Ich war da, wo er wächst.“

„Du Glücklicher! Aber ein hoher Herr bist du doch!“

„Nein. Ich bin ein armer Schriftsteller; aber die hohe Pforte hat mir doch ein wenig Dschebeli gelassen.“

„Und von dem Wenigen gibst du mir! Allah segne dich! Aus welchem Land bist du?“

„Aus Nemtsche memleketi.“

„Ist es das, welches wir auch Alemanja nennen?“

„Ja.“

„Ich habe noch keinen Nemtsche gesehen. Sind die eurigen alle so gut, wie du?“

„Ich hoffe, daß sie so sind, wie du und ich.“

„Und was tust du hier im Osmanly memleketi? Wo willst du hin?“

„Nach Mastanly.“

„Da bist du doch vom Weg ab. Du mußt nach Geren, um von da zunächst nach Derekiöj zu kommen.“

„Ich bin mit Absicht von diesem Weg abgewichen. Ich will in möglichst gerader Linie nach Mastanly reiten.“

„Das ist für einen Fremden schwer, sehr schwer.“

„Kannst du mir nicht vielleicht den Weg beschreiben?“

„Ich werde es versuchen. Da blicke einmal gegen Südwest hinüber. Wo jetzt die Sonne auf die Höhen fällt, das sind die Berge von Mastanly. Nun weißt du die Richtung. Du kommst durch viele Dörfer, auch durch Koschikawak. Dort mußt du über den Burgasfluß, und dann liegt Mastanly grad im Westen. Deutlicher kann ich es dir nicht sagen. Morgen abend wirst du dort sein.“

Das war spaßhaft. Ich fragte lächelnd:

„Du bist wohl kein Reiter?“

„Nein.“

„Nun, ich will heute auf alle Fälle bis Koschikawak kommen.“

„Unmöglich! Kannst du hexen?“

„Nein; aber mein Pferd läuft wie der Wind.“

„Ich habe gehört, daß es so schnelle Pferde geben soll. Du willst also diese Nacht in Koschikawak bleiben?“

„Wahrscheinlich.“

„Das freut mich sehr. Du sollst nicht ein Gasthaus aufsuchen, denn am Eingang des Ortes wohnt mein Bruder, Schimin der Schmied, welcher dich mit Freuden aufnehmen wird.“

Vielleicht konnte dieses Anerbieten von Nutzen sein. Darum antwortete ich:

„Ich danke dir! Ich werde deinen Bruder wenigstens im Vorrüberreiten von dir grüßen.“

„Nein, nicht so! Du mußt wirklich bei ihm bleiben. Du hast mir von deinem – w' Allah! Welch ein Duft! Wie aus der Kaaba der heiligen Stadt Mekka!“

Er hatte nämlich, während wir sprachen, eine kurze Pfeife hervorgezogen und sie gestopft. Jetzt sog er den ersten Rauch durch das Rohr und brach dabei in den Ausruf des Entzückens aus.

„Mundet er dir?“ fragte ich.

„Munden? Munden? Er geht durch die Nase wie das Sonnenlicht durch die Röte des Morgens. So schwebt die Seele des Gerechten in die sieben Himmel ein. Effendi, warte, ich werde dir etwas holen!“

Er schien nicht nur ent-, sondern verzückt zu sein. Er rannte, so schnell seine alten Beine es ihm erlaubten, davon, kam aber sehr bald wieder zwischen den Rosensträuchern zu Vorschein.

„Effendi, rate einmal, was ich hier in meiner Hand halte!“ sagte er, noch bevor er den Zaun erreicht hatte.

„Ich sehe nichts.“

„O, es ist klein, aber fast auch so viel wert wie dein Dschebeli. Willst du es sehen?.“

„Zeige es mir!“

„Hier! Was ist es?“

Er hielt mir ein kleines, wohl verschlossenes Fläschchen entgegen und fragte abermals:

„Was ist in diesem Fläschchen? Sage es, Effendi!“

„Wird es wohl Rosenwasser sein?“

Ich konnte ihm, dem armen Hüter, doch nur dieses zutrauen; er aber antwortete in gekränktem Ton:

„Rosenwasser? O, Effendi, willst du mich beleidigen? Rosenöl ist es, echtes Rosenöl, so wie du in deinem Leben noch keins gesehen hast!“

„Von wem ist es?“

„Von wem? Von mir!“

„Du bist doch nur der Hüter dieses Gartens!“

„Ja, das bin ich, nur der Hüter; du hast recht, aber mein Herr erlaubte mir, die eine Ecke des Gartens zu bepflanzen. Ich suchte mir die beste Sorte aus und habe gespart seit langer, langer Zeit. Zwei solcher Fläschchen habe ich zusammengebracht. Das eine wollte ich heute verkaufen; man hat mich darum betrogen. Das andere ist dein. Ich schenke es dir.“

„Mann, was sagst du?“

„Es ist dein.“

„Höre einmal, wie ist dein Name?“

„Jafiz heiße ich.“

„Nun, Jafiz, du bist toll!“

„Warum?“

„Weil du dieses Öl verschenken willst.“

„Öl? Öl? O, sage nicht dieses Wort! Essenz ist's, aber kein gewöhnliches Öl. In diesem kleinen Fläschchen wohnen die Seelen von zehntausend Rosen. Willst du es verschmähen, Effendi?“

„Ich kann es nicht annehmen.“

„Warum nicht?“

„Du bist arm; ich darf dich nicht berauben.“

„Wie kannst du mich berauben, da ich es dir ja schenke? Dein Dschebeli ist ebenso kostbar wie diese Essenz.“

Um nur eine Unze gutes Öl zu gewinnen, bedarf man sechshundert Pfund der besten Rosenblätter. Ich wußte das.