Durch den Aufruf war es zehn Tage früher geworden, und wir mußten uns zufriedengeben, wenn die Räume noch nicht zweckmäßig instand gesetzt waren. Das Versteck ist im Geschäftshaus von Vater. Für Außenstehende ist das schwer zu begreifen. Darum will ich es näher erklären. Vater hatte nie sehr viel Personal: Herrn Kraler, Herrn Koophuis, Miep und Elli Vossen, die 23jährige Stenotypistin. Sie wissen alle, daß wir kommen. Nur im Magazin Herr Vossen, der Vater von Elli, und die beiden Hausdiener sind nicht eingeweiht.

 

Prinsengracht 263


Das Gebäude sieht so aus: Im Parterre ist ein großes Lager, das auch als Versandraum gebraucht wird. Neben dem Eingang zum Lager ist die eigentliche Haustür. Hineingekommen, geht man eine kurze Treppe hinauf bis zu der Tür mit Mattglasscheiben, auf denen einmal mit schwarzen Buchstaben das Wort »Kontor« gemalt war. Das ist das große Kontor, sehr groß, sehr hell, sehr voll. Tagsüber arbeiten da Miep, Elli und Herr Koophuis. Durch ein Durchgangszimmer mit Garderoben, großem Vorratsschrank und feuersicherem Tresor kommt man in ein ziemlich dunkles Hinterzimmer, in dem früher Herr Kraler und Herr van Daan saßen, jetzt nur noch Herr Kraler. Man kann auch vom Gang aus direkt in dieses Zimmer gehen durch eine Glastüre, die wohl von innen, aber von außen nicht ohne weiteres zu öffnen ist. Von Kralers Kontor den Gang entlang vier Stufen hinauf: das Prunkstück des Hauses, das Privatbüro. Vornehme, dunkle Möbel, Linoleumbelag mit Teppichen darauf, Radio, schicke, elegante Lampen, alles prima, prima. Daneben ist eine große, geräumige Küche mit Warmwasserbehälter und zwei Gaskochern. Dann ist ein WC da. Das ist die erste Etage.


1.STOCKWERK 2.STOCKWERK 3.STOCKWERK


Von dem langen Gang führt eine Holztreppe nach oben auf einen Vorplatz, der in einen Korridor übergeht. Rechts und links sind Türen. Die linke führt zum Vorderhaus mit den Lagerräumen, dem Speicher und dem Dachspeicher. In diesem Gebäude läuft an der anderen Seite noch eine lange, übermäßig steile, echt holländische halsbrecherische Treppe zur zweiten Straßentür.

Die rechte Tür führt zum »Hinterhaus«. Kein Mensch könnte annehmen, daß hinter dieser einfachen, graugestrichenen Tür noch so viele Räume verborgen sind. Vor der Tür noch eine Stufe und man ist drin. Genau gegenüber dieser Eingangstür ist eine steile Treppe. Links führt ein kleiner Gang in einen Raum, der Wohn- und Schlafzimmer der Familie Frank werden soll, und daneben ist ein kleineres Zimmer: Arbeits- und Schlafzimmer der beiden jungen Damen Frank. Rechts von der Treppe ist ein Zimmer ohne Fenster mit Waschtisch und einem abgeschlossenen WC. Eine Tür führt in Margots und mein Schlafzimmer. Wenn man die Treppe hinaufgeht und oben die Tür öffnet, ist man erstaunt, in einem so alten Hinterhaus einen so großen, schönen, hellen Raum zu finden. In diesem Zimmer steht ein Gasherd und ein Abwaschtisch (da hier nämlich bisher das Laboratorium der Firma untergebracht war). Nun ist hier die Küche, gleichzeitig dient der große Raum als Eßzimmer, Arbeitsraum und als Schlafzimmer für das Ehepaar van Daan.