Da endlich krachte der Schuß, und Sam flog zur Seite, das Gewehr fallen lassend und mit der Hand die rechte Backe haltend. Das Gelächter wurde zum förmlichen Gejohle.

»Hat Euch die Flinte gestoßen, wohl gar einen Hieb gegeben?« fragte Buttler.

»Yes, sogar eine Ohrfeige ist's gewesen!« antwortete der Kleine wehmütig.

»Das Ding haut also; es scheint Euch selbst gefährlicher zu sein als andern Leuten. Wollen sehen, ob Ihr getroffen habt.«

Auf dem Papier war keine Spur von der Kugel zu bemerken. Man suchte lange, lange Zeit, bis endlich einer, welcher zur Seite gegangen war, unter dröhnendem Lachen den andern zurief:

»Kommt her zu mir! Es konnte mir nicht einfallen, hier zu suchen; aber da steckt sie, da, wer sie sehen will. Kommt her! Der Schnaps läuft aus dem Loche!«

Jedenfalls zum Transporte bestimmt, stand an der Seite des Hauses, vielleicht zehn Schritte von demselben entfernt, ein volles Branntweinfaß. In dieses war die Kugel geflogen, und man sah den Inhalt in einem fingerdicken Strahle aus dem frischen Schußloche strömen. Das jetzt entstehende Gelächter wollte kein Ende nehmen. Der Wirt aber fluchte und verlangte Entschädigung. Als Sam ihm dieselbe zusagte, beruhigte er sich und trieb mit dem Hammer einen hölzernen Pflock in das Loch, um dasselbe zu schließen.

»Also nicht einmal das Haus habt Ihr getroffen!« rief Buttler dem ganz verdutzt dreinschauenden Kleinen zu, »Ich habe Euch ja gesagt, daß Eure Kugeln um alle Ecken biegen werden. Der Dollar ist mein. Wollt Ihr noch einen wagen, Mr. Grinell?«

»Yes,« antwortete Sam.

Mit dem zweiten Schusse traf er wenigstens das Haus, aber ganz unten an der Ecke, während das Ziel oben in der Mitte der Mauer sich befand. So gab er noch vier oder fünf Schüsse ab, ohne dem Papier näher zu kommen, und verlor noch ebensoviele Dollars. Darüber wurde er zornig und rief aus:

»Es ist nur, weil es bloß um einen Dollar geht. Ich glaube, wenn es mehr gälte, könnte ich besser zielen.«

»Mir recht,« lachte Buttler. »Wieviel wollt Ihr parieren?«

»Soviel wie Ihr.«

»Sagen wir zwanzig?«

»Yes!«

Sam verlor auch diese zwanzig, verlor sie aber, weil er wieder ganz genau in dieselbe Ecke traf. Buttler strich das Geld ein und fragte:

»Noch einmal gefällig, Mr. Grinell?«

Dabei zwinkte er seinen Leuten heimlich und vergnügt mit den Augen zu.

»Yes,« antwortete Sam. »Es muß doch einmal werden.«

»Denke es auch. Wie hoch?«

»Wie Ihr wollt.«

»Fünfzig Dollar.«

»Yes.«

»Oder wir sagen lieber hundert?«

»Das ist zu viel. Ich bin zwar überzeugt, daß ich jetzt endlich treffen werde, aber es thut mir leid, Euch eine solche Summe abzunehmen, Mr. - wie heißt Ihr denn eigentlich, Sir?«

»Buttler,« antwortete der Gefragte zu schnell und also unvorsichtig. Wahrscheinlich hätte er einen andern Namen genannt, wenn er nicht durch Sams Frage so plötzlich überrumpelt worden wäre.

»Schön, Mr. Buttler,« fuhr er fort. »Also nicht hundert; es ist zu viel.«

»Nonsense! Was ich gesagt habe, das halte ich; es fragt sich nur, ob Ihr Mut habt.«

»Mut? Den hat ein Schneider immer.«

»Also hundert?«

»Yes.«

Buttler war so sicher, das Ziel zu treffen, während Sam natürlich wieder danebenschießen würde, daß er diesmal noch kürzer zielte als vorher. Oder regte ihn die Höhe der Summe auf, kurz und gut, seine Kugel kam neben, zwar hart aber doch neben dein Papiere in die Mauer zu sitzen. Das raubte ihm aber nicht die gute Laune, denn sein Gegner traf jedenfalls nicht so nahe an das Ziel. Im schlimmsten Falle konnte es zum Stechen kommen, und da war ihm der Sieg dann sicher.

Jetzt zielte Sam, aber wohin? Nach der Mauerecke, wohin er bisher stets getroffen hatte und wo von ihm, außer dem ersten Schusse, Kugel auf Kugel saß.

»Was fällt Euch ein, Mr. Grinell,« rief Buttler erstaunt, »Ihr zielt ja nach der Ecke!«

»Versteht sich ganz von selbst,« antwortete der Kleine getrost.

»Warum denn aber?«

»Habe erst jetzt mein Gewehr begriffen.«

»Wieso?«

»Scheint seinen eigenen Willen, seine Launen zu haben. Ziele ich nach dem Papiere da oben in der Mitte, so geht die Kugel da hinunter in die Ecke.