Sie waren Wilde, die nur das Recht des Stockes und der Peitsche anerkannten. Nie hätte er solche Kämpfe für möglich gehalten, wie sie sich hier abspielten, und nie würde er den Tag vergessen, an dem er zum erstenmal einem solchen Kampf zusehen mußte, dem Curly zum Opfer fiel. Die Lehre, die er daraus zog, blieb ihm unvergeßlich.
Sie lagerten in der Nähe eines großen Holzstoßes, als Curly in ihrer freundlichen Art an einem Wolfshund herumschnüffelte. Ohne Warnung, ohne Knurren machte der Köter einen blitzartigen Satz, ein metallisches Zuschnappen der Zähne folgte, und Curlys Schnauze war von den Augen bis zum Kiefer aufgerissen.
Dieses blitzschnelle Zuschlagen entsprach der Kampfesweise der Wölfe, ebenso der weitere Verlauf des Streites. Dreißig oder vierzig Huskies, so hießen die zottigen Polarhunde, kamen herbeigelaufen und umkreisten schweigend mit einem gierigen Ausdruck die Kämpfenden.
Buck verstand nicht, was sie wollten, begriff nicht diese schweigende Erwartung. Curly sprang in heller Wut auf ihren Gegner los, der aber geschickt auswich, gleichzeitig aber doch Gelegenheit fand, sie wieder zu beißen. Nochmals griff Curly an, und nochmals verstand der Wolfshund sich zu decken, dann warf er sich so kräftig auf Curly, daß diese das Gleichgewicht verlor, taumelte und zu Boden fiel. Sie kam nicht mehr hoch. Darauf hatten die Huskies gewartet. Sie stürzten sich heulend über sie her, und die Hündin wurde, vor Schmerz jaulend, unter einem Knäuel struppiger Hundeleiber begraben.
So plötzlich und unerwartet war dies alles geschehen, daß Buck der Atem wegblieb. Er sah, wie Spitz voll Schadenfreude seine scharlachrote Zunge herausstreckte, er sah, wie François eine Axt ergriff und in die kämpfende Meute sprang. Drei Männer, mit Knütteln bewaffnet, halfen ihm, sie auseinander zu treiben. Nach ein paar Minuten war der Platz leergefegt, nur Curly lag schlaff und leblos, eine blutige Masse, auf dem weißen, zertrampelten Schnee, buchstäblich in Stücke zerrissen. Das Halbblut stand daneben und fluchte wütend.
Buck konnte diesen Anblick niemals mehr vergessen, selbst im Traum noch wurde er von ihm verfolgt. Jetzt wußte er, wie es hier war: keine Ritterlichkeit, kein ehrliches Spiel. Wer am Boden lag, kam nicht mehr auf, war erledigt. Sich nicht unterkriegen zu lassen, das war die Hauptsache. Spitz stand noch immer da, ließ seine Zunge heraushängen, und Schadenfreude glänzte aus seinen Augen. Von diesem Augenblick an haßte ihn Buck mit einem bitteren, nie endenden Groll. Spitz hatte einen Todfeind erhalten.
Noch ehe Buck sich von dem schrecklichen Ende Curlys erholt hatte, wurde er aufs neue beunruhigt. François schnallte ihm wie einem Pferd Riemen und Seile an. Und wie ein Pferd spannte man ihn mit den anderen Hunden vor einen Schlitten. Er mußte François in den Wald ziehen und mit einer Ladung Brennholz zurückkehren. Er war zum Arbeitstier geworden. Seine Würde war schwer verletzt, aber er war zu klug, sich dagegen aufzulehnen. Er unterwarf sich und tat sein Bestes, obwohl ihm alles neu und fremd war. François war ein strenger Herr und verlangte unbedingten Gehorsam, den er sich mit seiner Peitsche verschaffte.
Dave war ein erfahrener Zughund und schnappte sofort nach Buck, wenn dieser etwas falsch machte, während Spitz, der als Leithund ganz vorne ging, nur drohend knurrte oder sich so geschickt mit seinem Gewicht in die Stange warf, daß Buck in die richtige Spur zurückgezogen wurde. Buck lernte leicht, und unter der Aufsicht seiner Kameraden und des Halbblutes machte er schnell Fortschritte. Nach seiner ersten Fahrt schon wußte er, daß er bei »Brr!« stehenbleiben, bei »Hüh!« anziehen mußte. Er lief die Kurven in einem großen Bogen aus und hielt sich von den Kufen fern, wenn der beladene Schlitten bergab schoß.
»Drei sehr gute Hunde«, sagte François zu Perrault.
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