In jener Zeit waren der Regierung verschiedenartigste Projekte unterbreitet worden. Diese ließ alle von einem Gremium aus Ingenieuren der Privatwirtschaft prüfen, denn seit 1889, als die École Polytechnique abgeschafft worden war, gab es keine staatlichen Tiefbauingenieure mehr; aber die Herren blieben in dieser Frage sehr lange geteilter Meinung; die einen wollten auf den wichtigsten Straßen von Paris eine Bahn zu ebener Erde anlegen; die anderen befürworteten unterirdische Schienennetze in Anlehnung an den Londoner Railway; das erste dieser Projekte hätte jedoch die Errichtung von Schranken notwendig gemacht, die während der Durchfahrt der Züge geschlossen worden wären; das daraus entstehende Gedränge von Fußgängern, Wagen, Karren kann man sich leicht ausmalen; das zweite Projekt zog enorme Schwierigkeiten bei der Ausführung nach sich; darüber hinaus wäre die Aussicht, in einen endlosen Tunnel zu kriechen, für die Reisenden nicht gerade verlockend gewesen. Alle schon früher unter diesen unsäglichen Bedingungen gebauten Bahnlinien hatten erneuert werden müssen, unter anderen die Strecke durch den Bois de Boulogne, die sowohl durch ihre Brücken wie auch durch ihre unterirdischen Abschnitte die Reisenden zwang, die Lektüre ihrer Zeitung auf einem dreiundzwanzig Minuten dauernden Weg siebenundzwanzigmal zu unterbrechen.

Das Joanne-Konzept schien alle Vorteile der Geschwindigkeit, der Mühelosigkeit und des Wohlbefindens zu vereinen, und tatsächlich war die innerstädtische Eisenbahn seit fünfzig Jahren zur allgemeinen Zufriedenheit in Betrieb.

Dieses Konzept bestand aus zwei getrennten Gleissträngen, einer für die Hin-, der andere für die Rückfahrt; so konnte es nie zu einem Zusammenstoß in entgegengesetzter Richtung kommen.

Jeder dieser Gleisstränge folgte dem Verlauf der Boulevards, fünf Meter von den Häusern entfernt, über dem äußeren Rand der Bürgersteige; die Gleise wurden von eleganten Bronzesäulen getragen, welche durch kunstvoll durchbrochene Gerüste miteinander verbunden waren; diese Säulen stützten sich mit Hilfe quer verlaufender Arkaden in regelmäßigen Abständen gegen die angrenzenden Häuser.

So bildete dieser lange Viadukt, der die Eisenbahn trug, eine überdeckte Galerie, unter der die Spaziergänger Schutz vor Regen oder Sonne fanden; die asphaltierte Straße war den Wagen vorbehalten; mit einer eleganten Brücke überspannte der Viadukt die wichtigsten Straßen, die seinen Weg kreuzten, und dieser in Höhe der Zwischengeschosse hängende Railway behinderte den Verkehr auf keine Weise.

Einige angrenzende Häuser, die zu Wartebahnhöfen umgebaut worden waren, bildeten die Stationen; sie waren mit der Bahnlinie über breite Fußgängerbrücken verbunden; darunter entrollte sich eine zweirampige Treppe, die in den Aufenthaltsraum für die Reisenden führte.

Die Stationen des Boulevard-Railways lagen am Trocadéro, an der Madeleine, am Kaufhaus Bonne Nouvelle, an der Rue du Temple und an der Place de la Bastille.

Dieser auf einfachen Säulen ruhende Viadukt hätte den alten Beförderungsmitteln, die ungemein schwere Lokomotiven erforderten, wahrscheinlich nicht standgehalten; doch dank der Anwendung neuer Antriebstechniken waren die Züge überaus leicht; sie verkehrten in einem Rhythmus von zehn Minuten und führten jeweils tausend Reisende in ihren schnellen und bequem eingerichteten Wagen mit sich.

Die angrenzenden Häuser litten weder unter Dampfwolken noch unter Rauch, und zwar aus dem einfachen Grund, daß es keine Lokomotive gab. Die Züge wurden mit Hilfe von Preßluft betrieben, nach einem William-System, wie es Jobard empfohlen hatte, ein berühmter belgischer Ingenieur, der Mitte des 19. Jahrhunderts hohes Ansehen genoß.

Eine Vektorröhre von zwanzig Zentimetern Durchmesser und zwei Millimetern Dicke erstreckte sich zwischen den beiden Schienen über die gesamte Länge der Bahnstrecke; sie enthielt eine Scheibe aus weichem Eisen, die im Inneren unter der Einwirkung der mit einem Druck von mehreren Atmosphären zusammen gepreßten und von der Gesellschaft der Pariser Katakomben gelieferten Luft dahin glitt. Diese Scheibe, die mit hoher Geschwindigkeit durch die Röhre gejagt wurde, so wie eine Kugel durch ein Blasrohr, riß den ersten Wagen des Zuges mit sich fort. Aber wie befestigte man diesen Wagen an der im Inneren der Röhre eingeschlossenen Scheibe, da diese Röhre doch keinerlei Verbindung nach außen haben durfte? Durch elektromagnetische Kraft.

Tatsächlich waren zwischen den Rädern des ersten Wagens Magnete angebracht, rechts und links von der Röhre montiert, so nah wie möglich, aber ohne diese zu berühren. Diese Magnete wirkten durch die Röhrenwand hindurch auf die Scheibe aus weichem Eisen. Diese schleppte in ihrer Gleitbewegung den Zug hinter sich her, ohne daß die Preßluft durch irgendeinen Ausgang entweichen konnte.3

Wenn ein Zug stehenbleiben sollte, drehte ein Stationsbediensteter an einem Hahn; die Luft entwich, und die Scheibe bewegte sich nicht mehr. Sobald der Hahn wieder geschlossen war, sorgte die Luft für den Antrieb, und der Zug nahm seine Fahrt sogleich wieder mit hoher Geschwindigkeit auf.

Bei diesem äußerst einfachen Konzept von so unkomplizierter Wartung gab es keinen Rauch, keine Dampfwolken, keine Zusammenstöße, dagegen aber die Möglichkeit, jede Steigung 3 Wenn ein Elektromagnet bei direktem Kontakt ein Gewicht von 1000 kg hochheben kann, so liegt seine Anziehungskraft bei einer Entfernung von 5 Millimetern noch immer bei ungefähr 100 kg

(Anmerkung des Autors)

zu bewältigen, und es schien, als hätten diese Eisenbahnlinien seit unvordenklicher Zeit existiert.

Der junge Dufrénoy löste seine Fahrkarte am Bahnhof von Grenelle, und zehn Minuten später hielt er an der Station Madeleine; er ging auf den Boulevard hinunter und schlug die Richtung zur Rue Impériale ein, welche der Achse der Oper folgend bis zum Garten der Tuilerien reichte.

Die Straßen waren voller Menschen; die Nacht brach herein; luxuriöse Geschäfte warfen den Schein elektrischen Lichts weit hinaus; die nach dem Way-System durch Elektrisierung eines Quecksilberstreifens konstruierten Kandelaber leuchteten in unvergleichlichem Glanz; sie waren mittels unterirdischer Drähte miteinander verbunden; in ein und demselben Augenblick und mit einem Schlag erstrahlten die hunderttausend Laternen von Paris.

Ein paar rückständige Läden waren jedoch dem alten Kohlenwasserstoffgas treu geblieben; die Ausbeutung neuer Kohlengruben erlaubte tatsächlich, es zu einem Preis von zehn Centime je Kubikmeter zu liefern; die Kompanie machte dennoch stattliche Gewinne, insbesondere weil sie es als Antriebskraft in Umlauf brachte.

Von den unzähligen Wagen, die auf dem Fahrdamm der Boulevards dahinrollten, liefen die meisten ohne Pferde; sie wurden von einer unsichtbaren Kraft bewegt, mit Hilfe eines Motors, bei dem sich die Luft durch Gasverbrennung ausdehnte. Dabei handelte es sich um den zur Fortbewegung benutzten Motor Lenoirs.

Der wichtigste Vorteil dieser 1859 erfundenen Maschine bestand darin, daß sie Kessel, Feuerstelle und Brennstoff abschaffte; eine kleine Menge Leuchtgas, das mit Luft vermischt, unter den Kolben geleitet und durch einen elektrischen Funken entzündet wurde, erzeugte die Bewegung; an den verschiedenen Wagenstationen errichtete Gassäulen lieferten den notwendigen Wasserstoff; jüngste Weiterentwicklungen hatten das Wasser, welches einst dazu diente, den Zylinder der Maschine abzukühlen, überflüssig gemacht.

Diese war also einfach konstruiert und leicht zu handhaben; der auf seinem Sitz thronende Maschinist lenkte ein Steuerrad; ein unter seinem Fuß liegendes Pedal erlaubte es ihm, die Gangart des Fahrzeuges augenblicklich zu verändern.

Wagen mit der Kraft einer Pferdestärke kosteten pro Tag nicht einmal den Preis eines Achtel Pferdes; der genauestens kontrollierte Gasverbrauch erlaubte es, die Nutzleistung jedes Wagens zu berechnen, und die Kompanie konnte nicht mehr wie einst von ihren Kutschern betrogen werden.

Schon diese Gas-Cabs verschlangen sehr viel Wasserstoff, ganz zu schweigen von jenen riesigen, mit Steinen und Werkstoffen beladenen Vehikeln, welche die Kraft von zwanzig bis dreißig Pferden entfalteten.