Er schluckte seinen Grimm hinunter. Er setzte sich hin und füllte einen Scheck aus. Seine Kinnbacken schlotterten in stiller Wut. Crammon strahlte. Die falsche Schale ließ er, wo sie war, fuhr am selbigen Tag nach Brüssel und holte sich die echte.

 

7

 

Drei Dinge haßte Crammon aus Herzensgrund: Zeitungen, allgemeine Bildung und Steuern. Namentlich, was die Steuerpflicht betraf, konnte er nicht einsehen, daß auch seine Person ihr unterworfen sein sollte.

Einst war er vorgeladen worden, um seine Einnahmen zu bekennen. Er sagte, er befinde sich den größten Teil des Jahres auf den Schlössern und Gütern seiner Freunde als Gast.

Der Beamte hielt ihm entgegen, daß er doch ein recht luxuriöses Leben führe und daher irgendwelche festen Einkünfte haben müsse.

»Gewiß,« log Crammon zynisch, »diese Einkünfte bestehen aus dürftigen Spielgewinsten in mehreren internationalen Badeorten. Ein derartiger Erwerb unterliegt meines Wissens keiner Besteuerung.«

Der Beamte staunte und schüttelte den Kopf; dann verließ er das Zimmer, um sich über den Fall mit seinem Vorgesetzten zu beraten. Crammon sah sich allein. Wutbebend hielt er Umschau, nahm ein Bündel Akten aus einem Regal und schob sie hinter den Ständer an die Mauer, wo sie aller Voraussicht nach im Laufe der Jahre vermodern mußten und in ungesetzlicher Verborgenheit als Spender von Steuerbefreiungen wirksam waren.

Sooft er sich dieser Untat erinnerte, überließ er sich einem sanften und erquickenden Gelächter.

 

8

 

Die Prinzessin Uchnina hatte Crammon auf einem der Esterhazyschen Schlösser in Ungarn kennengelernt. Schon zu jener Zeit hatte ihre ungebundene Lebensführung Anstoß erregt, später hatte sich ihre Familie deswegen von ihr losgesagt.

In einem Hotel in Kairo begegnete er ihr wieder. Da sie reich war, mußte er nicht fürchten, ausgebeutet zu werden. Er hatte für die blutsaugerischen Frauen nicht viel übrig, und die Herrschaft über seine Sinne hatte er noch nie verloren. Es gab keine Leidenschaft, die ihn verhindern konnte, um zehn Uhr im Bett zu liegen und zehn Stunden zu schlafen wie ein Bär.

Die Uchnina lachte gern, Crammon bot ihr Stoff dazu, er war zufrieden, wenn sie sich amüsierte. Er wünschte nicht, daß man übermäßig verliebt in ihn sei, sondern er legte Wert auf eine anständige Behandlung und kameradschaftliche Leichtigkeit. Ihn verlangte nicht nach Liebe mit den üblichen Zutaten von Romantik und Unruhe, von Eifersucht und Sklaverei, sondern er wollte genießen, und zwar möglichst greif- und spürbar genießen. Er machte sich weniger aus der Flamme als aus dem Braten, der darauf zubereitet wurde; er fragte nicht viel nach der Seele, sondern hielt sich allezeit an den Leib.

Auf dem Schiff, das ihn und die Prinzessin nach Brindisi brachte, befand sich eine strohblonde Dänin mit Augen wie Kornblumen. Er ging zu der Einsamen und wußte sie zu bestricken. Sie fuhren zu dreien nach Neapel, dort hatte die Dänin ihr Zimmer näher bei dem Crammons als die Prinzessin. Die Prinzessin aber lachte.

Sie kamen nach Florenz. Vor dem Baptisterium traf Crammon eine traurige junge Person, und als er sie genauer anschaute, entdeckte er, daß es eine Badebekanntschaft aus Ostende war, die Tochter eines Mainzer Fabrikanten. Sie hatte vor kurzem geheiratet, aber ihr Mann hatte in Monte Carlo ihre Mitgift verspielt und war nach Amerika entflohen. Crammon führte sie zu seinen Gefährtinnen und gab sie, der Dänin wegen, die argwöhnisch war und alles für sich allein haben wollte, für seine Cousine aus. Nicht lange, so entstand auch Zank zwischen den beiden, und Crammon war vollauf beschäftigt, Frieden und Versöhnlichkeit zu predigen.

Die Prinzessin lachte.

Crammon sagte: »Ich will doch sehen, wie viele man auf einmal beisammen haben kann, ohne daß sie sich einander die Köpfe abbeißen.« Er wettete um hundert Mark mit der Prinzessin, daß er es bis auf fünf bringen werde, sie natürlich ausgenommen.

Im Mailänder Bahnhof wurde er mit hellen Freudenbezeigungen von einem reizenden Wesen begrüßt; es war eine Artistin, die vor Jahren einen seiner Freunde ruiniert hatte. Sie war nach Petersburg engagiert und war im Begriff, die Reise anzutreten. Sie gefiel Crammon so gut, daß er die Dänin und die Mainzerin über ihr vernachlässigte. Obwohl er es an List nicht fehlen ließ, mehrten sich die Zeichen, die eine Palastrevolution verkündigten. Sie brach in München aus. Harte Worte wurden gewechselt, Tränen wurden vergossen, Koffer wurden gepackt, und sie stoben nach allen Himmelsrichtungen auseinander: die Dänin nach Norden, die Mainzerin nach Westen, die Artistin nach Osten.

Crammon war betrübt; er hatte seine Wette verloren. Die kleine Prinzessin lachte.