Als ich nun mein Pferd hatte, so sagte mir der Doktor, ich sollte Tag und Nacht mit dem Thiere reiten und es nicht schonen: aber, sagt' er, um keinen Preis reite es in's Wasser. Ich, meine Herr'n, ich denke, das Pferd hat so irgend eine Eigenschaft, die ich nicht kennen soll, was thu' ich? Ich reite es in einen großen Fluß hinein, und wie ich gerade in der Mitte bin, da verschwindet mein Pferd und ich sitze mit gespreizten Beinen auf einem Bündel Heu.
ALLE. O braver Doktor!
PFERDEPHILISTER. Aber ihr sollt einmal hören, wie brav ich ihm dafür mitgespielt habe. Ich gieng nach seinem Hause zurück und da fand ich ihn schlafen. Ich fange vor seinen Ohren einen Halloh und Skandal an, aber nichts konnte ihn wecken. Wie ich das sehe, da pack' ich ihn bei einem Beine und ziehe und ziehe bis ich ihm das Bein rein ausgezogen habe. Und nun hab' ich's zu Hause in meinem Pferdestall.
DICK. Und hat der Doktor denn nur ein Bein? Das ist köstlich! Denn mich hat einer von seinen Teufeln neulich in einen Affen verwandelt.
KÄRNER. Mehr zu trinken, Wirthin!
RÜPEL. Hört, wir wollen in eine andere Stube gehn und noch ein Weilchen trinken und dann wollen wir den Doktor aufsuchen.
Alle ab.
Der Herzog von Vanholt, die Herzogin, Faust und Mephostophilis treten auf.
HERZOG. Meinen Dank, Herr Doktor, für dieses ergötzliche Schauspiel, und ich weiß nicht, wie ich im Stande seyn werde, eure großen Verdienste dafür zu belohnen, daß ihr das Zauberschloß in den Lüften erbauet habt. Der Anblick hat mich so entzückt, daß nichts in der Welt mich mehr ergötzen kann.
FAUST. Ich fühle mich in mir selbst höchlich belohnt, mein guter Herr, wenn ich sehe, daß es Eur Gnaden gefällt, mit gütiger Nachsicht die Erzeugnisse meiner Kunst zu betrachten. Aber, gnädige Frau, vielleicht habt ihr an dem Schauspiel kein Vergnügen gefunden. Darum ersuche ich euch, mir zu sagen, wonach ihr das größte Verlangen tragt. Ist es in der Welt, so sollt ihr es haben. Ich weiß, daß die Frauen in gesegneten Umständen nach seltenen und leckern Dingen zu schmachten pflegen.
HERZOGIN. Ja, wahrlich, Herr Doktor, und weil ihr so freundlich seid, so will ich euch gestehn, wonach mein Herz das größte Verlangen trägt. Wenn es jetzt Sommer wäre, so wie es Januar ist, todte Winterzeit, so wollte ich kein besseres Gericht fordern, als einen Teller voll reifer Weintrauben.
FAUST. Das ist nicht viel. Geh, Mephostophilis, fort mit dir! Mephostophilis ab. Madam, ich möchte gern mehr als dieses thun, euch eine Freude zu machen.
Mephostophilis kömmt zurück mit den Weintrauben.
FAUST. Hier, jetzt nehmt. Sie müssen gut seyn, denn sie kommen weit her, das kann ich euch versichern.
HERZOG. Das setzt mich noch mehr in Erstaunen als alles Andre. In dieser Jahreszeit, wo jeder Baum ohne Frucht und Laub dasteht, woher habt ihr diese reifen Trauben?
FAUST. Erlauben Eur Gnaden: – das Jahr ist in zwei Kreisen über die ganze Welt vertheilt, so daß, wenn es bei uns Winter, in der entgegengesetzten Hälfte, Sommer ist, wie in India, Saba und solchen Gegenden, die weit in Osten liegen, wo sie des Jahres zweimal Früchte ärndten. Von dort habe ich, mit Hilfe eines schnellen dienstbaren Geistes, diese Trauben holen lassen, wie ihr seht.
HERZOGIN. Und glaubt mir, es sind die süßesten Trauben, die ich Zeit meines Lebens gekostet habe.
Rüpel und seine Gefährten klopfen an die Thür.
HERZOG.
Was sind für grobe Lärmer an der Thür?
Geht, stillet ihre Raserei, macht auf,
Und fragt sie dann, was sie von uns verlangen?
Sie klopfen wieder und rufen nach Faust.
EIN DIENER.
Was giebt's ihr Herr'n? Was ist das für ein Lärm?
Weswegen ist's, daß ihr den Herzog stört?
DICK.
Weswegen? Deswegen! Was geht uns der Herzog an!
DIENER.
Was, frech Gesindel, untersteht ihr euch?
PFERDEPHILISTER.
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