Auf meine Ehre nicht.

Die Jungfer weiß, wo unsre Zäume hängen.

Wenn sie den Eid hier vor Gericht will schwören,

So fällt der Mutter Klage weg:

Dagegen ist nichts weiter einzuwenden.

WALTER.

Was sagt zu der Erklärung Sie, Frau Marthe?

FRAU MARTHE.

Wenn ich gleich was Erkleckliches nicht aufbring,

Gestrenger Herr, so glaubt, ich bitt Euch sehr,

Daß mir der Schlag bloß jetzt die Zunge lähmte.

Beispiele gibt's, daß ein verlorner Mensch,

Um vor der Welt zu Ehren sich zu bringen,

Den Meineid vor dem Richterstuhle wagt; doch daß

Ein falscher Eid sich schwören kann, auf heil'gem

Altar, um an den Pranger hinzukommen,

Das heut erfährt die Welt zum erstenmal.

Wär, daß ein andrer, als der Ruprecht, sich

In ihre Kammer gestern schlich, gegründet,

Wär's überall nur möglich, gnäd'ger Herr,

Versteht mich wohl, – so säumt ich hier nicht länger.

Den Stuhl setzt ich, zur ersten Einrichtung,

Ihr vor die Tür, und sagte, geh, mein Kind,

Die Welt ist weit, da zahlst du keine Miete,

Und lange Haare hast du auch geerbt,

Woran du dich, kommt Zeit, kommt Rat, kannst hängen.

WALTER.

Ruhig, ruhig, Frau Marthe.

FRAU MARTHE.

Da ich jedoch

Hier den Beweis noch anders führen kann,

Als bloß durch sie, die diesen Dienst mir weigert,

Und überzeugt bin völlig, daß nur er

Mir, und kein anderer den Krug zerschlug,

So bringt die Lust, es kurzhin abzuschwören,

Mich noch auf einen schändlichen Verdacht.

Die Nacht von gestern birgt ein anderes

Verbrechen noch, als bloß die Krugverwüstung.

Ich muß Euch sagen, gnäd'ger Herr, daß Ruprecht

Zur Konskription gehört, in wenig Tagen

Soll er den Eid zur Fahn in Utrecht schwören.

Die jungen Landessöhne reißen aus.

Gesetzt, er hätte gestern nacht gesagt:

Was meinst du, Evchen? Komm. Die Welt ist groß.

Zu Kist' und Kasten hast du ja die Schlüssel –

Und sie, sie hätt ein wenig sich gesperrt:

So hätte ohngefähr, da ich sie störte,

– Bei ihm aus Rach, aus Liebe noch bei ihr –

Der Rest, so wie geschehn, erfolgen können.

RUPRECHT.

Das Rabenaas! Was das für Reden sind!

Zu Kist' und Kasten –

WALTER.

Still!

EVE.

Er, austreten!

WALTER.

Zur Sache hier. Vom Krug ist hier die Rede. –

Beweis, Beweis, daß Ruprecht ihn zerbrach!

FRAU MARTHE.

Gut, gnäd'ger Herr. Erst will ich hier beweisen,

Daß Ruprecht mir den Krug zerschlug,

Und dann will ich im Hause untersuchen. –

Seht, eine Zunge, die mir Zeugnis redet,

Bring ich für jedes Wort auf, das er sagte,

Und hätt in Reihen gleich sie aufgeführt,

Wenn ich von fern geahndet nur, daß diese

Die ihrige für mich nicht brauchen würde.

Doch wenn ihr Frau Brigitte jetzo ruft,

Die ihm die Muhm ist, so genügt mir die,

Weil die den Hauptpunkt just bestreiten wird.

Denn die, die hat Glock halb auf eilf im Garten,

Merkt wohl, bevor der Krug zertrümmert worden,

Wortwechselnd mit der Ev ihn schon getroffen;

Und wie die Fabel, die er aufgestellt,

Vom Kopf zu Fuß dadurch gespalten wird,

Durch diese einz'ge Zung, ihr hohen Richter,

Das überlaß ich selbst euch einzusehn.

RUPRECHT.

Wer hat mich –?

VEIT.

Schwester Briggi?

RUPRECHT.

Mich mit Ev? Im Garten?

FRAU MARTHE.

Ihn mit der Ev, im Garten, Glock halb eilf,

Bevor er noch, wie er geschwätzt, um eilf

Das Zimmer überrumpelnd eingesprengt:

Im Wortgewechsel, kosend bald, bald zerrend,

Als wollt er sie zu etwas überreden.

ADAM für sich.

Verflucht! Der Teufel ist mir gut.

WALTER.

Schafft diese Frau herbei.

RUPRECHT.

Ihr Herrn, ich bitt euch:

Das ist kein wahres Wort, das ist nicht möglich.

ADAM.

O wart, Halunke! – He! Der Büttel! Hanfried! –

Denn auf der Flucht zerschlagen sich die Krüge –

– Herr Schreiber, geht, schafft Frau Brigitt herbei!

VEIT.

Hör, du verfluchter Schlingel, du, was machst du?

Dir brech ich alle Knochen noch.

RUPRECHT.

Weshalb auch?

VEIT.

Warum verschwiegst du, daß du mit der Dirne

Glock halb auf eilf im Garten schon scharwenzt?

Warum verschwiegst du's?

RUPRECHT.

Warum ich's verschwieg?

Gotts Schlag und Donner, weil's nicht wahr ist, Vater!

Wenn das die Muhme Briggi zeugt, so hängt mich.

Und bei den Beinen sie meinthalb dazu.

VEIT.

Wenn aber sie's bezeugt – nimm dich in acht!

Du und die saubre Jungfer Eve dort,

Wie ihr auch vor Gericht euch stellt, ihr steckt

Doch unter einer Decke noch. 's ist irgend

Ein schändliches Geheimnis noch, von dem

Sie weiß, und nur aus Schonung hier nichts sagt.

RUPRECHT.

Geheimnis! Welches?

VEIT.

Warum hast du eingepackt?

He? Warum hast du gestern abend eingepackt?

RUPRECHT.

Die Sachen?

VEIT.

Röcke, Hosen, ja, und Wäsche;

Ein Bündel, wie's ein Reisender just auf

Die Schultern wirft?

RUPRECHT.

Weil ich nach Utrecht soll!

Weil ich zum Regiment soll! Himmel – Donner –!

Glaubt Er, daß ich –?

VEIT.

Nach Utrecht? Ja, nach Utrecht!

Du hast geeilt, nach Utrecht hinzukommen!

Vorgestern wußtest du noch nicht, ob du

Den fünften oder sechsten Tag wirst reisen.

WALTER.

Weiß Er zur Sache was zu melden, Vater?

VEIT.

– Gestrenger Herr, ich will noch nichts behaupten.

Ich war daheim, als sich der Krug zerschlug,

Und auch von einer andern Unternehmung

Hab ich, die Wahrheit zu gestehn, noch nichts,

Wenn ich jedweden Umstand wohl erwäge,

Das meinen Sohn verdächtig macht, bemerkt.

Von seiner Unschuld völlig überzeugt,

Kam ich hieher, nach abgemachtem Streit

Sein ehelich Verlöbnis aufzulösen,

Und ihm das Silberkettlein einzufordern,

Zusamt dem Schaupfennig, den er der Jungfer

Bei dem Verlöbnis vor'gen Herbst verehrt.

Wenn jetzt von Flucht was, und Verräterei

An meinem grauen Haar zutage kommt,

So ist mir das so neu, ihr Herrn, als euch:

Doch dann der Teufel soll den Hals ihm brechen.

WALTER.

Schafft Frau Brigitt herbei, Herr Richter Adam.

ADAM.

– Wird Euer Gnaden diese Sache nicht

Ermüden? Sie zieht sich in die Länge.

Euer Gnaden haben meine Kassen noch,

Und die Registratur – Was ist die Glocke?

LICHT.

Es schlug soeben halb.

ADAM.

Auf eilf!

LICHT.

Verzeiht, auf zwölfe.

WALTER.

Gleichviel.

ADAM.

Ich glaub, die Zeit ist, oder Ihr verrückt.

 

Er sieht nach der Uhr.

 

Ich bin kein ehrlicher Mann. – Ja, was befehlt Ihr?

WALTER.

Ich bin der Meinung –

ADAM.

Abzuschließen? Gut –!

WALTER.

Erlaubt! Ich bin der Meinung, fortzufahren.

ADAM.

Ihr seid der Meinung – Auch gut. Sonst würd ich

Auf Ehre, morgen früh, Glock neun, die Sache,

Zu Euerer Zufriedenheit beend'gen.

WALTER.

Ihr wißt um meinen Willen.

ADAM.

Wie Ihr befehlt.

Herr Schreiber, schickt die Büttel ab; sie sollen

Sogleich ins Amt die Frau Brigitte laden.

WALTER.

Und nehmt Euch – Zeit, die mir viel wert, zu sparen –

Gefälligst selbst der Sach ein wenig an.

 

Licht ab.

 

 

 

Zehnter Auftritt

Die Vorigen ohne Licht. Späterhin einige Mägde.

 

ADAM aufstehend.

Inzwischen könnte man, wenn's so gefällig,

Vom Sitze sich ein wenig lüften –?

WALTER.

Hm! O ja.

Was ich sagen wollt –

ADAM.

Erlaubt Ihr gleichfalls,

Daß die Partein, bis Frau Brigitt erscheint –?

WALTER.

Was? Die Partein?

ADAM.

Ja, vor die Tür, wenn Ihr –

WALTER für sich.

Verwünscht!

 

Laut.

 

Herr Richter Adam, wißt Ihr was?

Gebt ein Glas Wein mir in der Zwischenzeit.

ADAM.

Von ganzem Herzen gern. He! Margarete!

Ihr macht mich glücklich, gnäd'ger Herr. – Margrete!

 

Die Magd tritt auf.

 

DIE MAGD.

Hier.

ADAM.

Was befehlt Ihr? – Tretet ab, ihr Leute.

Franz? – Auf dem Vorsaal draußen. – Oder Rhein?

WALTER.

Von unserm Rhein.

ADAM.

Gut. – Bis ich rufe. Marsch!

WALTER.

Wohin?

ADAM.

Geh, vom versiegelten, Margrete. –

Was? Auf den Flur bloß draußen. – Hier. – Der Schlüssel.

WALTER.

Hm! Bleibt.

ADAM.

Fort! Marsch, sag ich! – Geh, Margarete!

Und Butter, frisch gestampft, Käs auch aus Limburg,

Und von der fetten pommerschen Räuchergans.

WALTER.

Halt! Einen Augenblick! Macht nicht so viel

Umständ, ich bitt Euch sehr, Herr Richter.

ADAM.

Schert

Zum Teufel euch, sag ich! Tu, wie ich sagte.

WALTER.

Schickt Ihr die Leute fort, Herr Richter?

ADAM.

Euer Gnaden?

WALTER.

Ob Ihr –?

ADAM.

Sie treten ab, wenn Ihr erlaubt.

Bloß ab, bis Frau Brigitt erscheint.

Wie, oder soll's nicht etwa –?

WALTER.

Hm! Wie Ihr wollt.

Doch ob's der Mühe sich verlohnen wird?

Meint Ihr, daß es so lange Zeit wird währen,

Bis man im Ort sie trifft?

ADAM.

's ist heute Holztag,

Gestrenger Herr. Die Weiber größtenteils

Sind in den Fichten, Sträucher einzusammeln.

Es könnte leicht –

RUPRECHT.

Die Muhme ist zu Hause.

WALTER.

Zu Haus. Laßt sein.