Ich will's also
kurz machen, und euch sagen, daß sich der junge Paris um euch bewirbt.
Amme. Ein Mann, junges Fräulein, ein Mann, dessen gleichen in der ganzen Welt – – Sapperment! es ist ein Mann wie in Wachs boßiert.
Lady Capulet. Verona's Sommer hat keine schönere Blume.
Amme. Das ist wahr, er ist eine Blume; mein Treu, eine wahre Blume.
Lady Capulet. Was sagt ihr dazu? Gefällt euch der Cavalier? Ihr werdet ihn diese Nacht bey unserm Gastmahl sehen; beobachtet ihn recht,
ihr werdet gestehen müssen, daß nichts liebenswürdigers seyn kan. Er ist eurer würdig, und wird euch glüklich machen6 – – Doch, ihr habt ihn ja sonst schon gesehen; sagt, mit einem Wort, könnt ihr euch seine Liebe gefallen lassen?
Juliette. Ich will ihn erst genauer betrachten; alles was ich izt sagen kan, ist, daß meine Augen allezeit durch euern Willen geleitet
werden sollen.
Ein Bedienter zu den Vorigen.
Bedienter. Gnädige Frau, die Gäste sind angekommen, das Essen ist aufgetragen, man wartet auf Euer Gnaden und mein junges Fräulein,
man flucht auf die Amme im Speißgewölbe, und alles ist in der Extremität. Ich muß wieder zur Aufwartung; ich bitte euch, kommet
augenbliklich.
Lady Capulet. Wir kommen – – Juliette, es wird den Grafen nach dir verlangen.
Amme. Geh, Mädchen, und suche zu deinen guten Tagen auch glükliche Nächte.
Sie gehen ab.
Fünfte Scene
Eine Strasse vor Capulets Haus.
Romeo, Mercutio, Benvolio mit fünf oder sechs andern Masken, Fakel-Trägern und Trummeln.
Romeo. Wie, soll diese Rede unsre Entschuldigung machen, oder wollen wir ohne Apologie auftreten?
Benvolio. Diese Weitläufigkeiten sind nicht mehr Mode. Wir brauchen keinen Cupido, mit einer Schärpe von Flittergold und einem gemahlten
Tartar-Bogen von Schindeln, der die armen Mädchen, wie ein Vögel-Schrek die Krähen, zu fürchten macht. Sie mögen von uns halten
was sie wollen, wenn wir ihnen nicht gefallen, oder sie uns nicht, so gehen wir wieder.
Romeo. Gebt mir eine Fakel; ich bin nicht im Humor, Sprünge zu machen.
Mercutio. Nicht doch, mein lieber Romeo, ihr müßt eins tanzen.
Romeo. Ich gewiß nicht, das glaubt mir; ihr habt Tanzschuhe mit dünnen Solen, ich habe eine Seele von Bley,7 die mich so zu Boden zieht, daß ich nicht von der Stelle kommen kan.
Mercutio. Ihr seyd ein Liebhaber; borgt dem Cupido seine Flügel ab, und schwingt euch damit empor.8
Romeo. Ich bin zu hart von seinem Pfeil verwundet, als daß ich mich auf seinen Flügeln erheben könnte – –
Mercutio. Gebt mir ein Futteral, worein ich mein Gesicht steken kan – – (Er nimmt seine Maske ab.) – – Eine Maske für ein Frazen-Gesicht! – – wozu brauch ich eine Maske? Es wird niemand so vorwizig seyn, ein Gesicht wie
das meinige genau anzusehen.
Benvolio. Kommt, wir wollen anklopfen und hineingehn; und wenn wir einmal drinn sind, dann mag ein jeder seinen Füssen zusprechen.
(Hier fallen noch etliche sinnreiche Wizspiele von der grammaticalischen Art, zwischen Mercutio und Romeo weg.)
Romeo. Wir gedenken uns bey diesem Ball eine Kurzweil zu machen, und doch sind wir nicht klug, daß wir gehen.
Mercutio. Warum, wenn man fragen darf?
Romeo. Mir träumte vergangne Nacht – –
Mercutio. Mir auch.
Romeo. Gut, was träumte euch?
Mercutio. Daß Träumer manchmal lügen.
Romeo. Ja, in ihrem Bette,9 wo sie oft wahre Dinge träumen.
Mercutio. O, dann seh ich, daß ihr einen Besuch von der Königin Mab gehabt habt.
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