Ich hoffe, daß du das in Zukunft ändern wirst.“

Propow machte ein Gesicht, als ob er etwas ganz Unbegreifliches vernommen habe, starrte den Bauern mit großen Augen an und fragte:

„Das – das ist – dein Ernst? So hast du gar keine Ahnung, was ich eigentlich bei dir will?“

„Wie könnte ich das wissen!“

„Die Angelegenheit, in der ich komme, ist eine sehr glückbringende für euch.“

„So! Das soll mich freuen. Darf ich also erfahren, was dich zu uns führt?“

Propow setzte sich langsam und gravitätisch nieder, allerdings nur auf die äußerste Ecke des Stuhls, um dadurch anzudeuten, daß er sich beleidigt fühle und eigentlich mit solchen Leuten keine innige Freundschaft zu hegen brauche.

Dann zog er seine Dose heraus, wirbelte dieselbe zwischen seinen steifen Fingern, machte eine sehr feierliche Miene und begann:

„Weißt du, was im ersten Buch Moses zu lesen ist?“

„Die Schöpfungsgeschichte.“

„Richtig. Man kann da lesen, daß Gott den Menschen erschaffen hat, den Mann natürlich zuerst. Dann sah Gott ein, daß es nicht gut sei, daß der Mensch allein sei; er schuf auch die Frau, nachträglich nur, woraus eine jede Frau deutlich ersehen kann, daß der Mann weit höher steht als sie. Trotzdem ist es wirklich wahr, daß der Mann, bei Licht besehen, eine Frau braucht. Meinst du nicht auch?“

„Einverstanden!“

„Ich habe das auch eingesehen und bin entschlossen, mir ein Weib zu nehmen.“

„Daran tust du sehr recht.“

„Ich habe nun meine Wahl nicht etwa aus Rücksichten getroffen, wie man sie bei den Kindern der Welt findet. Ich will ein gottseliges Leben führen und mit meiner Frau den Herrn loben mit Harfen, Zimbeln und Psalter. Aber dennoch will ich auch meine Augenweide an ihr haben. Darum bin ich besorgt gewesen, mir eine zu suchen, die nicht häßlich ist.“

„Daran hast du sehr wohlgetan.“

„Auch soll sie nicht arm sein, damit sie wohltun kann, wenn jemand sie bittet.“

„Auch das ist löblich von dir gehandelt.“

„Und ferner soll sie wirtschaftlich sein. Und diejenige, die ich meine, ist es.“

„So gratuliere ich dir!“

„Ich danke! Gib mir deine Hand!“

„Hier hast du sie.“

Die Männer schüttelten sich die Hände, und dann reichte Propow auch der Bäuerin die Hand, indem er freundlich bemerkte:

„Die Frau hat zwar keineswegs das Recht, in solchen Angelegenheiten mitzureden, aber ich habe meine Bildung und will darum fragen, ob du dich freust.“

„Natürlich freue ich mich darüber, daß du eine solche Frau bekommst“, antwortete die Bäuerin. „Ich gratuliere dir ebenfalls. Wann wirst du denn die Verlobung feiern?“

„Natürlich heute!“

„Schön! Und die Hochzeit?“

„Sobald wie möglich.“

„Aber ist es denn ein so großes Geheimnis, wen du erwählt hast? Sage es uns doch!“

Da ließ Propow seinen Hut fallen, schlug die Hände zusammen und rief:

„Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“

„Was soll das heißen, Nachbar? Ich verstehe dich nicht.“

„Du selbst sollst ja mein Schwiegervater sein!“

Der Bauer machte ein erstauntes Gesicht.

„Ich? Dein Schwiegervater? Davon hast du ja kein einziges Wort gesagt.“

„War es denn notwendig, daß ich deinen Namen nannte? Es verstand sich ja ganz von selbst, daß ich dich meinte. Glaubst du, ich kaufe mir einen neuen Rock, nur um dich einzuladen?“

„Also so ist's, so! Du hast unsere Tochter Mila gemeint! Die soll deine Frau werden!“

„Ja. Sie hat zwar ihre Fehler, ihre großen Fehler, aber mit Gottes Hilfe werde ich ihr dieselben sehr bald austreiben. Ich werde, wie es in der Heiligen Schrift steht, den Stab über sie schwingen, und sie wird durch Trübsal geläutert werden und an meiner Seite zur ewigen Seligkeit gelangen.“

„Weißt du denn, ob sie gerade an deiner Seite selig werden will?“

„Ob ich es weiß? Darüber gibt es ja gar keine Frage und gar keinen Zweifel! Oder könntest du denken, daß sie sich einen anderen Mann wünscht?“

„Warum nicht?“

„Wa – wa – was? So verrückt wird sie doch nicht sein! Einen Mann wie mich – nicht mögen! Undenkbar! Und wenn sie nicht wollte, so müßte sie. Man würde sie schon zu zwingen wissen! Gib mir nur dein Jawort, das Übrige tue ich selbst.“

„Mein Jawort werde ich nur dann geben, wenn Mila denjenigen, der sie zur Frau begehrt, auch wirklich lieb hat.“

„Peter Dobronitsch, du bist kein Vater, kein Mann.“

Da stand der Bauer von dem Kanapee auf, legte die Hände auf den Rücken und ging langsam in der Stube auf und ab, um seines Ärgers Herr zu werden.

Auch die Bäuerin, die eine außerordentlich sanfte und gutmütige Frau war, hatte kaum mehr die Kraft, ihren Zorn zurückzuhalten. Ihr Gesicht war gerötet, und ihr Atem flog. Peter Dobronitsch bemerkte das wohl und sagte in beruhigendem Ton:

„Sei still, Mütterchen. Ich werde schon noch mit dem Nachbarn sprechen. Hole zunächst Mila herein. Er mag ihr selbst sagen, was er von ihr begehrt, und sie soll ihm ihre Antwort geben.“

Die Frau ging hinaus und holte die Tochter herein. Die Tür zu der Nebenstube war nur angelehnt gewesen, so daß Mila alles gehört hatte, was gesprochen worden war. Sie ließ sich das aber nicht merken.

„Willkommen, Sergius Propow“, sagte sie bei ihrem Eintritt kalt, ohne ihm die Hand zu bieten.

Er betrachtete einige Sekunden lang das schöne Mädchen schweigend, dann entgegnete er:

„Mila, du wirst den heutigen Tag noch im späten Alter segnen, denn er ist ein sehr glücklicher für dich.“

In Milas Gesichte lag ein Ausdruck, den Propow nicht zu deuten verstand. Es war Zorn, der sich mit einer gewissen unüberwindlichen Schalkhaftigkeit paarte.

„Inwiefern ist er glücklich?“ fragte sie.

„Weil er der Tag deiner Verlobung ist.“

„Davon weiß ich nichts.“

„Es ist ja eben eine herrliche Überraschung für dich, mein Täubchen. Ich werde dich heiraten, ohne daß du dies geahnt hast.“

„Nein, mein gutes Nachbarchen, du wirst mich nicht heiraten.“

„Wieso?“

„Weil ich dich nicht mag.“

„Das ist nur ein Scherz von dir! Höre, mein Kindchen, es handelt sich um eine sehr wichtige und sehr ernste Sache, da darf man keinen Scherz treiben.“

„Wer sagt dir, daß ich scherze? Ich mag dich nicht, wie ich dir ja bereits gesagt habe.“

„Donnerwetter! Sollte es wirklich dein Ernst sein, Mädchen! Und warum denn nicht?“

Statt aller Antwort nahm Mila den Freier beim Arm und schob ihn zu dem Spiegel, der an der Wand hing. Er blickte hinein und schüttelte den Kopf.

„Was soll ich mich denn ansehen?“ fragt er.

„Um mir zu sagen, wie du dir gefällst.“

„Ganz gut natürlich.“

„So hast du einen sehr schlechten Geschmack. Du hast ein Gesicht, als ob es zehn Jahre lang in Sauerkraut gelegen hätte. Deine Gestalt ist wie gemacht, um die Krähen zu vertreiben. Deine Stimme klingt wie das Knarren eines Wagenrades, und deine – Hände! Da, schau sie nur einmal an! Das sind wahre Bärentatzen. Ohren hast du wie ein Elefant, dafür aber keine Zähne.