Sag's heraus, du schlägst ein?

MARIANNE. Nein, nicht ums Leben! Nimmermehr werd' ich ihn heiraten! ich kann ihn nicht heiraten.

WILHELM. Wie anders klingt das!

MARIANNE. Wunderlich genug. Du bist gar unhold, Bruder; ich ginge gern und wartete eine gute Stunde ab, wenn mir's nicht gleich vom Herzen müßte. Ein für allemal, ich kann Fabricen nicht heiraten.

WILHELM (steht auf und nimmt sie bei der Hand.) Wie, Marianne?

MARIANNE. Er war da und redete so viel und stellte mir so allerlei vor, daß ich mir einbildete, es wäre möglich. Er drang so, und in der Unbesonnenheit sagt' ich, er sollte mit dir reden.—Er nahm das als Jawort, und im Augenblicke fühlt' ich, daß es nicht werden konnte.

WILHELM. Er hat mit mir gesprochen.

MARIANNE. Ich bitte dich, was ich kann und mag, mit all der Liebe, die ich zu dir habe, bei all der Liebe, mit der du mich liebst, mach es wieder gut, bedeut ihn.

WILHELM (für sich). Ewiger Gott!

MARIANNE. Sei nicht böse! Er soll auch nicht böse sein. Wir wollen wieder leben wie vorher und immer so fort.—Denn nur mit dir kann ich leben, mit dir allein mag ich leben. Es liegt von jeher in meiner Seele, und dieses hat's herausgeschlagen, gewaltsam herausgeschlagen—Ich liebe nur dich!

WILHELM. Marianne!

MARIANNE. Bester Bruder! Diese Viertelstunde über—ich kann dir nicht sagen, was in meinem Herzen auf—und abgerannt ist.—Es ist mir wie neulich, da es auf dem Markte brannte und erst Rauch und Dampf über alles zog, bis auf einmal das Feuer das Dach hob und das ganze Haus in einer Flamme stand.—Verlaß mich nicht! stoß mich nicht von dir, Bruder!

WILHELM. Es kann doch nicht immer so bleiben.

MARIANNE. Das eben ängstet mich so!—Ich will dir gern versprechen, nicht zu heiraten, ich will immer für dich sorgen, immer, immer so fort.—Da drüben wohnen so ein paar alte Geschwister zusammen; da denk' ich manchmal zum Spaß: wenn du so alt und schrumpflich bist, wenn ihr nur zusammen seid!

WILHELM (sein Herz haltend, halb für sich). Wenn du das aushältst, bist du nie wieder zu enge.

MARIANNE. Dir ist's nun wohl nicht so; du nimmst doch wohl eine Frau mit der Zeit, und es würde mir immer leid tun, wenn ich sie auch noch so gern lieben wollte—Es hat dich niemand so lieb wie ich; es kann dich niemand so lieb haben. (Wilhelm versucht zu reden.) Du bist immer so zurückhaltend, und ich hab's immer im Munde, dir ganz zu sagen, wie mir's ist, und wag's nicht. Gott sei Dank, daß mir der Zufall die Zunge löst.

WILHELM. Nichts weiter. Marianne!

MARIANNE. Du sollst mich nicht hindern, laß mich alles sagen! Dann will ich in die Küche gehen und tagelang an meiner Arbeit sitzen, nur manchmal dich ansehen, als wollt' ich sagen: du weißt's!—(Wilhelm stumm in dem Umfange seiner Freuden.) Du konntest es lange wissen, du weißt's auch, seit dem Tod unserer Mutter, wie ich aufkam aus der Kindheit und immer mit dir war.—Sieh, ich fühle mehr Vergnügen, bei dir zu sein, als Dank für deine mehr als brüderliche Sorgfalt. Und nach und nach nahmst du so mein ganzes Herz, meinen ganzen Kopf ein, daß jetzt noch etwas anders Mühe hat, ein Plätzchen drin zu gewinnen. Ich weiß wohl noch, daß du manchmal lachtest, wenn ich Romanen las; es geschah einmal mit der Julie Mandeville, und ich fragte, ob der Heinrich, oder wie er heißt, nicht ausgesehen habe wie du?—Du lachtest—das gefiel mir nicht. Da schwieg ich ein andermal still. Mir war's aber ganz ernsthaft; denn was die liebsten, die besten Menschen waren, die sahen bei mir alle aus wie du. Dich sah ich in den großen Gärten spazieren, und reiten, und reisen, und sich duellieren—(Sie lacht für sich.)

WILHELM.