Worthley, der eine Reise nach Griechenland, ägypten etc. gemacht hat, viele Zeichnungen. Was mich am meisten interessierte, waren Zeichnungen nach Basreliefs, welche im Fries des Tempels der Minerva zu Athen sind, Arbeiten des Phidias. Man kann sich nichts Schöneres denken als die wenigen einfachen Figuren. Übrigens war wenig Reizendes an den vielen gezeichneten Gegenständen; die Gegenden waren nicht glücklich, die Architektur besser.
Lebe wohl für heute. Es wird meine Büste gemacht, und das hat mir drei Morgen dieser Woche gekostet.
Den 28. August 1787.
Mir ist diese Tage manches Gute begegnet, und heute zum Feste kam mir Herders Büchlein voll würdiger Gottesgedanken. Es war mir tröstlich und erquicklich, sie in diesem Babel, der Mutter so vieles Betrugs und Irrtums, so rein und schön zu lesen, und zu denken, daß doch jetzt die Zeit ist, wo sich solche Gesinnungen, solche Denkarten verbreiten können und dürfen. Ich werde das Büchlein in meiner Einsamkeit noch oft lesen und beherzigen, auch Anmerkungen dazu machen, welche Anlaß zu künftigen Unterredungen geben können.
Ich habe diese Tage immer weiter um mich gegriffen in Betrachtung der Kunst, und übersehe nun fast das ganze Pensum, das mir zu absolvieren bleibt; und wenn es absolviert ist, ist noch nichts getan. Vielleicht gibt's andern Anlaß, dasjenige leichter und besser zu tun, wozu Talent und Geschick bestimmt.
Die französische Akademie hat ihre Arbeiten ausgestellt; es sind interessante Sachen drunter. Pindar, der die Götter um ein glückliches Ende bittet, fällt in die Arme eines Knaben, den er sehr liebt, und stirbt. Es ist viel Verdienst in dem Bilde. Ein Architekt hat eine gar artige Idee ausgeführt, er hat das jetzige Rom von einer Seite gezeichnet, wo es sich mit allen seinen Teilen gut ausnimmt. Dann hat er auf einem andern Blatte das alte Rom vorgestellt, als wenn man es aus demselben Standpunkt sähe. Die Orte, wo die alten Monumente gestanden, weiß man, ihre Form auch meistens, von vielen stehen noch die Ruinen. Nun hat er alles Neue weggetan und das Alte wiederhergestellt, wie es etwa zu Zeiten Diokletians ausgesehen haben mag, und mit ebensoviel Geschmack als Studium, und allerliebst gefärbt.
Was ich tun kann, tu' ich, und häufe so viel von allen diesen Begriffen und Talenten auf mich, als ich schleppen kann, und bringe auf diese Weise doch das Reellste mit.
Hab' ich dir schon gesagt, daß Trippel meine Büste arbeitet? Der Fürst von Waldeck hat sie bei ihm bestellt. Er ist schon meist fertig, und es macht ein gutes Ganze. Sie ist in einem sehr soliden Stil gearbeitet. Wenn das Modell fertig ist, wird er eine Gipsform darüber machen und dann gleich den Marmor anfangen, welchen er dann zuletzt nach dem Leben auszuarbeiten wünscht; denn was sich in dieser Materie tun läßt, kann man in keiner andern erreichen.
Angelika malt jetzt ein Bild, das sehr glücken wird: die Mutter der
Gracchen, wie sie einer Freundin, welche ihre Juwelen auskramte, ihre
Kinder als die besten Schätze zeigt. Es ist eine natürliche und sehr
glückliche Komposition.
Wie schön ist es, zu säen, damit geerntet werde! Ich habe hier durchaus verschwiegen, daß heute mein Geburtstag sei, und dachte beim Aufstehen: sollte mir denn von Hause nichts zur Feier kommen? Und siehe, da wird mir euer Paket gebracht, das mich unsäglich erfreut. Gleich setzte ich mich hin, es zu lesen, und bin nun zu Ende und schreibe gleich meinen herzlichsten Dank nieder.
Nun möchte ich denn erst bei euch sein, da sollte es an ein Gespräch gehen, zu Ausführung einiger angedeuteten Punkte. Genug, das wird uns auch werden, und ich danke herzlich, daß eine Säule gesetzt ist, von welcher an wir nun unsre Meilen zählen können. Ich wandle starken Schrittes in den Gefilden der Natur und Kunst herum und werde dir mit Freuden von da aus entgegenkommen.
Ich habe es heute nach Empfang deines Briefes noch einmal durchgedacht und muß darauf beharren: mein Kunststudium, mein Autorwesen, alles fordert noch diese Zeit. In der Kunst muß ich es so weit bringen, daß alles anschauende Kenntnis werde, nichts Tradition und Name bleibe, und ich zwinge es in diesem halben Jahre, auch ist es nirgends als in Rom zu zwingen. Meine Sächelchen (denn sie kommen mir sehr im Diminutiv vor) muß ich wenigstens mit Sammlung und Freudigkeit enden.
Dann zieht mich alles nach dem Vaterlande zurück. Und wenn ich auch ein isoliertes, privates Leben führen sollte, habe ich so viel nachzuholen und zu vereinigen, daß ich für zehn Jahre keine Ruhe sehe.
In der Naturgeschichte bring' ich dir Sachen mit, die du nicht erwartest. Ich glaube dem Wie der Organisation sehr nahe zu rücken. Du sollst diese Manifestationen (nicht Fulgurationen) unsres Gottes mit Freuden beschauen und mich belehren, wer in der alten und neuen Zeit dasselbe gefunden, gedacht, es von eben der Seite oder aus einem wenig abweichenden Standpunkte betrachtet.
Bericht
August
Zu Anfang dieses Monats reifte bei mir der Vorsatz, noch den nächsten Winter in Rom zu bleiben; Gefühl und Einsicht, daß ich aus diesem Zustande noch völlig unreif mich entfernen, auch daß ich nirgends solchen Raum und solche Ruhe für den Abschluß meiner Werke finden würde, bestimmten mich endlich; und nun, als ich solches nach Hause gemeldet hatte, begann ein Zeitraum neuer Art.
Die große Hitze, welche sich nach und nach steigerte und einer allzu raschen Tätigkeit Ziel und Maß gab, machte solche Räume angenehm und wünschenswert, wo man seine Zeit nützlich in Ruh' und Kühlung zubringen konnte. Die Sixtinische Kapelle gab hiezu die schönste Gelegenheit. Gerade zu dieser Zeit hatte Michelangelo aufs neue die Verehrung der Künstler gewonnen; neben seinen übrigen großen Eigenschaften sollt' er sogar auch im Kolorit nicht übertroffen worden sein, und es wurde Mode, zu streiten, ob er oder Raffael mehr Genie gehabt.
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