Wie, Mann? Es ist noch nicht so lang, es ist noch nicht so lang; es war an Lucentio's Hochzeit; es wird auf kommende Pfingsten
fünf und zwanzig Jahre, daß wir in Masken tanzten.
2. Capulet. Es ist mehr, es ist mehr; sein Sohn ist älter, Herr; sein Sohn hat schon dreißig.
1. Capulet. Das werdet ihr mir nicht weiß machen; sein Sohn war vor zwey Jahren noch nicht mündig.
Romeo (in einem andern Theil des Saals.)
Wer ist die junge Dame, die dort jenem Ritter die Hand giebt?
Bedienter. Ich weiß es nicht.
Romeo. O, sie glänzt mehr als alle diese Fakeln zusammen genommen; ihre Schönheit hängt an der Stirne der Nacht, wie ein reiches
Kleinod an eines Mohren Ohr: Und welch eine Schönheit! Sie ist zu reich zum Gebrauch, und zu kostbar für diese Erde. So glänzt
die schneeweisse Daube aus einem Schwarm von Krähen, wie dieses Fräulein unter ihren Gespielen glänzt. Wenn der Tanz vorbey
ist, will ich mir den Plaz merken, wo sie steht, und ihr meine Hand geben. Welch eine Glükseligkeit ihre Hand zu berühren!
– – Nein, ich habe noch nie geliebt – – Schwör es, mein Auge; vor dieser glüklichen Nacht wußtest du nicht, was Schönheit
ist.
Tybalt (der dem Romeo bey den lezten Worten sich nähert.)
Der Stimme nach sollte dieß ein Montague seyn – – hol mir einen Degen, Junge – – wie? der Sclave darf sich erfrechen in einer
Maske hieher zu kommen, und unsrer feyerlichen Lust zu spotten? Nein, bey der bejahrten Ehre meines Geschlechts, es ist keine
Sünde, den Nichtswürdigen zu todt zu schlagen.
Capulet. Wie, wie, Vetter? Warum so stürmisch?
Tybalt. Oheim, hier ist einer unsrer Feinde, ein Montague; ein Bube der gekommen ist, uns unter die Nase zu lachen, und unsre Familien-Freude
zu stören – –
Capulet. Ist es vielleicht der junge Romeo?
Tybalt. Er selbst, der Schurke Romeo!
Capulet. Gieb dich zu frieden, lieber Vetter, laß ihn gehen; er sieht einem jungen wakern Edelmann gleich; und, wenn ich die Wahrheit
sagen soll, er hat den Ruf eines tugendhaften wohlgesitteten Jünglings, der Verona Ehre macht. Ich wollte nicht um unsre ganze
Stadt, daß ihm in meinem Hause was zu Leide gethan würde. Seyd also ruhig, thut als ob ihr ihn nicht kennet; ich will es so
haben, und wenn ihr einige Achtung für mich habt, so heitert eure Stirne auf, und macht keine Gesichter, die sich so übel
zu einer Lustbarkeit schiken.
Tybalt. Sie schiken sich, wenn ein solcher Bube sich zum Gast aufdringt: ich will ihn nicht dulden!
Capulet. Das sollt ihr aber! Wie, Herr Junge? – – Ihr sollt, sag ich – – Geht, geht, bin ich hier Meister oder ihr? Geht, geht – –
Ihr wollt ihn nicht dulden? Hol mich Gott, ihr würdet mir einen feinen Lermen unter meinen Gästen anrichten! Ihr wollt mir
hier den Eisenfresser machen? Gelt, das wollt ihr?
Tybalt. Wie, Oehm, es ist eine Schande – –
Capulet. Geht, geht, ihr seyd ein abgeschmakter Knabe – – (auf die Seite zu einem von der Gesellschaft.) Ist es so, in der That? – – (zu Tybalt) ihr könnt was anfangen, das euch gereuen wird, ich weiß was ich sage – – (Seitwärts;) wohl gesprochen, meine Kinder – – (zu Tybalt,) Ihr seyd ein Hasenfuß, geht – – seyd ruhig, oder – – (seitwärts.) Mehr Lichter, mehr Lichter, es ist eine Schande, so dunkel ist's – – (zu Tybalt) ich will euch ruhig machen – – (Seitwärts:) Wie, munter, meine Herzen!
Tybalt. Geduld und Zorn vertragen sich nicht wohl bey mir zusammen; sie stossen, indem sie sich begegnen, die Köpfe so hart an einander
an, daß mir alle Glieder davon wakeln. Ich will mich entfernen, aber er soll mir diese Zudringlichkeit bezahlen!
(Tybalt geht ab.)
Romeo (zu Juliette.)
10 [Wenn meine unwürdige Hand diesen heiligen Leib entweiht hat, so laß dir diese Busse gefallen: Meine Lippen, zween erröthende
Pilgrimme, stehen bereit den Frefel, mit einem zärtlichen Kuß abzubüssen.
Juliette. Ihr thut eurer Hand unrecht, mein lieber Pilgrim; sie hat nichts gethan, als was die bescheidenste Andacht zu thun pflegt;
Heilige haben Hände, die von den Händen der Wallfahrenden berührt werden, und Hand auf Hand ist eines Pilgrims Kuß.
Romeo. Haben Heilige nicht Lippen, und andächtige Pilgrimme auch?
Juliette. Ja, Pilgrim, sie haben Lippen, aber zum Beten.
Romeo. O so erlaube, theure Heilige, erlaube den Lippen nur, was du den Händen gestattest; sie bitten, (und du, erhöre sie,) daß
du den Glauben nicht in Verzweiflung fallen lassest.
Juliette. Heilige rühren sich nicht, wenn sie gleich unser Gebet erhören.
Romeo. O so rühre du dich auch nicht, indem ich mich der Würkung meines Gebets versichre – – (Er küßt sie.) Die Sünde meiner Lippen ist durch die deinige getilgt.]
Juliette. Also tragen nun meine Lippen die Sünde, die sie von den deinigen weggenommen haben.
Romeo.
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