Überall verzierende Statuen; doch von schlechtem Stein und schlecht gemeißelt. Außer die auf dem Zeughause. Hier stehn wir auf dem Schloßplatz, dem breitesten und größten Platze in Berlin. Das königliche Palais ist das schlichteste und unbedeutendste von allen diesen Gebäuden. Unser König wohnt hier. Einfach und bürgerlich. Hut ab! da fährt der König selbst vorbei. Es ist nicht der prächtige Sechsspänner; der gehört einem Gesandten. Nein, er sitzt in dem schlechten Wagen mit zwei ordinären Pferden. Das Haupt bedeckt eine gewöhnliche Offiziersmütze, und die Glieder umhüllt ein grauer Regenmantel. Aber das Auge des Eingeweiheten sieht den Purpur unter diesem Mantel und das Diadem unter dieser Mütze. Sehen Sie, wie der König jedem freundlich wiedergrüßt. Hören Sie! »Es ist ein schöner Mann«, flüstert dort die kleine Blondine. »Es war der beste Ehemann«, antwortet seufzend die ältere Freundin. »Ma foi!« brüllte der Husarenoffizier, »es ist der beste Reuter in unserer Armee.«
Wie gefällt Ihnen aber die Universität? Fürwahr, ein herrliches Gebäude! Nur schade, die wenigsten Hörsäle sind geräumig, die meisten düster und unfreundlich, und, was das schlimmste ist, bei vielen gehen die Fenster nach der Straße, und da kann man schrägüber das Opernhaus bemerken. Wie muß der arme Bursche auf glühenden Kohlen sitzen, wenn die ledernen, und zwar nicht saffian- oder maroquinledernen, sondern schweinsledernen Witze eines langweiligen Dozenten ihm in die Ohren dröhnen und seine Augen unterdessen auf der Straße schweifen und sich ergötzen an das pittoreske Schauspiel der leuchtenden Equipagen, der vorüberziehenden Soldaten, der dahinhüpfenden Nymphen und der bunten Menschenwoge, die sich nach dem Opernhause wälzt. Wie müssen dem armen Burschen die sechzehn Groschen in der Tasche brennen, wenn er denkt: ›Diese glücklichen Menschen sehen gleich die Eunike als Seraphim oder die Milder als Iphegeneia.‹ »Apollini et Musis« steht auf dem Opernhause, und der Musensohn sollte drauß bleiben? – Aber sehen Sie, das Kollegium ist eben ausgegangen, und ein Schwarm Studenten schlendert nach den Linden. »Gehn denn so viele Philister ins Kollegium?« fragen Sie. Still, still, das sind keine Philister. Der hohe Hut à la Bolivar und der Überrock à l'Anglaise machen noch lange nicht den Philister. Ebensowenig wie die rote Mütze und der Flausch den Burschen macht. Ganz im Kostüm des letztern geht hier mancher sentimentale Barbiergesell, mancher ehrgeizige Laufjunge und mancher hochherzige Schneider. Es ist dem anständigen Burschen zu verzeihen, wenn er mit solchen Herrn nicht gern verwechselt sein möchte. Kurländer sind wenige hier. Desto mehr Polen, über siebzig, die sich meistens burschikose tragen. Diese haben obige Verwechselung nicht zu befürchten. Man sieht's diesen Gesichtern gleich an, daß keine Schneiderseele unterm Flausche sitzt. Viele dieser Sarmaten könnten den Söhnen Hermanns und Thusneldas als Muster von Liebenswürdigkeit und edelm Betragen dienen. Es ist wahr. Wenn man so viele Herrlichkeiten bei Fremden sieht, gehört wirklich eine ungeheure Dosis Patriotismus dazu, sich noch immer ein zubilden, das Vortrefflichste und Köstlichste, was die Erde trägt, sei ein – Deutscher! Zusammenleben ist wenig unter den hiesigen Studierenden.
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