Dir schien,
dort drüben wärst du innen in der Landschaft,
die wie ein Bild hier immer vor dir zuging,
und kämst von innen her in die Geliebte
und gingest hin durch alles, stark und schwingend.
O daß du nun die Täuschung nicht zu lang
nachtrügest deinem knabenhaften Irrtum.
Daß du, gelöst in einer Strömung Wehmut
und hingerissen, halb nur bei Bewußtsein,
in der Bewegung um die fernen Sterne
die Freude fändest, die du von hier fort
verlegt hast in das Totsein deiner Träume.
Wie nahe warst du, Lieber, hier an ihr.
Wie war sie hier zuhaus, die, die du meintest,
die ernste Freude deiner strengen Sehnsucht.
Wenn du, enttäuscht von Glücklichsein und Unglück,
dich in dich wühltest und mit einer Einsicht
mühsam heraufkamst, unter dem Gewicht
beinah zerbrechend deines dunkeln Fundes:
da trugst du sie, sie, die du nicht erkannt hast,
die Freude trugst du, deines kleinen Heilands
Last trugst du durch dein Blut und holtest über.
Was hast du nicht gewartet, daß die Schwere
ganz unerträglich wird: da schlägt sie um
und ist so schwer, weil sie so echt ist. Siehst du,
dies war vielleicht dein nächster Augenblick;
er rückte sich vielleicht vor deiner Tür
den Kranz im Haar zurecht, da du sie zuwarfst.
O dieser Schlag, wie geht er durch das Weltall,
wenn irgendwo vom harten scharfen Zugwind
der Ungeduld ein Offenes ins Schloß fällt.
Wer kann beschwören, daß nicht in der Erde
ein Sprung sich hinzieht durch gesunde Samen;
wer hat erforscht, ob in gezähmten Tieren
nicht eine Lust zu töten geilig aufzuckt,
wenn dieser Ruck ein Blitzlicht in ihr Hirn wirft.
Wer kennt den Einfluß, der von unserm Handeln
hinüberspringt in eine nahe Spitze,
und wer begleitet ihn, wo alles leitet?
Daß du zerstört hast. Daß man dies von dir
wird sagen müssen bis in alle Zeiten.
Und wenn ein Held bevorsteht, der den Sinn,
den wir für das Gesicht der Dinge nehmen,
wie eine Maske abreißt und uns rasend
Gesichter aufdeckt, deren Augen längst
uns lautlos durch verstellte Löcher anschaun:
dies ist Gesicht und wird sich nicht verwandeln:
daß du zerstört hast. Blöcke lagen da,
und in der Luft um sie war schon der Rhythmus
von einem Bauwerk, kaum mehr zu verhalten;
du gingst herum und sahst nicht ihre Ordnung,
einer verdeckte dir den andern; jeder
schien dir zu wurzeln, wenn du im Vorbeigehn
an ihm versuchtest, ohne rechtes Zutraun,
daß du ihn hübest. Und du hobst sie alle
in der Verzweiflung, aber nur, um sie
zurückzuschleudern in den klaffen Steinbruch,
in den sie, ausgedehnt von deinem Herzen,
nicht mehr hineingehn. Hätte eine Frau
die leichte Hand gelegt auf dieses Zornes
noch zarten Anfang; wäre einer, der
beschäftigt war, im Innersten beschäftigt,
dir still begegnet, da du stumm hinausgingst,
die Tat zu tun – ; ja hätte nur dein Weg
vorbeigeführt an einer wachen Werkstatt,
wo Männer hämmern, wo der Tag sich schlicht
verwirklicht; wär in deinem vollen Blick
nur so viel Raum gewesen, daß das Abbild
von einem Käfer, der sich müht, hineinging,
du hättest jäh bei einem hellen Einsehn
die Schrift gelesen, deren Zeichen du
seit deiner Kindheit langsam in dich eingrubst,
von Zeit zu Zeit versuchend, ob ein Satz
dabei sich bilde: ach, er schien dir sinnlos.
Ich weiß; ich weiß: du lagst davor und griffst
die Rillen ab, wie man auf einem Grabstein
die Inschrift abfühlt. Was dir irgend licht
zu brennen schien, das hieltest du als Leuchte
vor diese Zeile; doch die Flamme losch
eh du begriffst, vielleicht von deinem Atem,
vielleicht vom Zittern deiner Hand; vielleicht
auch ganz von selbst, wie Flammen manchmal ausgehn.
Du lasest’s nie. Wir aber wagen nicht,
zu lesen durch den Schmerz und aus der Ferne.
Nur den Gedichten sehn wir zu, die noch
über die Neigung deines Fühlens abwärts
die Worte tragen, die du wähltest. Nein,
nicht alle wähltest du; oft ward ein Anfang
dir auferlegt als Ganzes, den du nachsprachst
wie einen Auftrag. Und er schien dir traurig.
Ach hättest du ihn nie von dir gehört.
Dein Engel lautet jetzt noch und betont
denselben Wortlaut anders, und mir bricht
der Jubel aus bei seiner Art zu sagen,
der Jubel über dich: denn dies war dein:
Daß jedes Liebe wieder von dir abfiel,
daß du im Sehendwerden den Verzicht
erkannt hast und im Tode deinen Fortschritt.
Dieses war dein, du, Künstler; diese drei
offenen Formen. Sieh, hier ist der Ausguß
der ersten: Raum um dein Gefühl; und da
aus jener zweiten schlag ich dir das Anschaun
das nichts begehrt, des großen Künstlers Anschaun;
und in der dritten, die du selbst zu früh
zerbrochen hast, da kaum der erste Schuß
bebender Speise aus des Herzens Weißglut
hineinfuhr – , war ein Tod von guter Arbeit
vertieft gebildet, jener eigne Tod,
der uns so nötig hat, weil wir ihn leben,
und dem wir nirgends näher sind als hier.
Dies alles war dein Gut und deine Freundschaft;
du hast es oft geahnt; dann aber hat
das Hohle jener Formen dich geschreckt,
du griffst hinein und schöpftest Leere und
beklagtest dich. – O alter Fluch der Dichter,
die sich beklagen, wo sie sagen sollten,
die immer urteiln über ihr Gefühl
statt es zu bilden; die noch immer meinen,
was traurig ist in ihnen oder froh,
das wüßten sie und dürftens im Gedicht
bedauern oder rühmen. Wie die Kranken
gebrauchen sie die Sprache voller Wehleid,
um zu beschreiben, wo es ihnen wehtut,
statt hart sich in die Worte zu verwandeln,
wie sich der Steinmetz einer Kathedrale
verbissen umsetzt in des Steines Gleichmut.
Dies war die Rettung. Hättest du nur ein Mal
gesehn, wie Schicksal in die Verse eingeht
und nicht zurückkommt, wie es drinnen Bild wird
und nichts als Bild, nicht anders als ein Ahnherr,
der dir im Rahmen, wenn du manchmal aufsiehst,
zu gleichen scheint und wieder nicht zu gleichen – :
du hättest ausgeharrt.
Doch dies ist kleinlich,
zu denken, was nicht war. Auch ist ein Schein
von Vorwurf im Vergleich, der dich nicht trifft.
Das, was geschieht, hat einen solchen Vorsprung
vor unserm Meinen, daß wirs niemals einholn
und nie erfahren, wie es wirklich aussah.
Sei nicht beschämt, wenn dich die Toten streifen,
die andern Toten, welche bis ans Ende
aushielten. (Was will Ende sagen?) Tausche
den Blick mit ihnen, ruhig, wie es Brauch ist,
und fürchte nicht, daß unser Trauern dich
seltsam belädt, so daß du ihnen auffällst.
Die großen Worte aus den Zeiten, da
Geschehn noch sichtbar war, sind nicht für uns.
Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles.
Wie in den Bildern alter Almanache
erschrickt ein Vogel sich vor euch
und wirft sich müd wie eine letzte Sache
zum Leeren in das blätternde Gesträuch.
GEBET FÜR DIE IRREN
UND STRÄFLINGE
Ihr, von denen das Sein
leise sein großes Gesicht
wegwandte: ein
vielleicht Seiender spricht
draußen in der Freiheit
langsam bei Nacht ein Gebet:
daß euch die Zeit vergeht;
denn ihr habt Zeit.
Wenn es euch jetzt gedenkt,
greift euch zärtlich durchs Haar:
alles ist weggeschenkt,
alles was war.
O daß ihr stille bliebt,
wenn euch das Herz verjährt;
daß keine Mutter erfährt,
daß es das giebt.
Oben hob sich der Mond,
wo sich die Zweige entzwein,
und wie von euch bewohnt
bleibt er allein.
STÄDTISCHE SOMMERNACHT
Unten macht sich aller Abend grauer,
und das ist schon Nacht, was da als lauer
Lappen sich um die Laternen hängt.
Aber höher, plötzlich ungenauer,
wird die leere leichte Feuermauer
eines Hinterhauses in die Schauer
einer Nacht hinaufgedrängt,
welche Vollmond hat und nichts als Mond.
Und dann gleitet oben eine Weite
weiter, welche heil ist und geschont,
und die Fenster an der ganzen Seite
werden weiß und unbewohnt.
NONNEN-KLAGE
I
Herr Jesus – geh, vergleiche
dich irgend einem Mann.
Nun bist du doch der Reiche,
nun hast du Gottes weiche
Herrlichkeiten an.
Die dir erwählt gewesen,
jetzt kostest du sie aus
und kannst mit ihnen lesen
und spielen und Theresen
zeigen dein schönes Haus.
Deine Mutter ist eine Dame
im Himmel geworden, und
ihr gekrönter Name
blüht aus unserm Mund
in diesem Wintergarten,
nach dem du zuweilen siehst,
weil du dir große Arten
aus unseren Stimmen ziehst.
II
Herr Jesus – du hast alle
Frauen, die du nur willst.
Was liegt an meinem Schalle,
ob du ihn nimmst und stillst.
Er verliert sich im Geräusche,
er zerrinnt wie nichts im Raum.
Was du hörst sind andre; täusche
dich nicht: ich reiche kaum
unten aus meinem Herzen
bis in mein Gesicht, das singt.
Ich würde dich gerne schmerzen,
aber mir mißlingt
der Wurf, sooft ich mein Weh
werfe nach deinem Bilde;
es fällt von nahe milde
zurück und kalt wie Schnee.
III
Wenn ich draußen stünde,
wo ich begonnen war,
so wären die Nächte Sünde
und der Tag Gefahr.
Es hätte mich einer genommen
und wieder gelassen, und
wäre ein zweiter gekommen
und hätte meinen Mund
verbogen mit seinen Küssen,
und dem dritten hätt ich vielleicht
barfuß folgen müssen
und hätte ihn nie erreicht;
und hätte den vierten nur so
aus Müdigkeit eingelassen,
um irgendwas zu fassen,
um zu liegen irgendwo.
Nun da ich bei keinem schlief,
sag: hab ich nichts begangen?
Wo war ich, während wir sangen?
Wen rief ich, wenn ich dich rief?
IV
Mein Leben ging – Herr Jesus.
Sag mir, Herr Jesus, wohin?
Hast du es kommen sehen?
Bin ich in dir drin?
Bin ich in dir, Herr Jesus?
Denk, so kann es vergehn
mit dem täglichen Schalle.
Am Ende leugnen es alle,
keiner hat es gesehn.
War es das meine, Herr Jesus?
War es wirklich das meine,
Herr Jesus, bist du gewiß?
Ist nicht eine wie eine,
wenn nicht irgend ein Biß
eine Schramme zurückläßt, Herr Jesus?
Kann es nicht sein, daß mein
Leben gar nicht dabei ist?
Daß es wo liegt und entzwei ist,
und der Regen regnet hinein
und steht drin und friert drin, Herr Jesus?
Vergiß, vergiß und laß uns jetzt nur dies
erleben, wie die Sterne durch geklärten
Nachthimmel dringen; wie der Mond die Gärten
voll übersteigt. Wir fühlten längst schon, wies
spiegelnder wird im Dunkel; wie ein Schein
entsteht, ein weißer Schatten in dem Glanz
der Dunkelheit. Nun aber laß uns ganz
hinübertreten in die Welt hinein
die monden ist –
Fühlst du noch, wie wir allein in Straßen,
aneinander wie die Engel gehn,
nächtens gingen: laß uns solchermaßen
was uns innen hinbewegt verstehn.
Daß es uns zu einem Gehen werde,
das uns, Leichte, weiterreißt,
und dies Seligsein zu einer Erde,
kaum berührt von unserm Gang im Geist.
Der Schicksale sind nicht viele: wenige große
wechseln beständig ab und ermüden an denen,
die mit unbegrenzt erfindenden Herzen
unzerstört hingehn –
Sag weißt du Liebesnächte? Treiben nicht
auf deinem Blut Kelchblätter weicher Worte?
Sind nicht an deinem lieben Leibe Orte,
die sich entsinnen wie ein Angesicht?
… … . . diese weichen
Nächte halten mich wie ihresgleichen
und ich liege ohne Lieblingin.
Ach, wie reut es mich jetzt des kleinsten Verweises.
Wärest du, Inniger, da: was gäb ich nicht zu.
Manchmal erschrickt meine eigene Hand: so Leises
streift sie an mir. Lieber, fändest es du.
Sohn des gefallenen Goldes, Heimlicherzeugter
der in vergrabenem Zimmer entsprang.
Siehe: nun sehen dich alle: nördlicher Leuchter
in der Himmel erlauchtem Zusammenhang,
weil die eine dich sah, zu der du flügelbeschuht
niedererschienst bei steigender Flut.
Bilden die Nächte sich nicht aus dem schmerzlichen Raum
aller der Arme die jäh ein Geliebter verließ.
Ewige Liebende, die überstehn will: ergieß
dich als Quelle, schließ dich als Lorbeerbaum.
Immer wieder an derselben seichten
Wasserstelle stand derselbe dürre
Büßer mit dem reingenährten, leichten
Innern, unter seinem ausgebleichten
Bart und Mantel düftender denn Myrrhe
Welche Wiesen duften deine Hände?
Fühlst du wie auf deine Widerstände
stärker sich der Duft von draußen stützt.
Drüber stehn die Sterne schon in Bildern.
Gieb mir, Liebe, deinen Mund zu mildern;
ach, dein ganzes Haar ist unbenützt.
Sieh, ich will dich mit dir selbst umgeben
und die welkende Erwartung heben
von dem Rande deiner Augenbraun;
wie mit lauter Liderinnenseiten
will ich dir mit meinen Zärtlichkeiten
alle Stellen schließen, welche schaun.
Du duftest aus dir hinaus,
schon schwindelt von dir den Sternen.
Heute laß mich die Fernen
weghalten und wie ein Haus
warm sein um dich und zu.
[Wohn in mir diese Nacht
wach in mir und gieb acht]
Auch noch das Entzücken wie ein Ding
auszusagen
Daß aus Aufsteigendem und Wiederfall
auch ganz in mir so Seiendes entstände:
O Heben und Empfangen ohne Hände,
geistigstes Weilen: Ballspiel ohne Ball.
Bestürzt fast ward er ihres Lächelns inne;
dies Lächeln war (er wußte lang nicht wie):
wie eines Schmuckes sanfte Sammetrinne
in einem ausgenommenen Etui.
In meine abgenutzten Hände, Herr:
wie darf ich meine schwere Seele nehmen
in meine abgenutzten Hände: Herr.
Vielleicht sind jene Stellen grad noch rein,
an denen ich im Heben sie berühre:
vielleicht sind jene Stellen grad noch rein.
Und dann: erheb ich sie, mein Gott, wer weiß.
Ich hab mich nie an solcher Last versucht.
Wer weiß erheb ich sie, mein Gott, und dann:
Nimmst du sie ab, wenn ich sie aufwärts halte
so lange und so hoch ich halten kann:
Nimmst du sie ab, wenn ich sie aufwärts halte?
Ach in der Kindheit, Gott: wie warst du leicht:
du, den ich jetzt von nirgend wiederbringe.
Man lächelte nach seinem Lieblingsdinge;
es rollte zu: da warst du schon erreicht.
Und nun mein Herr, wo reis’ ich hin zu dir?
Wo fahr ich ein? Auf wasfür Berge steig ich?
Fragt einer dich: nach welcher Stelle zeig ich.
Wo weht dein Hain? Wo geht dein Tier?
Wo ist das Wasser neu, daß ich mir wasche
Gesicht, Geschlecht: ich war noch niemals rein.
Wo wandelst du Geweihtes um in Asche
mit deinem feuerigen Augenschein.
Reizt der Geruch von allen unsern Lastern
nicht deines Zornes Brunst. Was wartest du?
Was machst du nicht die Dringendsten zu Fastern
und schleuderst ihnen erst den Engel zu
wenn sie sich winden unter ihrem Blut?
Herr, sei nicht gut: sei herrlich; widerleg
das Hörensagen, das sie an dir rühmen:
zerbrich das Haus, zerstör den Steg
und wälz ein Nest von Ungetümen
dem Flüchtling an den Nebenweg.
Denn so sind wir verkauft an kleine Nöte,
daß alle meinen Jahr um Jahr
wenn einer ihnen beide Hände böte
so wär ein Gott. Du Notnacht voller Röte,
du Feuerschein, du Krieg, du Hunger: töte:
denn du bist unsere Gefahr.
Erst wenn wir wieder unsern Untergang
in dich verlegen, nicht nur die Bewahrung,
wird alles dein sein: Einsamkeit und Paarung,
die Niederlage und der Überschwang.
Damit entstehe, was du endlich stillst,
mußt du uns überfallen und zerfetzen;
denn nichts vermag so völlig zu verletzen
wie du uns brauchst, wenn du uns retten willst.
Ach daß der König mich wieder vor sich beföhle:
seiner Schwermut Wucht
preßte Gesänge wie goldene langsame Öle
aus der abgeschlagenen Frucht
meiner jährigen Zeit.
Oder ich wollte, ich stünde wieder und reichte
ihm sein Schwert hinauf in den Streit,
und bliebe zurück, als der Leichte
unter der Herrlichkeit
der beladenen Schlacht.
Oder noch: mir träumte im Schlafe er sende
mich bis ans Ende des Reichs,
um aus dem Harem des äußersten Scheichs
eine Sklavin zu holen.
Und ich brächte durch sternige Nächte
auf dem fürstlich verhängten Kamele
ihre kaumverkörperte Seele,
die er befohlen.
Oh du bist schön. Wenn auch nicht mir.
Aber du kannst dich nirgends verhalten.
Ich weiß, daß mir deine Augen nicht galten,
aber ich habe mich wie ein Tier
in deine Blicke gelegt. O du bist schön.
Um die Höhn
deines Leibes kreist
dunkel dein Duft.
Und dein spiegelnder Geist
speist
grundlose Brunnen in dir.
O du bist schön.
Mir ist die Lust
zu Rose und Pfirsich vergangen.
Die Spangen
an deinen Armen sind wärmer.
Ich will keine Vögel mehr fangen.
Ich will ärmer und ärmer
werden für dich: so schön bist du.
Meine Sinne sind mir zu Einem Sinn
verschmolzen an dir.
Ich spüre nur, daß ich zu dir hin
bin – : nimm. Verlier.
Wehtag, da sie heulend in dem Hause
heiß sich an die Säulen drängt
aufgerissen und die Augenpause
maskenfaltig und verhängt
von dem Haar an dem sie raufend reißt
Wehtag, der wie eine Wunde klafft,
hohler wird das Haus von ihrem Heulen,
und sie drängt an alle Porphyrsäulen
aufgerissen ihre Schwangerschaft.
Und sie wirft sich wie ein Innenbrand
aufwärtsschlagend in die Fensternischen
und sie möchte sich mit Haar vermischen
überhängt und unerkannt.
Aber löschte sie sich durch ein Wunder
wirklich unter Haar und Händen aus,
stünde nicht ihr treibender und runder
Leib aus der Unkenntlichkeit hinaus –?
Langsam ihre treibende Gestalt
weitertragend durch den öffentlichen
Sommergarten, geht sie, durchgestrichen
von den Blicken, wie von Halt zu Halt.
Ihre Haare noch von Vorwurf glatt
zerren ihr Gesicht zurück
Wie dürfte denn ein Engel, Herr, in dies
Vernachtete und Niezerteilte steigen:
Im Himmel würden alle auf ihn zeigen
und ihn verleugnen: Herr: denn mein Verließ
schlägt Schweigen nieder; nicht der Geigen Schweigen,
Schweigen von Schreien fällt bei mir und ascht
endlos herab aus der Gewölbe Bug.
Dein Herz sei wie ein Nest im Unerreichten.
Hilf keinem zu der Wildnis deines Baus,
doch manchmal wirf am Morgen einen leichten
neuflüggen Engel in die Himmel aus.
Denn du, Herr, kannst wohl Sieg geben ohne alle Menge.(Judith 9, 13.)
Und endete um ihres Mutes willen
aus ihren Festkleidtruhn die Wittibzeit
… …
Gott aber stärkte ihre Armbandsteine
und glänzte selbst an ihrem Gold entlang.
Die dichtverschlossene Stadt, mit Durst und Hunger angefüllt, vor der plötzlich Judiths starke erleichterte Stimme anruft in der Nacht. Die Szene auf dem Platz bei den Fackeln, von denen ihr Schmuck flackert: und wie sie das Haupt aus dem Sack zerrt und gegen die Gesichter hält in den Lichtschein.
ENDYMION
In ihm ist Jagd noch. Durch sein Geäder
bricht wie durch Gebüsche das Tier.
Täler bilden sich, waldige Bäder
spiegeln die Hindin, und hinter ihr
hurtigt das Blut des geschlossenen Schläfers,
von des traumig wirren Gewäfers
jähem Wiederzergehn gequält.
Aber die Göttin, die, nievermählt,
Jünglingin über den Nächten der Zeiten
hingeht, die sich selber ergänzte
in den Himmeln und keinen betraf,
neigte sich leise zu seinen Seiten,
und von ihren Schultern erglänzte
plötzlich seine Schale aus Schlaf.
Scharfer Burgbruch, alter Unterkiefer
ausgehenkt aus dem Gebiß der Zeit
… … . .
Wann ist die Zeit, die diese Dinge mindert?
Ich wartete: doch nie zerbrach ein Stein.
Du, der ichs nicht sage, daß ich bei Nacht
weinend liege,
deren Wesen mich müde macht
wie eine Wiege.
Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht
meinetwillen:
wie, wenn wir diese Pracht
ohne zu stillen
in uns ertrügen?
– – – – – –
Sieh dir die Liebenden an,
wenn erst das Bekennen begann,
wie bald sie lügen.
– – – – – –
Du machst mich allein. Dich einzig kann ich vertauschen.
Eine Weile bist dus, dann wieder ist es das Rauschen,
oder es ist ein Duft ohne Rest.
Ach, in den Armen hab ich sie alle verloren,
du nur, du wirst immer wieder geboren:
weil ich niemals dich anhielt, halt ich dich fest.
Und in der Dichte der Brust
trägt er ein strahlendes Herz
an Fremden verwandelnd vorbei.
Sieh, Liebende: sie kommen einzeln fast
herüber durch das blumige Gras und langsam;
so fern ist Trennung ihnen, daß sie sich
den Aufwand tun, sich nicht umfaßt zu halten.
Ach zwischen mir und diesem Vogellaut:
was war verabredet? Ich weiß nicht mehr –,
(ach zwischen mir und diesem Vogellaut)
Nein, nein, der klang nicht nur aus Regennäh,
nicht nur aus Gartenüberfluß, nicht nur
weil andre Vögel gerne Vögel hören.
Sollte jetzt innen ein Gefühl in mir
anheben –? Welches, welches? Übereinkunft,
zu alte Übereinkunft.
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