Wen?

WENDLA. Mich.

MELCHIOR. Was fallt dir ein, Wendla!

WENDLA. Was ist denn dabei?

MELCHIOR. O sei ruhig! – Ich schlage dich nicht.

WENDLA. Wenn ich dir's doch erlaube!

MELCHIOR. Nie, Mädchen!

WENDLA. Aber wenn ich dich darum bitte, Melchior!

MELCHIOR. Bist du nicht bei Verstand?

WENDLA. Ich bin in meinem Leben nie geschlagen worden!

MELCHIOR. Wenn du um so etwas bitten kannst ...!

WENDLA. – Bitte – bitte –

MELCHIOR. Ich will dich bitten lehren! –

 

Er schlägt sie.

 

WENDLA. Ach Gott – ich spüre nicht das geringste!

MELCHIOR. Das glaub ich dir – – durch all deine Röcke durch ...

WENDLA. So schlag mich doch an die Beine!

MELCHIOR. Wendla! –

 

Er schlägt sie stärker.

 

WENDLA. Du streichelst mich ja! – Du streichelst mich!

MELCHIOR. Wart, Hexe, ich will dir den Satan austreiben! Er wirft den Stock beiseite und schlägt derart mit den Fäusten drein, daß sie in ein fürchterliches Geschrei ausbricht. Er kehrt sich nicht daran, sondern drischt wie wütend auf sie los, während ihm die dicken Tränen über die Wangen rinnen. Plötzlich springt er empor, faßt sich mit beiden Händen an die Schläfen und stürzt, aus tiefster Seele jammervoll aufschluchzend, in den Wald hinein.

 

Zweiter Akt

 

Erste Szene

Abend auf Melchiors Studierzimmer. Das Fenster steht offen, die Lampe brennt auf dem Tischs. – Melchior und Moritz auf dem Kanapee.

 

MORITZ. Jetzt bin ich wieder ganz munter, nur etwas aufgeregt. – Aber in der Griechischstunde habe ich doch geschlafen wie der besoffene Polyphem. Nimmt mich wunder, daß mich der alte Zungenschlag nicht in die Ohren gezwickt. – Heut früh wäre ich um ein Haar noch zu spät gekommen. – Mein erster Gedanke beim Erwachen waren die Verba auf mi. – Himmel – Herrgott – Teufel – Donnerwetter, während des Frühstücks und den Weg entlang habe ich konjugiert, daß mir grün vor den Augen wurde. – Kurz nach drei muß ich abgeschnappt sein.