Ich glaube, es hat keine dreißig Sekunden gedauert, bis ich im Zimmer hier war.«

»Stand die Tür offen?«

»Ja. Der arme Douglas lag so da, wie Sie ihn jetzt sehen. Auf dem Tisch hat noch seine Schlafzimmerkerze gebrannt. Die Lampe habe ich angezündet, einige Minuten später.«

»Haben Sie niemand gesehen?«

»Nein. Ich hörte Mrs. Douglas hinter mir die Treppe herunterkommen und bin wieder aus dem Zimmer gestürzt, um sie von diesem entsetzlichen Anblick fernzuhalten. Dann kam Mrs. Allen, die Haushälterin, und hat sie fortgeführt. Inzwischen war auch Ames erschienen, und wir sind beide noch einmal zurück in das Zimmer gerannt.«

»Soviel ich aber gehört habe, wird die Zugbrücke abends hochgezogen.«

»Ja, sie war oben – bis ich sie runtergelassen habe.«

»Wie hätte dann irgendein Mörder entkommen können? Das ist nicht möglich. Mr. Douglas muß sich selbst erschossen haben.«

»Das war auch unser erster Gedanke. Aber sehen Sie einmal.« Barker zog den Vorhang beiseite und zeigte auf ein großes Fenster mit Butzenscheiben, das völlig offenstand. »Und sehen Sie hier!« Erhielt die Lampe tiefer und beleuchtete einen Schmierer Blutes auf dem Fensterbrett, der wie der Abdruck einer Schuhsohle aussah. »Hier ist jemand beim Aussteigen hingetreten.«

»Sie meinen, jemand ist durch den Graben gewatet?«

»Genau.«

»Dann muß er ja, wenn Sie schon nach einer halben Minute im Zimmer waren, zu der Zeit gerade im Wasser gewesen sein.«

»Ich habe keinen Zweifel daran. Beim Himmel, ich wünschte, ich wäre zum Fenster gerannt. Aber das war ja durch den Vorhang verdeckt, wie Sie sehen, deshalb bin ich gar nicht erst auf den Gedanken gekommen. Dann habe ich die Schritte von Mrs. Douglas gehört, und die konnte ich ja nicht ins Zimmer lassen. Das wäre zu grauenhaft gewesen.«

»Grauenhaft, allerdings!« sagte der Arzt; er betrachtete den zerschmetterten Schädel und die schrecklichen Spuren ringsum. »Seit dem Zugunglück habe ich hier in Birlstone keine solchen Verletzungen mehr gesehen.«

»Ja, aber hören Sie mal«, bemerkte der Polizei-Sergeant, dessen behäbig-bukolischer Verstand noch über das offene Fenster nachgrübelte. »Das ist ja alles schön und gut, wenn Sie sagen, daß ein Mann durch diesen Graben gewatet und entwischt ist; aber ich frage Sie – wie ist er denn überhaupt ins Haus gekommen, wenn die Brücke oben war?«

»Ah, das ist allerdings die Frage«, sagte Barker.

»Um wieviel Uhr wurde sie hochgezogen?«

»Es war fast sechs Uhr«, sagte Ames, der Butler.

»Ich habe gehört«, sagte der Sergeant, »daß sie gewöhnlich bei Sonnenuntergang hochgezogen wird. Das wäre dann eher gegen halb fünf als um sechs, zu dieser Jahreszeit.«

»Mrs. Douglas hatte Besuch zum Tee«, sagte Ames. »Ich konnte die Brücke erst hochwinden, nachdem die Herrschaften gegangen waren. Darauf habe ich das eigenhändig besorgt.«

»Dann läuft es also auf Folgendes hinaus«, sagte der Sergeant. »Wenn jemand von draußen gekommen ist – ich sage wenn –, dann muß er vor sechs über die Brücke hineingelangt sein und sich solange versteckt haben, bis Mr. Douglas nach elf in diesen Raum kam.«

»So ist es. Mr. Douglas hat jeden Abend, bevor er sich schlafen legte, als letztes noch einen Rundgang durchs Haus gemacht, um nachzusehen, ob alle Lichter gelöscht sind. Und das hat ihn auch hierher geführt.