Der Nichtigkeit dieses Anderen gewiß, setzt es für sich dieselbe als seine Wahrheit, vernichtet den selbständigen Gegenstand und gibt sich dadurch die Gewißheit seiner selbst als wahre Gewißheit, als solche, welche ihm selbst auf gegenständliche Weise geworden ist.

In dieser Befriedigung aber macht es die Erfahrung von der Selbständigkeit seines Gegenstandes. Die Begierde und die in ihrer Befriedigung erreichte Gewißheit seiner selbst ist bedingt durch ihn, denn sie ist durch Aufheben dieses Anderen; daß dies Aufheben sei, muß dies Andere sein. Das Selbstbewußtsein vermag also durch seine negative Beziehung ihn nicht aufzuheben; es erzeugt ihn darum vielmehr wieder, so wie die Begierde. Es ist in der Tat ein. Anderes als das Selbstbewußtsein, das Wesen der Begierde; und durch diese Erfahrung ist ihm selbst diese Wahrheit geworden. Zugleich aber ist es ebenso absolut für sich und ist dies nur durch Aufheben des Gegenstandes, und es muß ihm seine Befriedigung[143] werden, denn es ist die Wahrheit. Um der Selbständigkeit des Gegenstandes willen kann es daher zur Befriedigung nur gelangen, indem dieser selbst die Negation an ihm vollzieht; und er muß diese Negation seiner selbst an sich vollziehen, denn er ist an sich das Negative, und muß für das Andere sein, was er ist. Indem er die Negation an sich selbst ist und darin zugleich selbständig ist, ist er Bewußtsein. An dem Leben, welches der Gegenstand der Begierde ist, ist die Negation entweder an einem Anderen, nämlich an der Begierde, oder als Bestimmtheit gegen eine andere gleichgültige Gestalt oder als seine unorganische allgemeine Natur. Diese allgemeine selbständige Natur aber, an der die Negation als absolute ist, ist die Gattung als solche oder als Selbstbewußtsein. Das Selbstbewußtsein erreicht seine Befriedigung nur in einem anderen Selbstbewußtsein.

In diesen drei Momenten ist erst der Begriff des Selbstbewußtseins vollendet: a) reines ununterschiedenes Ich ist sein erster unmittelbarer Gegenstand, b) Diese Unmittelbarkeit ist aber selbst absolute Vermittlung, sie ist nur als Aufheben des selbständigen Gegenstandes, oder sie ist Begierde. Die Befriedigung der Begierde ist zwar die Reflexion des Selbstbewußtseins in sich selbst oder die zur Wahrheit gewordene Gewißheit, c) Aber die Wahrheit derselben ist vielmehr die gedoppelte Reflexion, die Verdopplung des Selbstbewußtseins. Es ist ein Gegenstand für das Bewußtsein, welcher an sich selbst sein Anderssein oder den Unterschied als einen nichtigen setzt und darin selbständig ist. Die unterschiedene, nur lebendige Gestalt hebt wohl im Prozesse des Lebens selbst auch ihre Selbständigkeit auf, aber sie hört mit ihrem Unterschiede auf, zu sein, was sie ist; der Gegenstand des Selbstbewußtseins ist aber ebenso selbständig in dieser Negativität seiner selbst; und damit ist er für sich selbst Gattung, allgemeine Flüssigkeit in der Eigenheit seiner Absonderung; er ist lebendiges Selbstbewußtsein.

Es ist ein Selbstbewußtsein für ein Selbstbewußtsein. Erst hierdurch ist es in der Tat; denn erst hierin wird für es die[144] Einheit seiner selbst in seinem Anderssein; ich, das der Gegenstand seines Begriffs ist, ist in der Tat nicht Gegenstand; der Gegenstand der Begierde aber ist nur selbständig, denn er ist die allgemeine unvertilgbare Substanz, das flüssige sichselbstgleiche Wesen. Indem ein Selbstbewußtsein der Gegenstand ist, ist er ebensowohl Ich wie Gegenstand. – Hiermit ist schon der Begriff des Geistes für uns vorhanden. Was für das Bewußtsein weiter wird, ist die Erfahrung, was der Geist ist, diese absolute Substanz, welche in der vollkommenen Freiheit und Selbständigkeit ihres Gegensatzes, nämlich verschiedener für sich seiender Selbstbewußtsein[e], die Einheit derselben ist; Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist. Das Bewußtsein hat erst in dem Selbstbewußtsein, als dem Begriffe des Geistes, seinen Wendungspunkt, auf dem es aus dem farbigen Scheine des sinnlichen Diesseits und aus der leeren Nacht des übersinnlichen Jenseits in den geistigen Tag der Gegenwart einschreitet.[145]

 

A. Selbständigkeit und Unselbständigkeit des Selbstbewußtseins; Herrschaft und Knechtschaft

Das Selbstbewußtsein ist an und für sich, indem und dadurch, daß es für ein Anderes an und für sich ist; d.h. es ist nur als ein Anerkanntes. Der Begriff dieser seiner Einheit in seiner Verdopplung, der sich im Selbstbewußtsein realisierenden Unendlichkeit, ist eine vielseitige und vieldeutige Verschränkung, so daß die Momente derselben teils genau auseinandergehalten, teils in dieser Unterscheidung zugleich auch als nicht unterschieden oder immer in ihrer entgegengesetzten Bedeutung genommen und erkannt werden müssen. Die Doppelsinnigkeit des Unterschiedenen liegt in dem Wesen des Selbstbewußtseins, unendlich oder unmittelbar das Gegenteil der Bestimmtheit, in der es gesetzt ist, zu sein. Die Auseinanderlegung des Begriffs dieser geistigen Einheit[145] in ihrer Verdopplung stellt uns die Bewegung des Anerkennens dar.

Es ist für das Selbstbewußtsein ein anderes Selbstbewußtsein; es ist außer sich gekommen. Dies hat die gedoppelte Bedeutung: erstlich, es hat sich selbst verloren, denn es findet sich als ein anderes Wesen; zweitens, es hat damit das Andere aufgehoben, denn es sieht auch nicht das Andere als Wesen, sondern sich selbst im Anderen.

Es muß dies sein Anderssein aufheben; dies ist das Aufheben des ersten Doppelsinnes und darum selbst ein zweiter Doppelsinn; erstlich, es muß darauf gehen, das andere selbständige Wesen aufzuheben, um dadurch seiner als des Wesens gewiß zu werden; zweitens geht es hiermit darauf, sich selbst aufzuheben, denn dies Andere ist es selbst.

Dies doppelsinnige Aufheben seines doppelsinnigen Andersseins ist ebenso eine doppelsinnige Rückkehr in sich selbst, denn erstlich erhält es durch das Aufheben sich selbst zurück, denn es wird sich wieder gleich durch das Aufheben seines Andersseins; zweitens aber gibt es das andere Selbstbewußtsein ihm wieder ebenso zurück, denn es war sich im Anderen, es hebt dies sein Sein im Anderen auf, entläßt also das Andere wieder frei.

Diese Bewegung des Selbstbewußtseins in der Beziehung auf ein anderes Selbstbewußtsein ist aber auf diese Weise vorgestellt worden als das Tun des Einen; aber dieses Tun des Einen hat selbst die gedoppelte Bedeutung, ebensowohl sein Tun als das Tun des Anderen zu sein; denn das Andere ist ebenso selbständig, in sich beschlossen, und es ist nichts in ihm, was nicht durch es selbst ist. Das erste hat den Gegenstand nicht vor sich, wie er nur für die Begierde zunächst ist, sondern einen für sich seienden selbständigen, über welchen es darum nichts für sich vermag, wenn er nicht an sich selbst dies tut, was es an ihm tut. Die Bewegung ist also schlechthin die gedoppelte beider Selbstbewußtsein[e]. Jedes sieht das Andere dasselbe tun, was es tut; jedes tut selbst, was es an das Andere fordert, und tut darum, was es tut, auch nur[146] insofern, als das Andere dasselbe tut; das einseitige Tun wäre unnütz; weil, was geschehen soll, nur durch beide zustande kommen kann.

Das Tun ist also nicht nur insofern doppelsinnig, als es ein Tun ebensowohl gegen sich als gegen das Andere, sondern auch insofern, als es ungetrennt ebensowohl das Tun des Einen als des Anderen ist.

In dieser Bewegung sehen wir sich den Prozeß wiederholen, der sich als Spiel der Kräfte darstellte, aber im Bewußtsein. Was in jenem für uns war, ist hier für die Extreme selbst. Die Mitte ist das Selbstbewußtsein, welches sich in die Extreme zersetzt; und jedes Extrem ist diese Austauschung seiner Bestimmtheit und absoluter Übergang in das entgegengesetzte.