Menschenhaß und Reue
Kotzebue, August von
Menschenhaß und Reue
August von Kotzebue
Menschenhaß und Reue
Schauspiel in fünf Aufzügen
Personen.
General Graf v. Wintersee.
Die Gräfin.
Major von der Horst, Bruder der Gräfin in französischen Diensten.
Lotte, Kammermädchen der Gräfin.
Ein Kind der Gräfin von vier bis fünf Jahren.
Bittermann, Haushofmeister und Verwalter des Grafen.
Peter, sein Sohn.
Madam Müller oder Eulalia.
Ein Unbekannter.
Franz, sein alter Diener.
Zwei Kinder von vier bis fünf Jahren.
Ein Greis.
Erster Aufzug
Eine ländliche Gegend. Tief im Hintergrunde eine armselige Hütte, zwischen einigen Bäumen versteckt.
Erster Auftritt
PETER jagt einem Schmetterling nach, den er endlich mit dem Hute erhascht. Aha! – dich hab ich erwischt. Ei, der ist gewaltig schön, rot und blau und gelb. Er spießt ihn an eine Nadel und steckt ihn auf den Hut. Sapperlot! ich bin doch ein gescheiter Junge, wenngleich mein Vater immer spricht: dummer Peter! Der Peter ist aber gar nicht dumm. Da hat er seinen Hut aufgedonnert, daß jeder Bauerdirne das Herz im Leibe lachen wird. – Der Vater will immer so gescheut sein, will immer alles besser wissen; bald red' ich zu viel, bald zu wenig, und wenn ich einmal mit mir selbst rede, so nennt er mich gar einen Narren: und ich rede doch am liebsten mit mir selbst, denn ich versteh' mich am besten; und ich selbst lache mich auch niemals aus, wie die andern wohl zu tun pflegen. Das Auslachen ist eine abscheulich ärgerliche Gewohnheit. Ja, wenn Madam Müller mich auslacht, das laß ich noch hingehn; die verzieht das Mäulchen dabei so süß und artig, daß man meint, sie lecke an einer Zuckerpuppe. – Im Begriff zu gehn und wieder umkehrend. Ach potz Velten! da hätt' ich beinahe vergessen, warum ich kam. Nun ja, da wäre wieder auf meine Kosten gelacht worden. Er zieht einen Beutel heraus. Das Geld soll ich dem alten Tobies bringen, und Madam Müller hat mir befohlen, nicht ein Wörtchen davon auszuplaudern. Nun, nun, da kann sie ganz ruhig sein: aus meinem Munde kommt keine Silbe. – Schön ist Madam Müller, sehr schön! aber dumm, entsetzlich dumm! denn mein Papa sagt: wer sein Geld vertut, der handelt unvernünftig; aber wer es gar verschenkt, den muß man je eher je lieber ins Tollhaus bringen.
Zweiter Auftritt
Der Unbekannte – Franz – Peter.
Unbekannter mit verschränkten Armen und niederhängendem Kopfe. Als er Peter erblickt, bleibt er stehn und betrachtet ihn mißtrauisch.
Peter steht ihm gegenüber und sperrt das Maul auf. Endlich zieht er den Hut ab, macht eine linke Verbeugung und geht in die Hütte.
UNBEKANNTER. Wer ist der Mensch?
FRANZ. Der Sohn des Verwalters.
UNBEKANNTER. Auf dem Schlosse?
FRANZ. Ja.
UNBEKANNTER nach einer Pause. Du sprachst gestern abend –
FRANZ. Von dem armen Bauer?
UNBEKANNTER. Ganz recht.
FRANZ. Sie antworteten mir nicht.
UNBEKANNTER. Sprich weiter!
FRANZ. Er ist arm.
UNBEKANNTER.
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