Die Journalisten

Freytag, Gustav

Die Journalisten

 

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Gustav Freytag

Die Journalisten

Lustspiel in vier Akten

 

 

Personen.

Oberst a.D. Berg

 

Ida, seine Tochter

 

Adelheid Runeck

 

Senden, Gutsbesitzer

 

Professor Oldendorf, Redakteur der Zeitung »Union«

 

Conrad Bolz, Redakteur der Zeitung »Union«

 

Bellmaus, Mitarbeiter der Zeitung »Union«

 

Kämpe, Mitarbeiter der Zeitung »Union«

 

Körner, Mitarbeiter der Zeitung »Union«

 

Buchdrucker Henning, Eigentümer der Zeitung »Union«

 

Müller, Faktotum der Zeitung »Union«

 

Blumenberg, Redakteur der Zeitung »Coriolan«

 

Schmock, Mitarbeiter der Zeitung »Coriolan«

 

Piepenbrink, Weinhändler und Wahlmann

 

Lotte, seine Frau

 

Berta, ihre Tochter

 

Kleinmichel, Bürger und Wahlmann

 

Fritz, sein Sohn

 

Justizrat Schwarz

 

Eine fremde Sängerin

 

Korb, Schreiber vom Gute Adelheids

 

Karl, Bedienter des Obersten

 

Ein Kellner

 

Ressourcengäste. Deputationen der Bürgerschaft

 

Ort der Handlung: Die Hauptstadt einer Provinz.

 

 

Erster Akt

 

Erste Szene

Gartensaal im Hause des Obersten. Reiche Dekoration. In der Mitte der Hinterwand eine offene Tür, dahinter eine Veranda und der Garten, an den Seiten der Hinterwand große Fenster. Rechts und links Türen, rechts ganz im Vordergrunde ein Fenster. – Tische, Stühle, ein kleines Sofa.

Ida sitzt im Vordergrunde rechts, in einem Buche lesend; Oberst tritt zur Mitteltür herein, in der Hand eine offene Schachtel, in welcher Georginen liegen.

 

OBERST. Hier, Ida, sind die neuen Sorten der Georginen, welche unser Gärtner gezogen hat, du sollst Namen für sie erfinden, denke darüber nach. Übermorgen ist Sitzung des Vereins für Gartenbau, da will ich unsere neuen Sorten vorzeigen und die Namen angeben.

IDA. Hier die helle soll »Adelheid« heißen.

OBERST. »Adelheid Runeck.« Das versteht sich! – Dein eigner Name ist nicht zu brauchen, denn du bist als kleine Georgine schon lange im Blumenhandel.

IDA. Eine soll heißen wie Ihr Lieblingsdichter »Boz«.

OBERST. Vortrefflich, und das muß eine recht prächtige sein, hier die gelbe mit violetten Spitzen. – Und die dritte, wie taufen wir die?

IDA bittend ihre Hand dem Vater hinhaltend. »Eduard Oldendorf«.

OBERST. Was? Der Professor? Der Redakteur? Nein, das ist nichts! – Es war schon arg genug, daß er die Zeitung übernahm; daß er sich aber jetzt von seiner Partei hat verleiten lassen, als Wahlkandidat für die Kammern aufzutreten, das kann ich ihm gar nicht verzeihen.

IDA. Da kommt er selbst!

OBERST für sich. Sonst war mir's eine Freude, seinen Fußtritt zu hören; jetzt muß ich an mich halten, daß ich nicht unhöflich werde, sooft ich ihn sehe.

 

Oldendorf.

 

OLDENDORF. Guten Morgen, Herr Oberst!

IDA ihm freundlich entgegen. Guten Morgen, Oldendorf. – Helfen Sie mir die neuen Georginen bewundern, die der Vater gezogen hat.

OBERST. Bemühe doch den Professor nicht, solcher Tand ist nichts mehr für ihn, er hat Größeres im Kopfe.

OLDENDORF. Jedenfalls bin ich nicht unfähig geworden, mich über das zu freuen, was Ihnen Freude macht.

OBERST brummend, für sich. Das haben Sie mir nicht gerade bewiesen, ich fürchte, Sie finden ein Vergnügen darin zu tun, was mich ärgert. – Sie haben wohl jetzt viel zu tun mit Ihrer Wahl, Herr Abgeordneter in Hoffnung?

OLDENDORF. Sie wissen, Herr Oberst, daß ich selbst am wenigsten dabei zu tun habe.

OBERST. Ich denke doch. Es ist ja sonst Brauch bei solchen Wahlen, daß man einflußreichen Personen den Hof macht und den Wählern die Hand drückt, Reden hält, Versprechungen um sich streut und wie die Teufeleien alle heißen.

OLDENDORF. Sie glauben selbst nicht, Herr Oberst, daß ich etwas Unwürdiges tun werde.

OBERST. Nicht? – Ich bin nicht sicher, Oldendorf.