Sagt ihm das.

ADAM.

Den Teufel auch! Der Richter Adam läßt sich

Entschuldigen.

LICHT.

Entschuldigen!

ADAM.

Entschuld'gen.

Ist er schon unterwegs etwa?

DER BEDIENTE.

Er ist

Im Wirtshaus noch. Er hat den Schmidt bestellt;

Der Wagen ging entzwei.

ADAM.

Gut. Mein Empfehl.

Der Schmidt ist faul. Ich ließe mich entschuld'gen.

Ich hätte Hals und Beine fast gebrochen,

Schaut selbst, 's ist ein Spektakel, wie ich ausseh;

Und jeder Schreck purgiert mich von Natur.

Ich wäre krank.

LICHT.

Seid Ihr bei Sinnen? –

Der Herr Gerichtsrat wär sehr angenehm.

– Wollt Ihr?

ADAM.

Zum Henker!

LICHT.

Was?

ADAM.

Der Teufel soll mich holen,

Ist's nicht so gut, als hätt ich schon ein Pulver!

LICHT.

Das fehlt noch, daß Ihr auf den Weg ihm leuchtet.

ADAM.

Margrete! he! Der Sack voll Knochen! Liese!

DIE BEIDEN MÄGDE.

Hier sind wir ja. Was wollt Ihr?

ADAM.

Fort! sag ich.

Kuhkäse, Schinken, Butter, Würste, Flaschen,

Aus der Registratur geschafft! Und flink! –

Du nicht. Die andere. – Maulaffe! Du ja!

– Gotts Blitz, Margrete! Liese soll, die Kuhmagd,

In die Registratur!

 

Die erste Magd geht ab.

 

DIE ZWEITE MAGD.

Sprecht, soll man Euch verstehn!

ADAM.

Halt's Maul jetzt, sag ich –! Fort! schaff mir die Perücke!

Marsch! Aus dem Bücherschrank! Geschwind! Pack dich!

 

Die zweite Magd ab.

 

LICHT zum Bedienten.

Es ist dem Herrn Gerichtsrat, will ich hoffen,

Nichts Böses auf der Reise zugestoßen?

DER BEDIENTE.

Je, nun! Wir sind im Hohlweg umgeworfen.

ADAM.

Pest! Mein geschundner Fuß! Ich krieg die Stiefeln –

LICHT.

Ei, du mein Himmel! Umgeworfen, sagt Ihr?

Doch keinen Schaden weiter –?

DER BEDIENTE.

Nichts von Bedeutung.

Der Herr verstauchte sich die Hand ein wenig.

Die Deichsel brach.

ADAM.

Daß er den Hals gebrochen!

LICHT.

Die Hand verstaucht! Ei, Herr Gott! Kam der Schmidt schon?

DER BEDIENTE.

Ja, für die Deichsel.

LICHT.

Was?

ADAM.

Ihr meint, der Doktor.

LICHT.

Was?

DER BEDIENTE.

Für die Deichsel?

ADAM.

Ach, was! Für die Hand.

DER BEDIENTE.

Adies, ihr Herrn. – Ich glaub, die Kerls sind toll.

 

Ab.

 

LICHT.

Den Schmidt meint ich.

ADAM.

Ihr gebt Euch bloß, Gevatter.

LICHT.

Wieso?

ADAM.

Ihr seid verlegen.

LICHT.

Was!

 

Die erste Magd tritt auf.

 

ADAM.

He! Liese!

Was hast du da?

ERSTE MAGD.

Braunschweiger Wurst, Herr Richter.

ADAM.

Das sind Pupillenakten.

LICHT.

Ich, verlegen!

ADAM.

Die kommen wieder zur Registratur.

ERSTE MAGD.

Die Würste?

ADAM.

Würste! Was! Der Einschlag hier.

LICHT.

Es war ein Mißverständnis.

DIE ZWEITE MAGD tritt auf.

Im Bücherschrank,

Herr Richter, find ich die Perücke nicht.

ADAM.

Warum nicht?

ZWEITE MAGD.

Hm! Weil Ihr –

ADAM.

Nun?

ZWEITE MAGD.

Gestern abend –

Glock eilf –

ADAM.

Nun? Werd ich's hören?

ZWEITE MAGD.

Ei, Ihr kamt ja,

Besinnt Euch, ohne die Perück ins Haus.

ADAM.

Ich, ohne die Perücke?

ZWEITE MAGD.

In der Tat.

Da ist die Liese, die's bezeugen kann.

Und Eure andr' ist beim Perückenmacher.

ADAM.

Ich wär –?

ERSTE MAGD.

Ja, meiner Treu, Herr Richter Adam!

Kahlköpfig wart Ihr, als Ihr wiederkamt;

Ihr spracht, Ihr wärt gefallen, wißt Ihr nicht?

Das Blut mußt ich Euch noch vom Kopfe waschen.

ADAM.

Die Unverschämte!

ERSTE MAGD.

Ich will nicht ehrlich sein.

ADAM.

Halt's Maul, sag ich, es ist kein wahres Wort.

LICHT.

Habt Ihr die Wund seit gestern schon?

ADAM.

Nein, heut.

Die Wunde heut und gestern die Perücke.

Ich trug sie weiß gepudert auf dem Kopfe,

Und nahm sie mit dem Hut, auf Ehre, bloß,

Als ich ins Haus trat, aus Versehen ab.

Was die gewaschen hat, das weiß ich nicht.

– Scher dich zum Satan, wo du hingehörst!

In die Registratur!

 

Erste Magd ab.

 

Geh, Margarete!

Gevatter Küster soll mir seine borgen;

In meine hätt die Katze heute morgen

Gejungt, das Schwein! Sie läge eingesäuet

Mir unterm Bette da, ich weiß nun schon.

LICHT.

Die Katze? Was? Seid Ihr –?

ADAM.

So wahr ich lebe.

Fünf Junge, gelb und schwarz, und eins ist weiß.

Die schwarzen will ich in der Vecht ersäufen.

Was soll man machen? Wollt Ihr eine haben?

LICHT.

In die Perücke?

ADAM.

Der Teufel soll mich holen!

Ich hatte die Perücke aufgehängt,

Auf einen Stuhl, da ich zu Bette ging,

Den Stuhl berühr ich in der Nacht, sie fällt –

LICHT.

Drauf nimmt die Katze sie ins Maul –

ADAM.

Mein Seel –

LICHT.

Und trägt sie unters Bett und jungt darin.

ADAM.

Ins Maul? Nein –

LICHT.

Nicht? Wie sonst?

ADAM.

Die Katz? Ach, was!

LICHT.

Nicht? Oder Ihr vielleicht?

ADAM.

Ins Maul! Ich glaube –!

Ich stieß sie mit dem Fuße heut hinunter,

Als ich es sah.

LICHT.

Gut, gut.

ADAM.

Kanaillen die!

Die balzen sich und jungen, wo ein Platz ist.

ZWEITE MAGD kichernd.

So soll ich hingehn?

ADAM.

Ja, und meinen Gruß

An Muhme Schwarzgewand, die Küsterin.

Ich schickt ihr die Perücke unversehrt

Noch heut zurück – ihm brauchst du nichts zu sagen.

Verstehst du mich?

ZWEITE MAGD.

Ich werd es schon bestellen.

 

Ab.

 

 

Dritter Auftritt

Adam und Licht.

 

ADAM.

Mir ahndet heut nichts Guts, Gevatter Licht.

LICHT.

Warum?

ADAM.

Es geht bunt alles über Ecke mir.

Ist nicht auch heut Gerichtstag?

LICHT.

Allerdings.

Die Kläger stehen vor der Türe schon.

ADAM.

– Mir träumt', es hätt ein Kläger mich ergriffen,

Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich,

Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort,

Und schält' und hunzt' und schlingelte mich herunter,

Und judiziert den Hals ins Eisen mir.

LICHT.

Wie? Ihr Euch selbst?

ADAM.

So wahr ich ehrlich bin.

Drauf wurden beide wir zu eins, und flohn,

Und mußten in den Fichten übernachten.

LICHT.

Nun? Und der Traum meint Ihr?

ADAM.

Der Teufel hol's.

Wenn's auch der Traum nicht ist, ein Schabernack,

Sei's, wie es woll, ist wider mich im Werk!

LICHT.

Die läpp'sche Furcht! Gebt Ihr nur vorschriftsmäßig,

Wenn der Gerichtsrat gegenwärtig ist,

Recht den Parteien auf dem Richterstuhle,

Damit der Traum vom ausgehunzten Richter

Auf andre Art nicht in Erfüllung geht.

 

 

Vierter Auftritt

Der Gerichtsrat Walter tritt auf. Die Vorigen.

 

WALTER.

Gott grüß Euch, Richter Adam.

ADAM.

Ei willkommen!

Willkommen, gnäd'ger Herr, in unserm Huisum!

Wer konnte, du gerechter Gott, wer konnte

So freudigen Besuches sich gewärt'gen.

Kein Traum, der heute früh Glock achte noch

Zu solchem Glücke sich versteigen durfte.

WALTER.

Ich komm ein wenig schnell, ich weiß; und muß

Auf dieser Reis, in unsrer Staaten Dienst,

Zufrieden sein, wenn meine Wirte mich

Mit wohlgemeintem Abschiedsgruß entlassen.

Inzwischen ich, was meinen Gruß betrifft,

Ich mein's von Herzen gut, schon wenn ich komme.

Das Obertribunal in Utrecht will

Die Rechtspfleg auf dem platten Land verbessern,

Die mangelhaft von mancher Seite scheint,

Und strenge Weisung hat der Mißbrauch zu erwarten.

Doch mein Geschäft auf dieser Reis ist noch

Ein strenges nicht, sehn soll ich bloß, nicht strafen,

Und find ich gleich nicht alles, wie es soll,

Ich freue mich, wenn es erträglich ist.

ADAM.

Fürwahr, so edle Denkart muß man loben.

Euer Gnaden werden hie und da, nicht zweifl' ich,

Den alten Brauch im Recht zu tadeln wissen;

Und wenn er in den Niederlanden gleich

Seit Kaiser Karl dem Fünften schon besteht:

Was läßt sich in Gedanken nicht erfinden?

Die Welt, sagt unser Sprichwort, wird stets klüger,

Und alles liest, ich weiß, den Pufendorf;

Doch Huisum ist ein kleiner Teil der Welt,

Auf den nicht mehr, nicht minder, als sein Teil nur

Kann von der allgemeinen Klugheit kommen.

Klärt die Justiz in Huisum gütigst auf,

Und überzeugt Euch, gnäd'ger Herr, Ihr habt

Ihr noch sobald den Rücken nicht gekehrt,

Als sie auch völlig Euch befried'gen wird;

Doch fändet Ihr sie heut im Amte schon

Wie Ihr sie wünscht, mein Seel, so wär's ein Wunder,

Da sie nur dunkel weiß noch, was Ihr wollt.

WALTER.

Es fehlt an Vorschriften, ganz recht. Vielmehr

Es sind zu viel, man wird sie sichten müssen.

ADAM.

Ja, durch ein großes Sieb. Viel Spreu! Viel Spreu!

WALTER.

Das ist dort der Herr Schreiber?

LICHT.

Der Schreiber Licht,

Zu Eurer hohen Gnaden Diensten. Pfingsten

Neun Jahre, daß ich im Justizamt bin.

ADAM bringt einen Stuhl.

Setzt Euch.

WALTER.

Laßt sein.

ADAM.

Ihr kommt von Holla schon.

WALTER.

Zwei kleine Meilen – Woher wißt Ihr das?

ADAM.

Woher? Euer Gnaden Diener –

LICHT.

Ein Bauer sagt' es,

Der eben jetzt von Holla eingetroffen.

WALTER.

Ein Bauer?

ADAM.

Aufzuwarten.

WALTER.

– Ja! Es trug sich

Dort ein unangenehmer Vorfall zu,

Der mir die heitre Laune störte,

Die in Geschäften uns begleiten soll. –

Ihr werdet davon unterrichtet sein?

ADAM.

Wär's wahr, gestrenger Herr? Der Richter Pfaul,

Weil er Arrest in seinem Haus empfing,

Verzweiflung hätt den Toren überrascht,

Er hing sich auf?

WALTER.

Und machte Übel ärger.

Was nur Unordnung schien, Verworrenheit,

Nimmt jetzt den Schein an der Veruntreuung,

Die das Gesetz, Ihr wißt's, nicht mehr verschont. –

Wie viele Kassen habt Ihr?

ADAM.

Fünf, zu dienen.

WALTER.

Wie, fünf! Ich stand im Wahn – Gefüllte Kassen?

Ich stand im Wahn, daß Ihr nur vier –

ADAM.

Verzeiht!

Mit der Rhein-Inundations-Kollekten-Kasse?

WALTER.

Mit der Inundations-Kollekten-Kasse!

Doch jetzo ist der Rhein nicht inundiert,

Und die Kollekten gehn mithin nicht ein.

– Sagt doch, Ihr habt ja wohl Gerichtstag heut?

ADAM.

Ob wir –?

WALTER.

Was?

LICHT.

Ja, den ersten in der Woche.

WALTER.

Und jene Schar von Leuten, die ich draußen

Auf Eurem Flure sah, sind das –?

ADAM.

Das werden –

LICHT.

Die Kläger sind's, die sich bereits versammeln.

WALTER.

Gut. Dieser Umstand ist mir lieb, ihr Herren.

Laßt diese Leute, wenn's beliebt, erscheinen.

Ich wohne dem Gerichtsgang bei; ich sehe

Wie er in Eurem Huisum üblich ist.

Wir nehmen die Registratur, die Kassen,

Nachher, wenn diese Sache abgetan.

ADAM.

Wie Ihr befehlt.