–
Legt sich nieder.
Holder Tag, brich an!
Sobald mir nur dein graues Licht erscheint,
Räch' ich den Hohn und strafe meinen Feind.
Entschläft.
Droll und Demetrius kommen zurück.
DROLL.
Ho, ho! du Memme, warum kommst du nicht?
DEMETRIUS.
Steh, wenn du darfst, und sieh mir ins Gesicht!
Ich merke wohl, von einem Platz zum andern
Entgehst du mir und läßt umher mich wandern.
Wo bist du nun?
DROLL.
Hieher komm! Ich bin hier.
DEMETRIUS.
Du neckst mich nur, doch zahlst du's teuer mir,
Wenn je der Tag dich mir vors Auge bringt.
Jetzt zieh' nur hin, weil Müdigkeit mich zwingt,
Mich hinzustrecken auf dies kalte Kissen;
Früh morgens werd' ich dich zu finden wissen.
Legt sich nieder und entschläft. Helena tritt auf.
HELENA.
O träge, lange Nacht, verkürze dich!
Und Tageslicht, laß mich nicht länger schmachten!
Zur Heimat führe weg von diesen mich,
Die meine arme Gegenwart verachten.
Du, Schlaf, der oft dem Grame Lind'rung leiht,
Entziehe mich mir selbst auf kurze Zeit!
Schläft ein.
DROLL.
Dreie nur! – Fehlt eins noch hier:
Zwei von jeder Art macht vier.
Seht, sie kommt ja, wie sie soll:
Auf der Stirn Verdruß und Groll.
Amor steckt von Schalkheit voll,
Macht die armen Weiblein toll.
Hermia tritt auf.
HERMIA.
Wie matt! wie krank! Zerzaust von Dornensträuchen,
Vom Tau beschmutzt und tausendfach in Not;
Ich kann nicht weiter gehn, nicht weiter schleichen,
Mein Fuß vernimmt nicht der Begier Gebot.
Hier will ich ruhn; und soll's ein Treffen geben,
O Himmel, schütze nur Lysanders Leben!
Schläft ein.
DROLL.
Auf dem Grund
Schlaf' gesund!
Gießen will
Ich dir still
Auf die Augen Arzenei.
Träufelt den Saft auf Lysanders Augen.
Wirst du wach,
O so lach'
Freundlich der,
Die vorher
Du geliebt, und bleib' ihr treu!
Dann geht es, wie das Sprüchlein rühmt:
Gebt jedem das, was ihm geziemt.
Hans nimmt sein Gretchen.
Jeder sein Mädchen;
Find't seinen Deckel jeder Topf,
Und allen geht's nach ihrem Kopf.
Ab.
Vierter Aufzug.
Erste Szene.
Der Wald.
Titania und Zettel mit einem Gefolge von Elfen.
Oberon im Hintergrunde, ungesehn.
TITANIA.
Komm, laß uns hier auf Blumenbetten kosen!
Beut, Holder, mir die zarte Wange dar:
Den glatten Kopf besteck' ich dir mit Rosen,
Und küsse dir dein schönes Ohrenpaar.
ZETTEL. Wo ist Bohnenblüte?
BOHNENBLÜTE. Hier.
ZETTEL. Kratz' mir den Kopf, Bohnenblüte! – Wo ist Musje Spinnweb?
SPINNWEB. Hier.
ZETTEL. Musje Spinnweb, lieber Musje, kriegen Sie Ihre Waffen zur Hand, und schlagen Sie mir eine rotbeinige Biene auf einem Distelkopfe tot, und, lieber Musje, bringen Sie mir den Honigbeutel! Tummeln Sie sich nicht allzusehr bei dieser Verrichtung, Musje; und, lieber Musje, haben Sie acht, daß der Honigbeutel nicht entzwei geht; es würde mir leid tun, Signor, wenn Sie sich mit einem Honigbeutel beschütteten. Wo ist Musje Senfsamen?
SENFSAMEN. Hier.
ZETTEL. Geben Sie die Pfote, Musje Senfsamen: ich bitte Sie, lassen Sie die Reverenzen, lieber Musje.
SENFSAMEN. Was befehlen Sie?
ZETTEL. Nichts, lieber Musje, als daß Sie dem Kavalier Bohnenblüte kratzen helfen. Ich muß zum Balbier, Musje; denn mir ist, als wär' ich gewaltig haarig um's Gesicht herum, und ich bin ein so zärtlicher Esel: wenn mein Haar mich nur ein bißchen kitzelt, gleich muß ich kratzen.
TITANIA. Willst du Musik vernehmen, süßer Freund?
ZETTEL. Ich hab' ein räsonabel gutes Ohr für Musik; spielt mir ein Stück auf der Maultrommel!
TITANIA. Sag, süßer Freund, was hast du Lust zu essen?
ZETTEL. Ja, meiner Seel'! Eine Krippe voll Futter. Ich könnte auch guten trocknen Hafer käuen. Mir ist, als hätte ich großen Appetit nach einem Bunde Heu, gutes Heu, süßes Heu hat seines Gleichen auf der Welt nicht.
TITANIA. Ich hab' 'nen dreisten Elfen, der nach Nüssen Im Magazin des Eichhorns suchen soll.
ZETTEL. Ich hätte lieber ein oder zwei Handvoll trockner Erbsen. Aber ich bitt' Euch, laßt keinen von Euren Leuten mich stören. Es kommt mir eine Exposition zum Schlaf an.
TITANIA.
Schlaf' du! Dich soll indes mein Arm umwinden.
Ihr Elfen, weg! Nach allen Seiten fort! –
So lind umflicht mit süßen Blütenranken
Das Geißblatt; so umringelt, weiblich zart,
Das Efeu seines Ulmbaums rauhe Finger. –
Wie ich dich liebe! wie ich dich vergött're!
Sie schlafen ein. Oberon tritt vor. Droll kommt.
OBERON.
Willkommen, Droll! Siehst du dies süße Schauspiel?
Jetzt fängt mich doch ihr Wahnsinn an zu dauern.
Denn da ich eben im Gebüsch sie traf,
Wie sie für diesen Tropf nach Düften suchte,
Da schalt ich sie und ließ sie zornig an.
Sie hatt' ihm die behaarte Schläf' umwunden
Mit einem frischen, würz'gen Blumenkranz.
Derselbe Tau, der sonst wie runde Perlen
Des Morgenlandes an den Knospen schwoll,
Stand in der zarten Blümchen Augen jetzt,
Wie Tränen, trauernd über eigne Schmach.
Als ich sie nach Gefallen ausgeschmält
Und sie voll Demut um Geduld mich bat,
Da fodert' ich von ihr das Wechselkind.
Sie gab's mir gleich und sandte ihren Elfen
Zu meiner Laub' im Feenland mit ihm.
Nun, da der Knabe mein ist, sei ihr Auge
Von dieser häßlichen Verblendung frei.
Du, lieber Droll, nimm diese fremde Larve
Vom Kopfe des Gesellen aus Athen;
Auf daß er, mit den andern hier, erwachend,
Sich wieder heim begebe nach Athen:
Und alle der Geschichten dieser Nacht
Nur wie der Launen eines Traums gedenken.
Doch lös' ich erst die Elfenkönigin.
Er berührt ihre Augen mit einem Kraut.
Sei, als wäre nichts geschehn!
Sieh, wie du zuvor gesehn!
So besiegt zu hohem Ruhme
Cynthias Knospe Amors Blume.
Nun, holde Königin! Wach' auf, Titania!
TITANIA.
Mein Oberon, was für Gesicht' ich sah!
Mir schien, ein Esel hielt mein Herz gefangen.
OBERON.
Da liegt dein Freund.
TITANIA.
Wie ist dies alles zugegangen?
O wie mir nun vor dieser Larve graut!
OBERON.
Ein Weilchen still! – Droll, nimm den Kopf da weg!
Titania, du laß Musik beginnen,
Und binde stärker aller fünfe Sinnen
Als durch gemeinen Schlaf!
TITANIA.
Musik her! Schlafbeschwörende Musik!
DROLL.
Wenn du erwachst, so sollst du, umgeschaffen,
Aus deinen eignen, dummen Augen gaffen.
OBERON.
Ertön' Musik!
Sanfte Musik.
Nun komm, Gemahlin! Hand in Hand gefügt,
Und dieser Schläfer Ruheplatz gewiegt!
Die Freundschaft zwischen uns ist nun erneut:
Wir tanzen morgen mitternacht erfreut
In Theseus' Hause bei der Festlichkeit
Und segnen es mit aller Herrlichkeit.
Auch werden da vermählt zu gleicher Zeit
Die Paare hier in Wonn' und Fröhlichkeit.
DROLL.
Elfenkönig, horch! da klang
Schon der Lerche Morgensang.
OBERON.
Hüpfen wir denn, Königin,
Schweigend nach den Schatten hin!
Schneller als die Monde kreisen,
Können wir die Erd' umreisen.
TITANIA.
Komm, Gemahl, und sage du
Mir im Fliehn: wie ging es zu,
Daß man diese Nacht im Schlaf
Bei den Sterblichen mich traf?
Alle ab.
Waldhörner hinter der Szene.
Theseus, Hippolyta, Egeus und Gefolge treten auf.
THESEUS.
Geh' einer hin und finde mir den Förster, –
Denn unsre Maienandacht ist vollbracht,
Und da sich schon des Tages Vortrab zeigt,
So soll Hippolyta die Jagdmusik
Der Hunde hören. – Koppelt sie im Tal
Gen Westen los; eilt, sucht den Förster auf!
Komm, schöne Fürstin, auf des Berges Höh':
Dort laß uns in melodischer Verwirrung
Das Bellen hören, samt dem Widerhall.
HIPPOLYTA.
Ich war beim Herkules und Kadmus einst,
Die mit spartan'schen Hunden einen Bär
In Kretas Wäldern hetzten; nie vernahm ich
So tapfres Toben. Nicht die Haine nur,
Das Firmament, die Quellen, die Reviere,
Sie schienen all' ein Ruf und Gegenruf.
Nie hört' ich so harmon'schen Zwist der Töne,
So hellen Donner.
THESEUS.
Auch meine Hunde sind aus Spartas Zucht,
Weitmäulig, scheckig, und ihr Kopf behangen
Mit Ohren, die den Tau vom Grase streifen;
Krummbeinig, wammig wie Thessaliens Stiere;
Nicht schnell zur Jagd, doch ihrer Kehlen Ton
Folgt aufeinander wie ein Glockenspiel.
Harmonischer scholl niemals ein Gebell
Zum Hussa und zum frohen Hörnerschall
In Kreta, Sparta, noch Thessalien.
Entscheidet selbst! – Doch still! wer sind hier diese?
EGEUS.
Hier schlummert meine Tochter, gnäd'ger Herr;
Dies ist Lysander, dies Demetrius,
Dies Helena, des alten Nedars Kind.
Ich bin erstaunt, beisammen sie zu treffen.
THESEUS.
Sie machten ohne Zweifel früh sich auf,
Den Mai zu feiern, hörten unsre Absicht
Und kamen her zu unsrer Festlichkeit.
Doch sag mir, Egeus: ist dies nicht der Tag,
Wo Hermia ihre Wahl erklären sollte?
EGEUS.
Er ist's, mein Fürst.
THESEUS.
Geh, heiß' die Jäger, sie
Mit ihren Hörnern wecken!
Waldhörner und Jagdgeschrei hinter der Szene; Demetrius, Lysander, Hermia und Helena erwachen und fahren auf.
THESEUS.
Ei, guten Tag! Sankt Velten ist vorbei,
Und paaren jetzt sich diese Vögel erst?
LYSANDER.
Verzeihung, Herr!
Er und die übrigen knieen.
THESEUS.
Steht auf, ich bitt' euch alle!
Ich weiß, ihr zwei seid Feind' und Nebenbuhler:
Wo kommt nun diese milde Eintracht her,
Daß, fern vom Argwohn, Haß beim Hasse schläft
Und keiner Furcht vor Feindlichkeiten hegt?
LYSANDER.
Mein Fürst, ich werd' erstaunt Euch Antwort geben.
Halb wachend, halb im Schlaf: noch, schwör' ich Euch,
Ich weiß nicht recht, wie ich hieher mich fand.
Doch denk' ich (denn ich möchte wahrhaft reden –
Und jetzt besinn' ich mich, so ist es auch),
Ich kam mit Hermia her; wir hatten vor,
Weg von Athen an einen Ort zu fliehn,
Wo des Gesetzes Bann uns nicht erreichte.
EGEUS.
Genug, genug! Mein Fürst, Ihr habt genug;
Ich will den Bann, den Bann auf seinen Kopf.
Fliehn wollten sie, ja fliehn, Demetrius!
Und wollten so berauben dich und mich,
Dich deines Weibs, und meines Wortes mich:
Des Wortes, das zum Weibe dir sie gab.
DEMETRIUS.
Mein Fürst, die schöne Helena verriet
Mir ihren Plan, in diesen Wald zu flüchten;
Und ich verfolgte sie hieher aus Wut,
Die schöne Helena aus Liebe mich.
Doch weiß ich nicht, mein Fürst, durch welche Macht
(Doch eine höh're Macht ist's) meine Liebe
Zu Hermia, wie Schnee zerronnen, jetzt
Mir eines eitlen Tands Erinn'rung scheint,
Worein ich in der Kindheit mich vergafft.
Der Gegenstand, die Wonne meiner Augen,
Und alle Treu' und Tugend meiner Brust
Ist Helena allein.
1 comment