Aber ich komm nicht drauf.«
Lampert musterte die Stellung der Figuren. Dann griff er zu. »So, Vater! Und so! Und so!«
»Richtig! Er hat's!« Herr Someiner lachte. »Bub! Wenn du im Amt so flink und sicher zugreifen lernst, dann tut der Hof mit dir als neuem Aktuario einen guten Fang. Und du kannst ihm die Schulden schupfen helfen.«
Glückliche Freude glänzte in den Augen der Amtmännin.
Eine alte Magd brachte das Nachtmahl, und es kam eine gemütliche Tafelstunde. Lampert erzählte von seinem Ritt zum Hallturm und zu der bayrischen Feste Plaien. Das Abenteuer auf dem Hängmoos überspringend, erzählte er von seinem Waldritt über den Bergsattel zum Taubensee. Dabei legte ihm die Mutter reichlich vor. Und einmal fragte sie: »Schmeckt es, Bub?«
»Ja, Mutter! Allweil ist Mutters Tisch die beste Herberg. Und ich hab einen gesegneten Hunger heimgebracht. Seit dem mageren Frühmahl, zu dem mich der Hallturner eingeladen, hab ich nur am Abend auf dem Hängmoos ein Schöppel Milch getrunken.«
»Milch?« Vater Someiner zog verwundert die Augenbrauen in die Höhe. »Ist der Ochsenwirt auf dem Hängmoos solch ein Schlemmer, daß er sich Milch auftragen laßt, bis von der Ramsau her.«
Lampert lachte. »Aber Vater! In der Käserhütt auf dem Hängmoos brauchen sie doch nur zu melken.«
»Auf dem Hängmoos steht kein Käser.«
»Ich bin doch an der Hütt vorbeigeritten.«
»Da mußt du dich verschaut haben. Oder wo du gewesen bist, das war nicht das Hängmoos.«
»Wo der Sumpf ist, den die Jäger meiden? Hinter dem Taubensee droben? Ist dort das Hängmoos?«
»Ja.«
»Dort bin ich gewesen. Und die Hütt ist dagestanden. Und die siebzehn Küh, die sie auf dem Hängmoos melken können, hab ich selber gesehen.«
Der Amtmann runzelte die Stirn. Dann schüttelte er den Kopf. »Du magst viel gelernt haben auf der hohen Schul zu Prag. Aber mir scheint, du hast dabei vergessen, wie sich die Kuh vom Ochsen unterscheidet.«
Lampert wollte erwidern. Doch die Mutter zwinkerte ihm heimlich zu; sie erinnerte sich der heftigen Meinungskämpfe, die es in früheren Ferienzeiten zwischen Vater und Sohn gegeben hatte, kannte die strenge Rechtskrämerei ihres Mannes und sorgte sich, daß ein unbehaglicher Wortwechsel entstehen könnte. Doch Lampert schwieg nicht nur, weil es die Mutter wollte. Er wußte, daß es zwischen dem Stift und den Almholden immer Reibereien um die Deutung der Rechtsbriefe gab. Und wenn nun irgend was auf dem Hängmoos droben nicht in Ordnung war, so wollte er nicht zur Ursache werden, daß man der hilfreichen Jula einen stacheligen Pfahl vor die Hüttentüre setzen könnte. Drum schwieg er. Und es blieb eine wunderliche Sorge in ihm zurück.
Mutter Someiner schwatzte eifrig von allem, was ihr gerade einfiel, war glücklich, weil sie die dunkle Gefahr des Augenblicks überbrückt sah, und wollte sich was erzählen lassen von Prag und dem übermütigen Studententreiben in den Bursen. Lampert erzählte auch, doch er blieb zerstreut und kam nicht in rechte Laune. Auch der Vater war nachdenklich und wortkarg. Sogar der Würzwein, der nach der Mahlzeit zum üblichen Schlaftrunk aufgetragen wurde, verbesserte des Amtmanns Stimmung nicht. Und plötzlich murrte er: »Das Ding mit den Kühen auf dem Hängmoos will mir nimmer aus dem Kopf. Ich muß da auf reinen Tisch kommen.
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