Himmlische Natur! Und folgt den andern nach.

 

 

Zehnter Auftritt

Dann unter rauschender Musik Verwandlung in eine goldene Feenhalle, rückwärts die Aussicht in eine reizende Berggegend. In der Mitte der Halle ein großer runder Zauberspiegel, vor ihm ein goldner Altar mit einer Opferschale auf Stufen.

Cheristane, in ein lichtblaues faltiges Gewand gehüllt, welches mit Zaubercharakteren geziert ist, und das Haupt mit einer goldnen Krone geschmückt, kommt von der Seite, ein goldnes Buch und einen Zauberstab tragend.

 

CHERISTANE.

Der Kampf ist aus, ich habe mich besiegt.

Beschlossen ists, ich scheide von der Erde.

Wenn auch mein Herz dem Kummer unterliegt,

Ich leide nur, daß er gerettet werde.

 

Sie nimmt von dem mitteren Zacken ihrer Krone eine blaue Perle.

 

Komm, teure Perle, die den Geist umschließt,

Den letzten, der sich beugt vor meiner Macht,

Die bald für ihn in eitles Nichts zerfließt!

Ich opfre dich in diesem goldnen Schacht.

 

Sie wirft die Perle in die goldne Schale. Eine blaue

Flamme entzündet sich in ihr, der Donner rollt. Kurze passende Musik. Der Spiegel überzieht sich mit Rauch.

 

Nun zeig dein Haupt, umkränzt von Zauberschein,

Und blick mich an mit holden Demantaugen!

Erschein! Es soll Azur dein Name sein!

Laß Hoffnung mich aus deinen Worten saugen!

 

Musik.

Fürchterlicher Donnerschlag. Der Rauch hebt sich und in dem Spiegel erscheint Azur, in Silberdock ägyptisch gekleidet, das Haupt umhüllt, die halbentblößten Arme und das Antlitz ist mit blauer Folie überzogen, statt der Augen leuchten zwei glänzende Steine. Magische Beleuchtung.

 

AZUR.

Du! die du mich durch Zaubermacht geboren,

Gebietest du mir Segen oder Fluch?

CHERISTANE.

Zu Flottwells Schutzgeist hab ich dich erkoren.

AZUR.

Darf ich das sein? Blick in des Schicksals Buch!

 

Jetzt folgt eine zitternde Musik darunter.

 

»Kein Fatum herrsch auf seinen Lebenswegen,

Er selber bring sich Unheil oder Segen.

Er selbst vermag sich nur allein zu warnen,

Mit Unglück kann er selbst sich nur umgarnen,

Und da er frei von allen Schicksalsketten,

Kann ihn sein Ich auch nur von Schmach erretten.«

CHERISTANE.

Mir ist bekannt des Schicksals strenger Spruch,

Der, mich zu strafen, tief ersonnen ist.

Empfange hier mein goldnes Zauberbuch.

Es wird dich lehren, welche schlaue List

Mein liebgequälter Geist erfunden hat.

Doch ich muß machtberaubt von hinnen fliehn.

Darum vollziehe du statt mir die Tat

Und laß mich trostlos nicht nach meiner Heimat ziehn.

AZUR nimmt das Buch.

Zieh ruhig heim, treu will ich für dich handeln,

Als Retter sollst du wieder mich erblicken.

 

Die Wolke schließt sich. Musik.

 

CHERISTANE.

Oh, hätt ichs nie gewagt auf Erd zu wandeln,

Zu bitter straft sich dieser Lust Entzücken!

 

Sie sinkt aufs Knie und beugt ihr Haupt kummervoll vor dem Altar.

 

 

Elfter Auftritt

Unter klagender Musik Verwandlung in einen kurzen Wald. An der Seite ein Hügel mit Gesträuche. Jäger ziehen über die Bühne.

Jagdchor.

 

Gilts, die Wälder zu durchstreifen,

Hebet freier sich die Brust.

Kühn den Eber anzugreifen,

Ist des Jägers höchste Lust.

Holla ho! Holla ho!

Weidgesellen froh!

 

Ist die Fährte aufgefunden,

Wälzt er sich im schwarzen Blut,

Spiegelt sich in seinen Wunden

Noch des Abends letzte Glut.

Holla ho! Holla ho!

Jägerbursch ist froh!

 

Zieht man heim nach Jägersitte,

Winkt die Nacht uns traut zur Ruh,

Sucht man seines Liebchens Hütte,

Schließt das Pförtlein leise zu.

Holla ho! Holla ho!

Jägersbraut ist froh!

 

Alle ab.

Valentin, der im Gesträuch versteckt war, kommt hervor.

 

VALENTIN. Wegen meiner jagt ihr fort, so lang ihr wollt. Ich werd mich da so wildschweinmäßig behandeln lassen. Ich schießet alle zusammen, die Sappermenter, wenn ich nur einen Hahn auf der Flinten hätt. Ich kann gar nicht begreifen, was denn die vornehmen Leut mit der verdammten Jagd immer haben.

 

Lied.

 

Wie sich doch die reichen Herrn

Selbst das Leben so erschwern!

Damit s' Vieh und Menschen plagen,

Müssen s' alle Wochen jagen.

Gott verzeih mir meine Sünden,

Ich begreif nicht, was dran finden,

Dieses Kriechen in den Schluchten,

Dieses Riechen von den Juchten.

Kurz, in allem Ernst gesagt:

's gibt nichts Dummers als die Jagd.

 

Schon um drei Uhr ist die Stund

Für die Leut und für die Hund.

Jeder kommt mit seinem Stutzen,

Und da fangen s' an zum putzen.

Nachher rennen s' wie besessen,

Ohne einen Bissen z' essen,

Ganze Tage durch die Waldung,

Und das ist a Unterhaltung!

Ah, da wird eim Gott bewahrn,

D' Jäger sind ja alle Narrn.

 

Kurz, das Jagen laß ich bleiben.

Was die Jägerburschen treiben,

Wie s' mich habn herumgestoßen,

Bald hätt ich mich selbst erschossen.

Über hunderttausend Wurzeln

Lassen eim die Kerls purzeln,

Und kaum liegt man auf der Nasen,

Fangen s' alle an zu blasen,

Und das heißen s' eine Jagd!

Ach, dem Himmel seis geklagt.

 

Müd als wie ein ghetzter Has

Setzt man sich ins kühle Gras,

Glaubt, man ist da ganz allein,

Kommt ein ungeheures Schwein.

Und indem man sich will wehren,

Kommen rückwärts ein paar Bären,

Auf der Seiten ein paar Tiger,

Und weiß Gott noch was für Vieher,

Und da steht man mitten drin!

Dafür hab ich halt kein Sinn.

 

Läuft ab.

Repetition.

 

Nein, die Sach muß ich bedenken.

D' Jäger kann man nicht so kränken.

Denn, wenn keine Jäger wären,

Fräßen uns am End die Bären.

's Wildpret will man auch genießen,

Folglich muß doch einer schießen.

Bratne Schnepfen, Haselhühner,

Gott, wie schätzen die die Wiener!

Und ich stimm mit ihnen ein:

Jagd und Wildpret müssen sein.

 

Ab.

 

 

Zwölfter Auftritt

Verwandlung. Eine reizende Gegend, im Hintergrunde ein klarer See, von lieblichen Gebirgen eingeschlossen. Rechts ein Fels, über ihm der Eingang in Cheristanens Felsenhöhle, vor welcher sie in ihrem früheren Kostüm, doch ohne Krone steht und in die Ferne blickt.

 

CHERISTANE. Nun hat er bald die steile Höh erklommen und wird den süßen Blick nach Minnas Hütte senden, von der er wähnt, daß sie sein Liebstes stets umschirme. So mag er denn zum letztenmal sich ihres Anblicks freuen.

 

Kurze Musik. Sie verwandelt sich in ein liebliches Bauernmädchen, im italienischen Geschmacke zart gekleidet, und sinkt rasch in den Fels, welcher zu einer freundlichen Hütte wird, die von Reben und Blumen umrankt ist und aus deren Tür sie schnell überraschend tritt. Zugleich verwandeln sich die Kulissen in orientalische hohe Blumen und goldgesäumte Palmen, die noch praktikabel gegen die Mitte der Bühne reichen. Nachdenkend setzt sie sich im Vordergrunde auf eine mit Blumen behangene Rasenbank.

 

Ach! selber darf er sich nur warnen,

Mit Glück und Unglück selbst umgarnen,

Und da er frei von allen Schicksalsketten,

Kann er nur selbst von Schmach sich retten.

 

O trüber Schicksalsspruch, der einem Kinde Flügel leihet und sie seinem Engel raubt.

 

 

Dreizehnter Auftritt

Vorige. Flottwell.

 

FLOTTWELL froh. Heitern Tag, mein teures Mädchen, sei nicht böse, daß ich selbst so spät erscheine, denn meine Sehnsucht ist schon lang bei dir. Doch – sag! was ist dir? Du bist traurig! Wer hat dir was zu Leid getan? Quält dich die Eifersucht? Bist du erkrankt? Betrübt? Sprich! Oder willst du mich betrüben?

CHERISTANE steht bewegt auf. Dich? mein Julius, nein, das will ich nicht!

 

Schlingt ihre Arme um seinen Hals und legt ihr Haupt an seine Brust.

 

FLOTTWELL. So bist du halb nur die, die mich sonst ganz beglückt. Die frohere Hälfte fehlt, und nur die trübe ruht an meiner Brust. Komm, laß uns Frieden schließen, trautes Kind. Du ahnest nicht, was mich so freudig stimmt. Du sollst nicht länger hier in deiner Hütte weilen.