Zufällig stand er gerade draußen vor dem Schloßportal. Ich war von meinem Einspänner abgestiegen und trat zu ihm, als ich sah, wie sich seine Augen auf etwas richteten, was sich hinter mir befand. Mit einem Ausdruck fürchterlichen Entsetzens starrte er über meine Schultern hinweg. Ich fuhr herum und hatte gerade noch Zeit, am Fuße der Auffahrt etwas verschwinden zu sehen, was ich für ein großes schwarzes Kalb hielt. Er war so aufgeregt und erschreckt, daß ich mich gezwungen fühlte, zu der Stelle hinunterzulaufen, wo das Tier gewesen war, und mich nach ihm umzusehen. Es war jedoch verschwunden.
Ich blieb den ganzen Abend bei ihm, und es war bei dieser Gelegenheit, daß er mir, um seine Aufregung zu erklären, jenes Dokument zur Aufbewahrung anvertraute, das ich Ihnen als erstes vorgelesen habe. Ich erwähne diese kleine Episode in der Annahme, daß ihr im Zusammenhang mit der Tragödie, die bald darauf folgte, einige Bedeutung zukommt. Aber zu dem Zeitpunkt war ich davon überzeugt, daß die Sache völlig unbedeutend und seine Aufregung durch nichts zu rechtfertigen sei. Zu der Reise nach London entschloß sich Sir Charles auf meinen Rat hin. Ich wußte, daß sein Herz angegriffen war. Die ständige Angespanntheit und Sorge, in der er lebte, mag der Grund dafür auch noch so phantastisch sein, beeinträchtigte offensichtlich ernsthaft seine Gesundheit. Ich dachte, ein paar Monate inmitten der Zerstreuung Londons würden ihm gut tun und ihn frisch und gestärkt zurückkehren lassen. Mr. Stapleton, ein gemeinsamer Freund, der sich große Sorgen um seinen Gesundheitszustand machte, war der gleichen Ansicht. Im letzten Augenblick vor der Reise traf ihn der furchtbare Schicksalsschlag.
Noch in der Nacht von Sir Charles' Tod schickte Barrymore, der Butler, der den Leichnam fand, den Reitknecht Perkins zu Pferde zu mir. Da ich noch auf war, war es mir möglich, Schloß Baskerville eine Stunde nach dem Geschehen zu erreichen. Alle Einzelheiten, die bei der amtlichen Untersuchung eine Rolle gespielt haben, habe ich überprüft und kann ich bestätigen. Ich folgte den Fußspuren die Taxusallee hinunter. Ich sah die Stelle beim Pförtchen zum Moor, wo er sich eine Weile aufgehalten hat. Ich bemerkte ebenfalls, daß sich die Fußspuren von dieser Stelle ab verändert hatten, und habe darauf geachtet, ob es auf dem Kiesweg noch andere Fußspuren außer denen von Barrymore gab. Ich konnte keine weiteren Spuren feststellen. Schließlich untersuchte ich sorgfältig die Leiche, die bis zu meiner Ankunft nicht angerührt worden war. Sir Charles lag auf demGesicht, die Arme ausgestreckt, die Finger ins Erdreich gekrallt, und seine Züge waren dermaßen verzerrt, daß ich ihn kaum wiedererkannte. Eine körperliche Verletzung irgendwelcher Art war mit Sicherheit auszuschließen.
Aber eine falsche Aussage hat Barrymore bei der amtlichen Untersuchung gemacht. Er sagte, es seien auf dem Boden um den Leichnam herum keinerlei Spuren zu entdecken gewesen. Er hat keine bemerkt, aber ich - nur ein kleines Stückchen entfernt, und frisch und deutlich.«
»Fußspuren?«
»Fußspuren.«
»Von einem Mann oder einer Frau?«
Dr. Mortimer sah uns einen Augenblick mit einem seltsamen Ausdruck an, und seine Stimme sank fast zum Flüsterton herab, als er antwortete:
»Mr. Holmes, es waren die Spuren eines riesigen Hundes!«
3. KAPITEL
Das Problem
Ich muß zugeben, daß diese Worte mich erschauern ließen. Da war etwas in des Doktors Stimme, eine Schwingung, die anzeigte, wie tief er selbst von dem bewegt war, was er uns da erzählt hatte.
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