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Title: Deutschland. Ein Wintermaerchen
Author: Heinrich Heine
Release Date: July, 2004 [EBook #6079]
[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
[This file was first posted on November 3, 2002]
Edition: 10
Language: German
*** START OF THE PROJECT BookishMall.com EBOOK, DEUTSCHLAND. EIN WINTERMAERCHEN ***
This eBook was from Project BookishMall.com of Germany. Reformatting by Gunther
Olesch and Andrew Sly.
"Deutschland. Ein Wintermärchen" (Germany. A winter tale) by Heinrich
Heine [in German]
Heinrich Heine
Deutschland. Ein Wintermärchen
VORWORT
Das nachstehende Gedicht schrieb ich im diesjährigen Monat Januar zu
Paris, und die freie Luft des Ortes wehete in manche Strophe weit
schärfer hinein, als mir eigentlich lieb war. Ich unterließ nicht,
schon gleich zu mildern und auszuscheiden, was mit dem deutschen Klima
unverträglich schien. Nichtsdestoweniger, als ich das Manuskript im
Monat März an meinen Verleger nach Hamburg schickte, wurden mir noch
mannigfache Bedenklichkeiten in Erwägung gestellt. Ich mußte mich dem
fatalen Geschäfte des Umarbeitens nochmals unterziehen, und da mag es
wohl geschehen sein, daß die ernsten Töne mehr als nötig abgedämpft
oder von den Schellen des Humors gar zu heiter überklingelt wurden.
Einigen nackten Gedanken habe ich im hastigen Unmut ihre Feigenblätter
wieder abgerissen, und zimperlich spröde Ohren habe ich vielleicht
verletzt. Es ist mir leid, aber ich tröste mich mit dem Bewußtsein,
daß größere Autoren sich ähnliche Vergehen zuschulden kommen ließen.
Des Aristophanes will ich zu solcher Beschönigung gar nicht erwähnen,
denn der war ein blinder Heide, und sein Publikum zu Athen hatte zwar
eine klassische Erziehung genossen, wußte aber wenig von Sittlichkeit.
Auf Cervantes und Molière könnte ich mich schon viel besser berufen;
und ersterer schrieb für den hohen Adel beider Kastilien, letzterer
für den großen König und den großen Hof von Versailles! Ach, ich
vergesse, daß wir in einer sehr bürgerlichen Zeit leben, und ich sehe
leider voraus, daß viele Töchter gebildeter Stände an der Spree, wo
nicht gar an der Alster, über mein armes Gedicht die mehr oder minder
gebogenen Näschen rümpfen werden! Was ich aber mit noch größerem
Leidwesen voraussehe, das ist das Zetern jener Pharisäer der
Nationalität, die jetzt mit den Antipathien der Regierungen Hand in
Hand gehen, auch die volle Liebe und Hochachtung der Zensur genießen
und in der Tagespresse den Ton angeben können, wo es gilt, jene
Gegner zu befehden, die auch zugleich die Gegner ihrer allerhöchsten
Herrschaften sind. Wir sind im Herzen gewappnet gegen das Mißfallen
dieser heldenmütigen Lakaien in schwarzrotgoldner Livree. Ich höre
schon ihre Bierstimmen: »Du lästerst sogar unsere Farben, Verächter
des Vaterlands, Freund der Franzosen, denen du den freien Rhein
abtreten willst!« Beruhigt euch. Ich werde eure Farben achten und
ehren, wenn sie es verdienen, wenn sie nicht mehr eine müßige oder
knechtische Spielerei sind. Pflanzt die schwarzrotgoldne Fahne auf
die Höhe des deutschen Gedankens, macht sie zur Standarte des freien
Menschtums, und ich will mein bestes Herzblut für sie hingeben.
Beruhigt euch, ich liebe das Vaterland ebensosehr wie ihr. Wegen
dieser Liebe habe ich dreizehn Lebensjahre im Exile verlebt, und
wegen ebendieser Liebe kehre ich wieder zurück ins Exil, vielleicht
für immer, jedenfalls ohne zu flennen oder eine schiefmäulige
Duldergrimasse zu schneiden. Ich bin der Freund der Franzosen, wie
ich der Freund aller Menschen bin, wenn sie vernünftig und gut sind,
und weil ich selber nicht so dumm oder so schlecht bin, als daß ich
wünschen sollte, daß meine Deutschen und die Franzosen, die beiden
auserwählten Völker der Humanität, sich die Hälse brächen zum Besten
von England und Rußland und zur Schadenfreude aller Junker und Pfaffen
dieses Erdballs. Seid ruhig, ich werde den Rhein nimmermehr den
Franzosen abtreten, schon aus dem ganz einfachen Grunde: weil mir der
Rhein gehört. Ja, mir gehört er, durch unveräußerliches Geburtsrecht,
ich bin des freien Rheins noch weit freierer Sohn, an seinem Ufer
stand meine Wiege, und ich sehe gar nicht ein, warum der Rhein
irgendeinem andern gehören soll als den Landeskindern. Elsaß und
Lothringen kann ich freilich dem deutschen Reiche nicht so leicht
einverleiben, wie ihr es tut, denn die Leute in jenen Landen hängen
fest an Frankreich wegen der Rechte, die sie durch die französische
Staatsumwälzung gewonnen, wegen jener Gleichheitsgesetze und freien
Institutionen, die dem bürgerlichen Gemüte sehr angenehm sind, aber
dem Magen der großen Menge dennoch vieles zu wünschen übriglassen.
Indessen, die Elsasser und Lothringer werden sich wieder an
Deutschland anschließen, wenn wir das vollenden, was die Franzosen
begonnen haben, wenn wir diese überflügeln in der Tat, wie wir es
schon getan im Gedanken, wenn wir uns bis zu den letzten Folgerungen
desselben emporschwingen, wenn wir die Dienstbarkeit bis in ihrem
letzten Schlupfwinkel, dem Himmel, zerstören, wenn wir den Gott, der
auf Erden im Menschen wohnt, aus seiner Erniedrigung retten, wenn wir
die Erlöser Gottes werden, wenn wir das arme, glückenterbte Volk und
den verhöhnten Genius und die geschändete Schönheit wieder in ihre
Würde einsetzen, wie unsere großen Meister gesagt und gesungen und wie
wir es wollen, wir, die Jünger - ja, nicht bloß Elsaß und Lothringen,
sondern ganz Frankreich wird uns alsdann zufallen, ganz Europa, die
ganze Welt - die ganze Welt wird deutsch werden! Von dieser Sendung
und Universalherrschaft Deutschlands träume ich oft, wenn ich unter
Eichen wandle. Das ist mein Patriotismus.
Ich werde in einem nächsten Buche auf dieses Thema zurückkommen, mit
letzter Entschlossenheit, mit strenger Rücksichtslosigkeit, jedenfalls
mit Loyalität. Den entschiedensten Widerspruch werde ich zu achten
wissen, wenn er aus einer Überzeugung hervorgeht. Selbst der rohesten
Feindseligkeit will ich alsdann geduldig verzeihen; ich will sogar der
Dummheit Rede stehen, wenn sie nur ehrlich gemeint ist. Meine ganze
schweigende Verachtung widme ich hingegen dem gesinnungslosen Wichte,
der aus leidiger Scheelsucht oder unsauberer Privatgiftigkeit meinen
guten Leumund in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen sucht und
dabei die Maske des Patriotismus, wo nicht gar die der Religion und
der Moral, benutzt. Der anarchische Zustand der deutschen politischen
und literarischen Zeitungsblätterwelt ward in solcher Beziehung
zuweilen mit einem Talente ausgebeutet, das ich schier bewundern
mußte. Wahrhaftig, Schufterle ist nicht tot, er lebt noch immer und
steht seit Jahren an der Spitze einer wohlorganisierten Bande von
literarischen Strauchdieben, die in den böhmischen Wäldern unserer
Tagespresse ihr Wesen treiben, hinter jedem Busch, hinter jedem Blatt,
versteckt liegen und dem leisesten Pfiff ihres würdigen Hauptmanns
gehorchen.
Noch ein Wort.
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