Was bin ich gegen dich! Und dennoch wird es mir schwer, deinen Worten zu glauben. Ich will dir gestehen, daß ich ein Czakanwerfer bin, der es mit jedem andern aufnimmt. Darum weiß ich, welche Jahre der Uebung es erfordert, Meister dieser Waffe zu werden. Leider habe ich mein Beil nicht bei mir.«

»Ich habe freilich noch nie einen Czakan geworfen,« lautete meine Antwort, »aber ich denke, wenn ich auch das erste oder zweite Mal das Ziel verfehle, der dritte Wurf würde gelingen.«

»Oh, oh, Herr, denke das nicht!«

»Ich denke es, und ich würde das Beil kunstreicher werfen, als du.«

»Wie so?«

»Wenn ich es werfe, so streift die Waffe eine Strecke weit ganz unten am Boden hin, dann steigt sie in die Höhe, macht einen Bogen, senkt sich nieder und trifft ganz genau dort auf, wo es meine Absicht war, zu treffen.«

»Das ist ja ganz und gar unmöglich!«

»Es ist wirklich so.«

»Effendi, ich nehme dich bei deinem Wort. Wenn ich viel Geld bei mir hätte, würde ich dich auffordern, zu wetten.«

Er war vom Pferde gestiegen. Es hatte ihn eine solche Begeisterung ergriffen, daß es mir innerlich Spaß bereitete.

»Armer Teufel!« sagte Halef, indem er eine seiner stolzen Armbewegungen machte.

»Wen meinst du damit?« fragte ihn Israd.

»Dich natürlich.«

»So meinst du etwa, daß dein Effendi die Wette gewinnen würde?«

»Ganz gewiß.«

»Hast du ihn einmal den Czakan werfen sehen?«

»Nein, aber was er will, das kann er. Sihdi, ich rate dir, mit diesem jungen Mann zu wetten. Er wird bezahlen und dich um Verzeihung bitten müssen.«

Es war eigentlich ein kleiner Unsinn, auf den Vorschlag Israds einzugehen. Wenn wir uns wegen dieser Spielerei hier verweilten, ging uns die Zeit verloren. Aber es kam auf einige Minuten doch nicht an, und sodann war ich selbst neugierig, ob es mir gelingen werde, mit dem Czakan dasselbe auszuführen, wie mit dem Tomahawk. Dieser Versuch war gar nicht überflüssig, denn es konnte sich jeden Augenblick die Veranlassung ergeben, in vollem Ernst zu dem Beil zu greifen. Da war es gut, zu wissen, ob ich mit demselben umzugehen verstehe. Darum fragte ich den Führer:

»Wie viel Geld hast du denn bei dir?«

»Fünf oder sechs Piaster nur.«

»Ich setze hundert Piaster dagegen. Welche Bedingungen stellen wir auf?«

»Hm!« antwortete er nachdenklich. »Du hast noch nie mit einem Czakan geworfen und ich bin den deinigen nicht gewohnt. Es wird also geraten sein, daß wir erst einige Versuchswürfe machen, vielleicht drei?«

»Einverstanden.«

»Dann aber hat jeder nur einen einzigen Wurf nach dem Ziel, welches wir uns stellen,« meinte er.

»Das ist zu hart. Grad dieser Wurf kann durch einen Zufall mißlingen.«

»Nun gut, also drei Würfe jeder. Wer am besten wirft, bekommt das Geld. Wir werfen nach dem nächsten Baum da vor uns. Es ist ein Dischbudak aghadschy (* Esche.). Das Beil muß in seinem Stamm stecken bleiben.«

Wir hatten unweit eines Wasserlaufes angehalten. Es war wohl derselbe Bach, welcher hinter uns in dem Tal entsprang, nach welchem unser Abstecher gerichtet gewesen war. Am Rande des Wassers standen einzelne Bäume: Eschen, Erlen und auch alte, knorrige Weiden, aus deren Häuptern junge Ruten hervorgeschossen waren. Der uns am nächsten stehende Baum war die erwähnte Esche, welche ungefähr siebzig Schritte von uns entfernt war.

Ich stieg ab und gab Israd den Czakan. Er nahm mit ausgespreizten Beinen festen Halt, drehte den Oberleib in den Hüften, als ob er die Zuverlässigkeit dieser Gelenke erproben wollte, wog das Beil prüfend in der Hand und holte dann zum Wurf aus. Das Beil flog sehr nahe an der Esche vorüber, ohne sie jedoch zu berühren.

»Dieser Czakan ist schwerer als der meinige,« entschuldigte er sich, während Halef die Waffe herbeiholte. »Das zweite Mal werde ich treffen.«

Er traf bei dem nächsten Wurf das Ziel, aber nicht mit der Schärfe des Beiles, sondern nur mit dem Stiel. Aber der dritte Probewurf gelang besser, denn die Axt traf den Stamm, leider aber nicht so, daß die Schneide in demselben stecken blieb.

»Das tut nichts,« meinte er. »Das war ja nur zur Probe. Nachher treffe ich gewiß, denn ich kenne jetzt das Beil.