Ob es in der Folge ihrer durch Eisenocker verjüngten Schönheit schädlich geworden ist, weiß ich leider nicht.

Der Mübarek stand mit Omar und Osko an der Türe seiner Hütte. Er verlangte, hineingelassen zu werden. Da er sich aber mit Chemie abgab und in allerlei vermeintlichen Zauberkünsten bewandert war, so traute ich ihm nicht. Er konnte ja irgend eine Vorrichtung angebracht haben, welche für den Fall einer plötzlichen Verhaftung berechnet war.

»Was willst du drin tun?« fragte ich.

Er antwortete mir nicht. Der gute Mann schien gar nichts mehr von mir wissen zu wollen.

»Wenn du nicht antwortest, so darfst du auch nicht erwarten, daß dein Wunsch erfüllt werde.«

Jetzt antwortete er:

»Ich habe Tiere drin, welche gefüttert werden müssen, wenn sie nicht verhungern sollen.«

»Ich selbst werde sie morgen früh füttern. Deine Heimat ist von jetzt an das Gefängnis. Doch bin ich bereit, dir den Wunsch zu erfüllen, falls du mir einige Fragen der Wahrheit gemäß beantwortest.«

»So frage!«

»Hast du Besuch?«

»Nein.«

»Bewohnt außer dir jemand die Hütte oder die Ruine?«

»Nein.«

»Weißt du nicht, ob jemand in der Hütte anwesend ist?«

»Es ist niemand da. Ich müßte es wissen.«

»Kennst du einen Mann, welcher Manach el Barscha heißt?«

»Nein.«

»Oder einen andern namens Barud el Amasat?«

»Auch nicht.«

»Und doch sagen diese Leute, daß sie dich sehr gut kennen.«

»Das ist nicht wahr.«

»Daß du sie von meiner Ankunft heute benachrichtigt habest.«

»Das ist eine Lüge!«

»Und daß du dafür sorgen wolltest, daß ich eingesperrt werde. Dann wollt ihr kommen und mich ermorden.«

Er antwortete nicht sofort. Daß ich dies alles wußte, kam ihm jedenfalls nicht ganz geheuer vor. Es mochte die Ahnung in ihm aufdämmern, daß er heute abend hier nicht alles so wiederfinden werde, wie er es verlassen hatte. Ich hörte, wie er schluckte und schluckte, als ob er irgend etwas hinunter zu würgen habe; dann antwortete er:

»Herr, ich weiß nicht, was du redest und was du von mir willst. Ich kenne die Namen nicht, welche du mir genannt hast, und habe nichts mit Leuten zu tun, wie diejenigen zu sein scheinen, von denen du sprichst.«

»So weißt du wohl auch nicht, daß zwei Brüder kommen wollen, um euch zu melden, daß ich in Menlik ermordet worden sei?«

»O Allah, ich weiß kein Wort, keine Silbe davon!«

»Du bist so unwissend, daß deine Unkenntnis mich erbarmt, und aus diesem Erbarmen will ich dir zeigen, was für gefährliche Leute sich in deiner Nähe befinden; komm!«

Ich nahm ihn beim Arm und führte ihn fort. Auf meinen Wink schritt Halef mit der Fackel voran, um zu leuchten. Die zu der Kasa gehörigen Herren folgten, auch Osko, Omar und die beiden Wirte. Die Andern mußten zurückbleiben, da im Innern der Ruine nicht so viel Raum vorhanden war.

Was mußte in dem Mübarek vorgehen, als er jetzt bemerkte, mit welcher Sicherheit wir beide den Weg verfolgten, von welchem er geglaubt hatte, daß er für einen jeden Fremden ein Geheimnis sei!

Als Halef den Efeu zurückschob, hörte ich, daß der Alte einen Fluch ausstieß, den er nicht ganz zu unterdrücken vermochte.

»Was? Pferde?« fragte der Kodscha Bascha, als wir in die Abteilung gelangten, welche als Stall benutzt wurde.

Da es Nacht war, machten uns die Tiere ein wenig zu schaffen. Sie waren nicht angebunden und scheuten vor den Lichtern und vor den fremden Personen.

»Wo Pferde sind, müssen auch Menschen sein, denen sie gehören,« sagte Halef. »Kommt hier heraus, so werden wir sie finden.«

Die drei Gefesselten lagen ganz genau noch so da, wie wir sie verlassen hatten.

Es wurde zunächst kein Wort gesagt. Ich band mit Halefs Hilfe die Drei los, aber nur so weit, daß sie den Gebrauch der Füße wieder erhielten und aufstehen konnten.

»Manach el Barscha, kennst du diesen Mann?« fragte ich, auf den Mübarek zeigend.

»Allah verdamme dich!« antwortete er.

»Barud el Amasat, kennst du ihn?«

»Stürze von der Brücke des Todes in die ewige Verdammnis hinab!« rief er.

Da wendete ich mich an den Gefängnisaufseher:

»Du hast nur die eine Tat begangen, daß du diesen Gefangenen befreitest. Die Strafe dieser beiden wird eine schwere sein; die deinige aber wird viel leichter ausfallen, zumal wenn du zeigst, daß du kein halsstarriger Sünder bist. Sage mir die Wahrheit! Kennst du diesen Mann?«

»Ja,« antwortete er, nachdem er einige Augenblicke lang mit sich zu Rate gegangen war.

»Wer ist er?«

»Der alte Mübarek.«

»Du kennst auch seinen wirklichen Namen?«

»Nein.«

»Er und deine beiden Gefährten kennen sich auch gegenseitig?«

»Ja. Manach el Barscha ist sehr oft bei ihm gewesen.«

»Ich sollte in Menlik ermordet werden?«

»Ja.«

»Und heute wurde derselbe Beschluß gefaßt? Man wollte mich im Gefängnis töten?«

»So ist es.«

»Und nun noch eins. Während du mit Ibarek und seinen Leuten Karten spieltest, haben die beiden andern ihn bestohlen.«

»Ich nicht, sondern sie waren es.«

»Schon gut! Du bist ebenso dabei beteiligt, wie sie; denn du hast durch deine Kunststücke dazu beigetragen, daß der Diebstahl gelang. Ich habe genug gehört.«

Und mich an den Kodscha Bascha wendend, fragte ich:

»Nun, habe ich nicht recht gehabt? Sind die Diebe nicht hier in der Ruine?«

»Herr, du hattest sie bereits gefunden, als du mit mir von ihnen sprachst.«

»Allerdings! Aber daß ich sie so rechtzeitig, so schnell gefunden habe, das mag dir ein Beweis sein, wie leicht es für dich gewesen wäre, deine Pflicht zu tun. Diese drei Menschen werden in das Gefängnis geführt und gut bewacht. Gleich morgen früh wirst du dem Makredsch den Bericht senden, welchem ich auch den meinigen beilegen werde. Er wird dann bestimmen, was geschehen soll. Ibarek, sieh hier auf den Boden nieder. Ich glaube, das sind die Gegenstände, welche dir gestohlen worden sind.«

Der Inhalt der Taschen der drei Gefangenen war von uns in drei Häufchen niedergelegt worden. Ibarek freute sich königlich, daß er sein Eigentum wieder sah.