sinnen

Die Augen erhebt.

 

Das zarte Umfassen,

Es löst sich so bald,

Die Augen erblassen,

Es stirbt die Gestalt.

 

Die Liebe, sie schicket

Die Klage ihr nach,

Die Liebe, sie blicket

Den Toten bald wach.

 

Die Klage, sie wecket

Die Toten nicht auf,

Die Liebe nur decket

Das Leben Dir auf.

 

 

Ich trage weit, weit

Herüber ein Leid,

Ich soll es verkünden

Und kann doch die Worte nicht finden.

 

Das Leid ist so groß,

Im eigenen Schoß

Läßt sich's nicht bewahren,

Drum sollst Du es, Freundin! erfahren.

 

Und kannst Du die Sprache nicht finden:

So wird sich's verkünden,

So kommt es zu Tage,

In eigener Sprache.

 

Es hat es die Freundin erfahren,

Will still es bewahren;

Und freundlich Dein Leben,

Im Troste erheben.

 

Unerkanntes stilles Leben,

Hat Dir heimlich Nachricht geben,

Und ich komme schon zu spät.

Ahndung hat mich übereilet,

Und Dir zärter mitgeteilet,

Daß sie nun im Himmel geht.

 

Ach! sie sprach in letzten Stunden,

Schon von Dämmerung umwunden,

Liebe Worte leis von Dir.

Hat sich Deiner nie entwöhnet,

Heimlich oft nach Dir gesehnet;

Und sprach in dem Tod zu mir:

 

Möge sich ein neues Leben

Zwiefach schöner um Dich weben;

Hemme Deiner Tränen Lauf,

Gehe, schließe neue Bande.

Suche meine unbekannte,

Mir verlorne Schwester auf.

 

Teile, was Du mir geteilet,

Ihr, die noch im Leben weilet,

Bilde ihr ein freundlich Glück;

Und ich schaue dann hernieder,

Sehne aus dem Himmel wieder

Auf die Erde mich zurück.

 

Ach! ich hab' ihn wohl verstanden,

Deiner Töne stillen Sinn;

Tön' in Silben sich verbanden,

Worte klangen zu mir hin.

Schmerz und Trost hat freundlich sich gereiht,

Zogen einig durch die Dunkelheit.

 

Hell in Deiner Brust erwachte

Meiner Rede dunkler Blick,

Gabst in Worten, was ich dachte,

Zartes Echo! mir zurück.

Schmerz und Trost so traulich sich umschlang,

In der Töne rührendem Gesang.

 

Alle Lichter sind versunken,

Nimmer wird die Liebe wach,

Ist im dunklen Blick ertrunken;

Als ihr Aug' im Tode brach,

Aller Trost mit ihr von dannen ging,

Schmerz allein mit Wehe mich umfing.

 

Sieh, ich bin schon weit gegangen,

Kann der Ferne nie entgehn;

Kann die Nähe nie erlangen,

Muß sie immer ferne sehn.

Schmerz auf Erden immer mit mir zieht,

Trost am Himmel auf den Wolken flieht.

 

Werde ich doch bald gesunden,

Schon die Trauer von mir weicht;

Habe ich sie doch gefunden,

Die an mildem Reiz ihr gleicht.

Vor der Stimme Ähnlichkeit ist schon

Aller Schmerz aus meinem Sinn entflohn.

 

Und sie sehnet sich dann wieder

Aus dem Himmelsschein zurücke,

Alle Sterne, ihre Blicke

Sehen auf den Freund hernieder.

 

Alle Dunkelheit dann fliehet,

Und der Lichter froh Getümmel,

In dem tiefen blauen Himmel,

Wie ein ganzer Frühling blühet.

 

Und der Morgen wird ein Küssen,

Mittag wird ein süß Umfangen;

Abendrot ein still Verlangen,

Nur die Nacht werd' ich vermissen.

 

Die Nächte sind verschwunden,

Die Küsse sind dahin.

Es sind die dunkeln Stunden,

Mit Einsamkeit umwunden;

Kein Freuen wohnt darin,

Kein heller Sinn.

 

Die Blicke so gelinde,

Sind von mir weggewandt.

Der Locken zart Gewinde

Umfaßt mit goldner Binde

Nicht mehr des Freundes Hand.

Das all verschwand.

 

O führ' das zarte Leben,

Vertraulich mir zurück.

Will Freude viel erstreben,

Dir alles wieder geben;

Kehrt nur von jenem Glück

Ein stiller Blick.

 

 

Tief ist das Tal, so tief hinabgesunken,

So tief ihr Grab! Und in der weiten Welt

Schließt sich die Heimat zu, die Sternenfunken

Sind meiner Wohnung Licht, das Himmelszelt

Mein kühles Dach. In dunkler Fern' ertrunken

Ist alle Aussicht, und den Busen schwellt

Ein ewiges und nie erfüllt' Verlangen

Die nimmer kehrt, die Holde, zu umfangen.

 

Da sitz' ich stumm auf Berges Höh' und blicke

Mit Wehmut in der Kindheit Paradies,

Der Hütte Licht, es winkt mir still zurücke,

Es ruft des Freundes Flöte mir so süß.

Als wolle sie dem finsteren Geschicke,

Das mich von Haus und Hof der Schöpfung stieß,

Den bittern Ernst in sanften Tönen lösen,

Und süßen Trost mir in den Busen flößen.

 

Es bricht der Kampf, im Herzen tief zerronnen

Ist meiner Jugend innerstes Gebild,

Aus Kindesliebe war es zart gesponnen,

In Traulichkeit und Milde eingehüllt.

Des Lebens jüngster Tag war kaum begonnen,

Ein dichtes Dunkel schon die Bahn erfüllt

Und für des Mittags, für des Abends Wonnen

Ein Strom von Schmerz schon aus dem Morgen quillt.

 

Wo, dunkles Leben, führst du mich nun hin,

Wo lebt ein Wesen, das ich dicht umschlinge,

Dem ich das Herz, und den verwaisten Sinn

Zur Pflege und zur Liebe wiederbringe;

Ihm werde jede Blüte zum Gewinne,

Die aus dem armen Frühling ich erringe.

Der stumme Freund, er wird ja nimmer sprechen,

Das dunkle Leben nie ein Wort durchbrechen.

 

Da flüstert's freundlich durch die dunkeln Eichen,

Es weht wie Trost mir aus dem Tal herauf,

Ein heilig Wort spricht durch des Waldes Schweigen,

Es ziehet schnell der Wolken wilder Lauf,

Vor meinem Sinn die schwarzen Schatten weichen,

Und Mondeslicht, und Sterne blühen auf.

Des stummen Freundes inniges Umfassen

Spricht laut zu mir: ich will dich nie verlassen.

 

So hell und still von zartem Licht umgossen,

Ist mir zu Füßen wie ein Bildersaal

Mein vorig Leben rührend aufgeschlossen,

Erinnerung spielt in der schönen Wahl.

Ich sehe früh die Blüten all entsprossen,

Und früh herab gewehet in das Tal,

Da weine ich nun an dem eignen Grabe,

Betraure tief, was ich verloren habe.

 

Und kann noch einst das Leben mir erblühen,

Wie mir der Frühling hier im Mondschein blüht

Kann mir im Leben wieder Leben glühen,

Kann Ruhe mir das krankende Gemüt

Mit heiterm Sinn und Freudigkeit umziehen,

So kehre ich und singe hier ein Lied

So werde hier an dieser ernsten Schwelle

Die Aussicht in den frühen Tod mir helle.

 

 

Ich eile hin, und ewig flieht dem Blicke

Des Lebens Spiegel fort in wilder Flut,

Die Sehnsucht in die Ferne nimmer ruht,

Und weinend schaut Erinnerung zurücke

Da blickt aus einer Blume neu Geschicke.

Zwei blaue Kelche voll von Liebesglut

Erwecken in dem Flüchtling neuen Mut;

Daß er das Leben wieder jung erblicke.

Es hat der Sinn die Aussicht wiederfunden,

Er sieht im klaren Strome abgespiegelt,

Des Wechsel-Lebens zwiefach-lieblich Bild,

Die Fläche ruht und schwillt in tiefen Stunden,

Wenn Leidenschaft die Trunkenheit entzügelt,

Und Liebe sich dem Strome nackt enthüllt.

 

 

O lieber Gott, so mild und lind,

Du schließest mit Erbarmen,

Die Kinder all, die Waisen sind,

In deine Vaterarmen.

 

Siehst nieder in der stillen Nacht

Mit tausend kleinen Sternen,

Und wo dein freundlich Auge wacht,

Muß sich der Feind entfernen.

 

Drum fasse Mut, du Menschenkind,

Verlier' dich nicht im Dunkeln,

Die Lichter ja am Himmel sind

Um tröstlich dir zu funkeln.

 

 

Kann je um dich sich fremde Öde ziehen,

Wo keiner dir das Wort im Aug' erblicket,

Das Samenkorn im Herzen schon ersticket,

Eh' dir die Blumen auf der Lippe blühen?

 

So sei der Freund, den du mir selbst verliehen,

Dir in die volle Einsamkeit geschicket,

Sei zärtlich dir die treue Hand gedrücket,

Daß Heimweh und die Sehnsucht bald entfliehen.

 

Und dann hast du zum Lohne selbst empfunden,

Was du so freundlich an dem Freund geübet,

Denn alles was die Aussicht ihm getrübet:

 

Die Fremde und die Sehnsucht sind verschwunden,

Hat er in deinem Briefe doch gefunden,

Dein Leben hell und seins, und wie er liebet.

 

 

Sonett

Es saß ein Kind ganz still zu meinen Füßen,

Und spielte froh mit freundlichen Gedanken,

Es blickt mich an, bis ihm die Blicke sanken,

Und goldne ferne Lande sich erschließen,

 

Von allen Seiten dringt ein süßes Grüßen,

Das alte Leben muß nun abwärts wanken,

Daß neue frohe Zweige grün umranken

Und rund umher ihm zarte Blumen sprießen.

 

Das Kind erwacht, und fraget mich mit Bangen,

Ob andern wohl ein solcher Traum gelinge,

Ob ich's allein mit Zauberei umfangen,

 

Daß dankbar es die Arme um mich schlinge.

Da rötet mir Verwunderung die Wangen

Woher das Kind die kühne Frag' erschwinge.

 

 

Sonett

Soll sich vor Dir des Baumes Stolz enthüllen,

Der nur allein sich selbsten aufwärts strebet,

Des Busches Geist, der heil'ge Schatten webet,

Und was der Blume zarte Kelche hüllen.

 

So mußt Du alle laute Neugier stillen

Der zarte Geist, der in dem Busen lebet,

Gar schnelle wie ein leiser Hauch entschwebet,

Und nimmer kehret er den stolzen Willen.

 

Im tiefen Grund nur wohnet das Ergründen,

Das Äußre laß vor Deinen Augen schwinden

Und steige kühn dann in die heil'ge Erde.

 

Ein freudig Staunen wird sich um Dich winden

Wie die verschiedne äußere Geberde

Aus innerem und heil'gem Geiste werde.

 

 

»Ich habe das gar nicht verlangt«

Schaut kalt vom hellen Himmel Mondschein nieder

So störet keine Farbe meinen Blick

Ein jeder Ton klingt in mich selbst zurück

Der reine Spiegel giebt mein Bild mir wieder.

 

Das Echo wacht, es kehren alle Lieder

Verklungen in dem wechselnden Geschick,

Das früh verschwundne Bild vom innern Glück

Enthüllt sich froh, bewegt die leichten Glieder.

 

Im Herzen fühle ich ein freudig Bangen,

Ein kühles Meer von Glanz schwillt um die Brust,

Ich bin so schön von Dir in mir gefangen,

 

Doch alles dies bleibt Dir stets ohnbewußt

Du hast mir aufgedrungen zu verlangen

Und nichts verlangen bleibet Deine Lust.

 

 

Bilden und verstehen

Was wir in uns die tiefe Sehnsucht nennen,

Was uns mit dunklen Wünschen still erfüllt,

Die tiefe Wärme, hohes Licht so mild,

Sind Elemente, die wir selten kennen,

 

Die sich im einzelnen geheim zertrennen,

Wie Licht in Dir, in mir sich Wärme hüllt,

Doch nimmer dringt ein Leben durch das Bild,

Wenn Licht und Wärme nicht als Flamme brennen.

 

Die Wärme in dem Herzen war so groß,

Daß ich ins kühle Mondenlicht gesehen

Nun brennet wild die Flamme mir im Schoß.

 

Und endlich muß ein heilig Bild erstehen

Reißt ewig sich so Licht, als Wärme los

So einigt sich ja Bilden und Verstehen.

 

 

»Eine Liebe ist der andern wert«

Umhüllst Du Dich mit Ernst und tiefem Schweigen

Und sprichst von Kälte und von nicht verstehn

So sehe ich Dianen vor mir stehn

Und nimmermehr wird sich ihr Sinn erweichen,

 

Doch lieber möcht ich Phöben Dich vergleichen

Du bist so kalt und leuchtest doch so schön

Und hast Du freundlich mich nur angesehn

Sich Wunsch und Sehnsucht still in mir erzeugen.

 

Endimion, möcht' ich auf Latmos lauschen

Die Wärme die mich heimlich lang verzehrt

Mit Phöbens kühlen milden Strahlen tauschen

 

Hast Du mich Holde! freundlich doch belehrt

Und ewig wird Dein Ausspruch mich berauschen,

»Daß eine Liebe wohl der andern wert.«

 

 

Offenbarung

So lange habe ich sie leiden sehen,

So lange brennt ihr Schmerz in meiner Brust

Und gierig trank ich selbst mit frommer Lust

Das Gift aus ihrer Wunden tiefen Wehen.

 

Zu allen Mächten drang mein kindisch Flehen,

Mir war in meiner Unschuld nicht bewußt,

Daß mit der Freiheit traurigem Verlust

Der Schönheit alle Mächte untergehen.

 

Sie sieht mein Leiden, spricht mit hohen Blicken

O wehe! Was ich Sinkende berühre

Ich fest umklammernd in den Abgrund führe.

 

Da sprach ich kühn: mit schmerzlichem Entzücken

Will ich an Deinem Grabe untergehen,

Will ich an Deiner Wiege auferstehen.

 

 

Sendung

Sie war vor mir so tief hinabgeschwunden

Und tief, so tief hinab mit ihr mein Sinn,

Da sendet sie mich schnell zur Wiege hin,

Bis Auferstehung sie dem Tod entbunden.

 

Und an der Wiege brechen alle Wunden

Der Seele auf, vom zartesten Beginn

Wird ihres Lebens Bild mir zum Gewinn,

Mit Rosen und mit Dornen dicht umwunden.

 

Und sehnsuchtsvoll wandl' ich auf allen Wegen,

Die sie betrat, und harre sie zu sehen

Doch nimmer, nimmer will sie auferstehen.

 

Da tritt ein tiefes Bild mir still entgegen.

Aus Bildes Augen heil'ge Lichter drangen

Und spannen Netze, nahmen mich gefangen.

 

 

Auferstehung und Metamorphose

O liebliche! wie schön bist Du erstanden!

Die Rose in sich selbst so tief verglühet

Ist hoch in Dir, Du Lilie erblühet

In der sich Form und Inhalt schön verbanden.

 

O zürne nicht, weil ich es Dir gestanden,

Daß der, der um die Rose sich bemühet

Aus ihr Dich Lilie erstanden siehet

O zürne nicht, hast Du es gleich verstanden.

 

Was in der Rose Sinnenglut verglommen

Muß in der Lilie geist'ger sich entfalten

Muß sich in Licht und reiner Hoheit heben.

 

Wie Form und Geist sich ewig näherkommen

So wechseln immer höher die Gestalten

Doch wohnt nur eine Liebe in dem Leben.

 

 

Kehret Gedanken doch heimwärts, eilet den Tempel zu ordnen,

Schafft mir im Herzen Gebet, eh' es in Sehnsucht mir bricht,

Drei sind ihrer, der Teuern, die weit in der Fremde mir weilen;

Zwei dem Tode geweiht grüße noch einmal mein Blick,

Daß ich friedlich entsage, dem was die Fremde begehrt.

Dann umfasse mich Leben, – denn eine noch weilet, – ich fühle,

Daß sie das einzige ist: Leben und Liebe und Zukunft. –

Wie mir's im Herzen, – das hat ihr der Gott in den Busen geschrieben,

Wie in der Seele es mir, schrieb ihr der Gott in das Aug'. –

Schweigend spricht sie das Wort, was meine Lippe nicht redet;

Flieh' ich so ist sie die Flucht; ruh' ich so ruht sie in mir.

Suchst Du sie? – dort in den Schatten des Waldes wo sich das Dunkel

Tiefer Begeisterung löst, stiller der Himmel sich senkt,

Wo an der liebenden Brust, dem Gestade des brausenden Lebens,

Des unendlichen Meeres Woge melodisch sich bricht.

Dort weilt sie, dichtet fromm, was Ihr Geister sie lehret,

Begierig Geheimnis zu fassen,

Und Euch Ihr Götter in mir, schuf nur des Kindes Gebet.

Trösterin! – Freundliche! – Dein Seherauge entsiegelt dem Tode

Der Dich als Leben umgiebt, selbst den geschlossenen Blick. –

Alles Bettine! dem liebend Dein schaffender Geist sich genährt,

Was Deine segnende Hand, was Dein Gedanke berührt,

Blühet schöner ein Freiheit verklärendes Leben.

Bilde in mir Deine Welt, Du die den Zweifel nicht kennt,

Die aus dem Busen mir zog den vergifteten Pfeil.

Alles was der Genius zu bilden mich drängt,

Bilde ich Schwacher es nicht, weilt schon gestaltet in Dir.

Schützend will ich Dir folgen, Du Leben, das, wo ich zage mich schützt;

Das, wo ich welke erblüht, gern mir die Jugend ersetzt.

Verwechselt im Herzen, schreitest Du kühn auf tobender Woge

Die aufbraust in mir und sänftigst sie, daß sie heller melodischer klingt.

In Dir weile ich flammend, Du giebst die lindernden Öle

Und so sühnt sich in Dir, opfernd den Göttern, der Sturm.

 

 

Auf Dornen oder Rosen hingesunken? –

– Ob leiser Atem von den Lippen fließt –

– Ob ihr der Krampf den kleinen Mund verschließt –

– Kein Öl die Lampe? – oder keinen Funken? –

 

Der Jüngling – betend – tot – im Schlafe trunken?

– Ob er der Jungfrau höchste Gunst genießt –

Was ist's? das der gefallne Becher gießt –

– Hat Gift, hat Wein, hat Balsam sie getrunken –

 

Und sieh! des Knaben Arme Flügel werden –

– Nein Mantelsfalten, – Leichentuches Falten

Um sie strahlt Heil'genschein – zerraufte Haare –

 

O deute die undeutlichen Geberden,

O lös' des Zweifels schmerzliche Gewalten –

Enthüll', verhüll' das Freudenbett – die Bahre.

 

 

Als hohe in sich selbst verwandte Mächte

In heil'ger Ordnung bildend sich gereiht,

Entzündete im wechslenden Geschlechte

Die Liebe lebende Beweglichkeit,

Und ward im Beten tiefgeheimer Nächte,

Dem Menschen jene Fremde eingeweiht,

Ein stilles Heimweh ist mit dir geboren,

Hast du gleich früh den Wanderstab verloren.

 

Die Töne ziehn dich hin, in sanften Wellen,

Rauscht leis ihr Strom in Ufern von Kristall,

Sirenen buhlen mit der Fahrt Gesellen,

Aus Bergestiefen grüßt sie das Metall,

Der Donner betet, ihre Segel schwellen,

Aus Ferne ruft der ernste Widerhall;

Die Wimpeln wehn in bunten Melodien,

O wolltest du mit in die Fremde ziehen.

 

Die Farben spannen Netze aus, und winken

Dir mit des Aufgangs lebenstrunknem Blick,

In ihren Strahlen Brüderschaft zu trinken.

Am Berge weilen sie, und sehn zurück –

Willst du nicht auch zur Heimat niedersinken?

Denn von den Sternen dämmert dein Geschick,

Die fremde Heimat, spricht es, zu ergründen,

Sollst du des Lichtes Söhnen dich verbünden.

 

Auch magst du leicht das Vaterland erringen,

Hast du der Felsen hartes Herz besiegt,

Der Marmor wird in süßem Schmerz erklingen,

Der tot und stumm in deinem Wege liegt:

Wenn deine Arme glühend ihn umschlingen,

Daß er sich deinem Bilde liebend schmiegt;

Dann führt dich gern zu jenen fremden Landen,

Dein Gott, du selbst, aus ihm und dir erstanden.

 

Dich schreckt so stiller Gang, so schwer Bemühen,

Du sehnest dich in alle Liebe hin,

Des Marmors kalte Lippe will nicht glühen,

Die Farbe spottet deiner Hände Sinn,

Die Töne singen Liebe dir und fliehen,

Gewinnst du nicht, so werde selbst Gewinn,

Entwickle dich in Form, und Licht, und Tönen,

So wird der Heimat Bürgerkranz dich krönen.

 

O freier Geist, du unerfaßlich Leben,

Gesang der Farbe, Formenharmonie,

Gestalt des Tons, du hell lebendig Weben,

In Nacht und Tod, in Stummheit Melodie,

In meines Busens Saiten tonlos Beben,

Ersteh' in meiner Seele Poesie:

Laß mich in ihrer Göttin Wort sie grüßen,

Daß sich der Heimat Tore mir erschließen.

 

Ein guter Bürger will ich Freiheit singen,

Der Liebe Freiheit, die in Fremde rang,

Will in der Schönheit Grenzen Kränze schlingen,

Um meinen Ruf, des Lebens tiefsten Klang,

Mir eignen, ihn mit Lied und Lieb erringen,

Bis brautlich ganz in Wonne mein Gesang,

Gelöst in Lust und Schmerz das Widerstreben,

Und eigner Schöpfung Leben niederschweben.

 

 

Unter des lebenden

Grünenden Tempels

Flüsternde Hallen

Komme ich irrend.

 

Wie sich die Eiche

Himmelwärts türmet,

Wie in dem Gipfel

Ruhet des Mächtigen

Jupiters Fuß.

 

Und in dem Herzen

Fühl' ich die Nähe

Heiliger Wesen,

Die durch die Zweige

Zu dem Olympos

Wandeln empor.

 

Führt mich ihr friedlichen

Geister des Haines,

Die mich umschweben

Lachend und rufend,

Führt mich zurück.

 

Irrende, flüchtige,

Tönende Geister,

Die ihr mit schäkernden

Lispelnden Worten

Irr mich geführt.

 

Hier wo in mondlichen

Nächten ihr rauschet,

Und um die wohnsame

Herrliche Eiche

Tanzend euch schwingt.

 

Wo ich im Taue

Freudigen Grases

Von euren flüchtigen

Goldenen Sohlen

Ehre die Spur. –

 

Hört mich ihr freundlichen,

Die ihr verlorene

Götter gepfleget,

Die ihr die fliehende

Daphne umarmt.

 

Frohe, geheime,

Lindernde Geister,

Die in des Waldes

Rührigen Schauer

Weben den Trost.

 

Mächtige, lebende,

Stärkende Geister,

Die in der Stämme

Alter und Jugend

Bilden die Kraft.

 

Wenn ich je frevlend

Eure geheiligten

Stämme verletzet,

O! so verdorre

Welkend die Hand.

 

Nimmer auch höhnt' ich

Echo die Jungfrau,

Die mit euch wohnet,

Teilt ihr vertraulich

Liebe und Schmerz.

 

Führet mich heimwärts!

Bin nur ein Wandrer,

Bin kein Unsterblicher,

Der mit ambrosischen

Bissen sich nährt.

 

Wisset mich hungert,

Führet mich heimwärts,

Daß ich dem Freunde

Von der Dryaden

Hülfreicher Güte

Bringe die Mär.

 

 

An S.

 

Wie war dein Leben

So voller Glanz,

Wie war dein Morgen

So kindlich Lächlen,

Wie haben sich alle

Um dich geliebt,

Wie kam dein Abend

So betend zu dir,

Und alle beteten

An deinem Abend.

 

Wie bist du verstummt

In freundlichen Worten,

Und wie dein Aug' brach

In sehnenden Tränen,

Ach da schwiegen alle Worte

Und alle Tränen

Gingen mit ihr.

 

Wohl ging ich einsam,

Wie ich jetzt gehe,

Und dachte deiner,

Mit Liebe und Treue –

Da warst du noch da

Und sprachst lächlend:

Sehne dich nimmer nach mir,

Da der Lenz noch so freudig ist

Und die Sonne noch scheint –

 

Am stillen Abend,

Wenn die Rosen nicht mehr glühen

Und die Töne stumm werden,

Will ich bei dir sein

In traulicher Liebe,

Und dir sagen,

Wie mir am Tage war.

 

Aber mich schmerzte tief,

Daß ich so einsam sei,

Und vieles im Herzen.

O warum bist du nicht bei mir!

Sprach ich, und siehst mich

Und liebst mich,

Denn mich haben manche verschmäht,

Und ich vergesse nimmer,

Wie sie falsch waren

Und ich so treu und ein Kind.

 

Da lächeltest du des Kindes

Im einsamen Wege,

Und sprachst: harre zum Abend,

Da bist du ruhig

Und ich bei dir in Ruhe.

 

Dein Herz wie war es da,

Daß du nicht trautest,

Viel Schmerzen waren in dir,

Aber du warest größer als Schmerzen,

Wie die Liebe, die süßer ist,

Als all ihr Schmerz.

 

Und die Armut, der du gabst,

War all dein Trost,

Und die Liebe, die du freundlich

Anderen pflegtest,

War all deine Liebe.

 

Einsam ging ich nicht mehr,

Du warst mir begegnet

Und blicktest mich an –

Scherzend war dein Aug'

Und deine Lippe so tröstend –

Dein Herz lag gereift

In der liebenden Brust.

 

Freundlich sprachst du:

Nun ist bald Abend,

Gehe, vollende,

Daß wir dann ruhen,

Und sprechen vom Tage.

 

Wie ich mich wendete –

Ach der Weg war so schwer!

Langsam schritt ich,

Und jeder Schritt wollte wurzeln,

Ich wollte werden wie ein Baum,

All meine Arme,

Blüten und Blätter,

Sehnend dir neigen.

 

Oft blickte ich rückwärts

Hin, wo du warst,

Da lagen noch Strahlen,

Da war noch Sonne

Und die hohen Bäume glänzten

Im ernsten Garten,

Wo du gingst.

 

Ach der Abend wird nicht kommen

Und die Ruhe nicht,

Auf Erden ist keine Ruhe.

 

Nun ist es Abend,

Aber wo bist du?

Daß ich dir sage,

Wie der Tag war.

 

Warum hörtest du mich nicht,

Als du noch da warst?

Nun bin ich einsam,

Und denke deiner

Liebend und treu.

 

Die Sonne scheint nicht,

Und die Rosen glühen nicht,

Stumm sind die Töne –

O! warum kömmst du nicht,

Willst du nicht halten,

Was du versprachst?

Willst du nicht hören,

Soll ich nicht hören,

Wie der Tag war?

 

Wie war dein Leben,

So voller Glanz,

Wie war dein Morgen

So kindlich Lächlen,

Wie habe ich immer

Um dich mich geliebt,

Wie kömmt dein Abend

So betend zu mir,

Und wie bete ich

An deinem Abend.

 

Am Tage hörtest du mich nicht,

Denn du warst der Tag,

Du kamst nicht am Abend,

Denn du bist der Abend geworden.

 

Wie ist der Tag verstummt

In freundlichen Worten,

Wie ist sein Aug' gebrochen

In sehnenden Tränen,

Ach da schweigen alle meine Worte,

Und meine Sehnsucht zieht mit dir.

 

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum!

Du bist mir ein edler Zweig,

So treu bist du, man glaubt es kaum,

Grünst sommers und winters gleich.

 

Mädchen

 

Wenn andere Bäume schneeweiß sein

Und traurig um sich sehen,

Sieht man den Tannebaum allein

Ganz grün im Walde stehen.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

Mein Schätzel ist kein Tannebaum,

Ist auch kein edler Zweig,

Ich war ihm treu, man glaubt es kaum,

Doch blieb er mir nicht gleich.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

Er sah die andern schneeweiß sein

Und schimmernd um sich sehn,

Und mochte nicht mehr grün allein

Bei mir im Walde stehn.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

Der andern Bäume dürres Reis

Schlägt grün im Frühling aus,

Pocht er sein Röckchen, bleibt's doch weiß,

Schlägt nie das Grün heraus.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

Oft hab' ich bei mir selbst gedacht,

Er kömmt noch einst nach Haus,

Spricht: Hab' mir selbst was weiß gemacht,

Poch' mir mein Röcklein aus.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

Und klopft' ich ihn auch poch, poch, poch,

So fliegt nur Staub heraus;

Das schöne treue Grün kommt doch

Nun nimmermehr heraus.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

Drum als er mich letzt angelacht,

Ich ihm zur Antwort gab:

Hast dir und mir was weiß gemacht,

Dein Röcklein färbet ab.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

O Tannebaum! o Tannebaum!

Wie traurig ist dein Zweig.

Du bist mir wie ein stiller Traum,

Und mein Gedanken gleich.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

Mädchen

 

Du sahst so gar ernsthaftig zu,

Als er mir Treu versprach,

Sprich, sag mir doch, was denkest du,

Daß er mir Treue brach.

 

Chor

 

O Tannebaum! o Tannebaum! usw.

 

 

Ich hab' das Lämplein angesteckt

Zum langen Angedenken,

Und wenn mich kühle Erde deckt,

Mag Kind und Enkel denken:

Der Vater ruht im Tale aus,

Und kömmt nicht mehr ins stille Haus.

 

Lischst du o Herr mein stilles Licht,

Das tief herab schon brennet,

Und werd' vor deinem Angesicht

Ich nur ganz rein erkennet,

So geht mit Freude angetan

Erst recht mein schönstes Leuchten an.

 

 

Mutter

 

Maria, wo bist zur Stube gewesen?

Maria, mein einziges Kind!

 

Kind

 

Ich bin bei meiner Großmutter gewesen.

Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

 

Mutter

 

Was hat sie dir dann zu essen gegeben?

Maria, mein einziges Kind!

 

Kind

 

Sie hat mir gebackene Fischlein gegeben.

Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

 

Mutter

 

Wo hat sie dir dann das Fischlein gefangen?

Maria, mein einziges Kind!

 

Kind

 

Sie hat es in ihrem Krautgärtlein gefangen.

Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

 

Mutter

 

Womit hat sie denn das Fischlein gefangen?

Maria, mein einziges Kind!

 

Kind

 

Sie hat es mit Stecken und Ruten gefangen.

Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

 

Mutter

 

Wo ist denn das Übrige vom Fischlein hinkommen?

Maria, mein einziges Kind!

 

Kind

 

Sie hat's ihrem schwarzbraunen Hündlein gegeben.

Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

 

Mutter

 

Wo ist denn das schwarzbraune Hündlein hinkommen?

Maria, mein einziges Kind!

 

Kind

 

Es ist in tausend Stücke zersprungen.

Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

 

Mutter

 

Maria, wo soll ich dein Bettlein hinmachen?

Maria, mein einziges Kind!

 

Kind

 

Du sollst mir's auf den Kirchhof machen.

Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

 

 

Violettens Denkmal

Die vier Reliefs des Würfels und die Apotheose

 

Erstes Relief

 

Ein kleines Mädchen sitzet in der Mitte,

Die Arme schalkhaft über sich gerungen,

Hält sie ein junger Faun mit Lust umschlungen,

Sie sträubt sich ihm, der ihr mit wilder Sitte

 

Ein Tamburin mit Früchten reicht, die Bitte

Ist in des Mädchens Kuß ihm schon gelungen,

Doch nur die milde Frucht hat sie bezwungen,

Daß sie von ihm den wilden Kuß erlitte.

 

Denn von ihr abgewandt, die jungen Schmerzen

In Tönen lösend, singt ihr Genius,

Die Rechte in der Lyra, was im Herzen

 

Die Linke fühlt, es neiget von dem Kuß

Sich ihm des Mädchens Aug', voll schlauen Scherzen,

Sie hört sein Lied, doch sieget der Genuß.

 

Zweites Relief

 

Die Jungfrau steht, vor ihr ein Weib und zwinget,

Die Freie sich den Gürtel zu bequemen,

Ihr, die sich schämt der Nacktheit sich zu schämen,

Des Genius Arm die Füße hold umschlinget.

 

Indes dem Weib die Gürtung schon gelinget,

Scheint Neugier nur die Jungfrau bezähmen,

Sie sieht den Schwan vom Genius Speise nehmen,

Und hebt das Tamburin, das dumpf erklinget,

 

Hoch mit der Rechten, und mit scheuem Beben

Forscht ihre Linke, was im Spielwerk rauschet,

Und fühlet zarte Flügel kleiner Tauben,

 

Der Faun, der über ihr auf Felsen lauschet,

Beugt sich herab, die Tauben hinzugeben,

So konnte Lust ihr nur die Wildheit rauben.

 

Drittes Relief

 

Im Himmel irrt ihr Blick und an der Erde

Ringt sie in wilder Blöße hingegeben.

In Lust ersterbend, voll von heißem Leben,

Übt sie gereizt, so reizende Geberde.

 

Auf daß ihm währe, was sie sich gewährte,

Legt schlau der Faun ihr, der in Lustgeweben

Nun gürtellos die freud'gen Hüften schweben,

Den Gürtel um das Aug', wie Lust ihn lehrte.

 

In süßem Schmerz will sie die Arme ringen,

Und schlägt das Tamburin in wilden Lüsten,

Die Tauben buhlen auf den holden Brüsten,

 

Es bebt der Schwan in seines Todes Singen,

Es bricht in seines Liedes Lieb' und Leiden,

Der Genius der Lyra goldne Saiten.

 

Viertes Relief

 

Der Genius hält siegend sie umwunden,

Aus seiner Lippen liebevollen Hauchen

Trinkt Lieben sie, im Strahle seiner Augen

Trinkt sie den Tod in lusterschloßne Wunden.

 

Sie stirbt im Licht die Binde losgebunden,

Muß sie in ew'ge Blindheit untertauchen,

Da ihre Küsse heil'ges Leben saugen,

Im Wahnsinn muß der Sinne Wahn gesunden.

 

Das Haupt verhüllt in loser Locken Fluten,

Streckt sie die Hand, die Lyra zu erlangen,

Die hoch erhebt, der Schwan reckt seine Schwingen,

 

Das Tamburin, in dem die Tauben ruhten

Zertritt sein Fuß, den Faun sieht man gefangen,

In jenem Gürtel an der Erde ringen.

 

 

Die Apotheose

Kanzone

Gebet

 

Es ruht ein hohes Bild vor meinen Blicken

So kühn und mild verschlungen,

Wie Lieb und Lied, wie Kuß und Tod verwebet,

In Sehnsucht strebt es auf, weilt mit Entzücken,

Von Wollust ganz durchdrungen,

Des Bildes innres Heiligtum erbebet,

Still zu den Göttern schwebet.

Ich knie an des Bildes Marmorstufen,

All meine Sinne rufen,

Gieb Liebe mir und Lied in Tod und Leben,

Laß mich mit dir zum stillen Himmel schweben!

 

Das Gewand

 

Die Jungfrau steigt von nackter Lust umflossen

Aus des Gewandes Falten,

Die halb in schöner Ungestalt herabgelassen,

Halb gierig noch, so buhlerisch ergossen,

Die üppigen Gestalten

Der Hüften ihr verräterisch umfassen,

Den holden Leib nicht lassen.

So zarte Hülle kann nur Dämmrung weben,

Will Phoebe sich erheben.

So küßt das Meer des Gottes goldne Füße,

Und fern noch glimmt die Glut der goldnen Küsse.

 

Violette

 

Ein schweres Leid strömt durch die holden Glieder,

Die Schwere kämpft mit Schweben,

Die Hüften ringen himmelan zu dringen,

Der Kopf sinkt sterbend auf den Busen nieder,

Um schneller sich zu heben,

Muß sie die Rechte um den Genius schlingen.

Hoch auf des Schwanes Schwingen

Schwebt er, zur Lyra ihre Rechte strebet,

Die seine Linke hebet,

Und mächtig hebt er sie mit seiner Rechten,

Verschlungen in der losen Locken Flechten.

 

Der Genius

 

Er, der am Boden freundlich nur geschienen,

Voll Huld und milder Treue,

Schwebt ernst empor in göttlichen Gedanken,

Des Sieges Feier strahlt von seinen Mienen,

Er läßt in stiller Weihe,

Sich von des armen Kindes Arm den schlanken,

Geschwungnen Leib umranken,

Ihn hebt der Schwan, und um sie nicht zu lassen,

Muß er ihr Haupthaar fassen.

Des hohen Werkes heil'gen Schmerz entzündet,

Die Hand, die er in ihre Locken windet.

 

Das Ganze

 

Das ganze Bild, in Einigkeit verbunden,

Gleicht rührendem Gesange,

Wie heilige Gebete aufwärts dringen.

Im Herzen glühen ihm so tiefe Wunden;

Mit schmerzenvollem Drange

Muß es nach Lieb' und süßen Tönen ringen,

Zu Ruhe sich zu schwingen.

 

So hebt es sich, so strebt es nach der Leier,

So schwebt in hoher Feier

Der Gott empor und in des Bildes Herzen

Schmiegt sich der Schwan und reiniget die Schmerzen.

 

O harre, hebe mich empor!

Wie es in tiefer Andacht ganz erbebt

Und zu dem Himmel strebt. –

O Götter löst den Schmerz in süßen Tränen,

Umarmt im kühlen Flug sein heißes Sehnen!

 

Annonciatens Bild

Am Hügel sitzt sie, wo von kühlen Reben

Ein Dach sich wölbt durchrankt von bunter Wicke,

Im Abendhimmel ruhen ihre Blicke,

Wo goldne Pfeile durch die Dämmrung schweben.

 

Orangen sind ihr in den Schoß gegeben

Zu zeigen, wie die Glut sie nur entzücke,

Und länger weilt die Sonne, sieht zurücke

Zum stillen Kinde in das dunkle Leben.

 

Der freien Stirne schwarze Locken kränzet

Ihr goldner Pomeranzen süße Blüte,

Zur Seite sitzt ein Pfau, der in den Strahlen

 

Der Sonne, der er sehnend ruft, erglänzet.

Mit solchen Farben wollte das Gemüte,

Von Annonciata fromm ein Künstler malen.

 

 

Mariens Bild

Im kleinen Stübchen, das von ihrer Seele,

An reiner Zierde uns ein Abbild schenket,

Sitzt sie und stickt, den holden Blick gesenket,

Daß sich ins reine Werk kein Fehler stehle.

 

Was ihres Busens keuscher Flor verhehle

Und ihre Hand in stillem Fleiße lenket,

Die Lilie an ihrer Seite denket,

Das Täubchen dir in ihrem Schoß erzähle.

 

Durchs Fenster sehen linde Sonnenstrahlen,

Die Josephs Bild, das eine Wand bedecket,

Mit ihrem frohen Glanze heller malen,

 

Und wär' der Schein der Taube zu vereinen,

Die sie herabgebückt im Schoß verstecket,

Marie würde Mutter Gottes scheinen.

 

 

Ein Fischer saß im Kahne,

Ihm war das Herz so schwer,

Sein Liebchen war gestorben,

Das glaubt' er nimmermehr.

 

Und bis die Sternlein blinken,

Und bis zum Mondenschein,

Harrt er sein Lieb zu fahren

Wohl auf dem tiefen Rhein.

 

Da kömmt sie hergegangen

Und steiget in den Kahn,

Sie schwanket in den Knien,

Hat nur ein Hemdlein an.

 

Sie schwimmen auf den Wellen

Hinab in tiefer Ruh',

Da zittert sie und wanket,

O Liebchen frierest Du?

 

Dein Hemdlein spielt im Winde,

Das Schifflein treibt so schnell;

Hüll' dich in meinen Mantel,

Die Nacht ist kühl und hell.

 

Sie strecket nach den Bergen

Die weißen Arme aus,

Und freut sich, wie der Vollmond

Aus Wolken sieht heraus.

 

Und grüßt die alten Türme,

Und will den hellen Schein,

Mit ihren zarten Armen,

Erfassen in dem Rhein.

 

O setze dich doch nieder

Herzallerliebste mein!

Das Wasser treibt so schnelle

O fall nicht in den Rhein.

 

Und große Städte fliegen

An ihrem Kahn vorbei,

Und in den Städten klingen

Der Glocken mancherlei.

 

Da kniet das Mädchen nieder

Und faltet seine Händ'

Und seine hellen Augen

Es zu dem Himmel wendt.

 

Lieb Mädchen bete stille,

Schwank' nicht so hin und her,

Der Kahn, er möchte sinken,

Das Wasser treibt so sehr.

 

In einem Nonnenkloster

Da singen Stimmen fein

Und in dem Kirchenfenster

Sieht man den Kerzenschein.

 

Da singt das Mädchen helle

Die Metten in dem Kahn,

Und sieht dabei mit Tränen

Den Fischerknaben an.

 

Der Knabe singt mit Tränen

Die Metten in dem Kahn,

Und sieht dabei sein Mädchen

Mit stummen Blicken an.

 

So rot und immer röter

Wird nun die tiefe Flut,

Und weiß und immer weißer

Das Mädchen werden tut.

 

Der Mond ist schon zerronnen,

Kein Sternlein mehr zu sehn,

Und auch dem lieben Mädchen

Die Augen schon vergehn.

 

Lieb Mädchen guten Morgen!

Lieb Mädchen gute Nacht!

Warum willst du nun schlafen?

Da schon die Sonn' erwacht.

 

Die Türme blinken helle,

Und froh der grüne Wald

Von tausend bunten Stimmen

In lautem Sang erschallt.

 

Da will er sie erwecken,

Daß sie die Freude hör',

Er sieht zu ihr hinüber

Und findet sie nicht mehr.

 

Und legt sich in den Nachen

Und schlummert weinend ein,

Und treibet weiter weiter

Bis in die See hinein.

 

Die Meereswellen brausen

Und schleudern ab und auf

Den kleinen Fischernachen

Der Knabe wacht nicht auf.

 

Doch fahren große Schiffe

In stiller Nacht einher,

So sehen sie die beiden

Im Kahne auf dem Meer.

 

 

Auf dem Rhein

Ein Fischer saß im Kahne,

Ihm war das Herz so schwer

Sein Lieb war ihm gestorben,

Das glaubt er nimmermehr.

 

Und bis die Sternlein blinken,

Und bis zum Mondenschein

Harrt er sein Lieb zu fahren

Wohl auf dem tiefen Rhein.

 

Da kömmt sie bleich geschlichen,

Und schwebet in den Kahn

Und schwanket in den Knieen,

Hat nur ein Hemdlein an.

 

Sie schwimmen auf den Wellen

Hinab in tiefer Ruh',

Da zittert sie, und wanket,

Feinsliebchen, frierest du?

 

Dein Hemdlein spielt im Winde,

Das Schifflein treibt so schnell,

Hüll' dich in meinen Mantel,

Die Nacht ist kühl und hell.

 

Stumm streckt sie nach den Bergen

Die weißen Arme aus,

Und lächelt, da der Vollmond

Aus Wolken blickt heraus.

 

Und nickt den alten Türmen,

Und will den Sternenschein

Mit ihren starren Händlein

Erfassen in dem Rhein.

 

O halte dich doch stille,

Herzallerliebstes Gut!

Dein Hemdlein spielt im Winde,

Und reißt dich in die Flut.

 

Da fliegen große Städte,

An ihrem Kahn vorbei,

Und in den Städten klingen

Wohl Glocken mancherlei.

 

Da kniet das Mägdlein nieder,

Und faltet seine Händ'

Aus sehen hellen Augen

Ein tiefes Feuer brennt.

 

Feinsliebchen bet' hübsch stille,

Schwank' nit so hin und her,

Der Kahn möcht' uns versinken,

Der Wirbel reißt so sehr.

 

In einem Nonnenkloster

Da singen Stimmen fein,

Und aus dem Kirchenfenster

Bricht her der Kerzenschein.

 

Da singt Feinslieb gar helle,

Die Metten in dem Kahn,

Und sieht dabei mit Tränen

Den Fischerknaben an.

 

Da singt der Knab' gar traurig

Die Metten in dem Kahn

Und sieht dazu Feinsliebchen

Mit stummen Blicken an.

 

Und rot und immer röter

Wird nun die tiefe Flut,

Und bleich und immer bleicher

Feinsliebchen werden tut.

 

Der Mond ist schon zerronnen

Kein Sternlein mehr zu sehn,

Und auch dem lieben Mägdlein

Die Augen schon vergehn.

 

Lieb Mägdlein, guten Morgen,

Lieb Mägdlein gute Nacht!

Warum willst du nun schlafen,

Da schon der Tag erwacht?

 

Die Türme blinken sonnig,

Es rauscht der grüne Wald,

Vor wildentbrannten Weisen,

Der Vogelsang erschallt.

 

Da will er sie erwecken,

Daß sie die Freude hör',

Er schaut zu ihr hinüber,

Und findet sie nicht mehr.

 

Ein Schwälblein strich vorüber,

Und netzte seine Brust,

Woher, wohin geflogen,

Das hat kein Mensch gewußt.

 

Der Knabe liegt im Kahne

Läßt alles Rudern sein,

Und treibet weiter, weiter

Bis in die See hinein.

 

Ich schwamm im Meeresschiffe

Aus fremder Welt einher,

Und dacht' an Lieb und Leben,

Und sehnte mich so sehr.

 

Ein Schwälblein flog vorüber,

Der Kahn schwamm still einher,

Der Fischer sang dies Liedchen,

Als ob ich's selber wär'.

 

 

Der Abend

Nach seiner Heimat kühlen Lorbeerhainen

Schwebt auf der goldnen Schale

Schon Helios, es glühen rings die Wellen,

Der Ozean erschwillt in frohen Scheinen,

Die wie mit Blitzesstrahle

Die ernste Nacht der fernen Ufer hellen,

Und über alle Schwellen

Ergießt der Gott die stillen Feuerwogen

Zum ew'gen Himmelsbogen,

Daß von den Bergen durch das dunkle Leben

Des Tages Flammen widerhallend beben.

 

Hoch auf den Bergen wehen seine Flammen,

Den raschen Mann zu führen,

Der seiner Reise Ziel noch nicht errungen,

Er strahlet mit dem Glanze stets zusammen,

Wenn gleich die Füße gleiten,

Bleibt von dem Lichte doch sein Haupt umschlungen.

Nie von der Nacht bezwungen

Lenkt ruhig nach der Sterne heil'gem Feuer,

Das ernste Schiff den Steuer

Und wandelt heimwärts durch die dunkeln Fluten

Vertrauend auf des Leuchtturms hohe Gluten.

 

Vom kühnen Felsen rinnen Lichter nieder,

Die Täler zu ergründen,

Und wo des Feuers milde Quelle ziehet,

Verglimmen bald des Haines wilde Lieder,

Denn alle Töne schwinden,

Bis sie des Abends Flammen rein geglühet –

Und welch ein Lied erblühet –

Es flicht die Nachtigall die goldnen Schlingen

Und süß gefangen ringen

Im Liede Liebesschmerz und Schmerzesliebe,

Daß Schmerz in Liebe, Lieb' in Schmerz sich übe1.

 

So drang der Töne Frühling aus dem Schweigen,

So auch in reinen Seelen

Des Tages wilde Kämpfe bald zerrinnen,

Wenn Lieb' und Schmerz sich hold zusammen neigen,

Die Zwietracht zu verhehlen,

Und rührend doch den ew'gen Streit beginnen.

Ach keine mag gewinnen! –

Ein Wundergift fließt beiden von den Pfeilen,

Zu töten und zu heilen –

Denn er muß stets an ihrem Pfeil gesunden,

Und sterbend lebt sie nur in seinen Wunden.

 

Doch bald wird nun die Ruhe niederschweben,

Daß alle Schmerzen fliehen,

Den heißen Kampf die stillen Schatten kühlen,

Dann mag der Sehnsucht ungelöstes Leben

In heil'gen Phantasien,

In schönen Träumen dichtend sich erwühlen.

Könnt ihr solch Leben fühlen?

So will, mit seinem Rausch euch zu erfüllen,

Mein Bild ich gern enthüllen,

Mein Bild, wie in des Abends Heiligtumen

Die Jungfrau redet mit den holden Blumen.

 

 

Fußnoten

1 Ich konnte das schöne Tonspiel des Italiänischen von amare und amaro nicht anders geben.

 

 

Die Jungfrau und die Blumen

Wo leis des Gartens dichte Schatten rauschen,

Und in den dunklen Zweigen

Die reifen goldnen Früchte heimlich schwellen,

Gleich holden Engeln, die in Wolken lauschen,

Und freundlich sich bezeigen,

Seht ihr die weiße Jungfrau sich erhellen.

Des Lichtes letzte Wellen

Umfließen sie. Sie sitzt, und ihr zu Füßen

Unschuld'ge Blumen sprießen;

Sie spricht zu ihnen, weckt mit ihren Blicken,

Die schon die Augen schließen, schlafend nicken.

 

Es scheint ihr Wort sie mehr noch einzuwiegen,

Was ihre Lippen sprechen,

Wallt längst im Traum um ihre zarten Seelen

Und wohnt in ihrem Leben still verschwiegen –

Die Stummheit zu zerbrechen,

Sind sie zu schwach, und können's nicht erzählen,

Doch sie kann nichts verhehlen,

Der stille Abend löst die keuschen Banden,

Die ihren Schmerz umwanden,

Sie klaget leis, und mit den blauen Augen

Will Antwort sie aus ihrer Stummheit saugen.

 

»Ihr blinden Kinder, wenn der ew'ge Schlummer

Von euren Augen weichet,

Wenn eure Lippen seufzend sich erschließen,

Ein warmes Herz euch bebt, und eurem Kummer

Die Götter Worte reichen,

Erblüh' ich eine Blume euch zu Füßen.

Ihr werdet still mich grüßen,

Und für der Liebe jungfrauliches Bangen

Der Blume Trost verlangen,

Denn wir sind Schwestern, sind im harten Leben

Der tiefen Liebe frühem Tod gegeben.

 

Was Lilie keusch in deinem Kelche webet,

Was Rose rot dich malet

Und eure Augen stille Veilchen sagen,

Auch keusch und bang in meinem Busen strebet,

Von meinen Lippen strahlet

Und still und wild die blauen Augen klagen,

Uns faßt ein gleich Verzagen,

Ach! nimmer kann des Herzens still Verbrennen

Der keusche Mund bekennen,

Ach! nimmer will die wilde Welt verstehen,

Was unsrer Düfte stumme Lippen flehen.

 

Wenn linde Sonnenstrahlen niedersehen,

Sich laue Weste regen,

Erkennen wir aus uns mit dunklem Sehnen,

Doch nimmer wissen wir, wie uns geschehen.

Was wir im Innern hegen,

Ist süßes Träumen und ein kindisch Wähnen.

Es fließen alle Tränen

Noch leicht herab, und weilen keine Schmerzen

Im unerschloßnen Herzen,

Bis von der ew'gen Liebe tiefen Quellen

Das Herz sich dehnt, und leis die Knospen schwellen.

 

Im Busen keimet heimliches Begehren,

Und mildes Widerstreben,

Und wie sie liebend miteinander walten,

Erzeuget sich ein hoffendes Entbehren;

Der Blüte junges Leben

Will nun die zarten Blätter schon entfalten.

Die freundlichen Gestalten,

Die in verborgner Werkstatt noch gefangen,

Nach Freiheit sehr verlangen,

Bis uns des Morgens goldner Pfeil erschließet.

Und der geheimen Wunde Träne fließet.

 

Nun lösen sich die rätselhaften Triebe

Und zu dem reinen Throne,

Der aus dem Herzen froh heraufgedrungen,

Steigt schüchtern und verschleiert unsre Liebe.

Es hat die bunte Krone

Der sanften Königin das Licht geschlungen.

Sie hat das Reich errungen,

Und blickt in ihres Sieges junger Wonne

So freudig nach der Sonne,

Die freundlich sich in ihrem Schoß ergießet

Und sie mit goldnen Strahlen froh begrüßet.

 

Dir arme Königin, wie wird dir bange,

So einsam und verlassen,

So arm siehst du hinaus, ins weite Leben,

Die eignen Düfte küssen deine Wange,

Du mußt dich selbst umfassen,

Kein Volk, kein schöner Freund die Liebe geben.

Die zarten Säulen beben,

Auf denen sich dein leichter Thron beweget,

Vom Weste selbst erreget.

Die Nacht flieht lieblos dir in dunklen Träumen,

Am Morgen Tränen deine Blicke säumen.

 

Sind nicht dein Thron des Busens junges Wogen,

Dein Purpur, rote Wangen,

Dein Diadem, der Locken goldne Schlingen?

Ach bald sind all die Wellen weggezogen,

Der Purpur bald vergangen,

Gelöst die Flechten, die dein Haupt umfingen.

Der Liebe Pfeile dringen

Vom Himmel und der Schmerzen glühes Wühlen

Im Herzen zu erkühlen,

Löst du in stillen Tränen dein Geschmeide

Der Tränen Weide wirst du, Augenweide!

 

Du arme Königin! so ohne Wehre

Sollst schweren Kampf du führen,

Will keiner für die holde Braut denn streiten,

Will keinen, daß die Glut sie nicht verzehre,

Solch zarte Schönheit rühren,

Des Schattens liebend Dach um dich zu breiten?

O stummes bittres Leiden!

Welch Leben, wo die Liebe ungedinget

Dir keine Hülfe bringet,

Und wolltest du den dichten Schleier heben,

So würde dir des Schatzes Geist entschweben.

 

Und heißer, immer heißer dein Begehren,

Und leiser deine Klagen!

Die Farben schon, die deinen Schmerz verkünden,

Der Düfte leise Worte sich verzehren,

Um lauter stets zu sagen,

Wie dich die wilden Flammen ganz entzünden.

Die Hülfe zu ergründen,

Willst du vom freien Throne niedersteigen,

Dem Frevel dich zu neigen?

Noch elender ein Handwerk voller Wehe,

Umzunfte dich der schnöde Tod, die Ehe. –

 

Nein! solcher Ärmlichkeit dich hinzubieten,

Wird Armut dich nicht zwingen,

Die freie Liebe läßt sich nicht umarmen,

Wo sie den Kuß in Zweck und Absicht schmieden,

Wo Trieb und Freiheit ringen,

Und alle Lüste an der Not verarmen,

Dem Handwerk zum Erbarmen,

Wo zwei geübte Langeweilen weilen

Und Pflicht und Notdurft teilen

Darfst du dich nicht ergeben – heilig Leben!

Dein Bild nicht in des Haushalts Linnen weben.

 

O könntest ruhig du dein Sterben leben,

Die andern nicht erkennen,

Die alles Lebens eine Hälfte fassen,

Sich stille wandelnd hohes Ansehn geben,

Und hin und wider rennen,

Als wäre ohne sie die Welt gelassen.

Ach wohl! ist sie verlassen,

Das Leben ist zur Selbstbetrachtung worden,

Die Liebe zu ermorden,

Und forscht die Schönheit tötend nach Gesetzen,

Die Liebe und die Schönheit zu ersetzen.

 

Sie wähnen gar, die Liebe sei verloren,

Weil sie sich selbst vermissen,

Das Leben in Verzeichnisse schon bringen,

Als würde fernerhin nicht mehr geboren,

Als bräch' aus Finsternissen

Der Tod herauf, die Mutter zu verschlingen.

Mit solchen Wunderdingen

Vermeinen sie die längst verlornen Grenzen

Der Liebe zu ergänzen,

Und ordnen uns und stellen nach den Flammen

Dem Tode in Systeme uns zusammen.

 

Wie schöner Sieg! Wir können hier nicht sterben,

Denn hier war uns kein Leben,

Ein Frühling nur, wir sind es selbst gewesen,

Erblühen und Verglühen – kein Verderben

Kann unser Bild entweben,

Nur Opfer kann der Liebe Fessel lösen,

O freudiges Genesen!

Erhebe sanfte Königin den Schleier

Dem reinen Himmelsfeuer,

Will liebend nicht das Leben dich erringen,

So laß vom stillen Gotte dich umschlingen.

 

Wie glüht der Mittag heiß, in tiefem Schweigen

Eröffnet sie den Schleier,

Der Liebe Heiligtum muß sie enthüllen,

Und zu dem Throne glühe Strahlen steigen,

Des stillen Gottes Freier,

Die wachen Schmerzen tötend ihr zu stillen.

Sie reicht dem mächt'gen Willen

Die Liebe hin, und löset ihre Krone

Und breitet auf dem Throne

Die duftenden Gewänder, an den Gluten

Des Bräutigams sich opfernd zu verbluten.

 

Mir ist das schöne Opfer bald verglommen,

Es wallt das letzte Düften

Dem lichten Gott, der mit der Krone fliehet,

Er wand sie mir, er hat sie hingenommen,

Und in den reinen Lüften

Das bunte Leben mit ihm heimwärts ziehet,

Mein stiller Abend glühet,

Und wo des hohen Glanzes reine Wellen

In heißem Purpur schwellen,

Da brechen sich der Sehnsucht letzte Wogen,

Und ist der Streit der Liebe hingezogen.

 

O Nacht! so voller Liebe,

Ergieße deine dunkle Flut der Bangen,

Umfange ihr Verlangen,

Laß kühlend um die kämpfenden Gestalten

Das stille Meer der ew'gen Liebe walten!

 

 

Ein Ritter an dem Rheine ritt

In dunkler Nacht dahin,

Ein Ritterlein, das reitet mit

Und fragt: wohin dein Sinn?

 

Mein Sinn, der steht nach Minnen,

Ich hab' mich rumgeschlagen,

Und konnt' doch nichts gewinnen,

Und mußt' das Leben wagen.

 

Ei hast du nicht die Ehr' davon?

Die Ehr' ist hohes Gut –

Ich hätt' die liebe Zeit davon,

Die Ehr' ist mir kein Gut. –

 

Mein Blut ist hingeflossen

Rot zu der Erde nieder,

So warm ich es vergossen,

Giebt mir's die Ehr' nicht wieder.

 

Da sprach das kleine Ritterlein:

Daß Gott sich dein erbarm'!

Du mußt ein schlechter Ritter sein,

Weil deine Ehr' so arm. –

 

Ich will nun mit dir rechten,

Weil du nicht ehrst die Ehre;

Mein Ehr' will ich verfechten,

Setz deine nur zur Wehre.

 

Des Ritters Unwill war sehr groß,

Drum er vom Rosse sprang,

Auch machet sich der kleine los

Und sich zur Erde schwang. –

 

Da fühlt sich der Geselle

Von hinten fest umwinden,

Es ist die Nacht nicht helle,

Sie streiten wie die Blinden.

 

Und sinken beide in den Klee –

Ei sprich! wer hat gesiegt!

Der Ritter ohne Ach und Weh –

Bei einer Jungfrau liegt.

 

Ei hast du nicht die Ehr' davon?

Die Ehr' ist hohes Gut –

Ich hätt' die liebe Zeit davon,

Die Ehr' ist mir kein Gut. –

 

 

Was heut noch grün und frisch da steht,

Wird morgen schon hinweggemäht,

Die edlen Narzissen,

Die Zierden der Wiesen,

Die schön Hiazinthen,

Die türkischen Binden.

Hüte dich schöns Blümelein!

 

Viel hunderttausend ungezählt,

Was nur unter die Sichel fällt,

Ihr Rosen, ihr Lilien!

Euch wird man austilgen,

Auch die Kaiserkronen

Wird man nicht verschonen,

Hüte dich schöns Blümelein! –

 

Das himmelfarbne Ehrenpreis,

Die Tulipane gelb und weiß,

Die silbernen Glocken,

Die goldnen Flocken,

Sinkt alles zur Erden,

Was wird daraus werden?

Hüte dich schöns Blümelein!

 

Ihr hübsch Lavendel, Rosmarin,

Ihr vielfarbige Röselin,

Ihr stolze Schwerdlilgen,

Ihr krause Basilgen,

Ihr zarte Violen,

Euch wird man bald holen. –

Hüte dich schöns Blümelein! –

Sonett

 

O schwerer heißer Tag, ihr leichtes Leben

Schließt müde weinend seine Augenlider,

Schon senkt der Schlaf das tauende Gefieder,

Um solche Schönheit kühl ein Dach zu weben. –

 

Von ihren Lippen leise Worte schweben,

»Du Liebe süßer Träume kehre wieder!«

Da läßt sich ihr der Traum der Liebe nieder,

Um ihres Schlummers kranke Lust zu heben.