Sinngedichte
Logau, Friedrich von
Sinngedichte
Friedrich von Logau
Sinngedichte
An den Leser
Günstiger, geliebter Leser; ich halte dafür, daß diese meine Sinngedichte viel fürredens oder fürsprechens nicht bedürffen; denn ich werde alle Köpffe unter meinen Hut doch nicht bringen, nemlich niemanden zwingen, daß er meine Gedanken müsse gut heissen. Allerding es nicht möglich in einem Garten zu verwehren, daß auff die Blumen nicht so wol Spinnen als Bienen fallen. Ich gedenke nur etwas weniges vom Reimenmasse; einmal, daß die Endungen der Reime zusammenstimmen nur nach unserer Mund-Art, wo sie geschrieben; denn, wie es vielleicht frembden dannenher nicht füglich lauten möchte, wie wir die selblautenden Buchstaben außsprechen, also würde es auch in unsren Ohren übel klingen, zu reden, wie die frembden reden, also daß es nur nöthig scheinet, im Reime sich deß einheimischen Außspruches zu gebrauchen. Nachmals, daß die einsylbigen oder einigliedrigen Worte, welche in der deutschen Sprache fast das meiste außmachen, ich bald lang, bald kurtz gesetzet, offters in einem Reime, nicht so wol auß übersehen, als daß der Beylaut im lesen und reden alsdenn so fället, welcher ohne dieses im Reimschreiben fast die beste Richtschnur ist. Sonst, daß ich die Poetischen Lateinischen Namen behalten, auch wol selbst eigene nach Lateinischer Art zu zeiten erfunden, geschiehet darumb, daß jene schon Bürgerschafft bey den Deutschen gewonnen und gar geläuffig, meine Sachen auch schwerlich so tieff unter den gemeinen Pöfel gerathen werden, (ehe unter die, so der Poeterey kündig,) die neuen deutschen Namen aber noch etwas hart, ungewöhnlich, jo wol mehr unverständlich als die Lateinischen kommen, diese zur Sache sich füglicher schicken wollen, als im Deutschen, weil doch jede Sprache ihre eigene Art und Geist hat, welcher einer andern Sprache nicht gerne dienen und sich unterwerffen wil. Der Innhalt dieser Getichte handelt meistens von Sachen, die im gemeinen Leben fürkommen, daß dannenher offtmals mit dem gemeinen Wahn und niedriger Art geredet wird. Und weil die Sinn-Getichte für kurtze Stichel-Getichte, die Stichel-Getichte für lange Sinn-Getichte gehalten sind, wird mir zugelassen sein, so ich offters etwas frey gehe, in deme ich doch nur fürhabe die Laster zu verhöhnen, nicht aber zu billichen und stärcken. Im übrigen, ob meiner Person anständig, dergleichen Sachen ans Liecht zu lassen, muß ich das Urtheil leiden; das weiß ich aber, ist dem Leibe vergönnet zu ruhen, ist dem Gemüte auch zugelassen, bißweilen zu spielen. Gehab dich wol, lieber Leser; bleibe wol gesinnet, und so ich geirret, so denke, daß du auch irrest, so du anders ein Mensch bist.
Salomon von Golaw,
der Verkleinernde.
Salomons von Golaw Deutscher Sinn-Getichte erstes Tausend
Scaliger von der Poeterey oder Tichtkunst im 3 Buch in der 125 Abtheilung:
Ein (Epigramma) Sinn-Getichte ist ein kurtz Getichte, welches schlecht hin von einem Dinge, einer Person oder derer Beginnen etwas anzeiget oder auch etwas fürher setzet, darauß es etwas gewisses schliesse und folgere.
Hans Ulrich Müffling in seinen Blumen auß deß Scaligers Schrifften im dritten Brieffe oder Sendschreiben:
Man muß die nicht hören, welche schreyen, daß durch Übung in der Tichterey, (die Zeit) welche ernstern und wichtigern Wissenschafften zustehet, vergebens und unfüglich verschwendet werde. Denn so man hierinnen Maß hält, fehlet es nun so viel, daß das Gemüte damit solle ermüdet werden, daß sie vielmehr zu schärfferm und genauerm Nachdencken dich wacker und munter mache.
Daselbst weiter:
Die Tichterey ist anders nichts, als ein Abbildung vielerley Dinge, welche die menschlichen Gemüter abzeucht und gleichsam saubert durch zierliche und schickliche Fügnüß vom Rost und Staube deß Überdrusses.
Desz ersten Tausend erstes Hundert
1.
An etliche Lobsprecher eines verstorbenen Heldens
Ihr klugen, derer Faust die Feder embsig führet,
Zu klagen dessen Tod, der an die Wolken rühret
Durch Thaten ohne gleich, durch Thaten, die der Welt
Deß Himmels kurtze Gunst hat einig fürgestellt
Zum Eigenthum zwar nicht, zum Wunder aber allen,
So weit der Titan leucht; der Mut mag euch entfallen,
Daß diß, wo ewig Ding genug zu schaffen hat,
Die Feder enden soll und ein papiernes Blat.
Weicht ab von da, wo Fleiß gar schwerlich Frucht gewinnet;
Klagt nichts so sehr als diß, daß klagen ihr nicht könnet.
2.
Hochzeit-Wuntsch
So lebt nun, liebes Paar, lebt zwischen Krieg und morden
In dennoch süsser Ruh und in dem schönen Orden
Der lieben Einigkeit; lebt, daß deß Glückes neiden
Muß Euch und euer Thun stets fliehen und vermeiden!
So wüntschen etwas gilt, so woll auch diß Gott geben,
Daß ihr, wenn ihr seid tod, noch lange möget leben,
Viel Söhne, daß man denn nach euch, dem Vater, nennet,
So viel der Töchter auch nach euch, der Mutter, kennet.
3.
Über die Schäferey Amœna eines ungenannten Freundes
Musa, Venus, Charis schauet,
Wie Amœna Staffeln bauet,
Auffzusteigen euren Thron.
Gebt ihr Raum zur rechten Seite;
Schaffet, daß man ihr bereite
Eine frische Lorber-Kron'.
Phöbus lehnt ihr seinen Wagen,
Ihren Ruhm herumb zu tragen
Durch das blaue Sternen-Feld.
Hermes soll die Flügel fassen,
Daß sie sei, verkünden lassen,
Zu dem ewig-seyn gesellt.
Billich! denn so hohe Sinnen
Müssen andren Dank gewinnen,
Als ein kriechend Erde-Geist,
Den man aus dem eignen nennen
Dennoch nicht mag recht erkennen,
Weil er andres ist als heist.
Sinnen, die vom Himmel kommen,
Werden billich aufgenommen
In das reine Himmel-klar,
Da der schwartzen Erde Schatten
Glantz und Flammen ihrer Thaten
Nimmermehr vertunkeln thar.
4.
Waffen-Anstand
Von Anstand und von Fried und vielen schönen Dingen
Will Fama dieser Zeit ein neues Liedlein singen;
Doch weiß ich nicht, obs neu. Der Anstand ist gar alt;
Der Fried' ist auch für längst gar recht, gar wol bestalt.
Was darff ein Anstand sein, wo nie man noch gestritten?
Da Waffen und ihr Brauch nach dieses Krieges Sitten
Gleichwie in einem Spiel nur bloß zum Scherz und Schein
Und daß sie nicht der Rost zerfreß, in Händen sein?
Was darff ein Anstand sein, wo nie kein Feind sich findet,
Der zu bekriegen steht, und wo man sich nur gründet
Auf Meinung, unser Land nach draußgeschöpfftem Nutz
Alsdenn dem lieben Gott zu geben in den Schutz?
Was darff ein Anstand sein, wo man die Krieges-Kinder
Gar glimpf- und gütlich meint und bloß die feisten Rinder
Sambt ihrer jungen Art um etwa Pferd und Schwein,
Schaaf, Hun, Han, Ente, Gans läst seine Feinde sein?
Der Fried' ist lange schon in unsre Gräntzen kommen,
Da jene viel zwar uns, wir ihnen nichts genommen,
Indem wir uns bemüht, (o eine feine Kunst!)
Zu brechen ihren Trotz durch unsre gute Gunst.
Es ist ja Fried' und Ruh im Lande gantz die Völle;
Das Feld hält Sabat-Tag; der Acker liget stille
Und duldet nicht wie vor, daß ihm viel Wunden schlug
Deß Bauers frecher Arm und ein tyrannisch Pflug.
Es ist ja Friede da; man darf ja mehr nicht sorgen,
Wie jeder Hab und Gut für Dieben hält verborgen
In sicherem Gemach; es bleibt ja Gold und Geld
In festem Hause so, wie durch das offen Feld.
Hierum singt Fama falsch von Anstand und von Friede;
Ihr Sinn sei dieser denn, daß, weil die Welt ist müde
Der alten deutschen Treu, nur mit Betrieglichkeit
Man habe steten Fried' und Krieg mit Redligheit.
5.
Schertz vom Flachs-Nutze
Gewiß, der liebe Flachs ist gar ein nützes wesen;
Der, der es wo nicht glaubt, mag diese Reime lesen:
Ein Mägdlein gieng zu Stuhl und thät, ich weiß nicht was,
Da, war das Hembd ihr gut, sonst wär sie noch wol naß.
6.
Tag und ein Tages-Wuntsch
Die Nacht ist nun dahin; die Sonn ist wieder kommen;
Der Schlaf, deß Todes Bild, ist weg von uns genommen.
Herr Gott, du reines Liecht, laß ferne von mir sein
Der Sünden finstre Werk und gib mir deinen Schein!
Laß mich dein werthes Wort frei öffentlich bekennen;
Laß mich in deiner Lieb und meines Nechsten brennen;
Laß meinen Sinn und Geist seyn wacker für und für
Zu thun, was mir gebührt und wol gefället dir!
Und so mein müder Leib noch länger soll beschauen
Das Unrecht dieser Welt und dieses Elend bauen:
Herr Gott, so gib Geduld, verleih' beständigkeit;
Laß scheinen deinen Trost und hilff zu rechter Zeit!
Laß mir mein Augen nicht von eitlen Dingen blenden,
Nach köstlich Ding der Welt von dir mein Hertze wenden;
Hilff, daß ich mich nicht theil und bleibe gantz an dir,
Auff daß du, höchstes Gutt, mögst bleiben auch in mir!
Wenn endlich denn mein Liecht und Leben muß vergehen,
So laß mich dort gantz schön und wie verkläret stehen
Da, wo du Sonnenstral, voll von Gerechtigkeit,
Schön hell erleuchten wirst die selig Ewigkeit!
7.
Nacht und ein Nacht-Wuntsch
Die Mutter unsrer Ruh, die Arznei vieler Sorgen,
Die finstre Nacht ist da; die Sonne geht verborgen;
Die halbe Welt ist schwartz, ist traurig ohne Liecht,
Ist gleichsam mehr nicht da, lebt zwar, lebt doch auch nicht.
Herr Gott, du heller Glantz, laß unser Herz und Sinnen
Im Finstren nimmer seyn; gib, daß sie wachen können
Auch mitten in dem Schlaf, auff daß dein Göttlich Schein
Mög' unsrer Seele Liecht und helle Fackel seyn!
Wenn wir deß Kummers Last zu unsren Haupten legen,
So laß sich deinen Geist in unsrem Geiste regen
Und schaffe, daß die Nacht, wenn uns der Tag erweckt,
Der Sünden schnöde Bürd' in allem hat verdeckt!
Laß deiner Engel Dienst auch uns zu Dienste kommen!
Gib, daß von unsrem Haupt sey Schad' und Schmach genommen,
Auff daß der starke Feind, der schwartze Fürst der Nacht,
Deß Leibes süsse Ruh uns nicht verbittert macht!
Und so es so soll seyn, daß heut ich noch soll gehen
Deß Todes finstren Gang, so wollstu bei mir stehen
Und gehen für mir her ins Leben durch den Tod,
In Himmel auß der Welt, zur Freude von der Noth!
8.
Das Gebete
Wenn die Welt mit Menschen kriegt,
Muß der Mensch mit Gotte kriegen.
Weil die Noth uns gegenliegt,
Müssen wir für Gotte liegen
Und durch Beten endlich siegen.
9.
Verleumbder
Ich kenn ein höllisch Volck, die Brüder der Erinnen,
Ein Volck von süsser Zung' und von vergifften Sinnen,
Das zwischen Mund und Hertz, das zwischen Wort und That
Hat einen engen Raum, wie Ost und Westen hat.
Es lobt mich im Gesicht, es schändet mich im Rücken,
Es wil durch meine Schmach sein eignes Laster schmücken;
Es sehnet sich empor, verachtet alle Welt
Und hat genug an dem, daß ihm es selbst gefällt.
Was ist mir denn zu thun? Sonst wil ich nichts ihm gönnen,
Als daß sein falsches Maul mög' einen Stand gewinnen,
Wo sonst durch holen Grund ein stinkend Athem zeucht,
Der auff die Fersen zielt und in die Nasen kreucht.
10.
Wein-Lust
Wer mit Bacchus kämpffen wil,
Hüte sich und trau nicht viel.
Erstlich schlägt er auff die Beine;
Trifft er dich, so bist du seine.
11.
Mein und dein
Alles machet mein und dein,
Daß man nicht kann friedlich seyn.
12.
Bücher-lesen
Wie die Honigmacherinnen
Auß viel Blumen saugen künnen
Ihren süssen Nectar-Safft:
So auch unsre Wissenschafft
Wächst durch unverseumtes lesen
In ein gleichsam Göttlich Wesen.
13.
Brautschrifft
All ihr Künstler in der Welt,
Derer kühnes Auge-schauen
Euch so viel kan Häuser bauen
In das blaue Götter-Feld:
Könnt ihr nicht voran mir sagen,
Was sich gutes zu wird tragen,
Wenn sich Mars zu Venus stellt
In dem schönen Jungfern-Zeichen?
Tycho sage, was er wil;
Fehl ich, fehl ich doch nicht viel:
Kinder werden dannen reichen,
Die deß Vaters tapffren Sinn
Und der Mutter schönes Kinn
Lieblich werden abegleichen.
14.
Grabschrift eines Speise- oder Kuchelmeisters
Der hier begraben liegt, der hielt sehr viel vom essen
Und kan im Grabe noch des essens nicht vergessen;
Denn weil er selbst nicht mehr die Essens-Lust kan büssen,
Gibt er sein eigen Fleisch den Würmen zu geniessen.
15.
Von der Phyllide
Eines Morgens schaut ich gehen
Phyllis vor den Rosenstrauch,
Da sie nach gewohntem Brauch
Seine Zierden sahe stehen.
Damals kont ich nicht vergleichen
Welches unter ihnen wol,
Weil sie beid an Schönheit voll,
Von dem Siege solte weichen.
Ob die Phyllis angenommen
Von den Rosen ihre Zier,
Oder ob vielleicht von ihr
Solche solchen Schein bekommen,
War gar übel zu bescheiden;
Denn ich hatt in ihren Glantz
Mich vertieffet also gantz,
Muste nur die Augen weiden.
Endlich hab ich doch erfahren,
Als der Sonne güldnes Rad
Traff den letzten Tages-Grad,
Daß die Rosen Diebe waren;
Weil sie hatten wollen gleichen
Und der Phyllis stehlen ab
Ihrer Farbe schönste Gab,
Musten bald sie drauff verbleichen.
16.
Hochzeit-Wuntsch
Lebt, liebes Paar, mit Gott; lebt, liebes Paar, mit Segen;
Lebt, liebes Paar, im Glück, daß Neid euch könn' erregen;
Ich sage noch einmal: lebt hin in süsser Ruh,
Biß Kindes-Kindeskind drück euer Augen zu!
17.
Ein andrer
So lebt ihr beide nun, lebt eines in der Liebe;
Lebt eines in dem Sinn, damit euch nicht betrübe
Deß Glückes runde Macht; denn seine Tück und Neid
Hat keinen andern Feind als Lieb und Einigkeit!
Iedoch woll' Einsamkeit zur Einigkeit nicht kommen,
Noch eures Lebens Brauch euch eher sein benommen,
Biß daß sich denn zur Zeit die süsse Zeit erweist,
Die Elter-Vater euch, euch Elter-Mutter heist!
18.
Ein andrer
Wie ihr verbunden seid, so sey auch euch verbunden
Der Segen und das Heil sambt langen Lebe-Stunden!
Gott creutzig euer Creuz und Wasser sey euch Wein,
Biß ihr das vierdte Glied hört in der Wiege schreyn.
19.
Mist-Juncker
Ein zartes Mutter-Kind, das nie vom Haus entnommen,
Ist einem Ochsen gleich, der nie vom Stalle kommen.
20.
Paten-Zettel
Du kommst, o liebes Kind, ein Gast in diese Welt,
Da gleich das Gasthaus jetzt zu Grund und Bodem fällt
Durch, in, und mit sich selbst; drumb ist dir nun sehr gut,
Daß dir der Himmel bleibt, erkaufft durch Christi Blut.
21.
Grabschrifft
Da ich solte, kont ich leben;
Da ich solte, kont ich sterben;
Denn das ewig zu erwerben,
Kont ich sterblich leichte geben.
22.
Hoffnung
Auff was gutes ist gut warten,
Und der Tag kommt nie zu spat,
Der was gutes in sich hat;
Schnelles Glück hat schnelle Fahrten.
23.
Brautschrifft
An den Bräutigam.
Ich weiß nicht, was man glaubt; ich weiß nicht, wem man trauet.
Ich hätt' ein hohes Schloß, Herr Bräutigam, gebauet
Auff eurer Worte Grund, als wie auff Fels und Stein;
Seh' aber, daß die Welt nur wil betrogen seyn
Und ich mit sambt der Welt. Ihr sprecht: ihr seyd ergetzet,
Daß euch deß Himmels Gunst für Augen hat gesetzet
Den süssen Hochzeit-Tag, und meinet doch die Nacht,
Die euch zum Vater weiht, die Braut zur Mutter macht.
Weil schwartzes ihr nun meint und weisses dennoch nennet,
So sey euch, merket drauff, zur Strafe zuerkennet,
Daß, wenn ihr meint, es soll das erst ein Söhnlein sein,
So wird es E E E, wie Mutter Eva, schrein.
24.
An die Braut
(Auß Versetzung des Nahmens: eilff Knaben.)
Jungfer Braut, in eurem Namen
Find ich so gewiß als Amen
Eurer Ehe Kinderlein.
Was darinnen von Eilff Knaben
Wo ist übrig an Buchstaben,
Werden lauter Töchter sein.
25.
Hochzeit-Wuntsch
Werthes Paar! das gantze Leben
Sey bey euch ein steter Krieg,
So daß Beyden sey gegeben
Gleiche Beut und gleicher Sieg.
Kämpfft mit Liebe gegen Liebe,
Und mit Treu kämpfft gegen Treu;
Daß euch Zwiespalt nie betrübe,
Niemals auch der Kauff bereu.
Zwar es wird wol offt geschehen,
Daß die Braut zu seiner Zeit
Bey sechs Wochen nicht wird sehen,
Wie die Wirthschafft sey bereit;
Doch bedeut es nichts denn Beute;
Wenn das Ziel fürbey wird seyn,
Werden euren Schatz die Leute
Hören auß der Wiege schreyn.
26.
Eine Schön-Heßliche
Ich kenn ein Frauenbild, das wäre völlig schön,
Nur daß der Schönheit Stück in falscher Ordnung stehn.
27.
Eine Schöne
Wenn Menschen Gott sonst nicht erschaffen hätte wollen,
Hätt eurentwegen nur er diß nicht lassen sollen.
28.
Hochzeit-Wuntsch
Liebes Paar, lebt so im Leben,
Daß euch Wolfarth sey gegeben
Wie zu einem Eigenthum!
Lebt, daß eurer Ehe Ruhm
Für sowol als nach dem Grabe
Alle Welt zur folge habe.
Lebt! last sehen, daß ihr lebt!
Und nach langem Namen strebt,
Daß nach viermal zehen Wochen
Ihr must backen Kindlein-Kuchen.
29.
Das höchste Gut
Zum höchsten Gut in dieser Welt
Wehlt jeder, was ihm selbst gefällt.
Gar im Schoß sitzt der dem Glücke,
Dem gegeben sind vier Stücke:
Ein gütig Gott,
Ein liebes Weib,
Ein frischer Leib,
Ein selig Tod.
30.
Hoheit hat Gefahr
Auff schlechter, ebner Bahn ist gut und sicher wallen;
Wer hoch gesessen ist, hat niedrig nicht zu fallen.
31.
Hier sind wir; dort bleiben wir
Ich bin, ich bleibe nicht in dieser schnöden Welt,
Und weil das bleiben mehr mir als das sein gefällt,
So lieb ich sterben mehr als leben, weil ich kan
So hören auff zu sein, zu bleiben fangen an.
32.
Liebes-Flammen
Hat die Liebe Feuers-Art,
Weil sie hitzt und brennt,
Wie daß ihrer Flammen Fahrt
Sich thalein denn wendt?
33.
Schönheit
Wenn der Schönheit schöne Frucht
Wäre Keuschheit, Ehr und Zucht,
Wären manche schöne Wangen
Nicht ins Hurenhaus gegangen,
Manches krauses Haar wär nicht
Mit der Grichen P verpflicht.
34.
Glück wäget die Freunde
Böses Glück hat diese Gütte,
Daß die ungewissen Sachen
Uns gewisse Freunde machen;
Daß man sich für denen hütte,
Die nicht die sind, die sie scheinen,
Sondern unser Gut nur meinen.
35.
Zagheit
Wenn ein Harnisch wäre gut
Für die Zagheit, Furcht und Schrecken,
Wenn ein Spieß und eisern Hut
Könnten Mut und Hertz erwecken:
Ey, was hätten die für Zeit,
Die ein solches Waffen schlügen?
Würd ihr Gold doch, gläub' ich, weit
Alles Eisen überwiegen.
36.
Gerechtigkeit des Neides
Keine Straff ist außgesetzet
Auff deß Neides Gifft;
Denn er ist zu aller Zeit
Selbsten voll Gerechtigkeit,
Daß er meistens trifft,
Und sich durch sich selbst verletzet.
37.
Prüfe; denn liebe!
Kenne vor und trau nicht bald!
Trau wol hat das Pferd verrieten;
Kenne nicht hat frembde Sitten;
Frühe-zeitig wird nicht alt.
38.
An einen vortrefflichen Mann
Niemand, mein Freund, hasset dich;
Nur der Tod führt viel Beschwerden,
Weil er muß befahren sich,
Daß du wirst sein Meister werden.
39.
An einen lieblichen Poeten
Ist wo wer, der widerspricht,
Daß die Pierinnen nicht
Mit der Frau von Gnidus Sinnen
Einvernehmen haben können?
Was dein Mund, mein Freund, bericht,
Was nur deine Musa ticht,
Schaut man nicht vollauff darinnen
Lauter Venus sich entspinnen?
40.
An eben denselbten
Daß die dreimal drei Göttinnen
Dich so herrlich angenommen,
Da du bist auff Pindus kommen,
Ist geschehen, daß sie können
Ietzund für Bellona wüten
Ihren Stand durch dich behüten
Und ein Haus in dir gewinnen.
41.
Grabschrifft
Dem Himmel war ich nur und nicht der Welt geboren.
Was hab ich, sterb ich gleich, durch sterben denn verloren?
42.
An einen kriegrischen Held
Als aus deiner Sinnen Stärcke
Jupiter nahm ein gemerke,
Daß du durch so kühnes streiten
Würdest biß zum Himmel schreiten,
Sprach er: Uns die Ehre bleibe!
Dannenher ich einverleibe
Diesen Held nach Himmels-Rechte
In der Götter alt Geschlechte;
Denn er möcht auß eignen Thaten
Für sich selbst hierher gerathen.
43.
An einen gelehrten Held
Weil der Pallas Jungferschafft
Ist der Keuschheit so verhafft:
Daß sie denn nun ihre Pflicht
Ietzt in deiner Liebe bricht?
Keiner ist als du so gar,
Welcher ihrer würdig war.
44.
Auf denselbten
Phöbus ist nicht gar dein Freund,
Weil du mehr, er minder scheint.
Ausser ihm der Phöbe Liecht,
Ausser dir Glantz ihm gebricht.
45.
Auf einen glückseligen Schelmen
Dir sey, sagst du, bald gewehret,
Was du dir nur kanst gedencken.
Schade, daß du nie begehret.
Daß du mächst am Galgen henken.
46.
Hochzeit-Wuntsch
Wolfahrt müsse, liebes Paar,
Euch wie ihr euch selbsten lieben.
Glücke muß auch immerdar
Sich in euren Diensten üben.
Segen, Heil und Seligkeit
Müß euch in die Arme schliessen,
So wie ihr zu seiner Zeit
Werdet Kindes-Kinder küssen.
47.
Ein andrer
Theures Paar, seid so besüsset
Mit der Liebe Liebligkeit,
Daß ihr drinnen nichts nicht wisset,
Als von Fried' und Freudens-Zeit,
Biß ihr denn nach langen Jahren
Schauet durch deß Priesters Hand
Euer Kindes-Kind sich paaren
In den süssen Liebe-Stand.
48.
Vertorbene Kaufmannsschafft
Bei dem Bäcker kauffen Korn, bei dem Schmiede kauffen Kohlen,
Bei dem Schneider kauffen Zwirn, hilfft dem Händler auf die Solen.
49.
Sparsamkeit
Wenn die Jugend eigen wüste,
Was das Alter haben müste,
Sparte sie die meisten Lüste.
50.
Das Land in der Stadt
Wer nach dem Land ietzund wil auff dem Lande fragen,
Der irrt; Mars hat das Land längst in die Stadt getragen.
51.
Zwiespalt der Städte und deß Landes
Weistu, wannenher die Stadt
Mehr und mehr das Land so hasset?
Weil der Landmann mehr nichts hat,
Daß der Bürger an sich fasset.
52.
Die ietzigen Soldaten
Sind Martis Kinder nicht feine, gesegnete Leute?
Was Gott, Mensch, Feind, Freund hat, wird ihre tägliche Beute.
53.
Eine Einigung zwischen Jove und Marte
Es hat mich jüngst ein Freund auß Pindus lassen wissen,
Daß Jupiter und Mars wolt einen Frieden schliessen:
So Mars hinfort nicht mehr bei allen seinen Tagen
Nach Himmel und nach dem, was himmlisch ist, wil fragen,
Wil Jupiter dahin sich bindlich denn erklären,
Dem Mars noch nebst der Welt die Hölle zu gewehren.
54.
Kunst verstummet
Daß ietzund die Pierinnen,
Mars, für dir nicht reden können,
Freu dich nicht; es ist ihr Wille,
Ungehindert in der Stille
Sich mit Rechte zu berathen
Auff ein Urtheil deiner Thaten.
55.
Untreuer Krieg
Was sich reimt, das schickt sich auch,
Spricht der frische Landes-Brauch.
Drum so schickt sich liegen, triegen
Auch so fein zu unserm kriegen.
56.
Zeiten-wandeln
Sich in sich und uns in ihr
Endert Zeit nur für und für;
Drumb sind auß dem Landsknecht-Orden
Lauter Landes-Herren worden.
57.
Die Erde wird bewegt
Daß der Himmel stille steht,
Daß die Erde rumher geht,
Steht zu glauben. Unser Land
Hat sich hinter sich gewand,
Daß nunmehr der Jungfer stat
Diese Zeit der Krebes hat.
58.
Unterscheid zwischen Land-Mann und Lands-Knecht
Unterscheiden muß man recht
Landes-Mann und Landes-Knecht:
Jener muß, wenn dieser wil;
Jener gibt, nimmt dieser viel;
Jener dient, und dieser schafft;
Jenes Angst ist dessen Krafft;
Dieser raubt die gute Zeit;
Jenem bleibt die Seligkeit.
59.
Von einem eintzelen Freunde meiner Reimen
Meine Musa hat kaum einen,
Der ihr Phöbus wil erscheinen.
Gar genug! Sie hat alleine,
Was für sich sonst in gemeine
Alle dreimal drei Göttinnen
Dieser Zeit kaum haben können.
60.
Fleisch-Markt
Wer hier nur ist bekant,
Der weiß, man kaufft ietzund
Das Fleisch zwar durch das Pfund
Die Weiber nach der Hand.
61.
Mars und Venus sind zugehörige
Wer Poeten nennet Tichter,
Ist ein ungerechter Richter.
Heute kan man noch erfahren,
Daß sich Mars und Venus paaren;
Denn es ist ein Theil vom kriegen
Auff der Magd zu Felde liegen.
62.
Nicht zu hoch!
Ich trachte nicht nach hohen Dingen;
Ich geh gern auff der niedren Bahn,
Fing Clepticus zu sagen an,
Da man ihn solt an Galgen schlingen.
63.
Die fressige Zeit
Unsre Zeit und ihr Gesinde
Fressen geitzig und geschwinde
Alles auff biß an den Grund.
Wetten wil ich, daß ihr Schlund
Kürtzlich rauß gibt ungedeuet,
Was sie fressen ungekeuet.
64.
Cogere milites, Soldaten werben./zwingen
Mars verhönt nur das Latein
Muß doch selbst Lateinisch seyn.
Wil er Völcker an sich bringen,
Muß er vor die Knechte zwingen.
65.
Der Tod ist der Sünder und der Krieger Sold
Die Sünder haben Sold; Sold haben auch Soldaten.
Der Tod ist gleicher Lohn auff ihre gleiche Thaten.
66.
Damen und Chevalliers
Die Damen wolln von nichts als Chevalliers ietzt wissen.
Das macht, sie sind zum Krieg auff Reuterey beflissen.
67.
Unterscheid der Wörter Dame und dama
Was Dame sei, und denn was dama, wird verspüret,
Daß jene Hörner macht, und diese Hörner führet.
68.
Rosenobel, der Soldaten Winterblumen
Der Frühling fodert Blut, der Winter gibet Gold;
Drumb ist dem Winter Mars und nicht dem Frühling hold.
Hier wachsen rothe, dort entspriessen Edle-Rosen;
Wer wolte denen nicht für jenen liebekosen?
69.
Auf den Tadler
Dein Momus wil ich nicht seyn, Momus, noch vernichten
Dein Urtheil, wenn du sprichst: Das Vers- und Reime-Tichten
Sei Schulenfüchserei. Wie aber, daß das lesen
Noch gültig bei dir ist als Schulenfüchsisch Wesen?
Ey, Lieber, lies nicht mehr, sonst wirst du gar zum Kinde
Und darffst, daß dir mein Reim noch eine Ruthe binde.
70.
Auf dergleichen
Zoïlus hält nichts vom tichten,
Pflegt Poeten zu vernichten,
Daß nicht Midas Eselskopff
Ihm wo auf die Achseln hopff.
71.
Die unartige Zeit
Die Alten konten frölich singen
Von tapffern, deutschen Heldens-Dingen,
Die ihre Väter außgeübet.
Wo Gott noch uns ie Kinder gibet,
Die werden unsrer Zeit Beginnen
Beheulen, nicht besingen können.
72.
Von meinem Buche
Kündig ists, daß in der Welt
Sich zum Guten Böses finde.
Wenn mein Buch nur wär gestellt,
Daß beim Bösen Gutes stünde!
73.
An die Leser
Dieses Buch soll Monde seyn,
Leser aber seine Sonnen,
So daß durch der Sonnen Schein
Auch der Monde sei entbrunnen.
74.
Kunst von Gott
Daß der Musen alter Stamm
Her vom Himmel Anfang nam,
Macht, daß auch ein Edelmann
Sich zu ihnen freunden kan.
75.
Feste Stadt, wüste Land
Seither daß unser Stadt verschantzet und bewehret,
Seither ist unser Land verwüstet und verheret.
76.
Von dem Brauch der Nasamonum und Augilarum
Manche Braut bleibt nicht zufrieden,
Daß ietzt der Brauch bleibt vermieden,
Daß nicht thun am Hochzeit-Feste,
Was der Bräutgam thut, die Gäste.
77.
Auff Venerillam
Venerilla hasset Schertz;
Was sie meint, das ist ihr Hertz.
Wer an ihr was suchen wil,
Such und säume nicht zu viel.
Der nichts sagt und viel doch thut,
Ist für Venerilla gut.
78.
Auff den bellenden Tadler
Wenn die Verse gelten wolten
Mir, wie sie dem Naso gulten,
Hätt ich längst den Kettenhunden
Meinen Momus beygebunden.
79.
Von den Weiber-Brüsten
Wie kommts, daß Frauen-Volk so klare Stimmen führet?
Weil duppelt Blasebalg hart an ihr Lufftröhr rühret.
80.
Von der Weiber Plauderey
Die Weiber reden laut, sie reden lang und offt.
Den Athem oben zu, mehrt unten auff die Lufft.
81.
Von dem Gebrauch der Balearen
Der Balearen Brauch ist zwar zu uns nicht kommen:
Daß durch die Gäste vor der Braut wird abgenommen,
Was sonst der Bräutgam nimmt. Doch hört man, mancher mag
Thun vor, was erst man dort thät auff den Hochzeit-Tag.
82.
Betriegliche Hoffnung
Der seinen Segel hin nach Engeland gewendet,
Ist manchmal durch den Wind in Holland angeländet,
Und der durchs enge Meer zu lauffen ihm getrauet,
Hat unverhofft sein Schiff in offner See geschauet.
Wer manchmals eine Nuß für gut hat angerühret,
Hat drinnen einen Wurm und dran ein Loch verspüret.
Ob Jungefrau zwar nicht und Jungfrau hoch entschieden,
Ist dem doch wol, der nam die, die das E vermieden.
83.
Unterscheid zwischen Jungfrau und Jungefrau
Was Junge-Frau und dann was Jungfrau, wird erkant,
Daß dieses Wort ist gantz, und jenes ist getrant.
84.
Der Zeiten Schauspiel
Es denkt mich noch ein Spiel bei meinen jungen Jahren,
Drinn ich ein König war, da andre Knechte waren.
Da nun das Spiel war auß, fiel meine Hoheit hin,
Und ich ward wieder der, der ich noch ietzo bin.
Der heutige Gebrauch trägt gleichsam ein Ergetzen,
Die Bauern dieser Zeit den Fürsten beyzusetzen.
Schimpff aber ist nicht Ernst, und deß Saturnus Fest
Ist einmal nur deß Jahrs zu Rom im Brauch gewest.
85.
Schwanger seyn schadet dem schön seyn
Schwanger seyn ist eine Schande,
Keine Schand in Buhlschafft schweben;
Dannenher in unsrem Lande
Huren mehr als Mütter leben.
86.
Flüchtige Tugend
Die Tugend ist ein Weib, so Mahlern ist zu glauben;
Drumb fleucht sie; Monsieur Mars möcht ihr die Keuschheit rauben.
87.
Adels-Feinde
Edelleute muß man lassen
Von den Eselleuten hassen.
Wer nur gut ist, meint es gut
Auf das edle Ritters-Blut.
88.
Die verkoppelte Freundschafft
Der Freundschafft keuscher Stand war weiland voller Ehren.
Ietzt läst sie sich durch Geld zum Huren-Brauch bethören.
89.
Auf Pudibundam
Pudibunda, wie sie spricht,
Ehret hoch deß Tages Licht.
Wer mit ihres Leibes Gaben
Noch für Nachtes sich wil laben,
Muß sich mühen, daß er macht,
Wenn es Mittag, Mitternacht.
Kan er sonst nicht Rath erfinden,
Muß er ihr das Haupt verbinden.
Manchem kummt es, ders geneust,
Daß sie selbst die Augen schleust.
90.
Neunerlei Fragen und neunerlei Antwort
1.
Wie kümmt es, daß die Welt im argen ist versunken?
Sie ließ den rechten Weg und gieng nur nach Gedunken.
2.
Wie kümmt es, daß die Zeit nicht wil gebessert werden?
Die Menschen in der Zeit verbösern die Geberden.
3.
Wie kümmt es, daß die Last der Noth die Welt so drucket?
Sie isset ietzund auß, was sie vor eingebrocket.
4.
Wie daß uns Rath und That so wenig wil erspriessen?
Drum daß, wie wir von Gott, Gott nichts von uns wil wissen.
5.
Wie daß sich die Fortun so plötzlich hat gewandelt?
Weil der, der sie bekam, sie übel hat gehandelt.
6.
Wie kümmt es, daß ietzund die Bösen oben schweben?
Wer höchlich fallen soll, den muß man hoch erheben.
7.
Wie kümmt es, daß ietzund die Frommen unten liegen?
Sie kämpfen mit Gefahr, mit Ehren drauff zu siegen.
8.
Wie daß uns wil die Zucht zur Sicherheit gelangen?
Dieweil der letzte Tag die Welt wil ehstes fangen.
9.
Kümmt aber keine Zeit, darin es besser werde?
Neu Himmel ist nicht weit, nicht weit ist auch Neu Erde.
91.
Die letzte Brunst der Welt
Unsre Welt ist schlägefaul,
Setzt sich wie ein stätig Gaul.
Wil sie Gott zu Stande bringen,
Muß er sie mit Feuer zwingen.
Jene Welt ertrank durch Flut;
Diese Welt erfodert Glut.
92.
Vom Kayser Probus
Kayser Probus wolte schaffen,
Daß man dürffte keiner Waffen.
O wo ist bei unsren Tagen
Kayser Probus zu erfragen?
93.
Huren-Zeit
Durch Proculus geschahs, daß zehnmal zehn Jungfrauen
Nach dreimal fünffter Nacht man konte Weiber schauen.
Kumm wieder Proculus! Weil in den Frauen-Orden
Fast iede Jungfrau wil, ist Mars gar müde worden.
94.
Rhein-Fluß
Der dich erstlich nante Rhein,
Wolte, glaub ich, sprechen Wein.
Der dich erstlich nante Rhenus,
Wollte, glaub ich, sprechen Venus.
Was die Venus im Latein
Ist uns, Rhenus, deutsch dein Wein.
95.
Rhein-Wein
Reimet sich gleich Wein und Rhein,
Reimt sich Wasser nicht mit Wein.
96.
Wo Herren, da Narren
Ey, man muß dem Hofe-Leben
Für den andren Fürzug geben!
Denn bei großer Herren Tische
Sind stets Has' und Stöckelfische.
97.
Hofe-Leben
Das Hofe-Leben ist ein rechtes Hoffe-Leben;
Denn da verspricht man Gunst, und Ungunst wird gegeben.
98.
Fleiß bringt Schweiß, Schweiß bringt Preis
Iedermann hat gerne Preis;
Niemand macht ihm gerne Schweis.
Wer der Arbeit Marck will nissen,
Muß ihr Bein zu brechen wissen.
99.
Auf eines Helden Verleumder
Da du lebtest, werther Held,
Ward dein Ruhm bergauff gestellt.
Nun von uns du bist entwand,
Wird dein Ruhm kaum noch erkannt.
Nämlich wenn der Löw ligt tod,
Ist er auch der Hasen Spot.
100.
Der Natur-Weg
Wer, wie die Menscheit geht, wil wissen ihre Spur,
Der wisse: Sie geht von, durch, in, auß der Natur.
Desz ersten Tausend andres Hundert
1.
Die Warheit im Wein
Warheit steckt in dir, o Wein!
Wie wil der denn scheltbar seyn,
Der die Warheit zu ergründen
Sich beim Bacchus viel läst finden?
2.
Wein, der Poeten Pferd
Ihrer viel sind zwar beflissen,
Sich im Helicon zu wissen.
Ob sie gleich nun ziehn und ziehn,
Kommen langsam sie doch hin;
Denn ihr bestes Pferd ist heuer
Viel zu seltsam und zu theuer.
3.
Auf den Bibulum
Bibulus ist gar nicht stoltz;
Denn er trincket Wein auß Holtz,
Fängt in Ziehn sein klares Wasser:
Ist er dannenher ein Prasser?
4.
Hunger
Hunger ist der beste Koch;
Dieses mangelt ihm nur noch,
Daß er, wie sonst andre Sachen,
Sich nicht selbst kan schmackhaft machen.
5.
Jungfrauschafft
Jungfrauschafft ist zwar ein Sieg
Wider unsres Fleisches Krieg;
Doch sind viel, die für das siegen
Lieber wollen unten liegen.
6.
Eigenlob
Duppler, nicht ein eintzler Mund,
Gibt der Warheit ihren Grund.
Drum kan der nicht gelten viel,
Der sich selbst nur loben wil.
7.
Auff Hornutum
Hornutus las: Was Gott Job habe weggenommen,
Sey duppelt ihm hernach zu Hause wieder kummen.
Wie gut, sprach er, war diß, daß Gott sein Weib nicht nam,
Auf daß Job ihrer zwey für eine nicht bekam!
8.
Von Jobs Weibe
Wie kam es, daß, da Job hatt alles eingebüsset,
Was ihm ergetzlich war, daß er sein Weib nicht misset?
Es steht nicht deutlich da, warumb sie übrig blieb;
Allein ich schliesse fast, er hatte sie nicht lieb.
9.
Deß Krieges Raubsucht
Als Venus wolte Mars in ihre Liebe bringen,
Hat sie ihn blanck und bloß am besten können zwingen;
Denn so sie, wie sie pflegt, in theurem Schmucke blieben,
Hätt er sie dürffen mehr berauben, als belieben.
10.
Himmel-Erbe
Die Alten sind ietzund der Jungen ihre Kinder;
Denn diese wissen mehr, und jene wissen minder,
Wol gut! Weil Gott sein Reich den Kindern anverspricht,
Erbt jene Welt allein, und diese Welt erbt nicht.
11.
Unchristlicher Krieg
Mars thut nicht, was ihm man thut;
Nimmet Gut und gibt nicht Gut.
Wer ist denn, der mich bescheide,
Ob er Christ sei oder Heide?
12.
Vorige und ietzige Kriege
Was taug der alte Krieg? der neue Krieg ist besser;
Denn jener war ein Feind der Menschen, der der Schlösser,
Und jener machte leer der Menschen Leib von Blut,
Da dieser nur fegt auß der Kasten altes Gut.
13.
Offtmals voll macht endlich toll
Zunfft und Zechen sind verwand,
Eines zwiefach nur genant.
Drum wer anhängt allen Zechen,
Ist auch kühnlich einzurechen
In die tolle, wilde Zunfft
Bey das Volck der Unvernunfft.
14.
Gehenckter Judas
Der unser Brot gleich braucht, der tritt uns doch mit Füssen,
Wil uns sowohl nicht im- als an dem Creutze wissen;
Allein es kümmt dazu, daß endlich selbst sein Fuß,
Hoch in die Lufft verstrickt, vom Treten feyern muß.
15.
Frei-Leben, Gut-Leben
Wer andren lebt, lebt recht; wer ihme lebt, lebt gut,
Weil jener andren wol, ihm übel er nicht thut.
Wol dem, dem da zugleich die Freiheit ist gegeben,
Bald recht, bald gut, wenn, wie und wem er wil, zu leben.
16.
Auff die demütige Pertundam
Daß unter Iedermann Pertunda fein sich schmügen,
Und ietzo da, ietzt dort wil willig unten liegen,
Das thut sie dannenher: sie hat zur Zeit gehört,
Wie Schönheit um so viel durch Demut wird vermehrt.
17.
Auff eben Selbte
Wer wil Pertunda stoltz, hochträchtig auch wol nennen?
Er gibt genug an Tag, er muß sie recht nicht kennen.
Heist dieses denn wol stoltz? Sie bleibet unten an
Und duldet über ihr so leichtlich iedermann.
18.
Auff die lispelnde Fututillam
O Fututilla, groß und sehr groß ist der Schaden,
Daß mit so schwerer Zung ist dein schön Mund beladen.
Denn wenn du sagen solst: komm zu mir plotz und flugs!
So sprichst du allemal: komm zu mir fotz und fugs.
19.
Stadt-Leute und Dorff-Leute
Wer sind Bürger? Nur Verzehrer.
Was sind Bauern? Ihr Ernährer.
Jene machen Kot auß Brote,
Diese machen Brot auß Kote.
Wie daß denn der Bürger Orden
Höher als der Bauern worden?
20.
Welt-Beherrscher
Gott, Fleiß und die Gelegenheit
Beherrschen Menschen, Welt und Zeit:
Gott ist in Nöthen anzuflehn;
Gelegenheit nicht zu versehn;
Der Fleiß muß fort und fort geschehn.
21.
Krieges-Greiphen
Man hat dem Plinius nicht gerne wollen glauben,
Daß Greiphe sind, die Gold aus tiefer Erde rauben.
Es zeuget dieses Mars, der brauchet solche Greiphen,
Die alle Welt um Gold durchwühlen und durchstreiffen.
22.
Frantzösischer Brauch
Daß mit einem Messer essen viel Frantzosen, ist zwar Brauch;
Männer thun es; Weiber thun es, dünkt mich, aber doch nicht auch.
23.
Hochzeit-Wuntsch
Seyd glücklich hier und dort; seyd selig denn gepreist,
Ihr, die man heute Braut und Bräutigam euch heist!
Seyd morgen Mann und Frau, seyd Eltern übers Jahr;
So habt ihr denn erlangt, was zu erlangen war.
24.
Ein andrer
Theures Paar, deß Glückes Neid
Muß euch nimmermehr versehren,
Und die Macht der Sterbligkeit
Schade nimmer euren Ehren.
Gebe Gott, daß übers Jahr
In der Mutter Armen lache
Das, was euch, o edles Paar,
Nach dem Tode lebend mache!
25.
Bittre Liebe
Lieben ist ein süsses Leiden,
Wenns nicht bitter wird durch scheiden.
Bittres wil ich dennoch leiden,
Daß ich Süsses nicht darff meiden.
26.
Mittel zum Reichthum
Wer, wie er werde reich, wil Weis' und Weg betrachten,
Der lerne Geld und Gut bald viel, bald wenig achten.
27.
Hochzeit-Wuntsch
Liebe, Friede, Segen, Glücke
Sey euch, weil ihr selbsten seyd,
Biß daß euch empor entzücke
Sterbligkeit zur Ewigkeit.
28.
Nicht alles, was schwer, dringt unter sich
Laß ich überreden mich,
Schweres Ding dring unter sich?
Wie daß denn die Steuer-Lasten
Über uns noch immer rasten?
29.
Die Steuer
Daß mein Buch die theure Gabe
Allen zu gefallen habe,
Gläub ich nicht; doch wil ich hoffen,
Das, was folgt, sei gar getroffen:
O es müsse höllisch Feuer
Fressen die verfluchte Steuer!
30.
Gewonheit und Recht
Gewonheit und Gebrauch zwingt offt und sehr das Recht.
Hier ist der Mann ein Herr deß Weibes, dort ein Knecht.
31.
Dienstag und Freytag
Es hat durch unser Land sich alles umgekehret;
Drum wundert mich der Brauch, daß der so lange wehret,
Daß Dienstags noch und nicht man Freytags Hochzeit macht,
Und mehr als göldnes frey das schwere dienen acht'.
Es gienge zwar noch hin deß Dienstags Hochzeit haben,
Freytages aber doch bald tod, bald seyn begraben.
32.
Tadler
Wem niemand nicht gefällt, wer alles tadelt allen,
Wer tadelt diesen nicht? und wem kan der gefallen?
33.
Saumsaal
Anfang hat das Lob vom Ende.
Drum macht der, daß man ihn schände,
Der in allen seinen Sachen
Nimmer kan kein Ende machen.
34.
Trägheit
Der kan ohne Krieg und Waffen
Seinem Ruhme Ruhe machen,
Der nur wachsam ist zum schlaffen,
Schläffrig aber zu dem wachen.
35.
Auff den Oscum
Wo wer nach Ehre strebt, da pfleget sie zu fliehen;
Wo wer die Ehre fleucht, da pflegt sie nachzuziehen.
Es weiß nun Oskus diß; drum nimmt er einen Raum
Und fleucht, was er nur kann, in Sünden ohne Zaum.
36.
Auff einen Hörner-Träger
Der Lieb ist nichts zu schwer, pflegt Corniger zu sagen;
Drum ist ihm auch nicht schwer, auß Liebe Hörner tragen.
37.
Vergötterung der Helden
Es wolln ietzund nicht mehr auß Helden Götter werden.
Das macht, ihr Himmel ist hinieden auff der Erden.
38.
Fraw, umbgekehrt Warf
Die erste Fraw zwar warf das Joch
Der Sünd' an unsern Hals;
Doch sind ietzt unsre Frauen noch
Was klüger dieses Falls:
Sie setzen manchem Hörner an,
Daß er sich nicht entstreiffen kan.
39.
Seligmacher
Christus, der uns selig macht,
Ward für uns ans Creutz gebracht.
O wie würden sich bedencken,
Die manchmal das Seligseyn
Suchen nur durch frembde Pein,
Wenn sie selbsten solten henken!
40.
Stat geht für Land
Bei der Stadt ist Stattlichkeit,
Bei dem Dorffe Dürfftigkeit.
Ist's nun recht, wenn gleich die Stat
Statlich auch zu steuern hat?
41.
Die göldenen Soldaten
Die Sonne geht in Gold, so sprechen unsre Bauern.
Drum wird bei uns ihr Licht nicht mehr gar lange tauern.
Mars starrt und rauscht für Gold; ihr Bauern, last das grämen;
Die göldne Gleißnerei wil finstern Abschied nehmen.
42.
Seligmacherey
Selig machen kan nur einer;
Sonsten hats gelernet keiner.
43.
An einen Freund
Weil du mich, Freund, beschenckst mit dir,
So danck ich billich dir mit mir.
Nimm hin deßwegen mich für dich;
Ich sei dir du; sey du mir ich.
44.
Geitzhals
Den Geitzhals und ein fettes Schwein
Schaut man im Tod erst nützlich seyn.
45.
Reichthum
Wer auff übrig Reichthum tracht,
Der wird sonsten nichts erstreben,
Als daß er noch bei dem Leben
Ihme selbst ein täglich sterben
Und hernachmals seinen Erben
Ein gewüntscht Gelächter macht.
46.
Feyertage
Wenn Feyertag die Jungen halten,
Wolln halten Bete-Tag die Alten.
47.
Auff einen Ehrgeitzigen
Alle Menschen günnen dir, daß du möchtest Cäsar werden,
Doch mit dreiundzwantzig Wunden nieder liegend auff der Erden.
48.
Regiments-Wetter
Wer nicht glaubt, daß Obrigkeiten
Billich sind und heissen Götter,
Der hab acht bei diesen Zeiten,
Was sie machen für ein Wetter.
49.
Fürsten
Daß die Fürsten über Menschen und nach Rechten Herrscher seyn,
Doch nicht ewig, möchten Fürsten ihnen täglich bilden ein.
50.
Von meinen Reimen
Sind meine Reime gleich nicht alle gut und richtig,
So sind die Leser auch nicht alle gleich und tüchtig.
51.
Danck wird bald kranck
Danckbarkeit, du theure Tugend,
Alterst bald in deiner Jugend;
Drum macht deine kurtze Frist,
Daß du immer seltsam bist.
52.
Weltliche Hoffnung
Hoffnung ist ein faules Seil,
Bricht in unverhoffter Eil,
Daß uns Armut bleibt zu theil.
53.
Das Vergangene
Wer ietzund berathen wil die vergangne Sachen,
Der wird junge Weiber auch aus den alten machen.
54.
Gute Wercke
Wo gute Wercke selig machen,
Bringt solche Meinung gute Sachen.
Wie kan die Seligkeit doch fehlen,
Wo zwene Jesus sind zu zehlen?
55.
Auff Kühnmunden
Kunimundus giebt sich an,
Manche Stunde seinen Mann
Zu bestehen, das ist viel.
O es ist bedinget worden,
Daß er weder selbst ermorden,
Noch ermordet werden wil.
56.
Freundschafft mit Gott
Wenn ein Mensch mit Gott gut steht,
Der steht wol, wenns übel geht;
Denn er kan die höchsten Gaben,
Vater, Bruder, Tröster haben.
57.
Mügliche Unmüglichkeit
Als Adam wolte Gott und seinem Wesen gleichen,
Ward er ein sterblich Mensch und must auß Eden weichen.
Seither wir haben diß, was Gott kan, künnen wollen
Und unvermüglich Ding doch müglich machen sollen:
Seither ist unser Frey in Dienstbarkeit verkehret,
Die Haut ist abgestreifft, das Marck ist außgezehret.
58.
Das Beste der Welt
Weistu, was in dieser Welt
Mir am meisten wolgefällt?
Daß die Zeit sich selbst verzehret,
Und die Welt nicht ewig währet.
59.
Gesegnete Arbeit
Daß unser Feld ietzt nichts als Dorn und Disteln träget,
Drum schwitzet unser Leib, und unser Hertze schläget.
Doch laß ich mich auff Gott; der sehe, was er thut,
Dieweil er dißfalls spricht: Wol dir, du hast es gut!
60.
Auff Jungfer Nackt-Lieb
Cupinuda klaget sehr
Über Vater Adams Fall,
Drum daß niemand überall
Darff ietzund gehn nackend mehr.
61.
Welschland
Das welsche Land heist recht ein Paradeis der Welt,
Weil ieder, der drein kummt, so leicht in Sünden fällt.
62.
Jurist und Artzt
Ein Jurist darff eines Artztes, der ihm sein Gehirne stärke,
Daß er recht, was Rothes wolle, und was Schwarzes heiße, merke.
Auch der Artzt darff des Juristen, der ihm seine Sachen schmücket,
Ob er etwa hat den Krancken sammt der Kranckheit fortgeschicket.
63.
Auf Bibulum
Es torkelt Bibulus, ist stündlich toll und voll;
Der Weg zur Höll ist breit; er weiß, er trifft ihn wol.
64.
Sommer und Winter
Daß iedes Jahr vier Zeiten hat, hält man mehr nicht recht.
Der Frühling ist deß Winters, der Herbst deß Sommers Knecht.
65.
Vertrauen auf Christum
Was fragt ein edler Löw nach eines Hündleins Bellen?
Was fragt ein Fels im Meer nach Winden und nach Wellen?
Was Juda Löw beschützt, was Davids Fels behält,
Das ist vom Teuffel frei und sicher für der Welt.
66.
Hoffnung und Geduld
Hoffnung ist ein fester Stab,
Und Geduld ein Reise-Kleid,
Da man mit durch Welt und Grab
Wandert in die Ewigkeit.
67.
Die Stirne
Die Stirn ist sonst der Thron, drauff Ehre sitzt empor.
Was hat für Ehre der, der Haare henckt davor?
68.
Hochzeit-Wuntsch
Werthes Paar, lebt in die Wette
Mit deß Glückes bester Zeit,
Biß daß euch die Ewigkeit
Von der Sterblichkeit errette!
Wann der neunde Monat weicht,
Hebet »eines« an zu zehlen;
Dieses muß euch nimmer fehlen,
Biß die Zahl auff zehne reicht.
69.
Die hinfällige Welt
Ich bin zwar wol kein Rath aus Gottes Cantzeley;
Doch weiß ich, was daselbst ietzund im Werke sey.
Es wird der kranken Welt ihr Leichendienst bestellet,
Weil sie ie mehr und mehr in schwere Seuchen fället.
Sie hat sich offt kasteit durch Hunger und purgirt
Durch Pest; Mars hat ihr auch viel übrig Blut entführt:
Noch dennoch ists umbsonst. Drum der sich ihr vertrauet,
Hat für ein schönes Bild ein stinckend Aas erschauet.
70.
Die Bücher Moisis und Josuä
Wo Moses höret auff, fängt Josua bald an:
Genad ist nöthig da, wo das Verdienst nichts kan.
71.
David durch Michal verborgen
Die Michal legt ein Bild ins Bett an David's stat
Und dann zu seinem Haupt ein Fell von einer Ziegen.
Will mancher wie ein Bild im Bette stille liegen,
So giebt man ihm gemein ein Fell, das Hörner hat.
72.
Der schrift-kündige Mars
Wer spricht, daß unser Mars auff Gottes Buch nicht fraget?
Er hat genau gemerckt, was König Saul dort saget:
Wer mir nicht nach zeucht auß, deß Rinder soll man stücken,
Und also hin und her durch alle Gräntzen schicken.
Drum ist nun alles Vieh verschickt, zerstückt, vertrieben,
Daß uns von ihnen kaum der lehre Stall ist blieben.
73.
Arm auf Erden; reich im Himmel
Wer einen Reichen nennet, hat alles dieß genennt,
Was diese Welt für gut, für hoch, für herrlich kennt.
Wer einen Armen nennt, der hat von dem gesagt,
Was alle Welt veracht und aller Unfall plagt.
Noch dennoch tausch ich nicht; ein Armer in der Zeit
Ist fertig, reich zu sein dort in der Ewigkeit.
74.
Geduld
Leichter träget, was er träget,
Wer Geduld zur Bürde leget.
75.
Unbesonnene Sorgen
Das Fleisch kocht langsam gar, wenn Blei liegt in dem Topfe.
Zu nichts ist der geschickt, dem Sorge steckt im Kopfe.
76.
Erde, durch Versetzung: Rede
Ob eine Red uns schön und künstlich gleich bedeucht,
So ist sie doch ein Wind, der hin zum Winde zeucht.
Wer Erde liebt, liebt das, was endlich Angesichts,
Wann Gott gebeut, zersteubt und wird ein lehres Nichts.
77.
Die Welt ward nicht auß Sonnen-Staube, sondern wird zu Sonnen-Staube
Ich weiß nicht, ob die Welt kan länger stehn und halten,
Weil da und dort ihr Bau nimmt Brüche, Risse, Spalten.
Gott scheidet sich von uns; wir scheiden uns von Gott.
Die Wolfahrt reumt das Land, und bleibt uns nichts als Not;
Die Tugend fleucht seitab; die alten Laster weichen
Der neuen Teuffeley. Es künnen sich nicht gleichen
Der Unterthan und Herr, der Herr und Unterthan;
Der Mann sucht fremdes Weib; das Weib sucht fremden Mann.
Der Himmel wil nicht mehr der Erde Saamen günnen;
Die Erde wil nicht mehr wie vor gebären künnen.
Das macht, daß man zum Theil dem Epikurus gläubt:
Die Welt werd ehstes das, was in der Sonne stäubt.
78.
Gezwungene Soldaten
Wer seuffzend zeucht in Krieg, ist kein gar gut Soldat.
Was dünkt dich nun von dem, den man gezwungen hat?
79.
Die bußfertige Welt
Die neue Welt ist from und frömer als die alte;
Sie darff nur acht Gebot, die sie im Leben halte;
Denn Ehbruch, Diebstal bleibt; man hanet nur die Leute
Und macht, was uns gefällt, nach Krieges Art zur Beute.
80.
Glücke und Unglücke
Das Glück ist abgetheilt vons Ungelückes Tücke
Durch den Buchstaben U und den Buchstaben N;
So daß man N vor und U zuletzte nenne,
So ist in einem NU Unglücke bei dem Glücke.
81.
Die hoffärtige oder übersichtige Welt
Die Welt acht' unsrer nichts; wir achten ihrer viel.
Ein Narr liebt den, der ihn nicht wieder lieben wil.
82.
Creutze
So bös ist schwerlich was, es ist zu etwas gut.
Das Creutze plagt den Leib und bessert doch den Mut.
83.
Elende
Man trage mit Geduld den Jammer dieser Zeit;
Was Jammer erstlich war, wird endlich Herrlichkeit.
84.
Das Unrecht der Zeit
Was frag ich nach der Zeit? wenn der mir nur wil wol,
Der alles schafft, was war, was ist, was werden sol.
85.
Schlaf, umgekehrt: falsch
Der Schlaf heist rücklings falsch; denn er betreugt uns oft,
Gibt Gold im Traume, gibt, wann wir erwachen, Luft.
86.
Ich bin, wer ich bin, so bin ich deß Herrn. (Luth.)
Begehrt mich Gott nicht reich und sonst von hohen Gaben,
So sey ich, wie ich bin, er muß mich dennoch haben.
87.
Warheit im Weine
Sucht Warheit wer im Wein und findet sie im Wein,
Der wundre sich nicht mehr, daß Deutschen redlich sein.
88.
Reich, durch Versetzung: Cheir
Cheir heist Griechen eine Hand,
Stecket in dem Wörtlein Reich.
Wer da reich ist, werde gleich
Einer milden Hand erkant,
Die da gibet und nichts nimmt,
Die verschenkt und nichts bekümmt.
89.
Laus und Laus
Was Lob heist im Latein, das hat im Deutschen Füsse;
Es kitzelt dort und jückt; hier gibt es scharffe Bisse.
90.
Mensch, durch Versetzung: schmen
Wil der Mensch sich selbst besehn,
Wird er leichtlich keinen schmen.
Schmeh nicht bald und thu gemach!
Jeder hat sein eigne Schmach.
91.
Arm. Nar
Streich vom m ein Strichlein aus,
Dann wird dir ein n drauß;
Thu' das n für das a,
Also steht für Augen da,
Wie da den die schnöde Welt,
Welcher arm ist, hat und hält.
92.
Grab, umgekehrt: barg
Wol dem, den bisher barg
Ein Grab für so viel Arg.
93.
Not, umgekehrt: Ton
Die Not, die ist ein Ton, davon die Augen rinnen;
Nicht viel sind, wann er klingt, die drüber lachen künnen.
94.
Die Welt ein Lumpenhändler
Nicht handle mit der Welt; sie führt verlegne Wahren;
Du wirst sonst, wie sie sind, mit Schad und Schand erfahren.
95.
Lieb, versetzt: Blei
Das Blei dringt unter sich und wil nur immer ruhn.
Wer dir sich, Lieb, ergibt, kan sonsten wenig thun.
96.
Der Sonnen und deß Menschen Untergang
Untergehn und nicht vergehn
Ist der Sonnen Eigenschafft.
Durch des Schöpffers Will und Krafft
Stirbt der Mensch zum Aufferstehn.
97.
Auff die Weiber
Wann für den Mann das Weib spricht in der Handelunge,
So ists, wie wann den Sinn offt übereilt die Zunge.
98.
Gottesdienst ist ohne Zwang
Wer kan doch durch Gewalt den Sinn zum Glauben zwingen?
Verlaugnen kan zwar Zwang, nicht aber Glauben bringen.
99.
Eingeborne
Wer alte Väter sucht und sucht sie alle gar,
Der kümmt zuletzt auf den, der Anfangs Erde war.
Wer Gott zum Vater hat, der bleibet wol geadelt;
Denn keiner hat den Stamm von Ewigkeit getadelt.
100.
Adel
Hoher Stamm und alte Väter
Machen wol ein groß Geschrey.
Moises aber ist Verräther,
Daß dein Ursprung Erde sei.
Desz ersten Tausend drittes Hundert
1.
Mannes-Bildnüß
Ein iedes Ding der Welt hebt an, geht fort, nimmt zu;
Es war schon eine Zeit, da ich nicht war, noch du.
Glaub aber mir gewiß, wann dieses du wirst lesen,
Ein Mann ist mir bekannt, der nie kein Kind gewesen.
2.
Von Gott beschert, bleibt unverwehrt
Der ungestüm April läst dennoch Veilken blühen.
Mir kan, was Gott mir günnt, kein rauhes Glück entziehen.
3.
April und May
April, der zörnt zuvor, eh Mai wil wieder lachen.
Zu jener Lust den Weg muß diese Not uns machen.
4.
An mein väterlich Gut, so ich drey Jahr nicht gesehen
Glück zu, du ödes Feld! Glück zu, ihr wüsten Auen!
Die ich, wann ich euch seh, mit Threnen muß betauen,
Weil ihr nicht mehr seyd ihr; so gar hat euren Stand
Der freche Mord-Gott Mars grund auß herum gewand.
Seyd aber doch gegrüst, seyd dennoch fürgesetzet
Dem allem, was die Stat für schön und köstlich schätzet.
Ihr wart mir lieb; ihr seyd, ihr bleibt mir lieb und werth;
Ich bin, ob ihr verkehrt, noch dennoch nicht verkehrt.
Ich bin, der ich war vor. Ob ihr seyd sehr vernichtet,
So bleib ich dennoch euch zu voller Gunst verpflichtet,
So lang ich ich kan seyn. Wann dann mein seyn vergeht,
Kans sein, daß Musa wo an meiner Stelle steht.
Gehab dich wol, o Stadt! die du in deinen Zinnen
Hast meinen Leib gehabt, nicht aber meine Sinnen.
Gehab dich wol! mein Leib ist nun vom Kerker los;
Ich darff nun nicht mehr seyn, wo mich zu seyn verdroß.
Ich habe dich, du mich, du süsse Vater-Erde!
Mein Feuer gläntzt nunmehr auff meinem eignen Herde.
Ich geh, ich steh, ich sitz, ich schlaf, ich wach umbsonst;
Was theuer mir dort war, das hab ich hier aus Gunst
Des Herren der Natur um Habe-Dank zu nissen
Und um gesunden Schweiss; darff nichts hingegen wissen
Von Vortel und Betrug, von Hinterlist und Neid,
Und wo man sonst sich durch schickt etwan in die Zeit.
Ich ess' ein selig Brot, mit Schweiß zwar eingeteiget,
Doch daß durch Beckers Kunst und Hefen hoch nicht steiget,
Das zwar Gesichte nicht, den Magen aber füllt
Und dient mehr, daß es nährt, als daß es Heller gilt.
Mein Trinken ist nicht falsch; ich darf mir nicht gedenken,
Es sei gebrauen zwier, vom Bräuer und vom Schenken.
Mir schmeckt der klare Safft; mir schmeckt das reine Naß,
Das ohne Keller frisch, das gut bleibt ohne Vaß,
Drum nicht die Nymphen erst mit Ceres dürffen kämpffen,
Wer Meister drüber sei, das nichts bedarff zum dämpffen,
Weils keinen Schweffelrauch noch sonsten Einschlag hat,
Das ohne Geld steht feil, das keine frevle That
Hat den iemals gelehrt, der dran ihm ließ genügen.
Der Krämer fruchtbar Schwur und ihr genißlich Lügen
Hat nimmer Ernt' um mich; der viel-geplagte Lein
Der muß, der kan mir auch anstat der Seiden seyn.
Bewegung ist mein Artzt. Die kräuterreichen Wälde
Sind Apotheks genug. Geld, Gold wächst auch im Felde;
Was mangelt alsdann mehr? Wer Gott zum Freunde hat
Und hat ein eignes Feld, fragt wenig nach der Stat,
Der vortelhafften Stat, da Nahrung zu gewinnen,
Fast ieder muß auff List, auff Tück', auff Ränke sinnen.
Drum hab dich wol, o Stat! Wenn ich dich habe, Feld,
So hab ich Haus und Kost, Kleid, Ruh, Gesundheit, Geld.
5.
Erneuertes Schlesien
Der Krieger Art und Werk bißher war rauben, stehlen;
Der Stäter Art und Werk erkauffen und verhölen.
Es ist was starck gesagt. Es ist ja gut gemeinet,
Wiewols von aussen nicht, als wie es solte, scheinet.
Was neu ist, das ist gut; drum ist ihr Sinn gewesen,
Daß man bei allem soll das Renovatum lesen.
6.
Bewegliche Güter
Der Landmann thut nicht recht, daß er so kläglich thut
Um sein entwante Wahr: es war beweglich Gut.
7.
Wanderschafft der Leute und der Güter
Man sagt, man lieset viel, wie daß für langen Jahren
Zu Zeiten ein gantz Volk aus seinem Sitz gefahren
Und neues Land gesucht. Hinfüro wird man sagen
Was andres: Wie man sah bei uns in vielen Tagen
Vom Land Holtz, Stein, Ziehn, Blei, Gold, Silber, Kupffer, Eisen,
Fleisch, Brot, Tranck und was nicht? hin in die Stäte reisen.
8.
Soldat, durch Versetzung: als tod
Soldaten sind ein Volk, die durch behertzte Thaten
Der Welt und ihrem Thun viel dienen und viel rathen.
Wann aber ein Soldat der Welt dient wider Gott,
Der bleibt, indem er bleibt, ist, eh er bleibt, als tod.
9.
Stat, durch Versetzung: Satt
Die Unruh ist im Land, und Ruh ist in der Stat;
Denn jenes leidet Noth, und sie ist meistens satt.
10.
Steuer, durch Versetzung: es reut
Es reut wol trefflich sehr, was Steuer wird gegeben,
Weil fortmehr nichts mehr ist, als nur das liebe Leben.
Allein es darff geschehn; es reut noch, doch zu spat,
Nicht den so sehr, der gab, als der genummen hat.
11.
Überall Krieg
Weil nunmehr die gantze Welt
Wider sich zeucht selbst ins Feld,
Kan der Glaub in solcher Zeit
Auch nicht bleiben ohne Streit.
Dennoch führt er so den Krieg,
Daß Geduld behält den Sieg,
Daß die Hoffnung kriegt die Kron
Und Bestand den rechten Lohn.
12.
Bloße Warheit
Die Warheit ist ein Weib, das zwar kein Laster kennt;
Doch weil sie nackt und bloß, so wird sie sehr geschändt.
13.
Die schamhafftige Zeit
Sie sey sonst, wie sie sey, die Zeit,
So liebt sie doch Verschämlichkeit.
Sie kan die Warheit nackt nicht leiden;
Drum ist sie emsig sie zu kleiden.
14.
Schale ist nicht Kern
Was aussen heisset Schutz,
Das heist von innen Nutz.
Diß lehrten uns drey Jahr,
Es sey gar eigen wahr.
Drum lerne, Landsmann, lern,
Ob Schale sey der Kern.
15.
Lob-Sucht
Der um Lobes willen thut
Das, was löblich ist und gut,
Thut ihm selbsten, was er thut,
Thut es nicht, dieweil es gut.
16.
Ein ehrliches Leben und seliger Tod
Wer ehrlich hat gelebt und selig ist gestorben,
Hat einen Himmel hier und einen dort erworben.
17.
Friede ist das beste
Für großer Herren Mund gehört das Allerbeste,
Mag leichte, wo sich von ein grober Bauer mäste.
Der Fried ist eine Kost, die köstlich nährt und speist;
Drum wird gemeiner Mann davon ietzt abgeweist.
18.
Ordnung hilfft Haushalten
Es gehet diesem wol, der so sein Haus kan fassen,
Daß iedes drinnen weiß, was thulich, was zu lassen.
Drum gehts ietzt auch so fein. Wenn Krieg der Herr aufrührt,
So weiß der Bauer schon, daß ihn sein Beutel führt.
19.
Vermessenheit
Zum Werke von dem Wort
Ist offt ein weiter Ort.
20.
Auf einen Fresser
Edo lobt und hält für gut,
Wann ein Mensch stets etwas thut.
Nichts thut er; doch thut er das,
Daß er isst, wenn er kaum aß.
21.
Sparsame Zeit
Der Mangel dieser Zeit hat Sparsamkeit erdacht.
Man tauffet ietzt auch bald, so bald man Hochzeit macht.
22.
Die Natur duldet nichts Leeres
Der da saget: daß kein Leer
Irgend wo zu finden wär,
Der hat nicht gesehn so weit
In die Beutel unsrer Zeit.
23.
Kosten-Ordnung
Die Satzung, nach Gebühr zu zehren,
Kan keinen ietzund mehr beschweren.
Man hört, daß der nicht viel verthat,
Dem man benimmt, was er nur hat.
24.
Gesetz und Evangelion
Wenn mich Sinai wil tödten,
Hilfft mir Sion aus den Nöthen.
25.
Hier, durch Versetzung: heri
Aus hier kommt heri rauß. Was köstlich heissen mag
In dir hier, schnöde Welt, ist wie ein gestrig Tag.
26.
Krieg zwischen hier und dort
Hier und dort sind Brüder zwar,
Doch ein gantz verkehrtes Paar.
Hier führt wider dort viel Krieg;
Doch behauptet dort den Sieg.
Ieder muß in diesen Zug.
Wer dem dort dient, der ist klug;
Dort belohnt mit lauter Gott;
Hier bezahlt mit lauter Tod.
27.
Der Hencker und die Gicht
Der Hencker und die Gicht verschaffen gleiche Pein;
Nur er macht kleine lang, sie lange Leute klein.
28.
Soldaten, Mahler und Poeten
Tichtern und Mahlern war weiland leichte gegünnet
Ans Licht zu bringen, was nur ihr Gehirne gekünnet.
Soldaten steht ietzt durch sich selbst frey,
Bald Teuffel, bald Gott, bald Mensch zu seyn.
29.
Poetische und Historische Verwandelung
Daß von Verwandlung mehr kein Tichter nichts bringt an?
Ach sind doch derer mehr als iemand tichten kan.
30.
Brief-Edle
Wo ein gemahlter Brieff und außgekauffte Bullen,
Wer Edel noch nicht ist, erst Edel machen sollen,
So kan wol eine Maus deß Adels sich vermessen,
Die einen solchen Brieff hat unversehns gefressen.
31.
Redlichkeit
Weil die Ehr und Redligkeit
Weicht und fleucht auß unsrer Zeit,
Weiß ich nicht, was drinnen sehr
Fromer Mann wär nütze mehr.
32.
Auff Technicum
Technikus kan alle Sachen:
Andre lehren, selbsten machen,
Reiten kan er, fechten, tantzen,
Bauen kan er Stät' und Schantzen,
Singen kan er, messen, rechen,
Schön und zierlich kan er sprechen,
Stat und Land kan er regiren,
Recht und Sachen kan er führen,
Alle Krankheit kan er dämpffen,
Für die Wahrheit kan er kämpffen,
Alle Sterne kan er nennen,
Bös' und Gutes kan er kennen,
Gold und Silber kan er suchen,
Bräuen kan er, backen, kochen,
Pflantzen kan er, säen, pflügen,
Und zuletzt: erschrecklich lügen.
33.
Geraubt ist erlaubt
Die Welt ist voller Raub. Sie raubet Gott die Ehre
Und gibt sie ihr nur selbst. Sie raubt sein Wort und Lehre,
Sein Ordnung und Befehl und setzt an dessen stat,
Was ihr gevöllter Wanst zur Zeit getraumet hat.
Drauff raubt der Teuffel nun das Glück und allen Segen
Und pflegt hingegen nichts, denn Unmut, zu erregen.
Er raubet Fried und Ruh, er raubt die gute Zeit,
Er raubet Scham und Zucht, er raubt die Seligkeit.
Der Mensch beraubt den Mensch an dem, das ihm gegeben
Von Leumut, Ehre, Gut, Gesundheit, Wolfahrt, Leben.
Der Oberstand raubt hin den letzten Bissen Brot
Und läst gemeiner Schaar nichts, als die leere Noth.
Der Unterthan raubt weg Gehorsam, Pflicht und Treue,
Die Furchte vor der Straff und vor den Lastern Scheue.
Die Liebe, die ein Christ zum Christen billich trägt,
Die ist durchauß entraubt, die ist seitab gelegt.
Was macht denn der Soldat? (Das Volk von fremden Sinnen,
Daß Menschen man hinfort nicht mehr wird achten künnen.)
Er hätte gar fürlängst, wenns ihm nur wär erlaubt,
Den Himmel und Gott selbst geplündert und beraubt.
Was Rauber hat die Welt! Doch mag ein ieder glauben,
Daß den, der so geraubt, man wieder wird berauben,
Ich wett, ob er ihm schon geraubt hätt alle Welt,
Daß er davon doch nichts, als Höll und Tod, behält.
34.
Der unartige Sommer 1637
Kalte Nächte, heisse Tage
Gibt Gott dieses Jahr zur Plage.
Kalter Glaube, heisse Sünden
Künnen bessren Lohn nicht finden.
35.
Täglicher Wuntsch
Von aussen guter Fried, und gute Ruh von innen,
In wolgesundem Leib auch wolgesunde Sinnen,
Deß Himmels Freude dort, der Erde Segen hier:
Ein mehres weiter nichts ist täglich mein Begier.
36.
Die Steuer und Gottes Wort
Die Steuer und Gotts Wort behalten ewig Stelle;
Das Himmelreich ist dieß, und jenes ist die Hölle.
37.
Reichthum
Ich wäre gerne reich; denn daß ich reich nicht bin,
Drum wil man mich dazu noch zu der Strafe ziehn.
Ich wäre gerne reich; wer arm mich nicht kan leiden,
Der mag mir tausend Pfund und noch so viel bescheiden.
Ich hab ein Ungrisch Gold nicht Ungern im Beschluß;
Nicht haben, haben nicht, das bringet mir Verdruß.
Wer Gold nicht geben wil, der mag mir Silber geben;
Das Silber nehm ich auch. Ich wil gar friedlich leben
Mit dem, der dieses bringt; ein Schelme, der ihn schlägt,
Ob mir wer Jahr und Tag solch Ding zu Hause trägt.
Drum mangelt mir nun nicht die Hand, die Reichthum nimmet;
Mir mangelt nur die Hand, von der mir Reichthum kümmet.
Und kümmts, so ist es gut; wo nicht, was liegt mir dran?
Reich ist, wer ehrlich hier, dort selig leben kan.
38.
Der beste Soldat
Ich halte nicht dafür, daß der Soldat sei gut,
Der nicht ein Sänger ist und kan das re-sol-ut.
39.
Hochzeit-Wuntsch
Das Glücke, theures Paar, sey zinsbar eurem Willen
Und müß euch Haus und Hof mit Heil und Segen füllen;
Mit Segen, der da bleibt, wenn alle Zeit verlaufft,
Mit Segen, den man da erst nennt, wenn man ihn taufft.
40.
Steuer
Wenn so offt an Gott man dächte,
Als man an die Steuer denckt,
Wär uns, glaub ich, längst zu rechte
Fried und Ruh von Gott geschenckt.
41.
Rückkunfft vom Freunde, Ankunfft zur Freundin
Da, wo ich ietzund war, da war mir hertzlich wol;
Wol wird mir wieder seyn, wohin ich kommen sol.
Gunst ohne Falsch war hier, dort ist Lieb ohne List;
Hier ward ich sehr geehrt, dort werd ich schön geküst.
Beym Freunde war ich ietzt, zur Freundin kumm ich nun;
Hier that der Tag mir guts, dort wird die Nacht es thun.
42.
An einen Freund, über gestrige Bewirthung
Der Morgen, treuer Freund, entdecket unsre Schulden,
Dadurch wir deine sind, für so viel reiche Holden,
Die uns dein Abend gab.
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