drehte sich zum Ofen hin.

»Landvermesser?« hörte er noch hinter seinem Rücken zögernd fragen, dann war allgemeine Stille. Aber der junge Mann faßte sich bald und sagte zum Wirt in einem Ton, der genug gedämpft war um als Rücksichtnahme auf K.’s Schlaf zu gelten, und laut genug, um ihm verständlich zu sein: »Ich werde telephonisch anfragen.« Wie, auch ein Telephon war in diesem Dorfwirtshaus? Man war vorzüglich eingerichtet. Im einzelnen überraschte es K., im Ganzen hatte er es freilich erwartet. Es zeigte sich daß das Telephon fast über seinem Kopf angebracht war, in seiner Verschlafenheit hatte er es übersehn. Wenn nun der junge Mann telephonieren mußte, dann konnte er bei bestem Willen K.’s Schlaf nicht schonen, es handelte sich nur darum ob K. ihn telephonieren lassen sollte, er beschloß es zuzulassen. Dann hatte es freilich aber auch keinen Sinn den Schlafenden zu spielen und er kehrte deshalb in die Rückenlage zurück. Er sah die Bauern scheu zusammenrücken und sich besprechen, die Ankunft eines Landvermessers war nichts Geringes. Die Tür der Küche hatte sich geöffnet, türfüllend stand dort die mächtige Gestalt der Wirtin, auf den Fußspitzen näherte sich ihr der Wirt, um ihr zu berichten. Und nun begann das Telephongespräch. Der Kastellan schlief, aber ein Unterkastellan, einer der Unterkastellane, ein Herr Fritz war da. Der junge Mann, der sich als Schwarzer vorstellte, erzählte wie er K. gefunden, einen Mann in den Dreißigern, recht zerlumpt, auf einem Strohsack ruhig schlafend mit einem winzigen Rucksack als Kopfkissen, einen Knotenstock in Reichweite. Nun sei er ihm natürlich verdächtig gewesen und da der Wirt offenbar seine Pflicht vernachlässigt hatte, sei es seine, Schwarzers Pflicht gewesen der Sache auf den Grund zu gehn. Das Gewecktwerden, das Verhör, die pflichtgemäße Androhung der Verweisung aus der Grafschaft habe K. sehr ungnädig aufgenommen, übrigens wie sich schließlich gezeigt hat vielleicht mit Recht, denn er behaupte ein vom Herrn Grafen bestellter Landvermesser zu sein. Natürlich sei es zumindest formale Pflicht diese Behauptung nachzuprüfen und Schwarzer bitte deshalb Herrn Fritz sich in der Zentralkanzlei zu erkundigen, ob ein Landvermesser dieser Art wirklich erwartet werde, und die Antwort gleich zu telephonieren.

Dann war es still, Fritz erkundigte sich drüben und hier wartete man auf die Antwort, K. blieb wie bisher, drehte sich nicht einmal um, schien gar nicht neugierig, sah vor sich hin. Die Erzählung Schwarzers in ihrer Mischung von Bosheit und Vorsicht gab ihm eine Vorstellung von der gewissermaßen diplomatischen Bildung, über die im Schloß selbst so kleine Leute wie Schwarzer leicht verfügten. Und auch an Fleiß ließen sie es dort nicht fehlen, die Zentralkanzlei hatte Nachtdienst. Und gab offenbar sehr schnell Antwort, denn schon klingelte Fritz. Dieser Bericht schien allerdings sehr kurz, denn sofort warf Schwarzer wütend den Hörer hin. »Ich habe es ja gesagt«, schrie er, »keine Spur von Landvermesser, ein gemeiner lügnerischer Landstreicher, wahrscheinlich aber ärgeres.« Einen Augenblick dachte K., alles, Schwarzer, Bauern, Wirt und Wirtin würden sich auf ihn stürzen, um wenigstens dem ersten Ansturm auszuweichen verkroch er sich ganz unter die Decke, da – er steckte langsam den Kopf wieder hervor – läutete das Telephon nochmals und wie es K. schien, besonders stark. Trotzdem es unwahrscheinlich war, daß es wieder K. betraf, stockten alle und Schwarzer kehrte zum Apparat zurück. Er hörte dort eine längere Erklärung ab und sagte dann leise: »Ein Irrtum also? Das ist mir recht unangenehm. Der Bureauchef selbst hat telephoniert? Sonderbar, sonderbar. Wie soll ich es aber jetzt dem Herrn Landvermesser erklären?«

K. horchte auf.