Mein liebes, liebes Kind!« weinte Bob. »Mein liebes Kind!«
Er brach auf einmal zusammen. Er konnte nicht dafür. Wenn er dafür gekonnt hätte, so wäre er und sein Kind wohl weiter voneinander getrennt gewesen.
Er verließ das Zimmer und ging die Treppe hinauf in ein Zimmer, welches hell erleuchtet und weihnachtsmäßig aufgeputzt war. Ein Stuhl stand dicht neben dem Kinde und man sah, daß vor kurzem jemand dagewesen war. Der arme Bob setzte sich nieder, und als er ein wenig nachgedacht und sich gefaßt hatte, küßte er das kleine, kalte Gesicht. Er war versöhnt mit dem Geschehenen und ging wieder hinunter ganz glücklich.
Sie setzten sich um das Feuer und unterhielten sich; die Mädchen und die Mutter arbeiteten fort. Bob erzählte ihnen von der außerordentlichen Freundlichkeit von Scrooges Neffen, den er kaum ein einziges Mal gesehen habe. Er habe ihn heute auf der Straße getroffen und wie er gesehen, daß er ein wenig niedergeschlagen aussähe, habe er ihn befragt, was ihn bekümmere. »Worauf,« sagte Bob, »denn er ist der leutseligste junge Herr, den ich nur kenne, ich es ihm sagte. Ich bedaure Sie herzlich, Mr. Cratchit, sagte er, und auch Ihre gute Frau. Uebrigens, wie er das wissen kann, möchte ich wissen.«
»Was soll er wissen, mein Lieber?«
»Nun, daß du eine gute Frau bist,« antwortete Bob.
»Jedermann weiß das,« sagte Peter.
»Sehr gut bemerkt, mein Junge,« rief Bob. »Ich hoffe, 's ist so. Herzlich bedaure ich, sagte er, Ihre gute Frau. Wenn ich Ihnen auf irgend eine Weise behilflich sein kann, sagte er, indem er mir seine Karte gab, das ist meine Wohnung. Kommen Sie nur zu mir. Nun,« rief Bob, »ist es nicht gerade um deswillen, daß er etwas für uns thun könnte, sondern mehr wegen seiner herzlichen Weise, daß ich mich darüber so freute. Es schien wirklich, als hätte er unsern Tiny Tim gekannt und fühlte mit uns.«
»Er ist gewiß eine gute Seele,« sagte Mrs. Cratchit.
»Du würdest das noch sicherer glauben, Liebe,« antwortete Bob, »wenn du ihn sähest und mit ihm sprächest. Es sollte mich gar nicht wundern, wenn er Petern eine bessere Stelle verschaffte. Merkt euch meine Worte.«
»Nun höre nur, Peter,« sagte Mrs. Cratchit.
»Und dann,« rief eins der Mädchen, »wird sich Peter nach einer Frau umsehen.«
»Ach, sei still,« antwortete Peter lachend.
»Nun, das kann schon kommen,« sagte Bob, »aber dazu hat er noch Zeit im Ueberfluß. Aber wie und wenn wir uns auch voneinander trennen sollten, so bin ich doch überzeugt, daß keiner von uns den armen Tiny Tim, oder diese erste Trennung, welche wir erfuhren, vergessen wird.«
»Niemals, Vater,« riefen alle.
»Und ich weiß,« sagte Bob, »ich weiß, meine Lieben, wenn wir daran denken werden, wie geduldig und wie sanft er war, obgleich er nur ein kleines, kleines Kind war, werden wir nicht so leicht uns zanken und den guten Tiny Tim vergessen, wenn wir's thun.«
»Nein, niemals, Vater,« riefen sie alle.
»Ich bin sehr glücklich,« sagte Bob, »sehr glücklich.«
Mrs. Cratchit küßte ihn, seine Töchter küßten ihn, die beiden kleinen Cratchits küßten ihn und Peter und er drückten sich die Hand. Seele Tiny Tims, du warst ein Hauch von Gott.
»Geist,« sagte Scrooge, »ein Etwas sagt mir, daß wir bald scheiden werden. Ich weiß es, aber ich weiß nicht wie. Sage mir, wer es war, den wir auf dem Totenbett sahen.«
Der Geist der zukünftigen Weihnachten führte ihn wie früher – obgleich zu verschiedener Zeit, dünkte ihm, überhaupt schien in den verschiedenen letzten Gesichten keine Zeitfolge stattzufinden – an die Zusammenkunftsorte der Geschäftsleute, aber er sah sich nicht. Der Geist verweilte nirgends, sondern schwebte immer weiter, wie nach dem Ort zu, wo Scrooge die gewünschte Lösung des Rätsels finden würde, bis ihn dieser bat, einen Augenblick zu verweilen.
»Ja, dieser Hof,« sagte Scrooge, »durch den wir jetzt eilen, war einst mein Geschäft und war es lange Jahre. Ich sehe das Haus.
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