Wer hat das gesagt? Du, Marie? – Aber Du bist nicht die Erste! Lang vor Dir hat's eine Stimme ausgesprochen, tief in mir: Dichter! – Ich kann nichts dafür. Weisst Du, es war dort, wo man nicht hinreicht. In jenem Dunkel, wo ein anderer Macht hat, war es – ... Künstler sein, jung sein! Als ob das dasselbe wäre – nicht?“ Und plötzlich durchbricht es seinen Willen: „Möchtet ihr, dass ich ein Künstler wäre?“ Pause. „Sag, Mama?“
„Bliebst Du dann bei mir, zu Hause?“
„Wer weiss. Ich kann nicht davon reden. Vielleicht. Vielleicht hat man dann alles in sich. Vielleicht giebt es dann nichts, was man nicht in sich hat. Vielleicht ... Möchtest Du's, Marie?“
„Dass Du ein Künstler wärst? Ich glaube, Du bist's, Harald.“
„Du irrst Dich, Kind. Gewiss! Du siehst das alles zu licht. Du hast so viel Licht in Dir für alles. Ich bin es nicht. – Ich hätte es sein können vielleicht. Ich hätte es – bleiben können, obwohl ich es noch nie war. – Es ist zu spät.“ Und ganz erregt tritt er auf Marie zu:
„Du sagtest früher, ich habe die Liebe, Marie. Ja, – hab' ich sie denn? Hab' ich sie nicht vergeudet, ausgestreut mit vollen Händen? Ist das nicht mein Leben gewesen, sie zu verschwenden, seit zwei, seit drei Jahren, bis zu diesem Augenblick? Kann ich über sie verfügen, da Hunderte sich daran halten? Und wenn ich sie zurück begehre von ihnen, – was soll ich thun mit dieser Liebe, die die Spuren von hundert krampfhaften Händen trägt, die abgenutzt, alt, welk geworden ist? Und das nicht hinter ihrem Sommer etwa. O nein! Ich habe sie gar nicht reif werden lassen; ich habe den Hungernden diese grünen Früchte zugeworfen: Da! da! da!... und sie konnten doch nicht satt und nicht gesund werden davon!
„Warum kamst Du mir damals die Hand reichen, Marie? Damals war es noch Zeit. Damals hätt' ich noch retten können und – sparen.
„Ich will Dich nicht anklagen – nein! Nur ‚Künstler‘ darfst Du mich nicht nennen. Das ist wie ein Hohn, wenn Du das thust ...“ Und da beginnt er leise zu husten, so dass Frau Malcorns Augen starr und bange werden; aber Marie Holzer achtet jetzt nicht darauf. Sie fühlt die Verpflichtung zu antworten.
„Du bist erregt, Harald. Du hast kein Recht, so zu reden. Du bist durch Siege gegangen! Du darfst nicht wankelmütig werden! Du hast gewusst, was Du willst. Muss ich Dich daran erinnern?“ Sie lässt sich von Haralds abwehrender Bewegung nichts befehlen. „Ich danke Dir alles, auch meine Zuversicht. Du hast sie mir gegeben. Sie ist mein Besitz. Und wenn Du sie wieder willst, – nicht ohne Kampf!“
Harald fühlt den Husten kommen, und so sagt er nur rasch und hart:
„Du machst so grosse Worte, Marie.“
„Es sind Deine eigenen, die ich Dir wiedergebe – alle, auch dieses: Kleingläubiger! Kannst Du Deinen Sommer nicht abwarten? Nicht halbreife Früchte, – Samen hast Du ausgestreut an hundert Stellen und also musst Du warten auf hundert Ernten.“
Die Holzer erwartet eine Antwort, eine, die alles wieder gut macht.
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