Robert Kurtis theilt uns einiges über die Passagiere mit, zu denen wir noch nicht in nähere Beziehung getreten sind.

Mr. und Mrs. Klear sind beide Amerikaner aus dem Norden, die ihre Reichthümer der Ausbeutung der Petruleumquellen verdanken. Bekanntlich ist ja hierin überhaupt die Ursache manches großen Vermögens in den Vereinigten Staaten zu suchen. Dieser Mr. Kear, ein Mann von etwa fünfzig Jahren, dem man den »Parvenu« ansieht, ist ein trauriger Tischgenosse, der Nichts als sein persönliches Vergnügen im Auge hat. Fortwährend klappert das Metall in seinen Taschen, in welchen die Hände unausgesetzt herum wühlen. Stolz, aufgeblasen, ein Anbeter seiner selbst und Verächter aller Anderen, trägt er eine affectirte Theilnahmlosigkeit für Alles, was ihn nicht direct angeht, zur Schau. Er brüstet sich wie ein Pfau, »er riecht sich, er schmeckt sich und kostet sich«, um mit den Worten des berühmten Physiognomikers Gratiolet zu reden. Er ist ein Dummkopf und ein Egoist dazu. Ich begreife nicht, warum er an Bord des Chancellor gegangen ist, da das einfache Kauffahrtei-Schiff ihm den Comfort der transatlantischen Dampfer ja doch nicht gewähren kann.

Mrs. Kear ist eine nichtssagende, nachlässig auftretende Frau, der man die vierzig Jahre an den Schläfen schon ansieht, geistlos, unbelesen und ohne Unterhaltungsgabe. Sie schaut wohl hinaus, aber sieht Nichts; sie hört wohl, aber versteht Nichts. Ob sie wohl denken mag? Ich möchte es nicht behaupten.

Die einzige Beschäftigung dieser Frau besteht darin, sich jeden Augenblick von ihrer Gesellschaftsdame, der Miß Herbey, einer zwanzigjährigen Engländerin von sanftem und einnehmendem Wesen, bedienen zu lassen, einem jungen Mädchen, welches die wenigen Pfunde, die ihr der Oelbaron zuwirft, wohl nicht ohne Kränkung annimmt.

Diese Dame ist sehr hübsch; eine Blondine mit tiefblauen Augen, zeigt sie nicht jenes nichtssagende Gesicht, dem man bei so vielen Engländerinnen begegnet. Gewiß wäre ihr Mund reizend, wenn sie einmal Zeit oder Gelegenheit hätte, zu lächeln. Worüber sollte das arme Mädchen aber lächeln können, da sie jeden Augenblick den sinnlosen Nörgeleien und lächerlichen Launen ihrer Herrin ausgesetzt ist? Doch, wenn Miß Herbey im Inneren gewiß tief leidet, so verbirgt sie das doch und erscheint in ihr Schicksal völlig ergeben.

William Falsten, ein Ingenieur aus Manchester, vertritt den vollkommen englischen Typus. Er leitet ein großes Wasserwerk in Süd-Carolina und geht jetzt nach Europa, um neue vervollkommnetere Maschinen kennen zu lernen, unter Anderem die Centrifugen der Firma Cail. Ein Mann von fünfundvierzig Jahren, steckt etwas von einem Gelehrten in ihm, der aber nur an seine Maschinen denkt, den Mechanik und Rechnungen von Kopf bis zum Fuß erfüllen und der darüber hinaus für Nichts mehr Sinn hat. Wen er in seine Unterhaltung verwickelt, der kann unmöglich wieder davon loskommen und bleibt wie von einem endlosen Zahnrade darin gefesselt.

Mr. Ruby endlich repräsentirt den ganz gewöhnlichen Kaufmann ohne Erhabenheit und Originalität. Seit zwanzig Jahren hat dieser Mann nichts gethan, als zu kaufen und zu verkaufen, und da er im Allgemeinen theurer verkaufte, als er eingekauft hat, so hat er sich ein Vermögen erworben. Was er damit anfangen soll, weiß er selbst noch nicht. Dieser Ruby, dessen ganze Existenz in seinem Kramhandel aufging, denkt nicht und reflectirt nicht. Sein Gehirn ist für jeden Eindruck unzugänglich, und er rechtfertigt in keiner Weise das Wort Pascal's: »Der Mensch ist offenbar zum Denken erschaffen, nur das macht seine Würde aus, und bildet sein Verdienst.«

V.

Am 7. October.

– Wir haben Charleston vor zehn Tagen verlassen, und wie mir scheint, gute Fahrt gemacht. Ich plaudere häufig mit dem zweiten Officier, und es hat sich zwischen uns eine gewisse Vertrautheit ausgebildet.

Heute meldet mir Robert Kurtis, daß wir uns nicht weit mehr von den Bermuden-Inseln, d. h. gegenüber dem Cap Hatteras, befinden. Die Beobachtung hat 32º 20' nördliche Breite und 64º 50' westliche Länge von Greenwich ergeben.

Wir werden die Bermuden, und speciell die Insel St. Georg, noch vor Nacht in Sicht bekommen, sagte mir der zweite Officier.

– Wie, habe ich ihm geantwortet, wir steuern auf die Bermuden? Ich war der Meinung, daß ein von Charleston nach Liverpool segelndes Schiff nach Norden halten und dem Golfstrome folgen müsse.

– Gewiß, Mr.