Von anderen ökonomischen Systemen spricht Marx nur gelegentlich und einzig zu dem Zweck, um den Charakter des Kapitalismus klarzulegen.
Die sich selbst genügende Wirtschaft der ursprünglichen bäuerlichen Familie hat keine politische Ökonomie nötig. denn sie ist einerseits von den Naturkräften, andererseits von der Tradition beherrscht. Die in sich abgeschlossene Naturalwirtschaft der alten Griechen und Römer auf Sklavenarbeit fußend, hing ab vom Willen des Sklavenhalters, dessen „Plan“ unmittelbar bestimmt war von seinem Willen und seiner Gewohnheit. Man kann dasselbe auch vom mittelalterlichen System mit seinen leibeigenen Bauern sagen. In allen diesen Beispielen waren die ökonomischen Beziehungen klar und durchsichtig, sozusagen im Rohzustand. Aber bei der gegenwärtigen Gesellschaft liegt der Fall völlig verschieden. Sie hat die alten Beziehungen der geschlossenen Wirtschaft und die Arbeitsweisen der Vergangenheit zerstört. Die neuen ökonomischen Beziehungen haben Städte und Dörfer, Provinzen und Nationen zusammengeschlossen. Die Arbeitsteilung hat den ganzen Planeten erfasst. Nachdem Tradition und Gewohnheit gebrochen waren, hat sich dieser Zusammenschluss nicht nach einem bestimmten Plan vollzogen, sondern vielmehr unabhängig vom Bewusstsein und der Voraussicht der Menschen. Die Abhängigkeit der Menschen, der Gruppen, der Klassen, der Nationen voneinander, die sich aus der Arbeitsteilung ergibt, ist von niemandem geleitet. Die Menschen arbeiten füreinander ohne sich zu kennen, ohne die gegenseitigen Bedürfnisse zu erkunden, mit der Hoffnung und selbst der Gewissheit, dass sich die Beziehungen zwischen ihnen auf diese, oder jene Weise von selbst regeln werden. Und im Ganzen genommen ergibt sich das auch, oder vielmehr, ergab sich das ehemals gewohnheitsmäßig.
Es ist absolut unmöglich, die Ursachen der Erscheinungen der kapitalistischen Gesellschaft im subjektiven Bewusstsein, in den Absichten oder Plänen Ihrer Mitglieder zu finden. Die objektiven Erscheinungen des Kapitalismus waren nicht zu erkennen, bevor nicht ernstes Studium auf sie verwendet wurde. Bis zum heutigen Tage kennt die große Mehrheit der Menschen nicht die Gesetze, welche die kapitalistische Gesellschaft beherrschen. Die große Überlegenheit der Methode von Marx bestand darin, die ökonomischen Erscheinungen nicht vom subjektiven Gesichtspunkt bestimmter Personen zu nehmen, sondern vom objektiven Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Entwicklung in Ihrer Gesamtheit, genau so, wie ein Naturforscher einen Bienenstock oder einen Ameisenhaufen vornimmt.
Für die wissenschaftliche Ökonomie hat entscheidende Bedeutung das, was die Menschen erzeugen und die Art und Weise, wie sie es erzeugen, und nicht, was sie selbst über ihr Handeln denken. Die Grundlage der Gesellschaft sind nicht Religion und Moral, sondern die natürlichen Hilfsquellen und die Arbeit. Die Marxsche Methode ist materialistisch, weil sie vom Sein zum Bewusstsein geht und nicht umgekehrt. Die Methode Marx’s ist dialektisch, weil die Natur und Gesellschaft In ihrer Entwicklung betrachtet, und die Entwicklung selbst als beständigen Kampf der Gegensätze.
Der Marxismus und die offizielle Wissenschaft
Marx hat seine Vorläufer gehabt. Die klassische politische Ökonomie – Adam Smith, David Ricardo – erreichte ihren Gipfel noch bevor der Kapitalismus ausgereift war, bevor er begann, den morgigen Tag zu fürchten. Marx hat diesen zwei Klassikern in tiefer Dankbarkeit seinen Tribut gezollt. Nichtsdestoweniger war es der fundamentale Irrtum der klassischen Ökonomie, den Kapitalismus als Existenzform der Menschheit für alle Epochen anzusehen, und nicht als eine bloße geschichtliche Etappe in der Entwicklung der Gesellschaft. Marx begann diese politische Ökonomie zu kritisieren, er erklärte ihre Irrtümer wie auch die Widersprüche des Kapitalismus selbst und zeigte den unvermeidlichen Zusammenbruch dieses Systems. Die Wissenschaft kann ihre Vollendung nicht in der hermetisch abgeschlossenen Gelehrtenstube finden, sondern nur in der menschlichen Gesellschaft, „im Fleisch und Knochen“. Alle Interessen, alle Leidenschaften, welche die Gesellschaft zerreißen, üben ihren Einfluss auf die Entwicklung der Wissenschaft aus, vor allem auf die politische Ökonomie, die die Wissenschaft vom Reichtum und von der Armut ist. Der Kampf der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie nötigte die bürgerlichen Theoretiker, der wissenschaftlichen Analyse des Ausbeutungssystems den Rücken zu kehren und sich auf die einfache Beschreibung der ökonomischen Tatsachen, auf das Studium der Ökonomie der Vergangenheit zu beschränken und, was unendlich schlimmer ist, auf eine wirkliche Verfälschung der Wahrheit mit dem Ziel der Rechtfertigung des kapitalistischen Systems. Die ökonomische Theorie, welche heute an den offiziellen Lehranstalten gelehrt wird, und welche die bürgerliche Presse predigt, ist ein bezeichnender Beleg für diese Verfälschungsarbeit. Sie ist völlig unfähig, den ökonomischen Prozess in seiner Gesamtheit zu begreifen und seine Gesetze und Perspektiven aufzudecken, was zu tun im Übrigen nicht ihre Absicht ist. Die offizielle politische Ökonomie ist tot.
Das Wertgesetz
In der gegenwärtigen Gesellschaft ist der Handel das entscheidende Band zwischen den Menschen. Alle Arbeitsprodukte, die in den Handel gelangen, werden zu Waren.
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