Doch was dächtet Ihr,

Hätt' ich gesehn, wie diese heiße Liebe

Sich anspann (und ich merkt' es, müßt Ihr wissen,

Eh' meine Tochter mir's gesagt), – was dächtet

Ihr, oder meine teure Majestät,

Eu'r königlich Gemahl, hätt' ich dabei

Brieftasche oder Schreibepult gespielt,

Hätt' ich mein Herz geängstigt still und stumm,

Und müßig dieser Liebe zugeschaut?

Was dächtet Ihr? Nein, ich ging rund heraus,

Und red'te so zu meinem jungen Fräulein:

»Prinz Hamlet ist ein Fürst; zu hoch für dich;

Dies darf nicht sein«; und dann schrieb ich ihr vor,

Daß sie vor seinem Umgang sich verschlösse,

Nicht Boten zuließ', Pfänder nicht empfinge.

Drauf machte sie sich meinen Rat zu Nutz,

Und er, verstoßen (um es kurz zu machen),

Fiel in 'ne Traurigkeit; dann in ein Fasten;

Drauf in ein Wachen; dann in eine Schwäche;

Dann in Zerstreuung, und durch solche Stufen

In die Verrücktheit, die ihn jetzt verwirrt

Und sämtlich uns betrübt.

KÖNIG.

Denkt Ihr, dies sei's?

KÖNIGIN.

Es kann wohl sein, sehr möglich.

POLONIUS.

Habt Ihr's schon je erlebt, das möcht' ich wissen,

Daß ich mit Zuversicht gesagt: »So ist's«,

Wenn es sich anders fand?

KÖNIG.

Nicht, daß ich weiß.

POLONIUS indem er auf seinen Kopf und Schulter zeigt.

Trennt dies von dem, wenn's anders sich verhält:

Wenn eine Spur mich leitet, will ich finden,

Wo Wahrheit steckt, und steckte sie auch recht

Im Mittelpunkt.

KÖNIG.

Wie läßt sich's näher prüfen?

POLONIUS.

Ihr wißt, er geht wohl Stunden auf und ab

Hier in der Galerie.

KÖNIGIN.

Das tut er wirklich.

POLONIUS.

Da will ich meine Tochter zu ihm lassen.

Steht Ihr mit mir dann hinter einem Teppich,

Bemerkt den Hergang: wenn er sie nicht liebt,

Und dadurch nicht um die Vernunft gekommen,

So laßt mich nicht mehr Staatsbeamten sein:

Laßt mich den Acker baun und Pferde halten!

KÖNIG.

Wir wollen sehn.

 

Hamlet kommt lesend.

 

KÖNIGIN.

Seht, wie der Arme traurig kommt und liest!

POLONIUS.

Fort, ich ersuch' euch, beide fort von hier!

Ich mache gleich mich an ihn. O erlaubt!

 

König. Königin und Gefolge ab.

 

Wie geht es meinem besten Prinzen Hamlet?

HAMLET. Gut, dem Himmel sei Dank.

POLONIUS. Kennt Ihr mich, gnäd'ger Herr?

HAMLET. Vollkommen. Ihr seid ein Fischhändler.

POLONIUS. Das nicht, mein Prinz.

HAMLET. So wollt' ich, daß Ihr ein so ehrlicher Mann wärt.

POLONIUS. Ehrlich, mein Prinz?

HAMLET. Ja, Herr, ehrlich sein heißt, wie es in dieser Welt hergeht, ein Auserwählter unter Zehntausenden sein.

POLONIUS. Sehr wahr, mein Prinz.

HAMLET. Denn wenn die Sonne Maden in einem toten Hunde ausbrütet: eine Gottheit, die Aas küßt – habt Ihr eine Tochter?

POLONIUS. Ja, mein Prinz.

HAMLET. Laßt sie nicht in der Sonne gehn: Gaben sind ein Segen: aber da Eure Tochter empfangen könnte – seht Euch vor, Freund!

POLONIUS. Wie meint Ihr das? Beiseit. Immer auf meine Tochter angespielt: Und doch kannte er mich zuerst nicht; er sagte, ich wäre ein Fischhändler. Es ist weit mit ihm gekommen, sehr weit! und wahrlich, in meiner Jugend brachte mich die Liebe auch in große Drangsale, fast so schlimm wie ihn. Ich will ihn wieder anreden. – Was leset Ihr, mein Prinz?

HAMLET. Worte, Worte, Worte.

POLONIUS. Aber wovon handelt es?

HAMLET. Wer handelt?

POLONIUS. Ich meine, was in dem Buche steht, mein Prinz.

HAMLET. Verleumdungen, Herr: denn der satirische Schuft da sagt, daß alte Männer graue Bärte haben; daß ihre Gesichter runzlicht sind; daß ihnen zäher Ambra und Harz aus den Augen trieft; daß sie einen überflüssigen Mangel an Witz und daneben sehr kraftlose Lenden haben. Ob ich nun gleich von allem diesem inniglich und festiglich überzeugt bin, so halte ich es doch nicht für billig, es so zu Papier zu bringen; denn Ihr selbst, Herr, würdet so alt werden wie ich, wenn Ihr wie ein Krebs rückwärts gehen könntet.

POLONIUS beiseit.

Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode. –

Wollt Ihr nicht aus der Luft gehn, Prinz?

HAMLET.