Wir waren in ihren Augen vornehme Fremde, denen sie mit Achtung und Rücksicht zu begegnen hatten. Diesen Eindruck machten sie auf uns.
Sie gingen nur ein einziges Mal aus ihrer höflichen Zurückhaltung heraus. Nämlich als Halef Holz zu sammeln begann, um für uns ein Feuer anzuzünden, leisteten sie ihm bereitwilligst Hilfe; dann aber hielten sie sich wieder so entfernt von uns wie vorher. Trotz allem beschloß ich, zu wachen, während der Hadschi schlafen würde. Die Ruhe tat ihm not.
Ich nahm von unseren Datteln und aß. Halef versicherte, weder Hunger noch Appetit zu haben. Das hörte ich nicht gern. Dann sah ich wiederholt, daß er in sich zusammenschauerte.
„Friert dich wieder?“ fragte ich ihn.
„Ja“, antwortete er. „Aber es ist wie ein Frieren ohne Kälte. Ich möchte gern etwas recht Heißes trinken. Meinst du, daß ich diese Leute hier um etwas Kaffee bitten dürfte?“
Die Nomaden hatten nämlich auf ihrem Feuer ein großes Blechgefäß stehen, in welchem sie Kaffee kochten. Der Geruch dieses Getränkes verfehlte auch auf mich seine Wirkung nicht. Ich ging also hin zu ihnen und brachte unser Anliegen vor. Ich sah ganz deutlich, daß man sich herzlich darüber freute, uns diesen Gefallen erweisen zu können. Der, welcher ihr Anführer zu sein schien, sagte: „Herr, Ihr steigt in großer Güte zu uns nieder. Wir sind arme Leute, und dieser Kaffee wurde so bereitet, wie er sich für uns ziemt. Ihr aber sollt einen anderen, viel besseren haben, der Euer würdig ist. Habt nur einige Minuten Geduld; dann wird er fertig sein.“
Wir hätten ihn ja auch so genommen, wie sie ihn hatten; aber wenn man an Stelle des weniger Guten etwas Besseres bekommen kann, so wäre man ein Tor, es abzulehnen. Übrigens pflegt man in jenen Gegenden dem Kaffee Gewürz beizumischen, welches nicht hineingehört. Der, welchen sie jetzt tranken, duftete ziemlich stark nach Kardamomen, und das war weder nach meinem noch nach Halefs Geschmack. Ich erlaubte mir, ihnen dies zu sagen. Der Mann antwortete so schnell und bereitwillig, daß es mir unter anderen Umständen ganz gewiß aufgefallen wäre: „Wir werden den Eurigen nicht würzen, Herr. Aber unsere Bohnen haben einen etwas bitteren Beigeschmack, der Euch ohne Gewürz mehr auffallen wird. Sie werden beim Händler in der Nähe einer bitteren Sache gestanden haben. Uns tut das nichts; Euch aber wird es ungewöhnlich sein.“
Die Verhältnisse in den Kaufläden des Orient sind so mangelhaft, daß es gar kein Wunder ist, wenn irgend eine Sache den Geruch oder Geschmack einer anderen ‚anzieht‘. Daß der Kaffee ein wenig bitter schmecken werde, konnte also keinen irgend welchen Verdacht in uns erwecken; aber der Eifer, mit dem es mir gesagt wurde, hätte meine Aufmerksamkeit erregen sollen. Diese Leute hatten, wie wir später erfuhren, uns schon lange Zeit, bevor wir sie bemerkten, von der jenseitigen Höhe herabkommen sehen und sich aus ganz bestimmten Gründen bei unserer Annäherung so gestellt, als ob sie keine Ahnung von uns gehabt hätten. Zu dem Plan, den sie ausführten, gehörte ganz besonders auch der Kaffee, den sie uns angeboten hätten, wenn ich nicht von selbst mit meiner Bitte gekommen wäre.
Das Frostgefühl Halefs nahm zu. Es schüttelte ihn, und darum war es wohl begreiflich, daß er, als wir das heißte Getränk bekamen, einen großen Becher voll auf einmal leerte und ihn sich auch gleich wieder füllen ließ. Ich genoß meinen Teil langsamer.
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