42-44) ziemlich klar nachgewiesen, daß in Peru zur Zeit der Eroberung eine Art Markverfassung (wobei die Mark sonderbarer Weise Marca hieß) mit periodischer Auftheilung des bebauten Landes, also Einzelbebauung, bestand.

Jedenfalls erhält jetzt die patriarchalische Hausgenossenschaft mit gemeinsamem Grundbesitz und gemeinsamer Bebauung eine ganz andre Bedeutung als bisher. Wir können nicht länger zweifeln an der wichtigen Uebergangsrolle die sie bei den Kulturvölkern und manchen andern Völkern der alten Welt zwischen der mutterrechtlichen und der Einzelfamilie gespielt hat. Weiter unten kommen wir zurück auf die von Kovalevsky ferner gezogne Schlußfolge, daß sie ebenfalls die Uebergangsstufe war, aus der sich die Dorf- oder Markgemeinde mit Einzelbebauung und erst periodischer, dann endgültiger Auftheilung von Acker- und Wiesenland entwickelt hat.

In Beziehung auf das Familienleben innerhalb dieser Hausgenossenschaften ist zu bemerken, daß wenigstens in Rußland der Hausvater im Rufe steht, seine Stellung gegenüber den jüngeren Frauen der Genossenschaft, speziell den Schwiegertöchtern, stark zu mißbrauchen und sich oft aus ihnen einen Harem zu bilden; worüber die russischen Volkslieder ziemlich beredt sind.

Ehe wir zu der mit dem Sturz des Mutterrechtes sich rasch entwickelnden Monogamie übergehn, noch ein paar Worte über Vielweiberei und Vielmännerei. Beide Eheformen können nur Ausnahmen sein, sozusagen geschichtliche Luxusprodukte, es sei denn, sie kamen in einem Lande neben einander vor, was bekanntlich nicht der Fall ist. Da also die von der Vielweiberei ausgeschlossenen Männer sich nicht bei den von der Vielmännerei übriggebliebnen Weibern trösten können, die Anzahl von Männern und Weibern aber ohne Rücksicht auf soziale Institutionen bisher ziemlich gleich war, ist die Erhebung der einen wie der andern dieser Eheformen zur allgemein geltenden von selbst ausgeschlossen. In der That war die Vielweiberei Eines Mannes offenbar Produkt der Sklaverei und beschränkt auf einzelne Ausnahmestellungen. In der semitisch-patriarchalischen Familie lebt nur der Patriarch selbst, und höchstens noch ein paar seiner Söhne, in Vielweiberei, die übrigen müssen sich mit Einer Frau begnügen. So ist es noch heute im ganzen Orient; die Vielweiberei ist ein Privilegium der Reichen und Vornehmen und rekrutirt sich hauptsächlich durch Kauf von Sklavinnen; die Masse des Volks lebt in Monogamie. Eine ebensolche Ausnahme ist die Vielmännerei in Indien und Tibet, deren sicher nicht uninteressanter Ursprung aus der Gruppenehe noch näher zu untersuchen ist. In ihrer Praxis scheint sie übrigens viel koulanter als die eifersüchtige Haremswirthschaft der Muhamedaner. Wenigstens haben bei den Nairs in Indien je drei, vier oder mehr Männer zwar eine gemeinsame Frau; aber jeder von ihnen kann daneben mit drei oder mehr andern Männern eine zweite Frau in Gemeinschaft haben, und so eine dritte, vierte u. s. w. Es ist ein Wunder, daß MacLennan in diesen Eheklubs, in deren mehreren man Mitglied sein kann und die er selbst beschreibt, nicht die neue Klasse der Klubehe entdeckt hat. Diese Eheklub-Wirthschaft ist übrigens keineswegs wirkliche Vielmännerei; sie ist im Gegentheil, wie schon Giraud-Teulon bemerkt, eine spezialisirte Form der Gruppenehe; die Männer leben in Vielweiberei, die Weiber in Vielmännerei.

4. Die monogame Familie. Sie entsteht aus der Paarungsfamilie, wie gezeigt, im Grenzzeitalter zwischen der mittleren und oberen Stufe der Barbarei; ihr endgültiger Sieg ist eins der Kennzeichen der beginnenden Civilisation. Sie ist gegründet auf die Herrschaft des Mannes, mit dem ausdrücklichen Zweck der Erzeugung von Kindern mit unbestrittener Vaterschaft, und diese Vaterschaft wird erfordert, weil diese Kinder dereinst als Leibeserben in das väterliche Vermögen eintreten sollen. Sie unterscheidet sich von der Paarungsehe durch weit größere Festigkeit des Ehebandes, das nun nicht mehr nach beiderseitigem Gefallen lösbar ist. Es ist jetzt in der Regel nur noch der Mann, der es lösen und seine Frau verstoßen kann. Das Recht der ehelichen Untreue bleibt ihm auch jetzt wenigstens noch durch die Sitte gewährleistet (der Code Napoléon schreibt es dem Mann ausdrücklich zu, so lange er nicht die Beischläferin in's eheliche Haus bringt), und wird mit steigender gesellschaftlicher Entwicklung immer mehr ausgeübt; erinnert sich die Frau der alten geschlechtlichen Praxis und will sie erneuern, so wird sie strenger bestraft als je vorher.

In ihrer ganzen Härte tritt uns die neue Familienform entgegen bei den Griechen. Während, wie Marx bemerkt, die Stellung der Göttinnen in der Mythologie uns eine frühere Periode vorführt, wo die Frauen noch eine freiere, geachtetere Stellung hatten, finden wir zur Heroenzeit die Frau bereits erniedrigt durch die Vorherrschaft des Mannes und die Konkurrenz von Sklavinnen. Man lese in der Odyssee, wie Telemachos seine Mutter ab und zur Ruhe verweist. Die erbeuteten jungen Weiber verfallen bei Homer der Sinnenlust der Sieger; die Befehlshaber wählen sich der Reihe und Rangordnung nach die schönsten aus; die ganze Ilias dreht sich bekanntlich um den Streit zwischen Achilleus und Agamemnon wegen einer solchen Sklavin. Bei jedem homerischen Helden von Bedeutung wird das kriegsgefangne Mädchen erwähnt, womit er Zelt und Bett theilt. Diese Mädchen werden auch mit in die Heimath und in's eheliche Haus genommen, wie Kassandra von Agamemnon bei Aeschylos; die mit solchen Sklavinnen erzeugten Söhne bekommen einen kleinen Antheil am väterlichen Erbe und gelten als Vollfreie; Teukros ist ein solcher unehelicher Sohn des Telamon und darf sich nach seinem Vater nennen. Von der Ehefrau wird erwartet, daß sie sich das alles gefallen läßt, selbst aber strenge Keuschheit und Gattentreue bewahrt. Die griechische Frau der Heroenzeit ist zwar geachteter als die der civilisirten Periode, aber sie ist doch schließlich für den Mann nur die Mutter seiner ehelichen Erbkinder, seine oberste Hausverwalterin und die Vorsteherin der Sklavinnen, die er sich nach Belieben zu Konkubinen machen kann und auch macht. Es ist der Bestand der Sklaverei neben der Monogamie, das Dasein junger schöner Sklavinnen, die dem Mann gehören mit Allem was sie an sich haben, das der Monogamie von Anfang an ihren spezifischen Charakter aufdrückt, Monogamie zu sein nur für die Frau, nicht aber für den Mann. Und diesen Charakter hat sie noch heute.

Für die späteren Griechen müssen wir unterscheiden zwischen Dorern und Ioniern.