– Es ist hiermit jetzt, wie es bei der sinnlichen Gewißheit geschah, an dem Wahrnehmen die Seite vorhanden, daß das Bewußtsein in sich zurückgedrängt wird, aber zunächst nicht in dem Sinne, in welchem dies bei jener der Fall war, als ob in es die Wahrheit des Wahrnehmens fiele; sondern vielmehr erkennt es, daß die Unwahrheit, die darin vorkommt, in es fällt. Durch diese Erkenntnis aber ist es zugleich fähig, sie aufzuheben; es unterscheidet sein Auffassen des Wahren von der Unwahrheit seines Wahrnehmens, korrigiert diese, und insofern es diese Berichtigung selbst vornimmt, fällt allerdings die Wahrheit, als Wahrheit des Wahrnehmens, in dasselbe. Das Verhalten des Bewußtseins, das nunmehr zu betrachten ist, ist also so beschaffen, daß es nicht mehr bloß wahrnimmt, sondern auch seiner Reflexion-in-sich bewußt ist und diese von der einfachen Auffassung selbst abtrennt.
Ich werde also zuerst des Dings als Eines gewahr und habe es in dieser wahren Bestimmung festzuhalten; wenn in der Bewegung des Wahrnehmens etwas dem Widersprechendes vorkommt, so ist dies als meine Reflexion zu erkennen. Es kommen nun in der Wahrnehmung auch verschiedene Eigenschaften vor, welche Eigenschaften des Dings zu sein scheinen; allein das Ding ist Eins, und von dieser Verschiedenheit, wodurch es aufhörte, Eins zu sein, sind wir uns bewußt, daß sie in uns fällt. Dies Ding ist also in der Tat nur weiß, an unser Auge gebracht, scharf auch, an unsere Zunge, auch kubisch, an unser Gefühl usf. Die gänzliche Verschiedenheit dieser Seiten nehmen wir nicht aus dem Dinge, sondern aus uns; sie fallen uns an unserem von der Zunge ganz unterschiedenen Auge usf. so auseinander. Wir sind somit das allgemeine Medium, worin solche Momente sich absondern und für sich sind. Hierdurch also, daß wir die Bestimmtheit, allgemeines Medium zu sein, als unsere Reflexion betrachten,[99] erhalten wir die Sichselbstgleichheit und Wahrheit des Dinges, Eins zu sein.
Diese verschiedenen Seiten, welche das Bewußtsein auf sich nimmt, sind aber, jede so für sich, als in dem allgemeinen Medium sich befindend betrachtet, bestimmt; das Weiße ist nur in Entgegensetzung gegen das Schwarze usf., und das Ding Eins gerade dadurch, daß es anderen sich entgegensetzt. Es schließt aber andere nicht, insofern es Eins ist, von sich aus – denn Eins zu sein ist das allgemeine Aufsichselbstbeziehen, und dadurch, daß es Eins ist, ist es vielmehr allen gleich –, sondern durch die Bestimmtheit. Die Dinge selbst also sind an und für sich bestimmte; sie haben Eigenschaften, wodurch sie sich von anderen unterscheiden. Indem die Eigenschaft die eigene Eigenschaft des Dinges oder eine Bestimmtheit an ihm selbst ist, hat es mehrere Eigenschaften. Denn fürs erste ist das Ding das wahre, es ist an sich selbst; und was an ihm ist, ist an ihm als sein eigenes Wesen, nicht um anderer willen; also sind zweitens die bestimmten Eigenschaften nicht nur um anderer Dinge willen und für andere Dinge, sondern an ihm selbst; sie sind aber bestimmte Eigenschaften an ihm nur, indem sie mehrere sich voneinander unterscheidende sind; und drittens, indem sie so in der Dingheit sind, sind sie an und für sich und gleichgültig gegeneinander. Es ist also in Wahrheit das Ding selbst, welches weiß und auch kubisch, auch scharf usf. ist, oder das Ding ist das Auch oder das allgemeine Medium, worin die vielen Eigenschaften außereinander bestehen, ohne sich zu berühren und aufzuheben; und so genommen wird es als das Wahre genommen.
Bei diesem Wahrnehmen nun ist das Bewußtsein zugleich sich bewußt, daß es sich auch in sich selbst reflektiert und in dem Wahrnehmen das dem Auch entgegengesetzte Moment vorkommt. Dies Moment aber ist Einheit des Dings mit sich selbst, welche den Unterschied aus sich ausschließt. Sie ist es demnach, welche das Bewußtsein auf sich zu nehmen hat; denn das Ding selbst ist das Bestehen der vielen verschiedenen[100] und unabhängigen Eigenschaften. Es wird also von dem Dinge gesagt: es ist weiß, auch kubisch und auch scharf usf. Aber insofern es weiß ist, ist es nicht kubisch, und insofern es kubisch und auch weiß ist, ist es nicht scharf usf. Das Ineinssetzen dieser Eigenschaften kommt nur dem Bewußtsein zu, welches sie daher an dem Ding nicht in Eins fallen zu lassen hat. Zu dem Ende bringt es das Insofern herbei, wodurch es sie auseinander und das Ding als das Auch erhält. Recht eigentlich wird das Einssein von dem Bewußtsein erst so auf sich genommen, daß dasjenige, was Eigenschaft genannt wurde, als freie Materie vorgestellt wird. Das Ding ist auf diese Weise zum wahrhaften Auch erhoben, indem es eine Sammlung von Materien und, statt Eins zu sein, zu einer bloß umschließenden Oberfläche wird.
Sehen wir zurück auf dasjenige, was das Bewußtsein vorhin auf sich genommen und jetzt auf sich nimmt, was es vorhin dem Dinge zuschrieb und jetzt ihm zuschreibt, so ergibt sich, daß es abwechslungsweise ebensowohl sich selbst als auch das Ding zu beidem macht, zum reinen, vielheitslosen Eins wie zu einem in selbständige Materien aufgelösten Auch. Das Bewußtsein findet also durch diese Vergleichung, daß nicht nur sein Nehmen des Wahren die Verschiedenheit des Auffassens und des in sich Zurückgehens an ihm hat, sondern daß vielmehr das Wahre selbst, das Ding, sich auf diese gedoppelte Weise zeigt. Es ist hiermit die Erfahrung vorhanden, daß das Ding sich für das auffassende Bewußtsein auf eine bestimmte Weise darstellt, aber zugleich aus der Weise, in der es sich darbietet, heraus und in sich reflektiert ist oder an ihm selbst eine entgegengesetzte Wahrheit hat.
Das Bewußtsein ist also auch aus dieser zweiten Art, sich im Wahrnehmen zu verhalten, nämlich das Ding als das wahre Sichselbstgleiche, sich aber für das Ungleiche, für das aus der Gleichheit heraus in sich Zurückgehende zu nehmen, selbst heraus, und der Gegenstand ist ihm jetzt diese ganze Bewegung, welche vorher an den Gegenstand und an das Bewußtsein verteilt war. Das Ding ist Eins, in sich reflektiert;[101] es ist für sich, aber es ist auch für ein Anderes, und zwar ist es ein anderes für sich, als es für [ein] Anderes ist. Das Ding ist hiernach für sich und auch für ein Anderes, ein gedoppeltes verschiedenes Sein, aber es ist auch Eins, das Einssein aber widerspricht dieser seiner Verschiedenheit; das Bewußtsein hätte hiernach dies Ineinssetzen wieder auf sich zu nehmen und von dem Dinge abzuhalten. Es müßte also sagen, daß das Ding, insofern es für sich ist, nicht für Anderes ist. Allein dem Dinge selbst kommt auch das Einssein zu, wie das Bewußtsein erfahren hat; das Ding ist wesentlich in sich reflektiert. Das Auch oder der gleichgültige Unterschied fällt also wohl ebenso in das Ding als das Einssein, aber, da beides verschieden, nicht in dasselbe, sondern in verschiedene Dinge; der Widerspruch, der an dem gegenständlichen Wesen überhaupt ist, verteilt sich an zwei Gegenstände.
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