9 Pf.,
bleibe dem Herrn Major schuldig 91 Taler 16 Gr. 3 Pf."--Kerl, du
bist toll!--
Just.
Ich glaube es gern, daß ich Ihnen weit mehr koste. Aber es wäre
verlorne Tinte, es dazuzuschreiben. Ich kann Ihnen das nicht bezahlen,
und wenn Sie mir vollends die Liverei nehmen, die ich auch noch nicht
verdient habe--so wollte ich lieber, Sie hätten mich in dem Lazarette
krepieren lassen.
Tellheim.
Wofür siehst du mich an? Du bist mir nichts schuldig, und ich will
dich einem von meinen Bekannten empfehlen, bei dem du es besser haben
sollst als bei mir.
Just.
Ich bin Ihnen nichts schuldig, und doch wollen Sie mich verstoßen?
Tellheim.
Weil ich dir nichts schuldig werden will.
Just.
Darum? nur darum?--So gewiß ich Ihnen schuldig bin, so gewiß Sie mir
nichts schuldig werden können, so gewiß sollen Sie mich nun nicht
verstoßen.--Machen Sie, was Sie wollen, Herr Major; ich bleibe bei
Ihnen; ich muß bei Ihnen bleiben.--
Tellheim.
Und deine Hartnäckigkeit, dein Trotz, dein wildes, ungestümes Wesen
gegen alle, von denen du meinest, daß sie dir nichts zu sagen haben,
deine tückische Schadenfreude, deine Rachsucht--
Just.
Machen Sie mich so schlimm, wie Sie wollen; ich will darum doch nicht
schlechter von mir denken als von meinem Hunde. Vorigen Winter ging
ich in der Dämmerung an dem Kanale und hörte etwas winseln. Ich stieg
herab und griff nach der Stimme und glaubte, ein Kind zu retten, und
zog einen Pudel aus dem Wasser. Auch gut, dachte ich. Der Pudel kam
mir nach, aber ich bin kein Liebhaber von Pudeln. Ich jagte ihn fort,
umsonst; ich prügelte ihn von mir, umsonst. Ich ließ ihn des Nachts
nicht in meine Kammer; er blieb vor der Türe auf der Schwelle. Wo er
mir zu nahe kam, stieß ich ihn mit dem Fuße; er schrie, sahe mich an
und wedelte mit dem Schwanze. Noch hat er keinen Bissen Brot aus
meiner Hand bekommen, und doch bin ich der einzige, dem er hört, und
der ihn anrühren darf. Er springt vor mir her und macht mir seine
Künste unbefohlen vor. Es ist ein häßlicher Pudel, aber ein gar zu
guter Hund. Wenn er es länger treibt, so höre ich endlich auf, den
Pudeln gram zu sein.
Tellheim.
(beiseite). So wie ich ihm! Nein, es gibt keine völligen Unmenschen!
--Just, wir bleiben beisammen.
Just.
Ganz gewiß!--Sie wollten sich ohne Bedienten behelfen? Sie vergessen
Ihrer Blessuren und daß Sie nur eines Armes mächtig sind. Sie können
sich ja nicht allein ankleiden. Ich bin Ihnen unentbehrlich; und bin--
ohne mich selbst zu rühmen, Herr Major--und bin ein Bedienter, der--
wenn das Schlimmste zum Schlimmen kömmt--für seinen Herrn betteln und
stehlen kann.
Tellheim.
Just, wir bleiben nicht beisammen.
Just.
Schon gut!
9. Szene
(Ein Bedienter. v. Tellheim. Just.)
Bediente.
Bst! Kamerad!
Just.
Was gibt's?
Bediente.
Kann Er mir nicht den Offizier nachweisen, der gestern noch in diesem
Zimmer (auf eines an der Seite zeigend, von welcher er herkömmt)
gewohnt hat?
Just.
Das dürfte ich leicht können. Was bringt Er ihm?
Bediente.
Was wir immer bringen, wenn wir nichts bringen: ein Kompliment. Meine
Herrschaft hört, daß er durch sie verdrängt worden. Meine Herrschaft
weiß zu leben, und ich soll ihn deshalb um Verzeihung bitten.
Just.
Nun, so bitte Er ihn um Verzeihung; da steht er.
Bediente.
Was ist er? Wie nennt man ihn?
Tellheim.
Mein Freund, ich habe Euern Auftrag schon gehört. Es ist eine
überflüssige Höflichkeit von Eurer Herrschaft, die ich erkenne, wie
ich soll. Macht ihr meinen Empfehl.--Wie heißt Eure Herrschaft?--
Bediente.
Wie sie heißt? Sie läßt sich gnädiges Fräulein heißen.
Tellheim.
Und ihr Familienname?
Bediente.
Den habe ich noch nicht gehört, und darnach zu fragen, ist meine Sache
nicht. Ich richte mich so ein, daß ich meistenteils alle sechs Wochen
eine neue Herrschaft habe. Der Henker behalte alle ihre Namen!--
Just.
Bravo, Kamerad!
Bediente.
Zu dieser bin ich erst vor wenig Tagen in Dresden gekommen. Sie sucht,
glaube ich, hier ihren Bräutigam.--
Tellheim.
Genug, mein Freund.
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