Überaus erstaunlich aber wäre es gewesen, wenn diese Eigenheit zur Zeit unserer Erzählung nicht ganz besonders beachtet worden wäre. Bald lief ein Gerede herum, dass jedes Mal dann das von Bon-Bon zur Schau getragene Lächeln sich grundsätzlich von dem Grinsen unterschied, wenn er seine eigenen Witze belachte oder einen guten Bekannten begrüßte. Und aufregende Anspielungen wurden gemacht, auf gefährliche Handelsgeschäfte, die schnell abgeschlossen und später bereut worden seien; und Umstände wurden des Weiteren angeführt, die irgendwie den Beweis führen sollten für unverständliches Können, für unbestimmte Wünsche und unnatürliche Neigungen, die vom Urheber alles Übels zur Erreichung seiner eigenen klugen Zwecke in Bon-Bon eingepflanzt worden seien.

Der Philosoph hat andere Schwächen, aber sie sind kaum einer Betrachtung wert. Zum Beispiel gibt es wenige Männer von außerordentlicher Tiefe, denen eine Neigung zur Flasche fehlt. Ob diese Neigung die Ursache oder der Beweis dieser Tiefe ist, ist schwer zu sagen. Soweit ich im Bilde bin, hat Bon-Bon es nicht für nötig gehalten, die Frage gründlich zu durchdenken; ich stimme mit ihm überein. Ich halte es nicht für ausgemacht, dass der Restaurateur bei seiner Nachgiebigkeit gegen eine so wirklich klassische Neigung das intuitive Unterscheidungsvermögen verlor, welches zugleich seine Essays und seine Omelettes auszeichnete. In den Stunden seiner Einsamkeit hatte der Burgunder seine Zeit, und auch für die Côtes du Rhone hatte er seine bestimmten Stunden. Sauternes und Medoc verhielten sich für ihn zueinander wie Catull und Homer. Er konnte mit Syllogismen spielen, während er St. Peray schlürfte, bei Clos de Vougeot war er analytisch, und der Chambertin baute ihm seine Theorien. Es wäre gut gewesen, wenn Bon-Bon diese abwägende Genauigkeit auch auf vorbesagte Handelsneigung ausgedehnt hätte. Aber das war keineswegs der Fall. Um die Wahrheit zu sagen, die Leidenschaft für den Handel begann bei unserem Philosophen allmählich immer intensiver und mystischer zu werden, und die diablerie der deutschen Schriften, mit denen er sich beschäftigte, drückte seinem Denken immer mehr ihren Stempel auf.

Man schritt in das Heiligtum eines genialen Mannes, wenn man in jener Zeit die Kneipe im Cul-de-sac Lefebvre betrat. Bon-Bon war ein Genie. In ganz Rouen gab es nicht den kleinsten Koch, der nicht darauf geschworen hätte, dass Bon-Bon ein Genie sei. Sogar seine Katze wusste es und hörte auf mit dem Schweif zu wedeln, wenn er anwesend war. Seinem großen Neufundländer war die Tatsache ebenfalls wohl bekannt; wenn der Herr sich ihm näherte, so zeigte er deutlich sein Unterwürfigkeitsgefühl durch unschuldsvolles Benehmen, Niederhängen der Ohren und Herabfallenlassen des Unterkiefers, ein Benehmen, das eines Hundes würdig war. Andererseits ist nicht zu leugnen, dass viel von dem dem Metaphysiker gezollten Respekt auf die Einwirkung seiner persönlichen Erscheinung zurückzuführen war. Meiner Meinung nach beeinflusst ein auffallendes Äußeres sogar das Tier; und ich muss zugeben, dass in der Erscheinung Bon-Bons sehr viel dazu angetan war, die Einbildungskraft eines Vierfüßlers anzuregen. Die kleinen Großen (sofern es mir gütigst gestattet ist, diesen Ausdruck anzuwenden) tragen oft etwas Majestätisches zur Schau, ein Eindruck, den die Körpergröße an und für sich nicht hervorzubringen vermag. Wenn Bon-Bons Länge auch nicht mehr als drei Fuß betrug, wenn sein Kopf auch winzig klein war, so war es doch beim Anblick der Rundung seines Bauches unmöglich, sich eines Gefühls der Ehrerbietung, ja der Verehrung zu erwehren. In seiner Gestalt müssen Hunde und Menschen eine Verkörperung des Geistes, in seinem Umfang eine passende Behausung für seine unsterbliche Seele erblickt haben.

Ich könnte, wenn es mir Freude machte, nun auf Fragen des Aufputzes oder andere gleichgültige Äußerlichkeiten unseres Helden eingehen. Ich könnte sein Haar erwähnen, das kurz getragen und leicht über die Stirne gekämmt war und das eine kegelförmige, weiße, mit Quasten ausgezierte Flanellmütze überragte; ich könnte anführen, dass seine erbsengrüne Weste nicht den Schnitt zeigte, der bei den anderen Restaurateurs jener Zeit üblich war; dass die Ärmel etwas weiter waren, als die herrschende Mode vorschrieb; dass seine Manschetten nicht, wie es in jener barbarischen Geschmacksperiode üblich war, einen Umschlag von gleicher Farbe und Qualität wie der Anzug zeigten, sondern dass sie in zierlicher Weise mit dem verschiedenfarbig abgetönten Sammet von Genua überkleidet waren; dass seine Pantoffeln ein strahlendes Purpurrot in Durchbruchsarbeit zeigten und solch raffiniert spitze Form, solch herrliche Tönungen in Einfassung und Stickerei aufwiesen, dass man den Eindruck gewann, sie seien in Japan angefertigt; dass seine Kniehosen aus dem gelben atlasartigen Stoff waren, den man »aimable« nannte, dass sein himmelblauer Überrock einem Morgenrock ähnlich, reich mit Hochrot gemustert und verziert war und so stolz um seine Schultern wallte, wie Morgennebel; dass sein »tout ensemble« die Benvenuta, eine florentinische Improvisatrice, zu der bemerkenswerten Äußerung veranlasste: »Es ist schwer zu sagen, ob Bon-Bon ein Paradiesvogel oder die Vollkommenheit des Paradieses selbst ist.« Ich könnte, wie gesagt, über all diese Punkte weitläufig sprechen, aber ich enthalte mich solcher Ausführlichkeit; solche persönlichen Einzelheiten gehören ins Gebiet der historischen Novelle, sind aber unter der sittlichen Würde nüchterner Tatsachenschilderung.

Ich habe vorher gesagt, dass »man in das Heiligtum eines genialen Mannes schritt, wenn man die kleine Kneipe im Cul-de-sac betrat«; aber nur geniale Leute konnten die Vorzüge des Heiligtums richtig würdigen. Ein Aushängeschild in Gestalt eines großen Foliobandes schwebte vor der Eingangstür. Auf dem einen Deckel erblickte man eine gemalte Flasche, auf dem anderen eine Pastete, auf dem Buchrücken stand in großen Buchstaben »Oeuvres de Bon-Bon«. Auf diese Weise war der zwiefache Beruf des Besitzers zart angedeutet.

Beim Überschreiten der Schwelle hatte man sofort eine vollständige Übersicht über das Hausinnere. Das ganze Café enthielt nur einen einzigen, langgestreckten, niedrigen Raum von altertümlicher Bauweise. In einer Ecke des Zimmers stand das Bett des Metaphysikers. Eine Vorhangumkleidung und ein Betthimmel à la grecque gaben der Lagerstatt ein zugleich klassisches und behagliches Aussehen.