Ich habe Eile.

ADAM.

Auch das.

DER BÜTTEL tritt auf.

Hier ist der Büttel!

ADAM.

Kann ich inzwischen

Mit einem guten Frühstück, Wurst aus Braunschweig,

Ein Gläschen Danziger etwa –

WALTER.

Danke sehr.

ADAM.

Ohn Umständ!

WALTER.

Dank', Ihr hört's, hab's schon genossen.

Geht Ihr, und nutzt die Zeit, ich brauche sie

In meinem Büchlein etwas mir zu merken.

ADAM.

Nun, wenn Ihr so befehlt – Komm, Margarete!

WALTER.

– Ihr seid ja bös verletzt, Herr Richter Adam.

Seid Ihr gefallen?

ADAM.

– Hab einen wahren Mordschlag

Heut früh, als ich dem Bett entstieg, getan:

Seht, gnäd'ger Herr Gerichtsrat, einen Schlag

Ins Zimmer hin, ich glaubt es wär ins Grab.

WALTER.

Das tut mir leid. – Es wird doch weiter nicht

Von Folgen sein?

ADAM.

Ich denke nicht. Und auch

In meiner Pflicht soll's weiter mich nicht stören. –

Erlaubt!

WALTER.

Geht, geht!

ADAM zum Büttel.

Die Kläger rufst du – Marsch!

 

Adam, die Magd und der Büttel ab.

 

 

Sechster Auftritt

Frau Marthe, Eve, Veit und Ruprecht treten auf. – Walter und Licht im Hintergrunde.

 

FRAU MARTHE.

Ihr krugzertrümmerndes Gesindel, ihr!

Ihr sollt mir büßen, ihr!

VEIT.

Sei Sie nur ruhig,

Frau Marth! Es wird sich alles hier entscheiden.

FRAU MARTHE.

O ja. Entscheiden. Seht doch. Den Klugschwätzer.

Den Krug mir, den zerbrochenen, entscheiden.

Wer wird mir den geschiednen Krug entscheiden?

Hier wird entschieden werden, daß geschieden

Der Krug mir bleiben soll. Für so 'n Schiedsurteil

Geb ich noch die geschiednen Scherben nicht.

VEIT.

Wenn Sie sich Recht erstreiten kann, Sie hört's,

Ersetz ich ihn.

FRAU MARTHE.

Er mir den Krug ersetzen.

Wenn ich mir Recht erstreiten kann, ersetzen.

Setz Er den Krug mal hin, versuch Er's mal,

Setz Er 'n mal hin auf das Gesims! Ersetzen!

Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat,

Zum Liegen oder Sitzen hat, ersetzen!

VEIT.

Sie hört's! Was geifert Sie? Kann man mehr tun?

Wenn einer Ihr von uns den Krug zerbrochen,

Soll Sie entschädigt werden.

FRAU MARTHE.

Ich entschädigt!

Als ob ein Stück von meinem Hornvieh spräche.

Meint Er, daß die Justiz ein Töpfer ist?

Und kämen die Hochmögenden und bänden

Die Schürze vor, und trügen ihn zum Ofen,

Die könnten sonstwas in den Krug mir tun,

Als ihn entschädigen. Entschädigen!

RUPRECHT.

Laß Er sie, Vater. Folg Er mir. Der Drache!

's ist der zerbrochne Krug nicht, der sie wurmt,

Die Hochzeit ist es, die ein Loch bekommen,

Und mit Gewalt hier denkt sie sie zu flicken.

Ich aber setze noch den Fuß eins drauf:

Verflucht bin ich, wenn ich die Metze nehme.

FRAU MARTHE.

Der eitle Flaps! Die Hochzeit ich hier flicken!

Die Hochzeit, nicht des Flickdrahts, unzerbrochen

Nicht einen von des Kruges Scherben wert.

Und stünd die Hochzeit blankgescheuert vor mir,

Wie noch der Krug auf dem Gesimse gestern,

So faßt ich sie beim Griff jetzt mit den Händen,

Und schlüg sie gellend ihm am Kopf entzwei,

Nicht aber hier die Scherben möcht ich flicken!

Sie flicken!

EVE.

Ruprecht!

RUPRECHT.

Fort du –!

EVE.

Liebster Ruprecht!

RUPRECHT.

Mir aus den Augen!

EVE.

Ich beschwöre dich.

RUPRECHT.

Die lüderliche –! Ich mag nicht sagen, was.

EVE.

Laß mich ein einz'ges Wort dir heimlich –

RUPRECHT.

Nichts!

EVE.

– Du gehst zum Regimente jetzt, o Ruprecht,

Wer weiß, wenn du erst die Muskete trägst,

Ob ich dich je im Leben wiedersehe.

Krieg ist's, bedenke, Krieg, in den du ziehst:

Willst du mit solchem Grolle von mir scheiden?

RUPRECHT.

Groll? Nein, bewahr mich Gott, das will ich nicht.

Gott schenk dir so viel Wohlergehn, als er

Erübrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege

Gesund, mit erzgegoßnem Leib zurück,

Und würd in Huisum achtzig Jahre alt,

So sagt ich noch im Tode zu dir: Metze!

Du willst's ja selber vor Gericht beschwören.

FRAU MARTHE zu Eve.

Hinweg! Was sagt ich dir? Willst du dich noch

Beschimpfen lassen? Der Herr Korporal

Ist was für dich, der würd'ge Holzgebein,

Der seinen Stock im Militär geführt,

Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock

Jetzt seinen Rücken bieten wird. Heut ist

Verlobung, Hochzeit, wäre Taufe heute,

Es wär mir recht, und mein Begräbnis leid ich,

Wenn ich dem Hochmut erst den Kamm zertreten,

Der mir bis an die Krüge schwillet.

EVE.

Mutter!

Laßt doch den Krug! Laßt mich doch in der Stadt versuchen,

Ob ein geschickter Handwerksmann die Scherben

Nicht wieder Euch zur Lust zusammenfügt.

Und wär's um ihn geschehn, nehmt meine ganze

Sparbüchse hin, und kauft Euch einen neuen.

Wer wollte doch um einen irdnen Krug,

Und stammt er von Herodes' Zeiten her,

Solch einen Aufruhr, so viel Unheil stiften.

FRAU MARTHE.

Du sprichst, wie du's verstehst. Willst du etwa

Die Fiedel tragen, Evchen, in der Kirche

Am nächsten Sonntag reuig Buße tun?

Dein guter Name lag in diesem Topfe,

Und vor der Welt mit ihm ward er zerstoßen,

Wenn auch vor Gott nicht, und vor mir und dir.

Der Richter ist mein Handwerksmann, der Schergen,

Der Block ist's, Peitschenhiebe, die es braucht,

Und auf den Scheiterhaufen das Gesindel,

Wenn's unsre Ehre weiß zu brennen gilt,

Und diesen Krug hier wieder zu glasieren.

 

 

Siebenter Auftritt

Adam im Ornat, doch ohne Perücke, tritt auf. Die Vorigen.

 

ADAM für sich.

Ei, Evchen. Sieh! Und der vierschröt'ge Schlingel,

Der Ruprecht! Ei, was Teufel, sieh! die ganze Sippschaft!

– Die werden mich doch nicht bei mir verklagen?

EVE.

O liebste Mutter, folgt mir, ich beschwör Euch,

Laßt diesem Unglückszimmer uns entfliehen!

ADAM.

Gevatter! Sagt mir doch, was bringen die?

LICHT.

Was weiß ich? Lärm um nichts; Lappalien.

Es ist ein Krug zerbrochen worden, hör ich.

ADAM.

Ein Krug! So! Ei! – Ei, wer zerbrach den Krug?

LICHT.

Wer ihn zerbrochen?

ADAM.

Ja, Gevatterchen.

LICHT.

Mein Seel, setzt Euch: so werdet Ihr's erfahren.

ADAM heimlich.

Evchen!

EVE gleichfalls.

Geh Er.

ADAM.

Ein Wort.

EVE.

Ich will nichts wissen.

ADAM.

Was bringt ihr mir?

EVE.

Ich sag Ihm, Er soll gehn.

ADAM.

Evchen! Ich bitte dich! Was soll mir das bedeuten?

EVE.

Wenn Er nicht gleich –! Ich sag's Ihm, laß Er mich.

ADAM zu Licht.

Gevatter, hört, mein Seel, ich halt's nicht aus.

Die Wund am Schienbein macht mir Übelkeiten;

Führt Ihr die Sach, ich will zu Bette gehn.

LICHT.

Zu Bett –? Ihr wollt –? Ich glaub, Ihr seid verrückt.

ADAM.

Der Henker hol's. Ich muß mich übergeben.

LICHT.

Ich glaub, Ihr rast, im Ernst. Soeben kommt Ihr –?

– Meinthalben. Sagt's dem Herrn Gerichtsrat dort.

Vielleicht erlaubt er's. – Ich weiß nicht, was Euch fehlt?

ADAM wieder zu Even.

Evchen! Ich flehe dich! Um alle Wunden!

Was ist's, das ihr mir bringt?

EVE.

Er wird's schon hören.

ADAM.

Ist's nur der Krug dort, den die Mutter hält,

Den ich so viel –?

EVE.

Ja, der zerbrochne Krug nur.

ADAM.

Und weiter nichts?

EVE.

Nichts weiter.

ADAM.

Nichts? Gewiß nichts?

EVE.

Ich sag Ihm, geh Er. Laß Er mich zufrieden.

ADAM.

Hör du, bei Gott, sei klug, ich rat es dir.

EVE.

Er, Unverschämter!

ADAM.

In dem Attest steht

Der Name jetzt, Frakturschrift, Ruprecht Tümpel.

Hier trag ich's fix und fertig in der Tasche;

Hörst du es knackern, Evchen? Sieh, das kannst du,

Auf meine Ehr, heut übers Jahr dir holen,

Dir Trauerschürz und Mieder zuzuschneiden,

Wenn's heißt: der Ruprecht in Batavia

Krepiert' – ich weiß, an welchem Fieber nicht,

War's gelb, war's scharlach, oder war es faul.

WALTER.

Sprecht nicht mit den Partein, Herr Richter Adam,

Vor der Session! Hier setzt Euch, und befragt sie.

ADAM.

Was sagt er? – Was befehlen Euer Gnaden?

WALTER.

Was ich befehl? – Ich sagte deutlich Euch,

Daß Ihr nicht heimlich vor der Sitzung sollt

Mit den Partein zweideut'ge Sprache führen.

Hier ist der Platz, der Eurem Amt gebührt,

Und öffentlich Verhör, was ich erwarte.

ADAM für sich.

Verflucht! Ich kann mich nicht dazu entschließen –!

– Es klirrte etwas, da ich Abschied nahm –

LICHT ihn aufschreckend.

Herr Richter! Seid Ihr –?

ADAM.

Ich? Auf Ehre nicht!

Ich hatte sie behutsam drauf gehängt,

Und müßt ein Ochs gewesen sein –

LICHT.

Was?

ADAM.

Was?

LICHT.

Ich fragte –!

ADAM.

Ihr fragtet, ob ich –?

LICHT.

Ob Ihr taub seid, fragt ich.

Dort Seiner Gnaden haben Euch gerufen.

ADAM.

Ich glaubte –! Wer ruft?

LICHT.

Der Herr Gerichtsrat dort.

ADAM für sich.

Ei! Hol's der Henker auch! Zwei Fälle gibt's,

Mein Seel, nicht mehr, und wenn's nicht biegt, so bricht's.

– Gleich! Gleich! Gleich! Was befehlen Euer Gnaden?

Soll jetzt die Prozedur beginnen?

WALTER.

Ihr seid ja sonderbar zerstreut.