In späteren Jahren trat sie zu der Gemeine der Labadisten über, welche manche Aehnlichkeit mit den neuem Muckem gehabt zu haben scheint, starb aber unvermählt, da eine frühe Liebe (schon in ihrem 15ten Jahre) mit dem Holländer Caets sich zerschlagen hatte. Als Seltsamkeit von ihr wird angeführt, daß sie gerne Spinnen gegessen. Ihre gesammelten Werke gab der berühmte Spanheim unter dem Titel: Annae Mariae a Schurmann opuscula, Leyden 1648, zuerst heraus.

 

17 Schenkungsurkunde.

 

 

Capitel 11.

Wie ich die ganze Gemein gespeiset, item wie ich nach Gützkow zum Roßmarkt gereiset und was mir alldort gearriviret.

Des andern morgens zutheilete mein Töchterlein die lieben Brod, und schickte einem Jeglichen im Dorf eine Schnede. Doch da wir sahen, daß unser Fürrath bald würde auf die Neige laufen, schickete abermals die Magd mit einer Karren, so ich von Adam Lempkem gekauft, nach Wolgast mehr Brod zu hohlen, welches sie auch thate. Item ließ ich im ganzen Kapsel herumbsagen, daß ich am Sonntag wölle das heilige Abendmahl halten, und kaufete unterdeß im Dorf alle großen Fische, so sie fingen. Als nun endlich der liebe Sonntag kam, hielt ich erstlich Beicht mit der ganzen Gemein, und darauf die Predigt über Matth. 15, 32. Mich jammert des Volks, denn sie haben nichts zu essen. Solliches deutete aber fürs erste nur auf die geistliche Speiß, und erhobe sich ein groß Seufzen unter Männern und Weibern, als ich zum Schluß auf das Altar wiese, worauf die liebe Seelenspeise stund, und die Worte wiederholte: mich jammert des Volks, denn sie haben nichts zu essen. (NB. den bleiernen Kelch hatte mir in Wolgast geliehen, und vor die Patene ein klein Tellerlein gekaufet, bis Meister Bloom den silbernen Kelch und die Patene, so ich bestellet würde fertig halten.) Als ich nun darauf das heilige Nachtmahl consacriret und ausgetheilet, item den Schlußvers angestimmet, und ein Jeglicher still sein Vater unser gebet, umb aus der Kirchen zu gehen, trat ich abermals aus dem Beichtstuhl herfür, und winkete dem Volk annoch zu verharren, da der liebe Heiland nit blos ihre Seelen sondern auch ihren Leib speisen wölle, angesehen er mit seinem Volk noch immer eben dasselbige Erbarmen hätte, wie weiland mit dem Volk am galiläischen Meer. Solliches sollten sie sehen. Trat also in den Thurm und langete zween Körbe herfür so die Magd in Wolgast gekaufet, und ich zu guter Zeit hier hatte verhehlen lassen, satzete sie für das Altar und zog die Tüchlein womit sie bedecket waren, davon, worauf sich fast ein laut Geschrei erhob, massen sie den einen voller Bratfisch, den andern aber voller Brod funden, so wir heimlich hineingethan. Machte es darauf wie der Heiland, dankete und brach es und gab es meinem Fürsteher Hinrich Seden, daß er es den Männern und meinem Töchterlein, daß sie es den Weibern fürlegen mußte, worauf den Text: mich jammert des Volks denn sie haben nichts zu essenauch leiblich anwandte, undauf und nieder in der Kirchen schreitend, unter großem gemeinen Geschrei sie vermahnete, immer Gottes Barmherzigkeit zu vertrauen, fleißig zu beten fleißig zu arbeiten und in keine Sünde zu willigen. Was übrig blieb mußten sie vor ihre Kinder und alten Greise aufheben, so zu Hause geblieben waren.

Nach der Kirchen, und als ich kaum meinen Chorrock abgethan, kam Hinrich Seden sein gluderäugigt Weib wieder und verlangete trotziglich noch ein Mehres vor die Reise ihres Mannes nach der Liepe; auch hätte sie vor sich selbsten noch Nichtes erhalten, angesehen sie heute nit in der Kirchen gewesen. Solliches verdroß mich fast, und sagete ich zu ihr: warum bistu nit in der Kirchen gewesen? Doch wärestu demüthig kommen, hättestu auch jetzt noch etwas erhalten, da du aber trotziglich kümmst, geb' ich dir Nichts. Gedenke doch wie du es mit mir und meinem Kinde gemacht. Aber sie blieb bei der Thüren stehen und gluderte trotzig in der Stuben rings umbher, bis sie mein Töchterlein beim Arm nahm, und heraus führete, indeme sie sprach: »hörstu? du sollst erst demüthig wieder kommen, ehe du etwas empfähest; kömmstu aber also, so solltu auch deinen Theil haben und wir wollen nit weiter mit dir Auge um Auge, Zahn um Zahn rechnen, das möge der Herr thun so ihm beliebt, wir aber wöllen dir gerne vergeben!« Hierauf schritt sie endlich nach ihrer Weiß, heimlich mummelnd aus der Thüren, doch spiee sie verschiedentlich auf der Straßen aus, wie wir durch das Fensterlein sahen.

Bald darauf beschloß ich einen Jungen bei 20 Jahren und Claus Neels geheißen bei mir in Dienst zu nehmen, und vor einen Knecht zu gebrauchen, angesehen der alte Neels in Loddin sein Vater mich fast harte darumb anlag, auch der Bursche an Manieren und sonsten mir wohl gefiel. Denn da es heuer einen guten Herbst hatte, beschloß annoch mir vor's erste zwei Pferde zu kaufen und mein Ackerland abermals zu besäen; denn wiewohl es schon spät im Jahre war, meinete ich dennoch, daß der grundgütige Gott es wohl gesegnen könnte, wenn er wollte.

Auch war ich nit sonderlich umb das Futter für selbige besorgt, maßen es in der Gemein einen großen Ueberfluß an Heu hatte, da alles Vieh wie bemeldet geschlagen oder fortgetrieben war. Gedachte also im Namen Gottes mit meinem neuen Ackersknecht gen Gützkow zu ziehen, wo auf dem Jahrmarkt viel meklenburgische Pferde gezogen wurden, angesehen dort noch eine bessere Zeit war.1 Hierzwischen aber thät ich mit meinem Töchterlein noch mehr Gänge auf den Streckelberg zur Nachtzeit und im Mondschein, funden aber nichts rechtes, so daß wir schon gläubeten unser Segen sei zu Ende, als wir in der dritten Nacht große Stücke Birnstein brachen fast größer als die, so die beiden Holländer gekaufet. Solche beschloß nunmehro an meinen Schwager Martin Behring gen Hamburg zu schicken, massen Schiffer Wulff aus Wolgast, wie mir gesaget ward, noch in diesem Herbest hinaufseegeln wöllen, um Theer und Schiffesholz überzuführen. Packete also alles in eine wohlverwahrete Kiste, und nahm selbige mit gen Wolgast, als ich mit meinem Ackersknecht gen Gützkow aufbrach. Von dieser Reise will nur soviel vermelden: daß es alldorten fast viele Pferde aber wenig Käufer hatte. Dannenhero kaufete zwo schöne Rappen das Stück zu 20 Fl. item einen Wagen umb 5 Fl. item 25 Scheffel Roggen, so auch vom Meklenburg dahin geführet warumb 1 Fl. den Scheffel, da er in Wolgast fast gar nit mehr aufzugabeln ist, und alsdann wohl an die drei Fl. und drüber gilt. Hätte darumb hier in Gützkow schöne Kaufmannschaft in Roggen halten können, so es meines Amts gewest, und ich auch nit befürchtet, daß die Schnapphanichen, woran es in dieser schweren Zeit fast überhand nimmt, mir mein Korn wieder abgenommen, und noch wohl dazu gemaltraitiret, und erwürget hätten, wie Etzlichen geschehen. Denn insonderheit wurde solche Räuberei zu Gützkow zu dieser Zeit in der Strelliner Heiden mit großem Spök2 getrieben, kam aber mit des gerechten Gottes Hülfe gerade an das liebe Tageslicht, als ich mit meinem Ackersknecht alldorten in den Jahrmarkt verreiset war, und will ich solliches hier noch bemelden.