... von Beinen im himmelblauen Trikot, die über das Katheder steigen – um aufrichtig zu sein, ich dachte, sie wollten hinüber. – Ich habe sie nur flüchtig gesehen.
MELCHIOR. Georg Zirschnitz träumte von seiner Mutter.
MORITZ. Hat er dir das erzählt?
MELCHIOR. Draußen am Galgensteg!
MORITZ. Wenn du wüßtest, was ich ausgestanden seit jener Nacht!
MELCHIOR. Gewissensbisse?
MORITZ. Gewissensbisse?? – – – Todesangst!
MELCHIOR. Herrgott ...
MORITZ. Ich hielt mich für unheilbar. Ich glaubte, ich litte an einem inneren Schaden. – Schließlich wurde ich nur dadurch wieder ruhiger, daß ich meine Lebenserinnerungen aufzuzeichnen begann. Ja ja, lieber Melchior, die letzten drei Wochen waren ein Gethsemane für mich.
MELCHIOR. Ich war seinerzeit mehr oder weniger darauf gefaßt gewesen. Ich schämte mich ein wenig. – Das war aber auch alles.
MORITZ. Und dabei bist du noch fast um ein ganzes Jahr jünger als ich!
MELCHIOR. Darüber, Moritz, würd ich mir keine Gedanken machen. All meinen Erfahrungen nach besteht für das erste Auftauchen dieser Phantome keine bestimmte Altersstufe. Kennst du den großen Lämmermeier mit dem strohgelben Haar und der Adlernase? Drei Jahre ist der älter als ich. Hänschen Rilow sagt, der träume noch bis heute von nichts als Sandtorten und Aprikosengelee.
MORITZ. Ich bitte dich, wie kann Hänschen Rilow darüber urteilen!
MELCHIOR. Er hat ihn gefragt.
MORITZ. Er hat ihn gefragt? – Ich hätte mich nicht getraut, jemanden zu fragen.
MELCHIOR. Du hast mich doch auch gefragt.
MORITZ. Weiß Gott ja! – Möglicherweise hatte Hänschen auch schon sein Testament gemacht. – Wahrlich ein sonderbares Spiel, das man mit uns treibt. Und dafür sollen wir uns dankbar erweisen! Ich erinnere mich nicht, je eine Sehnsucht nach dieser Art Aufregungen verspürt zu haben. Warum hat man mich nicht ruhig schlafen lassen, bis alles wieder still gewesen wäre.
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