Ich habe auch Freunde und Freundinnen – für einen Tag. Und ein Tag ist lang, wenn man versteht zu leben. Ich bin wie Harun-al-Raschid, der unerkannt im Volke wandelt. Die Leute, mit denen ich da draußen Große Geste. rede, ahnen nicht, wer ich bin; und wer von mir Abschied nimmt, weiß nicht, ob er mich wiederfindet. Es ist ein höchst interessantes Dasein.
EDUARD. Und wenn du nicht spazieren gehst, was fängst du denn dann an? Womit beschäftigst du dich eigentlich? Mit einem plötzlichen Entschlusse. Schreibst du denn noch?
GEORG. Schreiben ... In dem Sinne, den du dem Worte gibst – nein! In einem andern – ja.
EDUARD. Ich wußt' es ja!
GEORG. Nichts weißt du! Es ist euch jedenfalls bekannt, daß man essen muß – wenigstens zuweilen. Nur aus diesem Grunde mache ich gelegentlich kleine Arbeiten für ein Journal. Nicht unter meinem Namen natürlich. Ich könnte ebensogut Kohlen tragen oder Pfeifenrohre schnitzen. Womit ich ausdrücken will, daß diese Arbeit mit meiner Seele nichts zu tun hat, mir nichts von meiner inneren Freiheit raubt. Aber genug von mir! Genug! Pause. Blick zwischen Anna und Eduard. Es ist seltsam.
EDUARD. Was findest du seltsam?
GEORG. Wie ihr nun da in einem behaglichen Heim haust; die Lampe hängt überm Tisch; ein Kind wächst euch heran ... Das Dienstmädchen kommt herein. Eine Zofe bedient euch; wahrscheinlich seid ihr auch gegen Unfall und Feuersbrunst versichert –
ANNA nimmt dem Dienstmädchen das Tischtuch aus der Hand und beginnt selbst aufzudecken. Das Dienstmädchen ab.
GEORG. Ja, wer hätte das alles vor zehn Jahren geahnt.
EDUARD. Ja, wer hätte das geahnt, vor elf Jahren am 28. April!
GEORG als besänne er sich plötzlich. Nun versteh' ich aber nicht, wie sich all das gefügt hat. Es war doch ein Spaß.
EDUARD. Ist aber Ernst daraus geworden.
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