mihi 235.
Es ist fast keinerley Art der Lehre, welche ihren Liebhaber mehr schmücke und mehr Vorschub thue, alle andere Wissenschafft zierlich, verwunderlich und lobreich zumachen, als die Poeterey. Von dieser borgen wir im Schreiben und Reden solche Sachen, damit die Höhe der Wissenschafft mit funckelndem Gesteine, gleich wie ein andrer Himmel, beäuget und besternet wird, ohne welche, so es were, die Circkel der Wissenschafft blind und wie entseelet stehen oder an allem Zierath Schiffbruch leiden müsten. Ob ich ieder Wissenschafft ihren Glantz gleich lasse, so ist es doch die Poeterey alleine, womit der andren ihre Stirnen gleichsam bekleinodet werden. Und gewiß, ist irgend was von löblichen Geschichten, von Witz und Scharffsinnigkeit, von Schimpff und lustigen Erfindungen, von gelehrten Sprüchen und Sätzen von Nöthen, der Leute Sitten und Gemüther recht zu gestalten, so muß solches hergenummen werden auß dem reichen Vorrath der Poeten.
Bey Aristophane fraget Äschylus den Euripidem: Weßwegen hat man sich über guten poetischen Köpffen zu verwundern? Euripides antwortet: Ihrer Geschickligkeit und guten Erinnerung wegen, dadurch sie die Leute besser machen.
An den Leser
Geneigter Leser, in der Fürrede der ersten zwey Tausend meiner Sinn-Getichte habe ich etwas weniges gedacht von der Reim Fügung; hier solte ich etwas erinnern von der Rechtschreibung. Ich habe mich darinnen aber auch noch zur Zeit bequämet unserer Übligkeit, um meine Sachen nicht gar zu ungewöhnlich zu machen, als der ich mehr auff die Art der Getichte als etwas anders gesehen; wiewol ich nicht verwerffe, was von fleissigen Sinnen, sonderlich von Herren Schottelio, welcher meines ermessens wol die erste Stelle hat, dißfalls richtig gewiesen worden. Künnen, günnen, kummen schreibe ich mit einem ü und u, weil ich derer Gedancken bin, daß die meisten Zeitworte der Deutschen von denen Nennworten, nämlich das Thun vom Wesen sich herziehen und also von Kunst künstlich, künnen abfliesse, von Gunst günstig, günnen herrühre, wie auch von Kunft Ankunfft, Abkunfft, Herkunfft kummen; es sey dann daß man meine, diese Nennwörter wären auß den Zeitwörtern, wiewol auch zu geschehen pfleget, hergestaltet, da es doch abermal nichts hindern würde. Anderes mehr. Das c für dem k behalte ich, weil es einem Deutsch-gebornen zu einem k schone geläuffig ist, umstehe aber nicht, daß es einem Außländer zu Erlernung unsrer Sprache leichter fallen dürffte, wann das c außgemustert würde. Das i mit e in liegen, siegen und dergleichen ist uns zu unsrer Mundart nicht beschwerlich und wird unzerzogen außgesprochen, macht auch bißweilen einen Unterscheid an der Länge oder Kürtze eines Wortgliedes. Das y möchte zu einem End-Buchstaben wol hingehen, weil es in vielen Schrifften gefunden wird; doch wil ich ihm kein Schild seyn. Sonst halte ich dafür, daß die Wörter, so auß anderen Sprachen ins Deutsche angenummen werden, mit ihren eigenen Buchstaben füglich zu schreiben sind: als Christoph, Sophia, Phöbus, damit wir nicht unser machen, was nicht unser ist, weil es nicht nöthig, in dem uns nichts mangelt. Die Geschlecht-Worte brauche ich, wie sie bey uns üblich; doch fange ich hierüber und über andrem keinen Krieg an. Ich erkläre mich nur, daß weder Zeit noch Meinung bey mir gewesen, solche Dinge vor und ietzo zu beobachten, hingegen aber auch kein Fürsatz, sie zu verachten. Bleib geneigt und gesund.
Der Verkleinernde.
Desz dritten Tausend erstes Hundert
1.
Die ietzige Welt-Kunst
Die Welt-Kunst ist ein Herr, das Christenthum ihr Knecht;
Der Nutz sitzt auff dem Thron; im Kercker steckt das Recht.
2.
Müssiggang
Iedes Haus hat seinen Ort, der gewiedmet ist zur Ruh;
Knecht- und Mägde haben Lust, Herr und Frau hat Fug dazu.
3.
Gesinde
Zwar Gesinde sol man speisen, darff es aber doch nicht mästen,
Soll sie brauchen uns zu helffen, soll sie brauchen nicht zu Gästen.
4.
Auff Trepicordum
Trepicordus soll sich rauffen, wil nicht kummen; denn er wil
Nicht verrücken, wil erwarten ihm von GOtt gesetztes Ziel.
5.
Hülffe
Eigner Fleiß und fremde Hülffe fodern einen guten Mann;
Ob man einem für soll spannen, muß er selbsten spannen an.
6.
Das ABC der Liebe
Wer das A B C wil lernen, muß es lernen biß auffs Z.
A B C, das Buler lernen, geht nur biß A B: Auffs Bett.
7.
Auff Nepotem
Nach der Sonne richtet ein Nepos allen seinen Rath;
Wann es früh, so wird er jung, ist vergangen, wann es spät;
Denn er dencket nur auff das, was er heute darff und hat.
8.
Auff Thrasonem
Thraso wagt sich in den Krieg;
Seine Mutter wil nicht weinen;
Denn mit seinen schnellen Beinen
Stund ihm zu manch schöner Sieg.
9.
Bule, versetzt: Ubel; Bulen, versetzt: Beuln
Schöner Bule, schnödes Ubel, freches Bulen, schlimme Beuln,
Trifft zusammen, folgt einander, wie auff sichres lachen heuln.
10.
Danck, versetzt: nackd
Danck ist nackd; drauß kan man schlissen,
Daß er hoch nicht zu genissen.
11.
Warheit
Stinckend Kees und Warheit
Liegt bey Höfen abseit.
12.
Wein
Kümmt Wein vom weinen nicht, so kümmt vom Weine weinen;
Das sauffen bringet Weh, das kan mir Niemand neinen.
13.
Gutachten
Es ist zwar guter Rath mehr werth als groß Geschäncke;
Doch jagt das schencken offt das rathen unter Bäncke,
Daß an das schencken mehr als guten Rath man dencke.
14.
Geschencke
Wer das Recht denckt recht zu führen,
Muß die Räder reichlich schmieren.
15.
Hofe-Diener
Ieder wil bey Hofe dienen; aber mehrentheils nur immer
Nicht beym sorgen, nicht beym dulden, sondern nur im Taffel-Zimmer.
16.
Ein Hofemann
Bey Hofe wird kein Greiß,
Wer nicht zu heucheln weiß.
17.
Anders
Wer bey Hof ist worden alt, gibt zu mercken an den Tag,
Daß er zwar mit schmecken viel, doch mit lecken mehr vermag.
18.
Von vier Hirtinnen
Chloris, Doris, Iris, Ciris liebten einen Hirten alle;
Ihm zu weisen mit dem Wercke, daß er ieden wol gefalle,
Krönte Chloris ihn mit Blumen; Doris bracht ihm Honig-Schnidte;
Iris grüsset ihn mit lächeln; Ciris fasst ihn in der Mitte,
Küste seinen Mund-Rubin. Ihm behagte nur das küssen,
Nam von sich und gab der Ciris Krone, Honig und das grüssen.
19.
Die Saate der Warheit
Wer bey Hofe Warheit säet, erndtet meistens Mißgunst ein;
Wächst ihm etwas zu von Gnade, wirfft der Schmeichler Feuer drein.
20.
Fremde Kleidung
Deutsch zu reden, deutsch zu schreiben sind die Deutschen ietzt beflissen;
Wie sie sich recht deutsch bekleiden, künnen sie zur Zeit nicht wissen,
Biß zum kleiden, wie zum reden, eine Gnoßschafft sie beschlissen.
21.
Auff die bekneidete Lucidam
Lucida, du schöner Schwan, dran zu tadeln keine Feder,
Wann du nur nicht wie der Schwan drunter decktest schwartzes Leder!
22.
Auff einen Æsopum
Es gläntzet dein Verstand, Æsopus, weit und ferne;
Wie schade, daß ihn fast so schmutzige Laterne!
23.
Irren ist menschlich
Wer ist immer gleiche witzig? Witz ist warlich so ein Ding,
Das nicht allemahl zu Hause, das bißweilen schlafen gieng.
24.
Auff Vitum
Veit trägt eine Flegel-Kap über einer Knebel-Haut;
Höflich hat ihm abgesagt; dieses macht, daß er nicht traut.
25.
Verehrungen
Wer für grosse Herren fischt, kümt nicht an mit kleinen Fischen,
Sondern wo vom Maule her biß zum Schwantz ist viel dazwischen.
26.
Auff Harpacem
Harpax kan nicht müssig seyn; wil ihm niemand was befehlen,
So erbricht er Thür und Thor, Lad und Küste, was zu stehlen.
27.
Das frome Alter
Wann die Wollust uns verläst, kümmt uns dann die Andacht an;
Himmel hat den Alten erst, Welt hat vor den jungen Mann.
28.
Schönheit
Schönheit ist ein Vogel-Leim; ieder hanget gerne dran,
Wer nur fleuget, wer nur schleicht, wer nur manchmal krichen kan.
29.
Deß Mopsi Urtheil
Egla war von blöden Augen; Phyllis war von stumpffen Ohren;
Nisa war von schwerer Zunge; iede war also geboren.
Sonsten hatte Zier und Zucht unter ihnen gleichen Krieg;
Sonsten hatte Zier und Zucht unter ihnen gleichen Sieg.
Mopsus solt ein Urthel fällen über ihre drey Gebrächen,
Sprach: Das fühlen ist bey allen, und das andre nicht zu rechen.
30.
Selbgunst
Selblieb handelt immer recht; dann ihm gibet Recht und Rath
Rath und Richter an die Hand, den er in dem Spiegel hat.
31.
Gewissen ohne ss: Gewien
Die sonsten nimmer nie zusammen gerne kamen,
Gewissen und Gewien, besitzen einen Namen.
32.
Welt-Gunst
Manchen treibet grosse Brunst
Durch geübte List und Kunst,
Welt, zu werben deine Gunst,
Die zu haben fast umsonst
Und für sich doch nichts als Dunst.
33.
Ein Hofemann
Wer redlich ist im Hertzen und mit dem Munde frey,
Der wisse, daß bey Hofe behäglich er nicht sey.
Wie man ihm vorgesaget, so sagt der Papagey;
Drum wer daselbst wil gelten, der trete diesem bey.
34.
Verstellung
Wer sich bey der Welt hoch bringt an durch stellen,
Darff sich wol bey Gott tieff hinunter fällen.
35.
Schmüncke
Wolt ihr euch, ihr Jungfern, schmüncken? Nemet dieses zum Bericht:
Nemet Öle zu den Farben; Wasser-Farben halten nicht.
36.
Armut und Reichthum
Gib mir, wilstu mir was geben, Armut nicht, HErr, Reichthum nicht!
Dieses möcht auß deinen Furchten reissen mich in seine Pflicht;
Jenes dürffte zwingen mich, mich durch Unrecht zu ernähren;
Dorte dürfft ich leugnen GOtt, hier den Nechsten arg beschweren.
Gib mir, was mir ist von nöthen! wann dein Wort und Brot ich hab,
Hab ich, was mich zeitlich, stärcke, hab ich, was mich ewig lab.
37.
Alter Adelstand
Weiland war deß Adels Brauch in dem Felde durch das Blut,
Nicht im Acker durch den Schweiß, zu erwerben Ehr und Gut.
38.
Gewalt für Recht
Gewonheit wird Gebot durch Brauch und lange Zeit.
Krieg hat durch dreissig Jahr Gewalt in Recht gefreyt.
39.
Nachdrückliche Worte
Daß der Sinn es redlich meine, haben wir nur ein Gemercke:
Wann nicht Worte bleiben Worte, sondern Worte werden Wercke.
40.
Auff Onalum
Onalus (meint iedermann) sey ein Mann, dem Lob gebühre,
Wann er schweigt, dieweil er sonst führt den Esel für die Thüre.
41.
Ietziges Gewissen
Unsrer Zeit Gewissen
Stehet auff genissen.
42.
Alte Jungfern
Alte Jungfern mügen buhlen, künnen dennoch Jungfern seyn;
Dann weil Jung ist fern an ihnen, trifft es also richtig ein.
43.
Lebens-Satz
Viel gedencken, wenig reden und nicht leichtlich schreiben
Kan viel Händel, viel Beschwerden, viel Gefahr vertreiben.
44.
Lebens-saat
Canus ist zwar Lebens-saat; eh der Magen sich soll schliessen,
Wil er gleichwol zum Confect was von Jahren noch geniessen.
45.
Unterscheid
Duplex, der mit Pfeiffen handelt, führet meistens schlimme Pfeiffen,
Die ihm aber wol gehn abe; denn er kan sie selbsten greiffen.
Simplex handelt auch mit Pfeiffen, derer kein ihm abe gehet,
Ob sie gleich sind wol gebrochen, weil er pfeiffen nicht verstehet.
Gleiches ist doch nimmer eines; gleiche handeln, gleiche seyn,
Gleiche seyn und gleiche handeln, trifft doch nimmer über-ein.
46.
Auff Polyglottum
Polyglottus kan viel Sprachen; wo viel Sprachen, da viel Worte;
Wo viel Worte, da viel Sinnen, und das Hertz an keinem Orte.
47.
Der Buchstabe G
Meistens alles auff der Erden, drauff die Leut am meisten streben,
Stehet unter denen Dingen, die sich auff ein G anheben:
Gold, Geld, Gut, Geschencke, Gaben, Gunst, Gewin, Gewalt, Geschicke,
Glaube, Glimpff, Gesund, Gewissen und mit einem Worte Glücke
Wil sich alles drunter stellen. Wann zu diesem zu sich zehlet
Gott mit seiner Gnad und Güte, weiß ich nicht, was Gutes fehlet.
48.
Hofe-Witz
Wer nicht bey den schlauen Höfen iedem Kopffe weiß zu kummen,
Der hat selbsten nicht nach Hofe was von Kopffe mit genummen.
49.
Hingegen:
Wer da bey den schlauen Höfen iedem Kopffe weiß zu kummen,
Der hat zwar den Kopff nach Hofe, das Gewissen nicht, genummen.
50.
Klugheit und Thorheit
Iedermann hat zu Haußinnen zwey gar ungegleichte Gäste,
Einen Doctor, einen Narren, die mit seinem Brot er mäste;
Wil er nun nicht vor sich sehn und den Narren halten ein,
Wird er, als der Doctor, mehr an der Thür und Fenster seyn.
51.
Hofe-Wercke
Was zu Hofe wol geht an,
Hat die Herrschafft selbst gethan;
Was daselbst gefehlet hat,
Dieses hat versehn der Rath.
52.
Der beste Glaube
Man helt ietzt diesen Glauben hoch, der hohen Stand gebieret;
Drum halt ich diesen Glauben hoch, der biß in Himmel führet.
53.
Das Glücke der Gottlosen
Was hilfft es einen Dieb, der morgen hencken sol,
Ob er mit Speiß und Tranck versorgt ist heute wol?
Den Sünder hilfft es nicht, den Hölle sol verschlingen,
Wenn er gleich in der Welt lebt stets bey guten Dingen.
54.
Christen-Todt
Unser Tod, der ist ein Tod
Nicht deß Lebens, nur der Noth.
55.
Grosser Hunger
Da ist, da ist erst zu sagen von den rechten Hungers-Nöthen,
Wann die Müller und die Bäcker pflegt der Hunger auch zu tödten.
56.
Schlesier
Wer sagt, das Schlesier nicht allzu höfflich seyn?
O, Schmeich- und Heucheley wil ihnen nur nicht ein!
57.
Christen-Complimenten
Ja, Ja, Nein, Nein sind Complimenten, die Christus Christen fürgeschrieben;
Wann Christus nur in Franckreich käme, so würd ihm bald ein andres lieben.
58.
Auff Ronchum
Ronchus ist alleine klug; Klugheit bleibt ihm auch alleine;
Denn es sucht und holt bey ihm nun und nimmer keiner keine.
59.
Das Glück ein gemein Weib
Das Glück ist wie ein Weib, die keinen völlig liebet,
In dem sie sich ietzt dem, ietzt jenem untergibet.
60.
Grabschrifft einer tugendhafften Frauen
Schaut diesen schlechten Stein!
Ein Demant soll es seyn;
Denn das, was er beschwert,
Ist mehr als dieses wehrt:
Hier liegt die Frömigkeit
Und harrt auff jene Zeit.
61.
Von vergangenem Kriege
Die Wercke, die der Krieg bißher bey uns verübt,
Die wiesen, was für Plag es in der Hölle gibt.
62.
Die Freyheit
Wo dieses Freyheit ist: frey thun nach aller Lust,
So sind ein freyes Volck die Säu in ihrem Wust.
63.
Der Welt Thorheit
Eine Ranstat ist die Welt, drinnen fast ein iedes Haus
Heimlich doch, wo wißlich nicht, hat und heget einen Claus.
64.
Redligkeit
Schlecht und Recht, wo find ich dich? Unter keinem hohen Giebel,
Manchmal unter Leim und Stroh, zum gewisten in der Biebel.
65.
Auff Rubidam
Rubida ist voller Scham: niemand wird sie baarfus finden;
Sonsten kümts der Mode zu, das die Brust ist ohne binden.
66.
Undanckbarkeit
Der uns gibt die gantze Welt, der uns wil den Himmel geben,
Fodert nichts dafür als Danck, kan ihn aber nicht erheben.
67.
Eine Wittfrau
Wer ihm eine Wittfrau traut,
Schläffet nie auff gantzer Haut.
68.
Gottes Güte
Wann uns Gott, was wir verdienen, sonsten nichts nicht solte geben,
Würden wir von unsren Diensten ärmer als kein Betler leben.
69.
Auff Plutum
Wüntsch ich dir, Plutus, ein ewiges Leben,
Ist dir dieses wüntschen doch anders nicht eben,
Wann ich nicht wüntsche, deß Wuntsches ervöllen
Lange noch, lange noch spare den Willen.
70.
Lust und Schmertz
Freud und Leid, das Buler-Paar,
Henckt zusammen immerdar.
71.
Die Furcht
Der Tod, für dem der Mensch so fleucht und so erschrickt,
Wehrt an ihm selbst so lang, als lang ein Auge blickt.
Deß Todes Furcht ist tod mehr als der Tod; der Tod
Verkürtzt, was ihn vergällt: der Furchte bittre Noth.
72.
Amt-Schreiber
Edelleute schinden Bauern; Schreiber schinden Edelleute;
Schreibern kummen wie den Gerbern Bauer- und auch Edelheute.
73.
Weiber-Hütter
Ohne Noth wird die bewacht,
Die auff Unzucht nie gedacht;
Nur vergebens wird bewacht,
Die auff Unzucht hat gedacht.
74.
Keuschheit
Keuschheit ist ein Balsam; Weiber sind ein Glas;
Jener ist sehr köstlich, gar gebrechlich das.
75.
Bestechungen
Alle Schlösser öffnen künnen
Ist ein Fund von schlechten Sinnen;
Denn hierzu ist diß der Rath,
Das man göldne Schlüssel hat.
76.
Auff Pontiam
Du Scheusal, Pontia, du Unding aller Frauen!
Wie daß man dich so ehrt? ey, hör mich im Vertrauen!
Man helt dich für ein Bild, mit Golde starck beschmieret,
Dem einig und nicht dir solch Ehr und Dienst gebühret.
77.
Auff Gurgitem
Gurges, dein beweglich Gut sah man längst sich weg bewegen;
Unbeweglich, was noch war, wird sich ehstes gleichfalls regen;
Dieses macht der starcke Wein, dessen Geister drein sich finden,
Daß sich alles so bewegt, regt und drauff wil gar verschwinden.
78.
Der sondere Stand
Wer ruhig sitzen wil, der sitze nicht beim Gübel;
Wo Schwindel folgt und Fall, daselbsten sitzt sichs übel.
79.
Eitelkeit
Nim weg die Eitelkeit von allen unsren Wercken,
Was wird dir übrig seyn und gültig zuvermercken?
80.
Die Liebe
Wo Liebe kümmt ins Haus,
Da zeucht die Klugheit auß.
81.
Höfligkeit
Was Höfligkeit versprochen,
Ist ferner nicht zu suchen;
Sie machet keine Pflicht;
Ihr Band, das bindet nicht.
82.
Gold
Weil unter dem, was schwer, das Gold am schwersten wiegt,
Drum kümmt es, daß dem Gold ein iedes unten liegt.
83.
Weiber
Die nicht Weiber haben,
Wüntschen ihre Gaben;
Die sie nun genossen,
Werden drob verdrossen.
84.
Alt und Jung
Das Alte klappert, das Junge klinget;
Das Alte schleichet, das Junge springet.
85.
Die Zeit
Was die Zeit für Urthel spricht,
Drauß wird alles Thun gericht.
86.
Auff frantzösisch
Alles, alles, was man thut, soll frantzösisch seyn geschehen;
Wie man Kinder zeugen mag auff frantzösisch, möcht ich sehen.
87.
Anschläge
Was man für der Zeit erwehlet,
Sonst ist nichts, das so sehr fehlet.
88.
Vergnügligkeit
Ein Leben bey vergnügtem Mut,
Ist immer gut, hat immer Gut.
89.
Adeliche Geschlechter
Ein altes edles Haus ist recht ein altes Haus;
Der Adelstand, der liegt; ein ieder geht drauff nauß.
90.
Ein alter Soldat
Junge Krieger, alte Kriecher; Stärck und Mut ist auch ein Ding,
Das, wie sehr es vor geprachtet, endlich doch auff Krücken ging.
91.
An eine fürstliche Person
Fürstin, Ihr geht, wie es billich, inner Gold und Seiden her;
Dennoch seh ich, als die Kleider, nichts an Euch, das schlechter wär.
92.
Die Begierden
Stündlich kämpfft man mit den Lüsten; selten pflegt man ob-zu siegen;
Wenig derer, die bestehen; viel sind derer, die erliegen.
93.
Auff Cascam
Casca ist wie Finsternüß, und ihr Gold ist wie die Sonne;
Ihr Gesichte bringet Grau, und ihr Beutel bringet Wonne.
Wer nun Sonn und Wonne liebet, muß sich machen auch bereit,
Daß er mit der Finsternüsse bringe zu bestimmte Zeit.
94.
Ein alt Weib
Ein altes Weib, das schön, macht mit so seltnen Gaben,
Daß über ihr daher stets schweben weisse Raben.
95.
Auff Drancem
Drances wüntschet seinem Weibe langes Leben; (dann ihr Geld,
Das sie hat, verdient es billich!) doch er meint, in jener Welt.
96.
Fürsten
Fürsten sind deß Vaterlandes Väter; drum wer ihre Scham
Wo entblöst und sie verschimpfft, hat den Fluch, wie weiland Cham.
97.
Wittiben
Wer sich an ein Schinbein stösset, der hat grosse, kurtze Schmertzen.
Witwen, welchen Männer sterben, fühlen gleiches in den Hertzen.
98.
Lust und Leid
Was die Jugend hat erfreut,
Hat das Alter offt bereut;
Lust und Leid, die sind getreut.
99.
Gläubiger
Ist Schuldrich gleich Blut-arm, ob Niemand ihn gleich acht,
Wird er mit Mahnern doch bedient, begleit, bewacht.
100.
Hunger und Liebe
Der Hunger und die Liebe sind beyde scharffer Sinnen,
Sie finden leichtlich Mittel, ihr Futter zu gewinnen.
Desz dritten Tausend andres Hundert
1.
Weiber
Schöne Weiber sind der Himmel, greuliche, die sind die Hölle,
Dort für Augen, hier für Sinnen. Wie man sich gleich nun geselle,
Halten beyde für den Beutel dennoch Fegefeuers stelle.
2.
Das Glücke
Glück ist keines Lehnman worden, hat auch keinem treu gelobet,
Kan das Lehn drum nicht verschertzen, wann es noch so feindlich tobet.
3.
Liebe ein Feuer-Wercker
Lieb, in deinen Feuer-Wercken
Sind viel Schwermer zu vermercken.
4.
Auff Clepacem
Clepax legt sich nie ungestohlen nieder;
Was er Reichen stiehlt, gibt er Armen wieder.
GOTT, wird reichen Lohn ihm hingegen geben,
Daß er hoch erhöht wird in Ketten schweben.
5.
Heußligkeit
Wer ein grosses Haus wil bauen, bau die Kuchel erstlich klein;
Sonsten muß deß Beutels Fette nur der Kuchel zinßbar seyn.
6.
Auff Cnospum
Cnospus hat zwey tausent Gölden auff sein Lernen angewandt;
Wer dafür ihm funffzehn zahlet, zahlet gar mit reicher Hand.
7.
Wissenschafft
Wen Vernunfft gelehrt gemacht,
Wird viel höher offt geacht,
Als den offt deß Buches Blat
An Vernunfft verwirret hat.
8.
Amt der Obrigkeit
Weil Obrigkeiten seugen sollen,
Wie kümts denn, daß sie saugen wollen?
9.
Abwechselung
Andren gehet auff die Sonne, wann sie uns geht nieder;
Wann sie andren nieder geht, kümt sie zu uns wieder.
Was uns GOTT nicht heute schenckte, kan er morgen schicken,
Kan uns, was er heute schickte, morgen auch entzücken.
10.
Verschwendung
Für altes Geld ist junge Hand
Gemeiniglich kein festes Band.
11.
Seuffer
Gottes Werck hat immer Tadel; wem der Tag zu kurtz zum trincken,
Diesen wil auch zum ernüchtern gar zu kurtz die Nacht bedüncken.
12.
Gefährligkeit
Kohlen, daß die Hand bleibt sicher, fasset man mit Zangen;
Mit bedencken, was gefährlich, hat man an zu fangen.
13.
Der Rechts-Tittel vom Schencken
Die Gesetze von dem Schencken
Woln Juristen nur gedencken,
Daß sie gehn auff ihr bequemen,
Nicht zu geben, nur zu nehmen.
14.
Mässigkeit
Wer mässig leben kan, und wer ihm lest genügen,
Wird leichtlich, wird man sehn, zu keinem Schmeichler tügen.
15.
Der Weiber Mitgifft
Jungfern, wann man euch soll kauffen, must ihr Geld zu geben;
Die nichts zugibt, bleibt wol sitzen, ist niemanden eben.
16.
Heuraths-Stiffter
L und L, List und Lügen
Kunten manche Heurath fügen.
17.
Auff Plausillam
Plausilla trägt sich hoch, dieweil sie etwas schön;
Wie würde sie so hoch, wenn sie wer ehrlich, gehn?
18.
Christus mein Alles
Christus ist mir alles worden, ist mir so auch worden Ich;
Ist er Ich nun worden mir, so wird Ich nicht lassen mich.
19.
Der unendliche Gott
Gott war stets, wie er ist, wird, wie er ist, stets seyn;
Ich aber soll auß Schuld in Busse treten ein,
Damit für Höll und Tod sey Heil und Himmel mein.
20.
Ärtzte und Juristen
Ihr Ärtzt und ihr Juristen, habt euer bestes Wesen
Bey andrer Leute Schaden, Verlust und Ungenesen.
21.
Auff Plaudrinum
Plaudrinus sagt viel her von wunderseltnen Tauben;
Auß Freundschafft wil ich ihm, wer thet es sonste? glauben.
22.
Das Schwert
Ohn Ursach sollen wir nie zucken unsren Degen;
Ohn Ehre sollen wir ihn drauff nie nieder legen.
23.
Schulden
Wer Schuld mit Schulden zahlt, thut selten alles gut;
Der letzte, der ihm borgt, den zahlt er mit dem Hut.
24.
Göttliche Rache
Gottes Mühlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich klein;
Ob auß Langmuth er sich seumet, bringt mit Schärff er alles ein.
25.
Betriegligkeit
Bey Hoff ist alles, wers nur spüret,
Mit Falschheit zierlich tapeziret.
26.
Danckbarkeit
Danck für Wolthat ist ein Saame,
Der nicht überall bekame.
27.
Geitz und Filtzigkeit
Wer mit den Zähnen machet Gold,
Hat Koth zu essen wol verschuld.
28.
Ehre und Würde
Schwer ists, auff nach Ehren steigen,
Schwerer, sie zu haben eigen,
Und am schwersten, wann sie fleucht,
Wie man sie zu rücke zeucht.
29.
Liebe der Alten
Lieben hat selten viel Flammen geheget,
So sich auß Asche deß Alters erreget.
30.
Guter Anfang
Selten ist wol abgegangen,
Was nicht wol ist angefangen.
31.
Auff Vitum
Quecksilber und das Bley gesellen sich nicht recht;
Was soll ein junges Kind dir, Veit, du alter Knecht?
32.
Gemässigte Straffen
Straffe soll seyn wie Salat,
Die mehr Oel als Essig hat.
33.
Soldaten
Brot und Wasser gibt man Sündern, die am Galgen sollen büssen;
Waren Krieger dann noch ärger, die es offte musten missen?
34.
Die Hoffnung
Ist ein Bettler mancher gleich,
Dennoch macht ihn Hoffnung reich.
35.
Hunger und Durst
Durst und Hunger, die sind Mahner, die man nimmer kan bestillen;
Morgen kummen sie doch wieder, kan man sie gleich heute völlen.
36.
Unglücke
Bey einer guten Zeit denck an die böse Stunde,
Die sich der guten Zeit gern auff dem Rücken funde.
37.
Stehlen
Stehlen darff nicht viel Verlag und hat dennoch viel Genieß;
Trägt es sonsten nichts nicht ein, ist doch Holtz und Hanff gewiß.
38.
Die gewandelten Deutschen
Wir werden nicht mehr starck und wie die Alten alt.
O, wann nur Glaub und Treu nicht auch wär schwach und kalt!
39.
Wolthätigkeit
Wer Wolthat gibt, solls bald vergessen; wer Wolthat nimmt, solls nie vergessen;
Sonst ist um Undanck der zu straffen und jenem Hoffart zuzumessen.
40.
Entschuldigung
Adams erstes Hosen-Tuch waren Blätter von den Feigen.
Sünde macht sich immer recht oder wil sich ja verschweigen.
41.
Vom Cominæo
Cominaeus ist, Ihr Fürsten, Euer Catechismus-Buch;
An dem Grunde wol zu herrschen, ist bey ihm fast kein Gebruch.
42.
Der Liebe Handels-Wahren
Die süsse Liebes-Krämerey, was führet die für Wahren?
Sie machen ihren Kauffmann glat und freyen ihn von Haaren.
43.
Heuchler
Schmeichler sind wie Sonnen-Blumen, blicken nach dem Himmel hin,
Wurtzeln aber in die Erde, suchen Vortheil und Gewin.
44.
Karten-Spiel
Wer mit Karten gerne spielt, hat daran den Reise-Brieff,
Da er in das Armen-Haus frey und sicher mite lieff.
45.
Menschliche Thorheit
Iedem klebet Thorheit an;
Dieser ist am besten dran,
Der fein kurtz sie fassen kan.
46.
Auff Siccum
Siccus ist ein fromer Mann, und es ist die Sage,
Daß er (wann er nichts nicht hat) faste manche Tage.
47.
Räuber
Auß dem grossen Satzungs-Buche plündert mancher mehr die Leute,
Als vielleicht ein armer Schlucker auß dem Pusche fischet Beute.
48.
Thorheit und Halßstarrigkeit
Närrisch Hirn und harter Nacke dient für manchen klugen Mann;
Denn sie machen durch ihr wüten, daß er was erwerben kan.
49.
Deß Jobi Weib
Wann der Satan gieng von Job, ist sein Anwalt dennoch blieben
Jobs sein Weib; er hatte nie keinen bessern auffgetrieben.
50.
Eine reiche Alte
Reich und häßlich liebt man halb,
Ist Aarons göldnes Kalb.
51.
Müntze wider Traurigkeit
Frauen-Müntze heilt viel Leid,
Wer sie braucht mit maß und zeit.
52.
Auff den verschwender Syrum
Syrus war ein reicher Mann, muß nunmehr deß Glaubens wegen
Ein paar Schuh zum Wettelauff hinter seine Thüre legen.
53.
Verstand und Zustand
Verstand, den ieder hat, helt ieder lieb und wehrt;
Der Zustand, den er hat, wird anders stets begehrt,
Da jener, wie mich dünckt, doch mehr als der verkehrt.
54.
Verbrieffter Adel
Ein federliches Waffen, nicht väterlicher Schild
Ist ietzt vorauß gestellet, wo Feder-fechten gilt.
55.
Frauen-Volck
Weiber sind als wie ein Buch; weil der Abdruck erst gefehlet,
Werden Fehler immer fort alle Bücher durch gezählet.
56.
Seltsame Jungferschafft
Es ist ein Hund, der Jungfern frist; doch wer ihn siht, der sihet immer,
Daß er stets dürr und mager sey; fett aber siht ihn keiner nimmer.
57.
Auff Latinum
Latinus halt doch an und sammle dein Latein!
Es wird den Winter durch vielleicht was theurer seyn.
58.
Lohn für Dienst
Treuer Dienst heischt seinen Lohn,
Ob er gleich nicht sagt davon.
59.
Der Erde und deß Wassers Hülffe
Die Erde speist das Wasser; das Wasser tränckt die Erde,
Damit der Mensch gespeiset, getränckt von beyden werde.
60.
Der Tod zu Hofe
Bei Propheten Kindern war der Todt im Topfe;
Bey deß Hofes Heuchlern ist er in der Suppe.
61.
Fische sind nicht Fleisch
Seinen Weg hat alles Fleisch in der ersten Welt verterbt;
Drum hat durch den Sündenfluß Gott gar recht das Fleisch gesterbt.
Nur die Fische blieben leben; müssen also billich schliessen,
Wer im Fasten Fische speiset, künne ja nicht Fleisch geniessen.
62.
Asche und Kohle
Kohl und Asche sind Geschwister; Holtz ist Mutter, Vater Feuer;
Kohl ist Bruder, Asche Schwester; beyde sind ein Ungeheuer;
Denn der Vater wie die Mutter ist so bald durchauß verlohren,
Wann der Sohn und seine Schwester werden zu der Welt geboren.
Doch zur Rache kümt der Wirbel, treibt die Tochter in die Flüchte,
Und deß Vaters Bruder kümmet, macht den Sohn noch auch zu nichte.
63.
Auff Gailulam
Gailula hält nichts vom sondern, hält nur von gemeinem;
Drum verbleibt sie allen willig, dienet nicht nur einem.
64.
Weiber sind Menschen
Ob Weiber Menschen sind? Sie haben ja Vernunfft,
Sie lieben fort und fort; dann wilder Thiere Zunfft
Hegt nur zu mancher Zeit der süssen Liebe Brunfft.
65.
Ordnungen
Wer Ordnung machen wil, der muß auch Leute machen,
Bey denen sie ein Ernst, und die sie nicht verlachen.
66.
Schmeichler
Schmeichler haben keine Straffe, weil sie niemand ie verklagt;
Schmeicheln ist fast wie natürlich, weil es keinem mißbehagt.
67.
Die Reichen
Die mit Säcken voller Geldes sind behencket überall,
Kummen schwerlich in den Himmel; dann der Steig ist gar zu schmal.
68.
Deß Glückes Maul
Glücke hat ein weites Maul; was der gute Tag gesagt,
Hat manchmal der böse Tag kurtz hernach mit Reu beklagt.
69.
Lügen
Wer sein Kleid mit Lügen flickt, der befindt dennoch,
Ob er immer flickt und flickt, da und dort ein Loch.
70.
Auff Nepotem
Nepos geht in grossem Kummer, aber nur biß an die Knie;
Weiter läst er ihn nicht dringen; biß zum hertzen kümmt er nie.
71.
Der babylonische Thurm
Da die Sprache ward verwandelt, ward der Thurm nicht außgebaut.
Weil die Kleidung sich so wandelt, wird kein deutscher Sinn geschaut.
72.
Der Todes-Schlaf
Wer Geld zu zehlen hat, der schläft nicht leichtlich ein;
Nur für deß Todes Schlaf wil Geld kein Mittel seyn.
73.
Die Kirche
Hat beym grossen Hauffen dann die Kirche Stelle?
Laufft der grosse Hauffe dann nicht in die Hölle?
74.
Tugend und Laster
Tugend läst sich nicht begraben; Laster sterben auch mit nichte;
Diese leben durch die Schande, jene durch ein gut Gerüchte.
75.
Auff Tetcam
Tetca wil, man soll sie loben; ihres Leibes schöne Stücke
Loben sich ja von sich selbsten; soll man loben ihre Tücke?
76.
Deß Arcadis Schutzrede
Arcas sagt: Ich bin nicht schlau; doch läst Einfalt nicht verterben;
Eh und mehr als Eselshaut siht man einen Fuchsbalg gerben.
77.
Vergnügligkeit
Wer, was ihm nicht soll, kan meiden,
Kan auch, was nur kümmt, erleiden.
78.
Auff Fungum
Fungus ist ein Witwer; nicht sein Weib ist hin:
Nur er ist ein Witwer an Verstand und Sinn.
79.
Auff Marcum
Marcus macht ein Testament, tröst sein Weib mit letztem Willen;
Sie macht auch ein Testament, ihren erstlich zu ervöllen.
80.
Das Urthel Paridis
Daß Paris nicht recht klug im Urtheln sey gewesen,
Meint ieder, der von ihm pflegt hören oder lesen.
Mich dünckt, daß heute noch ihm mancher fiele bey,
Wann Helena wie ihm, so manchem, stünde frey.
81.
Himmel- und Hofe-Leben
Hofegunst und ewig Leben
Wird nicht auß Verdienst gegeben.
82.
An einen Freund
Du bittest mich auff morgen, ich solte seyn dein Gast;
Gut! wann du mich zu gaste nur nicht im Hertzen hast.
83.
Fürsten-Liebe
Grosse Herren lieben die, denen sie viel Wolthat gaben,
Lieben selten, die um sie sich gleich wol verdienet haben,
Wollen, daß man ihre Güte solle stets mit Pflicht entfinden,
Wollen sich für fremdes Gute selbst hingegen nicht verbinden.
84.
Fürstliche persönliche Zusammenkunfft
Grosse Herren solln sich kennen,
Als durch sehen, mehr durch nennen;
Was das Ohr hat groß gemacht,
Hat das Auge drauff verlacht.
85.
Der Köhler-Glaube
Was die Kirche glauben heist, soll man glauben ohne wancken;
Also darff man weder Geist, weder Sinnen noch Gedancken.
86.
Eine Frage
Ob mehr Augen, ob mehr Haare (wil man fragen) hat die Welt?
Ey, mehr Augen! zehle beydes du, dem dieses nicht gefellt.
87.
Gewaltsame Bekehrung
Wann durch tödten, durch verjagen Christus reformiren wollen,
Hett ans Creutz Er alle Juden, sie nicht Ihn, erhöhen sollen.
88.
Ein Weltmann
Wer so wohnt in der Welt, das Welt in ihm nicht wohnt,
Der, weil er ihr nicht dient, fragt nicht, wie sie ihm lohnt.
89.
Trew, zurücke: wert
Treu hat in sich ihren wert,
Wird von iedem zwar begert;
Die sie aber ietzund geben,
Derer sind nicht viel in Leben.
90.
Beschenckungen
Wer durch Gaben bey dem Richter denckt zu helffen seinen Sachen,
Suche lieber durch das schencken auß dem Feinde Freund zu machen.
91.
Auff Picum
Picus nam die dritte Frau, immer eine von den Alten;
Wolte, mein ich, ein Spital, schwerlich einen Ehstand, halten.
92.
Das wanckende Glücke
Wandelt Glücke dann die Leute,
Daß sie morgen nicht wie heute?
Glücke hat es nie gethan,
Wann sich wandelt selbst der Mann.
93.
Die Gerechtigkeit
Das Gerechtigkeit bestehe, muß man Köpffe dazu haben,
Theils die kluge Leute führen, theils der Hencker gibt den Raben.
94.
Die Welt durchs Wort
Die Welt ward durch das Wort; die Welt ist Gottes Affe:
Das Cavalliers-parol itzt alles, wil sie, schaffe.
95.
Die Tugend
Wo Tugend herrscht das Glücke, wo Weißheit zwingt die Fälle,
Hat Hochmut kein Gehöre, hat Unmuth keine Stelle.
96.
Die Hoffnung
Hoffnung ist der Menschen Gauckler, der uns immer Kurtzweil macht;
Denn wir hoffen stündlich bessers, biß wir geben gute Nacht.
97.
An die Jungfern wegen der Sonne-Flecken
Schöne Jungfern, dencket nach! ist die Sonne voller Flecken,
Wie die Künstler durch ihr Glaß uns nunmehr gewiß entdecken,
Was für Mängel werden doch stecken unter euren Röcken?
98.
Ein Kuß
Deß Weibes Maul ist ihres Mannes, so weit es Trost und Labsal bringt;
Deß Weibes Maul ist ihrer selbsten, wann auff die Zunge Galle dringt.
99.
Von Albella und Nigrino
Mit Kohlen schreibet auff Pappir,
Albella, stets dein Mann dir für;
Du achst es nicht, die Schreibe-Stunden,
Wann die nur keinen Abgang funden.
100.
Heurathen
Eines darff deß andren um deß dritten Willen;
Sonsten wäre weiter keine Zahl zu völlen.
Desz dritten Tausend drittes Hundert
1.
Das karge Alter
Alter hilfft für Thorheit nichts; Alte sollen morgen sterben,
Wollen dennoch heute noch das vergraben, diß erwerben.
2.
Die Alten
Die Welt ist alten Leuten gram und ehrt sie kaum mit einem Blicke,
Das macht: die Alten kummen drauff und weisen andren ihre Tücke.
3.
Alter, versetzt: Taler
Ein Alter liebt die Taler; ein Junger liebt sie auch;
Nur jener zum verstecken, und dieser zum Gebrauch.
4.
Auff Siccum
Siccus ist ein Todtengräber, der das Geld mit Erde deckt,
Und sein Sohn, der ist ein Künstler, der die Todten aufferweckt.
5.
Treu ohne t: Reu
Wer hier nicht, weil er lebt, lebt seinem Gotte treu,
Den hilfft nicht nach dem t, das ist: dem Tode, Reu.
6.
Abfall
Wer von Ehr und Geldes wegen Gott und Glauben übergeben,
Glaubet schwerlich was von Gotte, glaubet schwerlich jenes Leben.
7.
Einbildung
Wer alle Witz zu haben denckt, hat eben so nicht Witz;
Dann die hat nicht in einen Kopff verleget ihren Sitz.
8.
Auff Vetlam und Jungum
Jungus Weib, die ist der Winter, und er selbst, der ist der Sommer;
Ob Hitz Eiß, ob Eiß die Hitze werde dämpffen, ist ein Kummer.
9.
Der heilige Glaube und weltliche Glaube
In dem Glauben für den Höchsten wil man Ketzern nichts gestehen;
In dem Glauben für den Nechsten läst man alle Falschheit gehen.
10.
An einen verstorbenen Alten
Werther Freund, du lieber Alter, alt von alten Bidersinnen,
Alt von Jahren, Witz und Ehren, wir sind hier; du bist von hinnen,
Einzunemen Ehr und Gut, das durch Alt-seyn nicht vergeht,
Sondern mit der Ewigkeit immer in die Wette steht.
Alt von Jahren, frisch von Lastern ist die Welt bey unsren Tagen,
Pflegt das Alter zu begehren, Alten aber Hohn zu sagen.
Aber wann der reine Schnee alter Häupter so zerfleust,
Siht man, daß in gantze Länder trübes Wasser sich ergeust.
11.
An eine verlobte Witfrau
Witwen künnen noch wol dulden, wann die Männer gehn zun Todten;
Dann die Licke zu ervöllen, hat Gott nirgend wo verboten;
Drum deß Todes bittres nemen kan durch süsses wieder nemen
Eine Witfrau ihr besüssen und den Tod also beschämen.
Ihr, Frau Braut, habt auch genummen; gebe Gott, was ihr genummen,
Daß damit das Glücke selbsten euch sey in die Arme kummen!
12.
Das Erdische und das Himmlische
Zu dem, was weltlich ist, da bilden wir uns ein,
Daß unser Witz und Fleiß künn alles thun und seyn;
Zu dem, was himmlisch ist, da bilden wir uns für,
Daß alles musse Gott, und nichts verrichten wir.
13.
Angezogene Schrifft
Wann der Hausherr, wann die Diebe wolten kummen, eigen wüste,
Würd er wachen; sagt ein Priester, als der Bischoff ihn begrüste.
14.
Auff Gallum
Gallus meidet grobe Laster; eines hat er doch erkiest:
Daß man ihm nicht kan erleiden, daß er gar zu männlich ist.
15.
Auff Lucam
Lucas ist ein Licht deß Landes; aber den er hat, der Schein,
Kümt ihm nicht von eignem Feuer, kümt von seinen Vätern ein.
16.
Gebruch
Wer in Deutschland wil frantzösisch, wer in Franckreich deutsch wil seyn,
Bildet ihme, wie man mercket, etwas Herschafft drüber ein.
17.
Auff Martham
Martha, der von zweyen Augen kaum ein halbes übrig blieben,
Hat noch Augen in dem Beutel, hat noch manche, die sie lieben.
18.
Auff Vitum
Du habst ein schelmisch Angesicht, sagt iemand, Veit, so sprichst du: ja;
Doch, meinstu, sey in deiner Brust ein gutes Hertz hingegen da.
19.
Ein Weltverständiger
Was deut ein wenig Wasser in einen starcken Wein?
Wer redlich, mag zu Zeiten gleichwol auch listig seyn,
Wann nur sein Ziel zum besten, zum argen nicht, trifft ein.
20.
Eben er
Tapffre Männer sollen haben was vom Fuchse, was vom Löwen,
Daß Betrieger sie nicht fangen, daß sie Frevler etwas scheuen.
21.
Erkäntnüß
Ohne Gott wird keiner wissen, das, was Warheit ist, zu nennen.
Ohne Christo wird nicht einer recht, was Gott sey, künnen kennen.
22.
Vorschub und Hülffe
Wer dem Nechsten meint zu helffen und wil vor warum? erst fragen,
Dem geht Hülffe nicht von Hertzen, pflegt nur was zu Ruhm zu sagen.
23.
Auff Nanam
Nana zwar ist nicht gesehn, wer sie vornen sihet an;
Rückwerts ist sie hoch gesehn; dennoch kriegt sie keinen Mann.
24.
Von Pluto und Ptocho
Am Überfluß ist Plutus, am Mangel Ptochus kranck;
Ein ieder kan vom andren verdienen Docters-Danck.
25.
Geld
Der Beutel ist ein Leib, die Seel in ihm ist Geld;
Was Seelen-Sorger sind für sie in aller Welt!
26.
Die Arbeit
Arbeit ist der Sünde Fluch; solte Piger viel sich mühen,
Würd er auff sich viel Verdacht eines grossen Sünders ziehen.
27.
Auff Stichum
Stichus hat ein böses Weib, wil sie willig nur vertragen;
Meint, ihr Grimm werd endlich schwäch- und sich müden von den plagen,
Da ihn sonst ein frisches Weib werde frisch auffs neue nagen.
28.
Nutz-Freundschafft
Freundschafft ist von denen Dingen, die man bringt auß neuer Welt,
Die man zwar gar hoch muß kauffen, stehen aber nicht fürs Geld.
29.
Herren-Gewissen
Ochsen spannt man nicht an Faden; denn er würde stracks zerrissen:
So auch lest sich schwerlich binden, wer Gewalt hat, an Gewissen.
30.
Auff Thrasonem, auß dem Plauto
Thraso hat nechst Krieg geführt mit den Völckern, die da fliegen,
Das bey sechtzig tausent Mann ihm zun Füssen blieben liegen;
Denn er hat viel Vogel-Leim auß Musqueten außgeschossen,
Der an Federn seinem Feind ist behangen und zerflossen.
Wer von ihnen fiel herab, diesen stach wie wilden Hünnern
Ihre Federn er ins Hirn. Last euch dieses wol erinnern
Ihr, die ihr zu Felde dient, daß ihr wisset recht zu kriegen,
Waffen auch zu führen recht wider Leute, die da f-lügen.
31.
Das Gewissen
Apollo schrieb nechst auß, daß ieder solte müssen
Bey ihm sich stellen ein, zu mustern das Gewissen.
Als diß Gebot ergieng, wie rein hat manche Hand
Gewissen vor geputzt mit Lauge, Stroh und Sand!
32.
An eine fürstliche Person
Fürstin, Euren Ruhm zu preisen, ist ein Werck nicht meiner Sinnen,
Weil ich nichts thu, was die Leute durch und durch nicht auch beginnen.
33.
Lob
Ein sondres Lob ist diß, daß einer lobens werth,
Auff blosses Lob nicht siht und lobens nicht begehrt.
34.
Ohren-Bläser
Fürsten, die die Ohren-Bläser lassen gern ihr Ohren völlen,
Künnen nie in Freyheit leben, dienen stets dem Widerwillen.
35.
Lebens-Lauff
Deß Lebens Schiff laufft stets; kurtz lauff es oder lang,
So laufft es nirgend hin als gegen Niedergang.
36.
From und unfrom
Heuchler wächst in einer Erde leichtlich nicht und Biedermann;
Dann wo jener hebt zu grünen, hebet der zu dorren an.
37.
Zungen-Freyheit
Die Zunge braucht Gesandten-Recht, wil stets seyn unverletzt;
Wiewol, was Hertz ihr mite gab, sie manchmal sehr versetzt.
38.
Ansehen
Pfauen ohne Schwantz, Fürsten ohne Scheu
Achtet ieder klein, thut es ohne Reu.
39.
Der alten Deutschen Schrifft
Der Deutschen ihr Papier
War ihres Feindes Leder;
Der Degen war die Feder;
Mit Blute schrieb man hier.
40.
Die Tapfferkeit
Mannheit ohne Sinnen
Wird nicht viel gewinnen.
41.
Hofe-Werth
Bey Hof ist mehr ein Pferd
Als offt ein Diener werth:
Manch Diener kümmt gelauffen;
Die Pferde muß man kauffen.
42.
Glück und Recht
Denen, die da schliffen, ist viel Glück entstanden;
Denen, die da wachen, kümmt das Recht zu handen.
43.
Der Höllen-Weg
Ob man schwerer in die Hölle als zuvor ietzt reisen kan?
Weil ein ieder sich bemühet, wie er Sechse spannet an.
44.
Von Cano
Canus baut ein neues Haus, baut ihm auch ein Grab zugleiche;
Scheint, daß er ans weichen denckt, aber doch nicht gerne weiche.
45.
Sachen-Walter
Man muß mit schmieren
Wie dürren Thüren
So Advocaten
Zum meisten rathen,
Solln schweigen Thüren,
Sie Reden führen.
46.
Auff Fungum
Fungus Maul ist eine Mühle, die gar gäng an ihrem Lauff;
Mählt ein Handvoll Witz kaum abe, schütet Wort ein Malder auff.
47.
Auff Trullum
Trullus hat ein schönes Weib. Wann sie an der Thüre steht,
Sieht man nicht, das leicht ein Hund sich bey ihr ins Haus vergeht.
48.
Tage- und Nacht-gleiche
Dina wil, daß Tag und Nacht immer möge gleiche seyn,
Daß so viel am Tag ihr kumm, als ihr kümt deß Nachtes ein.
49.
Eigen-Wille
Hunde, die an Ketten liegen, Menschen, die nach Willen leben,
Sind bedeucklich; beyde pflegen leichtlich Schaden auß zu geben.
50.
Auff Plunam
Pluna ist ein rechtes Holtz: Holtz, das ist deß Feuers Kost;
Lieb ist Feuer; das zu ihr denn Niemand trägt Liebens-Lust?
51.
Sünden-Scheu
Wer Sünde weiß zu scheuen,
Der darff sie nicht bereuen.
52.
Das Alte und das Neue
Immer fragten wir nach Neuem, weil sich Krieg bey uns enthalten;
Nun der Krieg von uns entwichen, fragen wir stets nach dem Alten.
53.
Auff Glaucam
Es stritten ihrer zwey, ob schön, ob Glauca heßlich?
Gemahlet ist sie schön; natürlich ist sie greßlich.
54.
Poeten und Mahler
Man pfleget mehr, was Mahler mahlen,
Als was Poeten, zu bezahlen,
Da doch die Farben werden blind,
Reim aber ohne sterben sind.
55.
Das Mittel
Der Mittelstand ist gut; die Erde ruht im Mittel,
Hat, daß sie böse sey, noch dennoch stets den Tittel.
56.
Vielfach-Ehe
Die Heyden haben manche Weiber, so viel Hanen haben Hennen;
Capaunen müssen sie verhüten; wer wil hier Manne Hanne nennen?
57.
Ein Weiser unter Narren
Wer unter Narren wohnt, wie viel auch derer seyn,
Ist unter ihnen doch, als wer er gar allein.
58.
Auff Glandulam
Glandula wird für die Krone aller Weiber hier geschätzet;
Freylich, weil sie so mit Perlen und Rubinen ist versetzet.
59.
Auff Papulum, einen Pfarr
Papulus, du nimst den Zehnden, dich und alles Haus zu nehren,
Ob du gleich den zehnmal Zehnden kanst mit Lehren nicht bekehren.
60.
Auff Floram
Flora hat zwar wol die Blüt ihrer Jungferschafft versetzet;
Was denn mehr? es wird die Frucht, als die Blüte, mehr geschätzet.
61.
Nahrung vom Feuer
Feuer gibt uns zwar wie Lufft, Erd und Wasser keine Speise;
Daß uns alles dient und schmäckt, gibt es aber Hülff und Weise.
62.
Der Spiegel
Der Spiegel ist ein Mahler, im mahlen gantz vollkummen,
Hat aber sein Gemälde stets mit sich weg genummen.
63.
Wieder-Hall
Wer dich, Echo, viel wil fragen,
Hat von dir doch nichts als sagen;
Was die Buler für dir lallen,
Kanst du listig wiederschallen;
Was du ihnen hast versprochen,
Drauff hat keiner viel zu pochen.
64.
Männer-Mängel
Daß ein Weib eh als ein Mann, macht der Krieg, zu zehlen sey;
Weiber, dünckt mich, stunden auch durch die Buhlschafft Kriege bey.
65.
Die Liebe
Liebe darff nicht lernen mahlen, weil sie nicht die Farbe kennt,
Weil sie blaues oft für rothes und für weisses schwartzes nennt.
66.
An das Frauen-Volck
Lieben Weiber, lasst mir zu, daß ich sag: ihr seyd wie Nüsse.
Diesen ist in zarte Haut eingehüllt deß Kernes Süsse;
Drauff folgt gar ein harter Schild, letzlich dann die bittre Schale:
So seyd ihr, ihr Weiber, auch meistens (doch nicht allzumale);
Weil ihr Jungfern seyd und bleibt, seyd ihr gar von linden Sitten;
Wann ihr Weiber worden seyd, muß man schlagen oder bitten,
Daß die Herrschafft Männern bleibt; wann ihr alt und schmutzig heisset,
O, wie bitter wird es dem, der mit euch sich schwärtzt und beisset!
67.
Freyheit
Wer seinem Willen lebt, lebt ohne Zweiffel wol,
Doch also, wann er wil, nichts anders, als er sol.
68.
Auff Milonem
Du bist ein grosser Mann! dein Hertz ist, Milo, klein;
Du sagst, es sey so recht und müsse billich seyn.
Dein Hertze, das zwar klein, sey doch ein solcher Gast,
Für den nicht nach Person, nach Werth, gehöre Rast.
So, so! sonst ist bekant, manch grosses Fürsten-Haus
Hat einen kleinen Zwerg für einen grossen Claus.
69.
Auff Calvum
Calvus, der gantz kahl am Kopffe (meint man) werd ans Holtz noch kleben,
Sorgt drum selbsten, wie der Hencker ihm wird doch die Husche geben.
70.
Auff Priscam
Prisca liegt in letzten Zügen, dennoch kan sie nicht von dannen;
Wann ihr Mann nur Mittel wüste, wolt er gerne für ihr spannen.
71.
Hofe-Falschheit
Falschheit ist die Hofe-Gicht;
Artzt und Artzney heilt sie nicht.
72.
Auff Planum
Planus ist ein tapffrer Kunde gegen Abend in dem Schaten;
Dann daselbst wird seiner Grösse um ein grosses eingerathen.
73.
Der Friede
Solcher Fried ist schwerlich gut,
Der nicht Bauern sanffte thut.
74.
Fürsten-Gebot
Für Gottes Echo ist zu schätzen,
Was frome Fürsten sagen, setzen.
75.
Sauff-Seuche
Wen die Feuers-Noth so plagt, wen nur immer dürsten wil,
Den führt endlich Wassers-Noth, Wassersucht, zu seinem Ziel.
76.
Der Apffel-Bieß
Adam must in Apffel beissen, kunt es nicht verbessern,
Weil man noch zu selbten Zeiten nichts gehabt von Messern.
77.
Amts-Beschwer
Iedes Amt darff grosse Sorgen. Uhren richten ist wol schwer;
Als sich in all Ohren richten, weiß ich nicht, was schwerer wer?
78.
Ein alter Fall
Ein alt Weib fiel die Stiegen ab; kein Wunder bildt euch ein!
Die Früchte fallen von sich selbst, die überständig seyn.
79.
Redligkeit
Redlich seyn ist so ein Amt, das man für das beste helt;
Die, die dessen fähig seyn, sind gar sparsam in der Welt.
80.
Ein reich Weib
Reiche Weiber hat es wenig; ieder ist, der eine wil;
Weil ihr nun viel außgesuchet, werden mehr nicht funden viel.
81.
Gesetzlinge
Juristen sind wie Schuster, die zerren mit den Zähnen
Das Leder, sie die Rechte, daß sie sich müssen dehnen.
82.
Christliche Liebe
Christen-Lieb ist reformirt; abgedancket sind bey ihr
Werck und That, die sonsten doch sind ihr Art und ihr Gebühr.
83.
Auff Mopsum
Mopsus kan von eignen Künsten nichts verrichten, nichts besinnen,
Wie sein Weib, die ohne Mutter niemals hat gebehren künnen.
84.
Auff Narribertum
Gut macht Muth; wann Narribertus nur zwey Thaler bey sich hat,
Weiß er durch das Thor zu gehen keinen Raum und keinen Rath.
85.
Auff Grossum
Thaler nennet man vom Thal, und wo Thal, da ist es niedrig;
Weil nun Grossus denckt Berg-an, sind die Thaler ihm gar wiedrig.
86.
Kleider-Pracht
Gold auff Hosen, keines drinne
Macht Verdacht von armem Sinne.
87.
Auff Pralinum
Wie dein Kopff, Gelegenheit,
Ist, Pralin, dein Ehren-Kleid.
88.
Freundschafft
Freundschafft ist ein theurer Schatz; immer hört man davon sagen,
Selten rühmt sich einer recht, daß er ihn davon getragen.
89.
Auff Cottam
Cotta liebt sein liebes Weib; aber ihre Haupt-Gebrechen
Kan er, als ein redlich Mann, dennoch ihr für gut nicht sprechen.
90.
Huren
Wer sich selbsten liebt und acht, lasse Huren-Liebe fahren;
Huren geben immer dar für gut Geld gar faule Wahren.
91.
Sicherheit
Schiffer, die am Ruder sitzen, kehren da den Rücken hin,
Wo sie dennoch hin gedencken, wo sie drauff mit Kräfften ziehn.
Menschen, die in Tag hin leben, dencken nimmer an den Tod,
Dem sie doch in bösen Thaten rennen zu mit gantzer Noth.
92.
Klugheit
Nicht allemal hat Stand Verstand;
Ein Niedrer hat offt mehr erkant.
93.
Liebes-Arbeit
Liebe, die, die so gar mühsam dir in deiner Arbeit stehn,
Sind gemeinlich die, die fleissig andrer Arbeit müssig gehn.
94.
Klugheit und Kunst
Man hat dich, Klug, und dich, Gelehrt,
Weit abgesondert offt verehrt.
95.
Knechte und Herren
Manches sind geborne Knechte, die nur folgen fremden Sinnen;
Manches sind geborne Herren, die sich selbsten leiten künnen.
96.
Thorheit
Daß auff hohem Stule vielmal sitzt die Thorheit,
Ist erhört bey aller, und nicht nur bey der Zeit.
97.
Auff den geadelten Bibonem
Drey Ballen Schnee in warmem Weine,
Diß Waffen, Bibo, ist zwar deine;
Nicht weiß ich, wie die zwey beysammen
Auff deine Kinder werden stammen?
98.
Die Nothwendigkeit
Noth ist unser sechster Sinn; hat im Augenblick erfunden,
Wo zu vor die andren fünff in Gedancken stille stunden.
99.
Die Furcht
Die Furchte sagt gar selten wahr,
Leugt meistens, wo nicht immerdar.
100.
Gesundheit und Faulheit
Gesund und Müssigang, so viel man täglich schaut,
Wohnt und verträgt sich nie gar gern in einer Haut.
Desz dritten Tausend vierdtes Hundert
1.
Eine Hure
Wem die Hur ins Hertze kümt, wird sie auch in Beutel kummen;
Mag denn zehlen, was die Nacht ihm geschenckt, der Tag genummen.
2.
Verbrechen
Grossen Fehlern ist ein Rath,
Daß sie deck ein göldnes Blat.
3.
Auff Bibonem
Bibo ist der andre Monde, stehet aber immer immer stille,
Nimmet an kein Viertel nimmer, bleibet immer in der völle.
4.
Wein
Guter Wein verterbt den Beutel, böser schadet sehr dem Magen;
Besser aber ist den Beutel, als den guten Magen plagen.
5.
Betrug
Ist Betrug gleich noch so klug,
Gibt sich letzlich doch ein Fug,
Daß er nicht ist klug genug.
6.
Die Liebe deß Nechsten
Der, den Christus lieb gehabt, daß er ihn mit Blut erworben,
Wie daß er durch unsren Haß vielmal schändlich ist vertorben?
Wann man seinen Nechsten hasset, wirfft man Christo gleichsam für,
Daß er den so wehrt geschätzet, den so wenig achten wir.
7.
Sünden-Bekäntnüß
Herr, ich muß dir nur bekennen, das ich nichts als Sünde bin;
Werst du nun nicht lauter Güte, wer ich längsten schone hin.
8.
Deß Herren Abendmal
Wie man Christi Leib kan essen, wie man Christi Blut kan trincken,
Lest sich jener diß vernehmen, lest sich dieser das bedüncken.
Der den Leib gab selbst zur Speise, der das Blut gab selbst zu trincken,
Der wird leisten, was versprochen; ich wil glauben, du magst düncken.
9.
Heucheley
Wo das Hertz ist frey und die Zung ein Knecht,
Da geht Redligkeit, wie die Krebse recht.
10.
Vergnügligkeit
Gott gibt alles, was wir dürffen; daß sichs uns nu nimmer füget,
Macht die Wollust und Begierde, derer Stand sich nie vergnüget.
11.
Beten
Wer mit dem Munde, nicht mit Hertzen zum Gebete sich wil schicken,
Der kehrt dem, zu dem er betet, nicht Gesichte, sondern Rücken.
12.
Die Armen
Welt soll Armut ehren;
Welt wil Armut mehren.
13.
Der Glaube
Mancher wil in Glaubens-Sachen reiner sich als andre schlissen;
Gut! obs wahr, da lasse reden seinen Wandel und Gewissen.
Denn auß Wandel und Gewissen
Kan man erst den Glauben schliessen.
14.
Eitelkeit
Eitelkeiten dieser Welt sind der falschen Müntze gleich,
Gelten endlich auch nicht hier, weniger im Himmelreich.
15.
Sicherheit
Wer in Sünden hier entschläfft und im Schlaffe bleibet stecken,
Diesen muß in jener Klufft höllisch Feuer endlich wecken.
16.
Die Welt ein Traum
Ist der Welt ihr Thun ein Traum? O, so wird Noth, Leid und Tod
Auch ein Traum seyn, drauß wir dort wachen auff bey dir, o GOTT.
17.
Die Begierden
Unsre Sinnen sind die Hand, da wir willig mite nehmen,
Was uns zeigt die schnöde Welt an vermeintem Lustbequemen.
Wer Geschencke nur nicht achtet, wer die Hand für Gaben schleust,
Den wird Welt wol nicht verführen, daß er wo ihr Gifft geneust.
18.
Das Ende
Unsrer Straffen Ende wolln wir gern erleben,
Wolln den Sünden Ende dennoch nimmer geben,
Lassen letztes Ende drüber einher schweben.
19.
Der schwartze Schnee
Griso hat ein graues Haupt; Griso hat ein schwartzes Hertze.
Anaxagoras ist recht: deine Farbe, Schnee, ist schwärtze.
20.
An eine fürstliche Person
Wann Ihr für dem Spiegel steht, immer, Fürstin, zweiffelt mir,
Ob der Spiegel spiegelt Euch, ob dem Spiegel Spiegel Ihr.
21.
Auff Pseudonem
Pseudo leugt so trefflich sehr, daß ich ihm nicht glauben kan,
Wann er da gleich, wann er leugt, daß er lüge, saget an.
22.
Auff Gulonem
Gulo ist sonst nichts als Maul, was er gleich ist um und an;
Dann sein Thun ist nichts als Dienst nur für seinen Gott, den Zahn.
23.
Von der Galathea
Weil man, zarte Galathea, einen alten Greiß dir gab,
Legte so man einen Todten in ein alabastern Grab.
24.
Die gastfreyen Schlesier
Weiland waren wir geacht, daß wir rühmlich gastfrey waren;
Daß wir diesen Ruhm und Art nunmehr etwas schimpfflich sparen?
Gäste haben Haus und Wirth gantz vertilgt bey diesen Jahren.
25.
Die Gelüste
Der Lüste beste Kost
Ist wiederholte Lust.
26.
Artzney der Liebe
Thraso meint: Zu Amors Possen
Sey er viel zu viel verdrussen,
Lade Lieb in ein Pistol,
Schiesse sie ins weite Hol;
Wann er dieses fürgenummen,
Sey sie selten wieder kummen.
27.
Auff Stilponem
Stilpo, du geschwinder Kopff, balde weistu einen Rath,
Wie man sollen machen das, was gefehlet etwa hat;
Weistu, wie man diese nennt, die nicht früh-klug, sondern spat?
28.
Auff Lallum, einen Fürsprecher
Lallus, wo du Sachen hast, ist den Richtern allen bange,
Födern dich, nicht weil du recht, weil du redest grausam lange.
29.
Auff Largum
Largus zeucht sich an den Richter, wann die andern Recht anziehn;
Parten, denen er bedienet, haben dessen viel Gewin.
30.
Die Zeiten
Zeiten fodern wieder, was die Zeiten gaben;
Drum ists nur gelehnet, was wir Menschen haben.
31.
Erbschafften
Wann Eltern Kinder wol erziehn und ihnen guten Namen lassen,
So ists genug, so ist es mehr, als Geld und Gold in Kasten fassen.
32.
Freye Brüste
Euer Brust, die ist ein Fenster; euer Brüste, die sind Scheiben,
Die ihr Jungfern so mit Fleisse pfleget an den Tag zu treiben.
Also kan, wie Momus wolte, ieder euch am Hertzen sehn,
Wie ihr wüntscht, daß euch geschehe, was euch noch ist nicht geschehn.
33.
Ein Glaube und kein Glaube
Deutschland soll von dreyen Glauben nunmehr nur behalten einen;
Christus meint, wann er wird kummen, dürfft er alsdann finden keinen.
34.
Auff die Phyllis
Das so lieblich Augen habe, sonst so häßlich Phyllis sey,
Ist kein Wunder; Fensterscheiben stehn ja mehrentheils im Bley.
35.
Himmliches und erdisches Heil
Daß im Himmel, wil man zwar, dort ein ieder selig sey;
Daß auff Erden, wil man nicht, hier ein ieder lebe frey.
36.
Erd-Götter
Obrikeiten heissen Götter, solln den Menschen Wolfahrt geben,
Wollen aber meistens selbsten von den Menschen Wolfahrt heben.
37.
Die Liebe deß Nechsten
Wilstu für der Welt erweisen deines Glaubens Meister-stücke,
Ey, so sih, daß deine Liebe für den Nechsten deutlich blicke.
38.
Hofe-Gunst
Herren-Gunst hat keinen Grund; dann es hat nicht immer Grund
Das, worauß sie erst erwuchs, das, worauff sie gerne stund.
39.
Eben selbige
Herren-Gunst und Vogel sind noch wol zu fangen;
Herren-Gunst und Vogel sind geschwind entgangen.
40.
Von der Pictinna
Pictinna ist gemahlt und ist doch nicht ein Bild;
Wie geht dann solches zu? Gedencke, was du wilt.
41.
Zeit-geförmte Bärte
Weil deß Bartes Stell ietzund, was der Bart sonst, gelten soll,
Gilt so viel als sonst das Haus auch deß Hauses Stelle wol?
42.
Auff Vitum
Veit, man nennt dich einen Ochsen; diß gefällt dir schwerlich halb.
Ochse kanstu künfftig heissen; bleib ietzunder noch ein Kalb.
43.
Auff Hippicum
Hippicus zäumt Pferde wol, kan nicht seine Zunge zäumen,
Die von Lügen, Schmach und Schand immer toben wil und schäumen.
44.
Mächtige Diener
Den grossen Elephant führt offt ein kleiner Mohr,
Und grossen Herren auch schreibt offt ein Bauer vor.
45.
Feder-Püsche
Der Federn auff dem Hute trägt, der düncket sich was seyn;
Der Federn hinterm Ohre trägt, der düncket sich kein Schwein;
Mit dem, der Hut und Ohr besteckt, kümmt niemand überein.
46.
Sich selbst besiegen
Sich selbselbsten überwinden ist der allerschwerste Krieg;
Sich selbselbsten überwinden ist der allerschönste Sieg.
47.
Auff Ruffum
Ob du, Ruffus, in der Welt, oder ob die Welt in dir,
Ist nicht klar; doch ist gewiß, daß du rund bist gegen mir.
48.
Auff Nigricanum
Niemand kan zweyen Herren dienen; hierzu weiß Nigricanus Rath,
Der seinen Gott führt auff der Zunge, den Teuffel in dem Hertzen hat.
49.
Tadel-Richter
Meine Reime richten keinen, meine Reime richtet ieder;
Richte, wen zu richten lüstet; ieder wird gerichtet wieder.
50.
Herrschafft
Was ist das Regiment? die gröste Sorgen-Bürde
Für andrer Leute Heil, Leib, Leben, Gut und Würde.
51.
Die Ärtzte
Wie Gott seyd ihr, ihr Ärtzte! sagt heimlich zu dem Krancken:
Du must zur Erde werden! Und er muß noch wol dancken.
52.
Der enthärte Samson
Samson schlief bey Delila und verschlief sein Haar und Stärcke;
Solcher Schlaf bringt auch noch heute solche Beut und solch Gemercke.
53.
Auff die Thais
Thais wüntscht gestreckt zu seyn unter Erde von drey Elen;
Was für Erd? Ein Mensch, ein Mann läst sich auch für Erde zehlen.
54.
Sich hüten
Soll der Mensch ihm selbst verhüten, was ihm kan Gefahr erregen
Muß er sich bloß auff das hüten, sonst auff kein Geschäffte, legen.
55.
Für-Witz
Du, der du um mich dich kümmerst, säumst zu kümmern dich um dich;
Kümmre dich um dich zum ersten, bleibt dir Zeit, alsdann um mich!
56.
Das Alte
Altes Geld und alter Wein
Pflegen noch beliebt zu seyn;
Sonsten acht man alte Dinge,
Wo nicht nichts, doch gar geringe.
57.
Bücher
Die Wercke kluger Sinnen
Hat nie vertilgen künnen
Der Zeiten starcke Flucht,
Wie viel sie sonst vermocht.
Auff Stahl und Stein zu bauen,
Darff keiner sicher trauen;
Sie nemen eher Bruch
Als ein gelehrtes Buch.
58.
Neid
Tugend ist deß Neides Mutter; um der lieben Mutter wegen,
Sie zu haben, lasse keiner ihm das Kind an Weg was legen.
59.
Der Hofe-Catechismus
Bey Hofe keinem trauen, wer diese Regel kan,
Der kan den Hofe-Glauben und ist ein Hofe-Mann;
Der Hofe-Catechismus steht meistens drauff und dran.
60.
Liebes Artzney
Mässig und geschäfftig leben
Heist: der Liebe Gifft eingeben.
61.
Das Gerüchte der Fromen
Der Tod, der alles sterbt, den sterbt ein gut Gerüchte,
Das stirbt, wann gleich die Welt muß sterben, doch mit nichte,
Besteht und hat den Ruhm für Gottes Angesichte.
62.
Auff Parcipromum
Alle Künste sind zu viel; eine Kunst recht fassen künnen,
Ist genug zu rechtem Ruhm, ist genug für Menschen-Sinnen.
Parcipromus machets so; pflegt zum geben sich zu schämen,
Weil er solches nie gelernt, ist nur bloß gelehrt zum nemen.
63.
Eine Erbschafft
Cynthia wil ihren Mann, wann sie stirbt, der Chloris geben;
Chloris wil die Erbschafft nicht weiter und zuvor erheben,
Biß ein Fund-Register da, (seht mir an den klugen Rath!)
Biß zuvor sie sey gewiß, was für Krafft die Erbschafft hat.
64.
Auff Bombonillam
Bombonilla ist ein Schütze, wil nur stets alleine schissen,
Wil vom schissen bey dem fechten weder hören weder wissen.
65.
Auff Gulonem
Gulo fürt durch seine Gurgel täglich grosse Speise-Wagen,
Daß man meint, die Landes-Strasse geh vielleicht durch seinen Magen.
66.
Zeit-Verlust
Red und antwort ist zu geben
Beym Gericht in jenem Leben
Für gesamte nütze Gaben,
Die wir her von oben haben.
O gewiß! das Zeit-vernichten
Wird man auch gar ernstlich richten.
67.
Gichtbrüchtige
Wer sind die, die offtmals wohnen zwischen höltznen Wänden,
Die doch haben Stein im Leibe, wie den Kalck in Händen?
68.
Bule-Kunst
Wer sonst bult, der bult mit Reden, schreiben, wincken, tantzen, pfeiffen;
Bauren bulen gar viel näher; bulen balde nur mit greiffen.
69.
Die Welt
Sündlich zu-, geplaget in-, kläglich gehn wir auß der Welt;
Was ist der nur für ein Narr, der die Welt fürs beste helt!
70.
Von dem Bubalo
Bubalus treibt starck Gewerbe mit viel polscher Ochsen hauffen;
Neulich wolt ein Widerkäuffler ihn mit sam den Ochsen kauffen.
71.
Auff Ginandrum
Gynander, deine Treu ist weiblichen Geschlechtes;
Bringt lauter Mißgeburt, gibt nimmer nie was rechtes.
72.
Räthe
Im rathen ist ein Pfuscher, der einen Rath zwar gibt,
Nie aber, was er rithe, hat selbsten außgeübt.
73.
Dreyerley schädliche Leute
Wo viel Fremde kummen hin, ist viel neues mite kummen;
Wo viel Ärtzte kummen hin, gehn die Menschen weg mit summen;
Wo viel Advocaten sind, geht gerades nach dem krummen.
74.
Zeit-Kleider
Wercke zeugen von dem Glauben; drum wird nach den Wercken sprechen,
Wann den Stab bey letztem Tage Christus wird gerichtlich brechen.
Wird es, die als einen nackten Ihn zu kleiden fürgenummen,
So es nicht war nach der Mode, denen auch zu statten kummen?
75.
Auff den Vanum
Vanus kümt in unser Land, wil, wir sollen alles machen,
Nur wie er es haben wil; wil er, daß wir sollen lachen?
76.
Boßheit
Der schwärtzte Mohr, der schönste Mohr;
Der schlimste kümt am ehsten vor.
77.
Auff den trunckenen Vitum
Man warff dich, Veit, die Stiegen ab, du aber achst es klein,
Sprichst: hett es nicht ein Mensch gethan, so hets gethan der Wein.
78.
Auff die Blancam
Blanca dreuet weg zu ziehen; schade! schade! laß sie gehn;
Weil sie nur nicht ist die Sonne, wird kein Finsternüß entstehn.
79.
An eine fürstliche Person über der Geburt eines jungen Printzen
Fürstin, von den Obotriten einer deutschen Helden Art
Hergesippt, gerechtem Stamme von Piastus zugepaart:
Der, den ihr geboren habt, dieser wolle, wie wir beten,
(Geb es Gott!) durch Muth und Recht allen Helden obentreten.
80.
Thorheit
Unter Thieren ist kein Narr; das die Affen gauckeln künnen,
Ist bey ihnen Ernst und Art, ist nur Thorheit unsren Sinnen;
Bleibt dabey, daß Menschen nur Thorheit bey Vernunfft beginnen.
81.
Von einem jungen Printzen Christian Albrechten
Heilwärt, Adelwehrt sind Namen,
Die für Fürsten löblich kamen.
Ist recht Christenthum dabey,
Weiß ich nicht, was schöner sey.
82.
Schönheit
Ob Schönheit gleich nicht nähren kan,
So reibt man sich doch gerne dran.
83.
Einfalt und List
Da Lamm und Fuchs nach Hofe kam,
Geschah es, daß man beyde nam:
Den Fuchs, der nachmals oben saß,
Das Lamm, davon ein ieder fraß.
84.
Die Warheit
Wie die Art der Warheit sey, sagen drey der ersten Littern,
Kehr sie um, so heist es raw: Warheit hat stets was vom bittern.
85.
Das Haupt
Der Mensch, der ist die kleine Welt; sein Haupt, das ist der Himmel.
Gar recht! denn da entspinnt sich her manch Wetter und Getümmel.
86.
Jungfern-Sinnen
Jungfern haben hertzlich gerne, daß man sie bedien und ehre;
Jungfern haben hertzlich gerne, daß ihr Schmuck sich täglich mehre;
Jungfern haben gerne Geld; Jungfern leben gerne gut;
Jungfern haben gerne Ruh; Jungfern haben gerne Muth.
Kümt nun denn ein alter Buler, der diß alles kunte leisten,
Sah man, wie so viel geliebtes sie sam ihm bey Seite weisten,
Nahmen einen Jungen an, wie es gleich um ihn bewand;
Ursach ist am Tage nicht, ist vielleicht der Nacht bekant.
87.
Gedancken
Gedencken magst du alles, nicht alles darffstu sagen;
Das sagen pfleget Busse, das dencken nicht zutragen,
Wil nur nicht dein Gewissen dich für dir selbst beklagen.
88.
Von der Gellula
Als Amor schuß die Gellula, ey, rieff sie, welche possen!
Daß nach mir würde, war ich da als wie ein Ziel, geschossen.
89.
Lebens-Regeln
Dir selbsten sey bekant,
Sonst keinem gantz verwand;
Denn so steht ietzt der Stand.
90.
Auff Pigrittam
Pigritta brauchet gerne Ruh; wie so? sie hat vernummen,
Der Mensch sey nur in diese Welt wie in ein Gasthauß kummen.
91.
Auff Altum
Altus ist ein tapffrer Mann, dessengleichen man kaum fünde,
Were tapffrer, wann er nicht, daß er tapffer, so verstünde.
92.
Das Weinacht-Fest
Kümt vom Weinen, kümt vom Weihen, kümt vom Wein Weinachten her?
So wie ieder ihm sie brauchte, kamen sie ihm ohn Gefehr.
Weil der Welt-Erlöser drinnen in die Welt ist kummen ein,
Solten sie Frei-nachten heissen, solten sie Freu-nachten seyn.
93.
Der Geburts-Tag Christi
Der Christag fällt durch sieben Jahr auff alle Wochen-Tage,
Ob Christus dann nun siebenmal also geboren lage?
94.
Auff Morum
Morus hat viel Geld und Gut, muß dabey doch hungrig fasten;
Ey, der Teuffel und nicht er hat die Schlüssel zu dem Kasten!
95.
Armut
Ob die Armut gleich nichts hat, hat sie dennoch reiche Gaben;
Dann sie kan stets Sicherheit und ein gut Gewissen haben.
96.
Zeitliche Güter
Weltlich Gut wird von sich selbst, oder wird von uns verzehret,
Oder wird durch List und Macht, andren zu-, uns weg gekehret.
97.
Fastnacht
Unter allen hohen Festen hat die Fastnacht Oberstelle,
Weil man siht, daß ihr zu Ehren sich das meiste Volck geselle.
98.
Der Liebe Nahrung
Ihr Buhler, daß ihr bald die Lieb entzünden künnt,
So brauchet Gold als Holtz, so brauchet Lob als Wind!
99.
Der Liebe Blindheit
Ein Kohl-Sack und ein Wolle-Sack, da die beysammen stunden,
Da schuß Cupido, und der Pfeil ward in dem schwartzen funden;
Die Lieb ist an die Farbe nicht, dieweil sie blind, gebunden.
100.
Flüchtigkeit aller Dinge
Wie mühsam wird erworben Geld, Witz, Genade, Tittel!
Doch hüllt man sie zum letzten in einen schlechten Kittel.
Desz dritten Tausend fünfftes Hundert
1.
Vom Narcisso
Wann die Buler ihrer selbsten solten zu Narcissen werden,
Hett es fast so viel Narcissen, als es Menschen hat auff Erden.
2.
An den Mirum
Mirus, das die Kunst-Göttinnen alles Wissen dir gewehret,
Ist zu wenig; du hast völlig die Vollkummenheit geleeret.
3.
Auff Cascum
Bey Männern ist er Weib, bey Weibern Cascus Mann;
Genug, daß er doch was, und so nicht gar nichts kan!
4.
Auff eines Freundes Geburts-Tag
Es öffnet deinen Tag der Sonne göldne Kertze.
Mein Reim ist, Freund, das Band; die Gabe sey das Hertze.
Gibst du mir Hertz um Hertz und um die Reime Wein,
So solls gebunden so und so gelöset sein!
5.
Beliebliche Sachen
Wo in der Schale springt der Wein,
Wo kluge Seiten spielen rein,
Wo süsse Küsse fallen drein,
Da kan man hertzlich lustig seyn.
6.
Auff Vulpinum
Dein Hertz als ein Castell hat gar viel Aussen-Wercke;
Wer drein, Vulpinus, kümt, hat nicht gemeine Stärcke;
Der drein noch kummen wer, ist keiner, den ich mercke.
7.
Auff Peponem
Pepo fürchtet alle Leichen ausser einer; denn er spricht:
Seines lieben Weibes Leiche woll er warlich fürchten nicht;
Denn er hatte, weil sie lebte, sie zufürchten schon verricht.
8.
Die Gicht
Ein tartarisch Übel wird die Gicht genennt;
Gar ein türckisch Rasen ist sie, wer sie kennt.
9.
Hofe-Glieder
Was dient bey Hoff am meisten? der Kopf? nicht gar! die Zunge.
Was dient bey Hoff am treusten? das Hertz? O nein! die Lunge.
10.
Das Gold
Ist der Erdkreiß, wie man meint, ablangs rund als wie ein Ey,
Ist kein Wunder, daß in ihr gelbes Gold der Totter sey.
11.
Gold
Der gelbe Kern der Erde, das Gold, hat alle Macht,
Daß alles sonst für ihme wie Schalen wird geacht.
12.
Auff Pseudonem
Wer, Pseudo, dir zum Hertzen zu gleich stöst so manche Wunde,
Der trifft es nicht; du führst das Hertz am meisten in dem Munde.
13.
Abgehende Bücher
Wer Bücher schreiben wil, die wol solln abegehn,
Der seh, das drinnen nur mag viel zum Lachen stehn.
14.
Ein Jüngling an die Jungfern
Ihr Jungfern, wenn ich solte,
So wie ich gerne wolte,
Ihr würdet sehn, ich wolte
Nicht anders, als ich solte;
Denn diß wer, was ich solte,
Was Euer Wille wolte.
15.
Der Sünden unzehliche Anzahl
Drey hundert sechtzig fünffe sind Tage von dem Jahre;
Wann siebenmal deß Tages der Frome fällig ware,
Was meint man, was für Summen der Sünden werde spinnen
Der Böse, der stets frevelt mit Worten, Wercken, Sinnen!
Was meint man, was für Zahlen zu letzte dieser zehlet,
Der sechtzig, siebtzig Jahre fast augenblicklich fehlet!
Es bleibt dabey, ihr Menschen, daß Gott an euch nichts finde,
Was er nicht selbsten gibet, als Sünde, Sünde, Sünde!
16.
Auff Veturiam
Veturia schimpfft alte Leute; wer ihr nur etwa wüntschen wil,
Daß sie der Tod mög ehstes holen, der saget warlich viel zu viel;
Wie kan sie durch ein altes Leben dann treffen auff ein junges Ziel?
17.
Der Tod
Der sich nicht zu sterben fürchtet, der sich nicht zu leben schämet,
Dieser sorgt nicht, wie und wanne sich sein Sterben ihm bequämet.
18.
Auff Flojam
Floja wär ein schönes Weib, wann sie sich nur künte schämen!
Dann da künte sie von Scham eine schöne Röthe nemen.
19.
Ehrerbittung
Wer zu Ehren was stellt an,
Mag ersparen, was er kan,
Nur daß er an Ehren nicht
Etwas spart und abebricht.
20.
Frantzösische Geberde
Wir kleiden ietzund, ihr Frantzosen,
Der Deutschen Ruhm in eure Hosen;
Ihr künt es schwerlich anders machen,
Ihr müst zu unsrer Thorheit lachen.
21.
Das Vaterland
Ieder ist dem Vaterlande schuldig alles Gut und Blut;
Mancher nam dem Vaterlande lieber alles Blut und Gut.
22.
Auff Grittum
Grittus solte Hochzeit machen, und es kam was andres drein,
Daß er ihm Gevattern muste unversehens laden ein.
23.
Tugend, stat Lasters
Tugend ist nicht allen nütze; wann sich Thais schämen wil,
Hat sie noch von guten Nächten, noch von gutem Lohne viel.
24.
Vom Glotto
Glottus ist ein guter Redner; was er redet, thut er nicht;
Dann er hat gar nimmer weile, daß er thäte, was er spricht,
Hat ihm einen auffgenummen, der das Thun für ihn verricht.
25.
Die Falschheit
Höfligkeit verlohr den Rock; Falschheit hat ihn angezogen,
Hat darinnen viel geäfft, hat manch Bieder-Hertz betrogen.
26.
Auff Claudiam
Claudia, du reine Jungfer, daß du rein bist, ist gewiß;
Nur daß dieses, der es glaube, keiner sich bereden ließ.
27.
From seyn ums Lohn
Umsonst ist keiner gerne from; wann Tugend nur was trägt,
So wird sie, weil sie Früchte bringt, geachtet und gepflegt.
28.
Zweyfaltigkeit
Wer es so meint, wie er redet, redet, wie es Gott gefällt;
Wer es nicht meint, wie er redet, hält es, wies der Teuffel hält.
29.
Zeit-Folge
Wer lieblich singen wil, muß fallen bald, bald steigen;
Wer ruhig leben wil, muß reden ietzt, ietzt schweigen.
30.
Jugend
Weil Junge denn Alte weit muthiger springen,
Weil Junge denn Alte weit lustiger singen,
Weil Junge denn Alte weit rüstiger jüngen:
So pflegt es den Jungen bey solcherley Dingen
Bey Jungfern und Witwen für Alten gelingen,
Daß leichtlich sie niessen und leichtlich erringen,
Was pfleget zu schönen, was pfleget zu klingen.
31.
Jünglinge und Greise
Heurathen sollen Junge; zurathen sollen Alte,
Auff daß der Menschheit Wesen durch beyde sich erhalte.
32.
Auff Cynthiam
Cynthia, das gute Mensch, ist und sagt nicht wo, so kranck,
Darff, vermein ich, ein Recept drey (und drüber) Elen lang.
33.
Nachgeben
Wer bey Hofe seinen Stand wol wil gründen,
Bau ihn nicht auß Eichen auff, sondern Linden.
34.
Reisen
Wilst du reisen durch die Welt? O, so nim also den Strich,
Daß du alles wol beschaust und selbst führest dich durch dich.
35.
Kleider
Kleider machen Leute; trifft es richtig ein,
Werdet ihr, ihr Schneider, Gottes Pfuscher seyn.
36.
Die Mode
Unter so viel tausent Menschen schuff GOtt schwerlich derer zwey,
Drunter einer wie der ander durch und durch gar gleiche sey;
Nur die Mode wil es haben, das die Leute gar in ein
Sich solln kleiden und geberden oder gar nicht Menschen seyn.
37.
Der Welt Comedien-Spiel
Die Welt spielt manches Spiel;
Sie spiele, was sie wil,
Sind Narren immer viel.
38.
Enderungen
Heute ward das neue jung, gestern starb das alte Jahr;
So ergeht es aller Art, drüber Zeit die Mutter war.
39.
Von Vito
Kümt gleich manches neues Jahr, dennoch klaget Veit, ihm bleibe
Fort und fort manch altes Jahr: nämlich bey dem alten Weibe.
40.
Schönheit
Trau der Farbe nicht zu viel; was Natur so schön gebildt,
Drunter hat sich Geilheit, Pracht, Thorheit, Faulheit offt verhüllt.
41.
Eine köstliche Artzney
Dlog und Reblis, das sind Kräuter, derer wunder-grosse Krafft
Alles künnen, alles haben, nur das Leben nicht verschafft.
42.
Auff Vitum
Vitus nennt sein Weib Gemahlin; billich! weil sie sich so mahlt,
Daß um Weisses und um Rothes jährlich sie viel Thaler zahlt.
43.
Die frantzösische und deutsche Sprache
Wer zu einer, die nicht ehlich ist geboren, sich verfreit,
Dieser macht, daß ihn bey Zunfften kein in ihrem Mittel leidt.
Weil frantzösisch, wie man saget, ist, Latein, dein Huren-Kind,
Wie dann, daß um sie bey Deutschen so viel tolle Freyer sind?
44.
Auff Picum
Picus hat ein solches Weib, die zwar Augen sehen künnen,
Nur der selten Nachbarschafft eine Nase wil vergünnen.
45.
Vom Crispo
Crispus hat gereist, ist hurtig, ist gelehrt und wird veracht?
Ey, der neue Muster-Schneider hat ihm noch kein Kleid gemacht.
46.
Grosse Einfalt
Wer sich gar zu alber hält, wer sich gar zum Lamme macht,
Dieser wird als wie ein Lamm von den Wölffen abgeschlacht.
47.
Hofe-Gunst
Hofe-Gunst wird nicht vernagelt, ist mit Wachse nur gekleibet,
Daß sie ietzund Zornes Hitze, Liebes Kält ietzt runter treibet.
48.
An einen guten Freund, zum drittenmal Bräutigam
Ich, von Namen wol bekanter, gar nicht fremder von Gemüte,
Trete bey mit meinen Freuden deinen Freuden, nicht auß Bitte,
Sondern, Freund, auß Hertzens-Treuen. Meine Reime sollen sagen,
Was von deinem Neu-Beginnen Sinnen für Gedancken tragen.
Freund, der kleine Flammen-Schütze hat das dritte Freuden-Feuer
Angeflammt in deinem Hertzen über Freuden, die sonst theuer;
Nämlich daß bey dreyen Ehen Liebes-Kertzen also brennen,
Daß man sie durch Haß und Grämen nimmer kan erloschen nennen,
Ausser wann der Tod geblasen. Zwar die dritte Fackel gläntzet
Dir im Hertzen nur erst neulich; daß mein Reim die Rey ergäntzet
Und die drey für voll genennet, ist verstattet den Poeten,
Die der innre Trieb von oben macht nicht selten zu Propheten.
Stiessen mich auch gleich Poeten auß von ihren klugen Zunfften,
Weiß ich schone, Freund, dein Arten, weiß ich deine Wol-Vernunfften.
Keine Liebste kan dich hassen, weil ja du das Hassen nimmer,
Weil ja du mit vollem Hertzen treu zu lieben übest immer.
Allen ist es nicht zu rathen, die nach deinen Schriten schreiten.
Manchen hat bey dreien Fackeln wo ein Irrwisch wollen leiten
In den Sumpff der tieffsten Sorgen; manchem wurden drauß Planeten,
Die ihn wirr und irre machten, manchem blasse Leich-Cometen,
Die ihm in das Grab geleuchtet; (wann ichs ärger dürffte machen:)
Manchem worden, wolt ich sagen, solche Kertzen lauter Drachen.
Dreymal freyen freut nicht Ieden; haben nicht von allen dreyen
Plage-Geister sich gewandelt, kam doch einer wol nach zweyen.
Waren alle drey nicht Græen, waren sie nicht Gorgoninnen,
Waren sie nicht alle dreye Lebens-Faden-Reisserinnen,
War es doch zum minsten eine. Frauen sind nie so gegleichet,
Daß die eine gantz der andren Sinnen und Gesicht erreichet.
Aber stille, Freund, ich schertze! Bey dem niedren Pöfel-Hauffen,
Da die Ehen auff Gewerbe, nach Gewinn und Vorthel lauffen,
Da man an der Erde klebet, da hats dreymal drey Bedencken,
Dreymal Frauen bindlich werden. Die Gemüter, die sich schencken,
Weil sie auch von dannen bürtig, nur dem Himmel sich zu leiten,
Diese, wann sie diesem folgen, werden nimmer mißlich schreiten.
In der Tugend Frauen-Zimmer, da ists gut die Bräute wehlen,
Da kan etwa nicht die dritte, da kan nimmer keine fehlen.
Die zumahl sich so gewaschen durch viel tapffres Stamm-Geblüte,
Daß die Welt, der grosse Zeuge, selbsten zeugt von ihrer Güte,
Sie auch höher stellt als andre. Wo die edlen Sinnen-Güter
Recht nur in die Handlung kummen, wo das andre Schein-Geflitter,
Nur nicht wo die Witz vergauckelt, da ist, wies der Himmel schicket,
Einmal freyen, zweymal freyen, mehrmal freyen wol geglücket.
Werther Freund, du immer Einer, hast nur immer diß ermessen;
Drum ist nie (sie wird auch nimmer) deines Sinnes Frucht versessen.
Immer hin zum dritten male! was gedrittet ist vollkummen,
Drey sind aller guten Dinge; was nur gut, ist gut mit summen!
Wer nur sonst ist gut gesinnet, ist ein Zeuge meiner Sinnen,
Du hast der gestallt umarmet alle drey die Charitinnen.
Liebe! wie du pflegst zu lieben; lebe! das dich mancher neide;
Aber stets der Himmel Liebe wüntscht ein Freund in Lieb und Leide.
49.
Der Poeten Brunnen
Poeten sagen viel von ihrem Brunn-Gewässer:
Das Wasser ist der Wein; der Brunnen sind die Vässer.
50.
Auff Asteriam
Asterie, du Himmel, der nur mit Zierden blitzet,
Dir mangelt noch ein Atlas, der dich recht unterstützet.
51.
Die rechte Hand
Weiland ward das Hände-dupeln
Also viel, als Hertzen einen;
Nunmehr wann sich Hände kupeln,
Bleibt es auch bey duplem meinen.
52.
Auff Virulentam
Virulenta, dein Verstand
Ist wie ein seeländisch Land;
Wann die Gall es überdämmet,
Ist das gantze Land verschwämmet.
53.
Hochzeit-Wuntsch
Wehrtes Paar, was an euch selbst dienen kan zu gutem Glücke,
Hat schon dieses Glücke, das dran nicht mangelt wol ein Stücke.
Was von aussen kummen soll, kumm euch auch mit mildem Hauffen:
Leben, Gnügen, Freude, Trost, Segen, Hülle, Völl und Tauffen!
54.
Ein Kuß
Phyllis schickte Thyrsis zu durch ein Brieflein einen Kuß;
Unter Wegens ward er kalt, bracht ihm so nicht viel Genuß;
Drum so schrieb er, wann sie wolte, solte sie zwar schrifftlich grüssen,
Immer aber selbsten kummen, wann sie wolt, und mündlich küssen.
55.
An die Frauen
Krieg hat der Männer Zahl gemindert
Und Menschen-Wachsthum sehr verhindert.
Ihr Weiber sollt hier Rath zu schaffen,
Die Sinnen recht zusammen raffen
Und euch fein rund und kurtz erklären,
Ob ihr stets Zwilling wolt gebären,
Sonst oder Männern nicht verargen,
Daß sie nur nicht mit einer kargen.
56.
Jungfern-Mord
Gestern war ein Freuden-Fest; drauff ward in der späten Nacht,
Eh es iemand hat gesehn, eine Jungfer umgebracht.
Einer ist, der sie vermutlich (alle sagens) hat ertödtet,
Dann so offt er sie berühret, hat die Leiche sich erröthet.
57.
Auff Lubidam
Lubida, du bist der Himmel; der nach dir sich sehnet hin,
Darff auff keinem schmalen Steige, mag auff offner Strasse ziehn.
58.
Auff Matthæum
Matz wil mehr nichts gutes thun, weil er nie nicht wird bedanckt;
Danckens ist sein Thun nicht werth, weil er bloß damite prangt.
59.
Abfall
Was hilffts, daß durch verlaugnen die Noth zwar geht fürüber,
Wann nachmals im Gewissen gleichwol entsteht ein Fieber?
60.
Schmätzrichen
Amor saß zu nechst betrübet,
Weil sein Pfeil was mißgeübet,
So doch selten sich begibet;
Sahe drauff zwei Mündlein ringen,
Hörte süsse Schmatzer klingen,
Da hub Amor an zu springen.
61.
Ungleiche Ehe
Der junge Schnee der Haut kam zu dem Schnee der Haare,
Auff daß mit jenem der auff eine Zeit sich paare;
Das paaren gieng wol an, doch ward man zeitlich innen:
Der Haut-Schnee, der war Glut, der Haar-Schnee muste rinnen.
62.
Die Mode
Was ist die Mode für ein Ding? Wer kennt sie von Gesicht?
Ich weiß nicht, wer sie kennen kan; sie ist ja angericht
Nie morgen, wie sie heute war: sie kennt sich selbsten nicht.
63.
Das frantzösische Deutschland
Daß Deutschland deutsche Kinder zeugt? Sie haben so nur mehr Beschwerden;
Sie mussen, solln sie gelten was, Frantzosen dennoch alle werden.
64.
Aller Anfang ist schwer
Phyllis solte pfeiffen lernen,
Wolte sich davon entfernen,
Ward beredet doch zum greiffen,
So der Grund ist zu dem pfeiffen.
Als sie dieses nun verstunde,
Lied sie auch die Pfeiff im Munde,
Wolte sie, war so beflissen,
Nimmer ausser Mundes wissen,
Liebte sonderlich die Lieder,
Die da gingen hoch, nicht nieder:
Also wil in allen Sachen
Nur der Anfang schwer sich machen.
65.
Einbildung
Ein Bild, das was bildt ab, kan nicht dasselbte Wesen selbsten seyn:
Noch lange nicht wird werden der das, was er ihm gleich bildet ein.
66.
Auff Hermetem
Hermes ist der beste Redner weit und breit und um und um;
Ein Gebrechen ist bedencklich: manchmal ist er Silber-stumm.
67.
Die deutsche Sprache
Kan die deutsche Sprache schnauben, schnarchen, poltern, donnern, krachen,
Kan sie doch auch spielen, schertzen, liebeln, gütteln, kürmeln, lachen.
68.
Fastnacht und Ascher-Mitwoche
Christen machet alle Jahr toll und närrisch eine Nacht,
Die der Tag, der kürtzlich folgt, durch was Asche heilig macht.
69.
Der deutsche Krieg
Du bist, Cypressen-Baum, ein Baum gerader Höhe,
Dran aber niemand sah, daß sondre Frücht viel stehe.
Dein Brauch war sonst nicht groß, als daß man dich gebraucht,
Wann weiland eine Leich im Feuer hat geraucht.
Was hat der deutsche Krieg, der sich so lang erstrecket,
Von Früchten und von Nutz doch immer außgehecket?
Er wuchs und wuchs für sich: hat aber den Entgelt,
Daß er dem deutschen Preis den Leichendienst bestellt.
70.
Böses übertrifft Gutes
Für ein eintzles, das man thut,
So es ist zu nennen gut,
Kan man zehen böser Stücke
Rechnen ab und ziehn zu rücke.
71.
Davids Lebens-frist
Unser Leben wehret siebzig, wann es hoch kümt, achtzig Jahr;
Müh und Arbeit ware köstlich, wo das Leben köstlich war.
72.
Erblicher Adelstand
Eines andren Adel adelt;
Keines andren Tadel tadelt.
73.
Auff Huldibertam
Huldiberta hat kein Kind, weniger noch Kindes Kinder;
Mancher Schoßfall, wie man sagt, fellt ihr dennoch zu nichts minder.
74.
Ein Sperling
Der Sperling, der ist unter Vogeln, was unter Menschen ist der Bauer:
Ist ungeschickt, ist schlecht gezieret, hat Weitzen lieb, ist gar ein Lauer.
75.
Von Corno
Cornus wil hey Hofe dienen; hat er etwa sondre Gaben?
Die, die denen sind gemeine, welche Händ und Füsse haben.
Gar genug! der ist der beste. Sieht man da auff was, was innen,
Ist es etwa nur der Magen; denn man achtet keine Sinnen.
76.
Ein Trost
Eine Fürstin starbe noch in bester Jugend,
War wie an dem Stande Fürstin auch an Tugend;
Ieder, der sie kante, obs gleich nichts gegolten,
Hat deß Todes Toben, dennoch sehr gescholten.
Einer klagte hefftig, das die Thränbach flosse:
Ach sie ist gefallen, Babylon die Grosse!
77.
An die Kunst-Göttinnen
Ihr, ihr süssen Zucker-Mägdchen, Ihr, ihr zärtsten Pindus-Töchter,
Seyd nicht wie die andern Jungfern, die da treiben ein Gelächter,
Wann ein Haar-bereiffter Buler, wann ein Gicht-gekränckter Freyer
Ihnen anzeigt seine Flammen, ihnen anstimmt seine Leyer.
Ihr, ihr schönen, Ihr, ihr lieben, habet Lust an reiffen Sinnen,
Wolt am ehsten die begunsten, wolt am liebsten lieb gewinnen,
Die durch vieler Jahre wissen, die durch vieler Jahr erfahren,
Innerlich sich schön und hurtig voller Geist und Witz gebahren.
78.
Der geharnischte Friede
Der Friede geht im Harnisch her; wie ist es so bestellt?
Es steht dahin; er ist vielleicht die Pallas unsrer Welt.
79.
Auff eine säugende Jungfrau
Dein Augen sind Kohl-schwartz, drauß dennoch Feuer blitzt,
Quintilla; deine Haut ist Schnee, der dennoch hitzt.
Du Jungfern-Wunder du! was macht die zarte Brust?
Sie gibt den Grossen Mut und einem Kleinen Kost.
80.
Tibi non competit actio
Polia hat manchen Handel; wer sie nur um was bespricht:
Du hast an mich keine Sache, sagt sie diesem nimmer nicht.
81.
Auff eines verstorbenen Printzen Sarck, zur Rechten
Allhier war ich ein Fürst; dort hab ich eine Kron;
Bin dort ein Himmels-Kind; war hier ein Erden-Sohn.
82.
Zur Lincken
Wiewol ich nicht ward alt, doch war ich bald vollkummen;
Dem Himmel solt ich nur, der hat mich auch genummen.
83.
An einen Tyrannen
Friß die Schafe selbst, (eine gute List!)
So erfährstu nicht, daß der Wolff sie frist.
84.
Auff Durum
Durus hört manch spitzig Wort, wird dadurch doch nichts bewogen;
Hat den Ohren, wie man meint, einen Harnisch angezogen.
85.
Lob und Ehre
Wer Ruhm und Ehr erlangen wil, das leckerhaffte Gut,
Hat sonst kein andres Mittel nicht als nur Gehirn und Blut.
86.
An die Venus
Wann die Sonne kümmt zu Bette, wann die halbe Welt ist blind,
Wird alsdann zum besten sehend, Venus, dein sonst blindes Kind.
87.
Von der Nigrana
Nigrana wüntscht ihr offt ein schönes Angesicht;
Das wüntschen hat sie wol, das haben hat sie nicht.
88.
Vom Tode eines guten Freundes
Der zuvor mein alles war, wird mir Angesichts
Durch deß Todes Morde-Stich nun mein alles nichts.
89.
Die Mittel zur Gesundheit
Hunger haben, müde seyn
Würtzt die Speise, schläft wol ein.
90.
Wir gebens dem Krieger, versagens dem Priester
Wann wir Kriegern musten geben, waren wir gezwungen reich;
Wann wir Kirchen sollen geben, sind wir willig Bettlern gleich.
91.
Auff Floram
Flora wünschet, daß ihr Mann sich mit einer andren paare.
Dieses thut nicht iedes Weib; stille nur! sie meint die Bahre.
92.
Auff Bibonem
Wann Bibo trincket Bier, das heist er: Schlamm geladen;
Wann Bibo trincket Wein, das heist er: abe laden.
Er ladet immer ein; er ladet immer abe;
Er wird es immer thun, es sey dann nicht im Grabe.
93.
Ein Kuß
Gibt Clara einen Kuß, solls viel gegeben seyn?
So offt sie einen gibt, so nimmt sie einen ein.
94.
Von der Casca
Wie daß ihr doch, daß Casca starb, die Schuld dem Artzte gebt?
Sie hat sich durch so lange Zeit zu Tode selbst gelebt.
95.
Von dem Luca
Lucas nennet seine Liebste: seine Flammen, seinen Blitz,
Seine Sonne, seinen Monden, (mercket!) seinen Ritter-Sitz.
96.
Vergnügligkeit
Alls treten unter sich und sich in sich verhüllen,
Ist sonst kein beßrer Schild für, Unfall, deinem Willen.
97.
Ein Kuß
Dein Mund ist etwas blaß; das bringt dir, Doris, spot;
Ich weiß wol, was hier hilft: von küssen wird er roth.
98.
Ein Neujahrs-Wuntsch
Dokius war Hofe-Pfarrer, wüntschte zu dem Neuen Jahre
Käyser, Königen und Fürsten, wem auch sonst zu wüntschen ware,
Diß und das, vorauß den Frauen Alexanders Pferd für eigen,
Daß da auff sich keinen Herren als nur seinen liesse steigen.
99.
Auff Vitum
Du stacktest, Veit, nechst unterm Dache
In einer unvergunten Sache;
Wofern du mehr wirst drinnen stecken,
So magst du dich wol besser decken,
Sonst möcht es sein vergunte Sache,
Daß man den Hahn zum Capen mache.
100.
Auff Morum
Morus kam nach Hofe schmausen;
Ohne Wust und ohne Grausen
Fraß er viel von einem Raben,
Den sie ihm zum Possen gaben.
Besser, daß ich dich verzehre,
Als daß ich dein Gastmal were!
Sprach er; daß es was bedeute,
Sagen aber alle Leute.
Desz dritten Tausend sechstes Hundert
1.
Auff Trullum
Frauenzimmer soll man ehren, anders sind es grobe Sitten;
Wie daß nechst dann einer Jungfer Trullus so in Schild geritten?
2.
Von meinen Reimen
Ich weiß wol, daß man glaubt, daß einer gerne thu
Das, was er gerne sagt; allein es trifft nicht zu;
Die Welt ist umgewand. Ich kenne manchen Mann:
An Worten ist er Mönch; an Thaten ist er Hahn.
Mein Reim ist manchmal frech, die Sinnen sind es nicht;
Der eine Zeug ist Gott, der ander das Gerücht.
Ich höhne Laster auß, ich schimpffe böse Zeit;
Dann die macht grosses Werck von grosser Üppigkeit.
3.
Der Friede
Wann wir immer wider uns, nimmer striten wider Gott,
Wäre Friede stets bey uns, wäre keines Streites noth.
4.
Wann bey Friede nicht ist Busse,
Steht der Fried auff keinem Fusse.
5.
Balbierer
Ihr Schärer, ihr seyd Ehren-Schänder, ihr schäret ietzt rein ab die Bärte,
Dafür ein Mann doch vormals immer, als wie für Ehr und Namen werthe.
6.
Die unbehutsame Jugend
Die Jugend ist wol gut,
Ist voller Geist und Mut,
Ist voller Glantz und Zier;
Nur dieses mangelt ihr:
Sie liebt nur ihr Gemach,
Denckt künfftigem nicht nach.
7.
Das Leben
Man klagt, daß unser Leben pflegt gar kurtz zu seyn.
Die Ewigkeit, schweig stille! bringt alles wieder ein.
8.
Auff Carponem
Von Neid dein Hertz, von Schmach ist, Carpo, voll dein Mund;
Du bist ein hündisch Mensch; du bist ein menschlich Hund.
9.
Von der Chlorinda
Chlorinda lebt und lacht; doch weist man sie zu Grabe:
Das Brautbett ist das Grab, der Gräber Venus Knabe.
10.
Ursprung der Bienen
Jungfern, habt ihr nicht vernummen,
Wo die Bienen her sind kummen?
Habt ihr doch vielleicht verstanden,
Was der Venus gieng zu handen,
Da sie den Adonis liebte,
Der sie labt und auch betrübte?
Wann im Schaten kühler Myrten
Sie sich kamen zu bewirthen,
Folgte nichts als lieblich liebeln,
Folgte nichts als tückisch bübeln,
Wolten ohne süsses küssen
Nimmer keine Zeit vermissen,
Küsten eine lange Länge,
Küsten eine grosse Menge,
Küsten immer in die Wette;
Eines war deß andren Klette,
Biß es Venus so verfügte,
Die diß Thun so wol vergnügte,
Daß die Geister, die sie hauchten,
Immer blieben, nie verrauchten;
Daß die Küsse Flügel namen
Hin und her mit Heeren kamen,
Völlten alles Leer der Lüffte,
Wiese, Thal, Berg, Wald, Feld, Klüffte,
Parten sich zum küssen immer,
Hilten ohne sich sich nimmer,
Sassen auff die Menschen-Töchter,
Machten manches Mund-Gelächter,
Wann sie sie mit Küssen grüßen,
Wann sie sie mit Grüssen küßen.
Aber Neid hat scheel gesehen,
Und Verhängnüß ließ geschehen,
Daß ein schaumend wilder Eber
Ward Adonis Todtengräber.
Venus, voller Zorn und wüten,
Hat gar schwerlich diß erlidten.
Als sie mehr nicht kunte schaffen,
Gieng sie, ließ zusammen raffen,
Aller dieser Küsse Summen,
Wo sie waren zu bekummen,
Machte drauß die Honig-Leute,
Daß sie geben süsse Beute,
Daß sie aber auch daneben
Einen scharffen Stachel geben,
So wie sie das Küssen büssen
Und mit Leid verbittern müssen.
Sag ich dieses einem Tauben,
Und ihr Jungfern wolts nicht glauben,
Wünsch ich euch für solches Stücke,
Daß euch Küssen nie erquicke;
Glaubt ihrs aber, o, so schauet,
Daß ihr nicht dem Stachel trauet!
11.
Beyderley Adel
Kunst und Tugend machet Adel; Adel machet auch das Blut;
Wann sie beyde sich vermählet, ist der Adel noch so gut.
Adel, den die Kunst gebieret, hat gemeinlich diesen Mut:
Daß er mehr für Geld als Ehre immerzu das seine thut.
12.
Englische Schärffe
Daß ihr Angler Blut mit Blute gäntzlich zu verwaschen denckt?
Durch Geblüte wird die Rache nur ernähret, nicht ertränckt.
13.
Über die deutschen Getichte Herren Wentzel Schärffers
Kein Kraut dient für das tödten;
Nein, sagen die Poeten:
Ein Blat von unsrem Krantze
Der frischen Lorber-Pflantze,
Erwärmt von unsrer Stirne,
Begeistert vom Gehirne,
Gibt Balsam zum genesen
Und trotzet das verwesen.
Nicht anders, ihr Poeten!
Der Tod kan keinen nöthen,
Den ihr und eure Sinnen
Nicht lassen wolt von hinnen.
Die alten, kühnen Degen
Gehn noch auff unsren Wegen,
Die ihrer Druden Lieder
Nicht liessen kummen nieder.
Was wüsten wir von Helden
Und ihrer Thurst zu melden,
Wann nicht Poeten-Geister,
Deß schwartzen Grabes Meister,
Die Sterbligkeit verbürget,
Daß sie sie nicht gewürget?
Was wär von tapffren Thaten,
Was wär von klugem rathen
Der Nachwelt kündig blieben,
Wann diese nicht geschrieben?
Es macht poetisch Tichten,
Daß alles bleibt im Liechten;
Sonst fiel in lauter Nächte,
Was Hertz und Witz verbrächte.
Es sind zwar mehr der Kielen,
Die auff daß ferne spielen,
Die hin nach Ewigkeiten
Gleichwol die Fahrt bereiten;
Doch dünckt mich, daß Poeten
Noch mehr als andre röthen,
Was Todten-Asche blasset.
Ihr Thun ist so gefasset,
Daß ihre süsse Sachen
Viel Buler ihnen machen;
Daß ihre Zierligkeiten
Die Sinnen mächtig leiten.
Sie zuckern alle Worte;
Es blüht an allem Orte;
Sie schreiben nicht, sie mahlen.
Die ungezälten Zahlen
Der andren Künstligkeiten,
Die künnen so bereiten
Gemüther zum verlieben,
Daß sie stets ihrer blieben,
Und die, die ihre bleiben,
Die künnen sich denn schreiben
Für Freunde derer Leute,
Dran Zeit hat keine Beuthe.
Wie dein Poete singet
Und mit dem Alter dinget,
Dich, Brieg, und die darinnen
Vom sterben zu gewinnen,
Das zeugen seine Lieder.
Was sonsten hin und wieder
Er künstlich, artlich spielet,
Daß Lust und Nutz man fühlet:
Diß kan genüglich zeigen,
Wie hoch Poeten steigen.
Brieg, ehre diß Beginnen,
Wilstu nach dir seyn künnen!
Zwar künnen ihr Gerüchte
Durch eigenes Gewichte
Verewigen die Tichter,
Doch durch bewogne Richter,
Die ihnen hold und günstig,
So wird ihr Trieb mehr brünstig,
Daß sich sie und die Ihren
Biß gar an Himmel führen.
14.
Auff Florindam, unter eines andren Namen
Sind, Florinda, deine Wangen ein beblümtes Lust-gehäge,
Gibt mein Mund sich an zum Gärtner, daß er dieser Blumen pflege.
15.
Recht und Gewalt
Lunten-Recht helt rechtes Recht nur für Lumpen-Recht;
Wo Gewalt zum Herren wird, ist Gerecht ein Knecht.
16.
Frantzösische Eitelkeiten
Deutsche müssen ja gar from und ohn alles Eitel seyn,
Weil sie nach der Eitelkeit ziehn in Franckreich erst hinein.
17.
Auff Mœchum
Mœchus ward mit Ernst vermahnt in ein andre Haut zu krichen;
Als er dieses nun gethan, ward er dennoch außgestrichen.
18.
Von Fürst Ludwigen von Anhalt, Stifftern der fruchtbringenden Gesellschafft, nunmehr lobsel. Gedächtnüß.
† 1649
Deutschland hat für längst geherrscht als ein Haupt der Christenheit;
Aber deutscher Sprache wehrt lag in tieffer Dienstbarkeit.
Daß nun auch die Sprache herrscht, höchlich gilt und lieblich schillt,
Dieses macht der theure Held, welchen altes Anhalt hilt,
Ludewig, der weise Fürst. Deutschland, Deutschland, wie mich dünckt,
Ist dein Mund gar viel zu schwach, daß sein Ruhm durch dich erklingt!
Singe, was du weist und kanst; sage, was du kanst und weist:
Du wirst nimmer recht geschickt; Er wird nie genug gepreist.
19.
Frantzösische Bräuche
Ich kan es wol gestehen, daß zierliche Geberden
Und höfliches verhalten in Franckreich kündig werden;
Diß aber kümt zu wichtig, daß gar nichts sonst soll tügen,
Was Deutsche für sich selbsten an eigner Art vermügen.
Thu diß in Deutschland, thu, was man in Franckreich thut,
Ich wett, es fellt so schön, ich wett, es ist so gut.
Die Übung fehlt uns nur, die Sinnen fehlen nicht;
Genug, wann iedes Volck sein eignes Thun verricht.
20.
Auff Pictiam
Daß Liebe brennt und kältet, gibt Pictia beweiß:
Den Brand macht das Gesichte; der Leib, der macht das Eiß.
21.
Freundschafft und Gold
Gold und Freunde gelten gleiche: iederley von dieser Wahr
Sucht man mühsam, find man sparsam, hat man immer mit Gefahr.
22.
Gewonheit
Gewonheit ist die gröste Frau, beherrschet alle Welt;
Gar wenig gilt, gar wenig taug, was sie nicht ächte helt.
23.
Deutschland
Deutschland ist ein Apothecke; denn darinnen wird genummen
Manch Gesund-Trunck, der auch deme, der nicht trinckt, soll wol bekummen.
24.
Menschliche Betriegligkeit
Was Thiere gleich nicht reden, das weisen die Geberden;
Die Menschen werden reden, was sie nicht meinen werden,
Sind also bey den Menschen, als Thieren, mehr gefärden.
25.
Ein indianisch Brauch
Wann ein indianisch Mann stirbt und wird verbrennt,
Dann wird seines Weibes Treu richtig dran erkennt,
Wann sie springet in die Glut. O, in unsrer Welt
Springt kein Weib, dieweil sie sich einem andren helt.
26.
Bücher-menge
Deß Bücherschreibens ist so viel; man schreibet sie mit hauffen.
Niemand wird Bücher schreiben mehr, so niemand sie wird kauffen.
27.
Freunde
Freunde, die das Glücke macht, sind kein rechtes Meister-stücke,
Wann sie nicht zuvor beschaut und bewehrt das Ungelücke.
28.
Verdächtige Sachen
Ein versöhnter Feind,
Ein erkauffter Freund
Sind zu einer Brücke
Ungeschickte Stücke.
29.
Wort-Geschwätze
Wo so viel Zentner Worte sind, da glaub es nur gar frey,
Das da nicht wol (ich sage viel!) ein Pfund vom Hertzen sey.
30.
Schönheit
Tausentschön, du liebes Kraut! iede Jungffer ist befliessen,
Daß sie dich (es hilfft sie auch) müg in ihrem Garten wissen.
Dennoch hat dich keine gar; so ein Ästlein manche hat,
Ist doch derer eben viel, die da haben kaum ein Blat.
31.
Schönheit
Was macht ein Bildnüss gut? die Farbe nicht, die Kunst.
Ist Tugend nicht dabey, hat Schönheit keine Gunst.
32.
Auff Aeriam
Aeria ist überirdisch, ist voll von Dunst und eitler Lufft;
Der Wind von West ist ihr Geselle: man siht ihn nicht; man merckt ihn offt.
33.
Türckische Herrschafft
Man sagt, deß Türcken Reich werd ehstes untergehen;
Was hilffts? Weil Türckisch Art bey Christen wil entstehen.
34.
Glauben und Vernunfft
Iemehr der Athem weicht vom Munde, ie minder wird er warm verbleiben;
Iemehr Vernunfft weicht von dem Worte, ie minder wird der Glaube gläuben.
35.
Von der Vlasca
Vlasca ist erschrecklich klug; Vlasca ist so grausam schön!
Wer sie siht, der hat ein Hertz; wer sich fürcht, muß zeitlich gehn.
36.
Frantzosen-Folge
Narren-Kappen sam den Schellen, wenn ich ein Frantzose wer,
Wolt ich tragen; denn die Deutschen giengen stracks wie ich so her.
37.
Das Verhängnüß
Wilstu dein Verhängnüß trotzen? ey, so wil nur, was es wil!
Ungeduld, Schreyn, Heulen, Schelten endert doch nicht dessen Ziel,
Macht vielmehr, was arg ist, ärger; macht auß vielem noch so viel.
38.
Auff den Selb-Lieb
Selblieb klagt, daß alles Volck ihn so hasset ohne Schuld;
Holder wird man dir dann seyn, wann du dir wirst minder hold.
39.
Auff Varium
Varius thu, was er thu, kan er dennoch nie nichts enden;
Eh er erstes hat gethan, hat er andres schon in Händen.
40.
Menschliche Zuversicht
Der Mensch, der nichts kan für sich selbst, wil immer doch auff Menschen bauen,
Wil Gott, der aber alles kan, noch dennoch selten viel vertrauen;
So starck zeucht unser Ursprung uns, herab auff Erde nur zu schauen.
41.
Gütigkeit
Die Grossen mügen gütig seyn
Und Hoheit doch nicht legen ein!
42.
Klugheit
Daß wir Gutes recht erlangen,
Daß uns Böses nicht mag fangen,
Drauff soll Klugheit seyn gericht;
Ausser dem so taug sie nicht.
43.
Mißgunst
Mißgunst sey sonst, wie sie wil; dennoch ist ihr Eigenthum,
Daß sie immer mehr verklärt, als vertunckelt unsren Ruhm.
44.
Die verachte Armut
Armut ist wie Aussatz arg; niemand greifft sie an zu heilen;
Ieder wil sich nur seit-ab, wo die Armen stehen, theilen.
45.
Lügen
Lügen sind gemeine trächtig; weil sie pflegen dann zu jungen,
Sind zum minsten sieben junge, wo nicht mehr, herfür gesprungen.
46.
Das Zeit-Rad
Die Zeiten sind als wie ein Rad; sie reissen mit sich um,
Wer sich an sie henckt, machen ihn verdreht, verkehrt, krum, thum.
47.
Das Leben
Wann wir lebten hier stets nach unsrem Willen,
Würde Lebens-Lust nimmer nie sich stillen.
48.
Auff Morum
Morus kennet Kräuter, Steine, Ertz und Vogel, Fisch und Thiere,
Kennt den Hasen doch nicht eigen, den er tränckt mit Wein und Biere.
49.
Das Glücke ein Weib
Man mahlt das Glücke wie ein Weib schon her von vieler Zeit,
Weil sie beständig wie ein Weib in Unbeständigkeit.
50.
Die Warheit
Die Warheit taug nur auff das Dorff, die grobe Bäuerin;
Wo man frantzösisch höflich ist, da taug sie gar nicht hin.
51.
Deß Krieges Fruchtbarkeit
Wann mein Feld mir so viel Garben, als der Krieg trug Unrecht, trägt,
Wil ich haben grosse Schätze gar in kurtzem hinterlegt.
52.
Auff Fartum
Wie kümmts, daß Fartus doch ein Narr durch Weißheit ward?
Die Weißheit wuchs zu hoch; drum wird sie umgekahrt.
53.
Die Gelegenheit
Es mangelt nie Gelegenheit, was gutes zu verrichten;
Es mangelt nie Gelegenheit, was gutes zu vernichten.
54.
Beginnen
Fang alles an nur mit Bedacht; führ alles mit Bestand;
Was drüber dir begegnen mag, da nim Geduld zur Hand.
55.
Verdacht und Unverstand
Ein fälschlicher Verdacht, ein blinder Unverstand,
Wo die Regenten sind, da räume man das Land.
56.
Schönheit
Die Schönheit ist der Schönen Feind,
Wo fromer Sinn sie nicht vereint.
57.
Gewissen
Wo du Lust zur Wollust hast, kanstu sie nicht besser büssen,
Als wann du dir legest zu ein schön Mägdchen, das Gewissen.
58.
Unschuld
Wer nicht selbsten kan betriegen,
Wird gemein betrogen;
Wer nicht andre kan belügen,
Wird gemein belogen.
59.
Auff Pseudonem
Wann die Warheit sonst nur wolte, künte Pseudo sie wol freyen;
Weil sie ihm ist zugesippet gar mit keinen Stammes-Reyen.
60.
Auff Pigrum
Immer ist der Tag zu lang, immer dir zu kurtz die Nacht,
Piger, weil mit nichts-thun Tag, Nacht mit Schlaf wird zugebracht.
61.
Von einem Spiegel
Heimligkeiten grosser Leute soll man, wie sichs ziemt, verschweigen.
Deiner Schönheit schön Geheimniß wil der Spiegel auch nicht zeigen;
Daß bey Hof er sey gewesen, Formiruta, dünckt mich eigen.
62.
Gold auß der neuen Welt
Daß so viel deß göldnen Staubes hat die neue Welt gestreuet,
Drüber ist noch nichts erschienen, daß die alte Welt sich freuet;
Dann das Gold der neuen Welt macht, daß alte Welt sehr narrt;
Jene macht wol gar, daß die gantz in ihrem Blute starrt;
Dann auff prachten, dann auff kriegen pflegt man allen Schatz zu wagen;
Arme Christen zu versorgen, wil die gantze Welt nichts tragen.
63.
Himmel und Hölle
Der Himmel liegt gar weit, ist leichte nicht zu finden;
Die Höll ist aber nah; es treffen sie die blinden.
64.
Die Pasiphae
Freundin deß Ochsens, Pasiphae, höre,
Wie man dir böslich stahl weiland dein Ehre!
Üblich ists heute noch; artliche Kinder
Wehlen zu Männern wie Esel so Rinder.
65.
Auff Longum
Longus ist der andre Bias; was er bey und an sich träget,
Dieses ists, das ihn ernähret und in weiche Bette leget.
66.
Regier-Kunst
Der Grund, worauff ein Thron sein festes stehen fand,
Ist (was man auch sonst sagt) ein richtiger Verstand;
Um den bat Salomo; da den er kunte haben,
Da fehlt ihm sonsten nichts an königlichen Gaben.
67.
Neuerungen
Was neu, ist angenem, wird widrig in der Eile,
Wann ihm nicht Gut und Nutz gibt Krafft und länger weile.
68.
Ein Buler und ein Säuffer
Der Säuffer auff den Beinen, der Buler an den Sinnen,
Siht Wunder, wer drauff sihet, wie beyde torckeln künnen.
69.
Von meinen Sinn-Getichten
Ob meine Sinngetichte mit Tausenden gleich gehen,
So dencke, wie viel Tausend der Augen gegen stehen!
Ich lasse mir genügen, ob ihrer viel gleich fallen,
Wo nur noch Platz behalten die tüchtigsten von allen.
70.
Weiber-Arten
Weiber, die man wacker nennt, sind gemeinlich schnöde;
Weiber, die man from beniemt, sind gemeinlich blöde;
Weiber, die man wirthlich heist, sind gemeinlich böse.
Schwer ists, wie mans treffen soll, daß mans recht auflöse.
Welche böse bösem ist, die ist zu erwehlen,
Und es mag am hurtig seyn und am from seyn fehlen.
71.
Völlerey und Plauderey
Wer viel redet, muß viel trincken; welcher aber trincket viel,
Kan hingegen selten reden, was er wil, und wann er wil.
72.
Tag und Nacht
Der Tag, der ist der Mann; sein Weib, das ist die Nacht;
Von denen wird die Zeit stets zur Geburt gebracht.
73.
Schlaf und Kost
Es fragt sich: ob das essen besser, ob schlafen besser zu ermessen?
Ungessen wirstu wenig schlafen und ungeschlafen wenig essen.
74.
Würde
Der Centner-schweren Bürde
Von Hoheit und von Würde
Wird emsig nach getrachtet;
Die Last wird nicht geachtet.
O, drunter nicht zu schwitzen,
Nur weich darauff zu sitzen,
Zu sorgen nicht, zu prangen
Ist alles angefangen.
75.
Auff Bonnam
Daß Bonna eine Jung-Frau sey, das glaub ich gar genau;
Sie war noch gar unglaublich Jung, da war sie schone Frau.
76.
Zeiten und Gebräuche
Man hat gehört bey aller Zeit von bösen Zeiten sagen;
Die Sitten mag, die Zeiten nicht, wer witzig ist, beklagen.
77.
Feile Ehre
Weiland muste man um Ehre wachen, bluten, schwitzen, schnauffen;
Nunmehr ist sie zahmer worden, lesset sich um Müntze kauffen.
78.
Auff Planum
Planus ist so hoch gewachsen, daß er biß zur Sonne geht;
Für die Erd ists gar verterblich, weil er ihr am Lichte steht.
79.
Auff Cottam
Die Seel ist Herr; der Leib ist Knecht; bekenn es, Cotta, frey,
Daß bey dir gar (wie ist der Herr?) der Knecht ein Schelme sey.
80.
Der Hof
Man heuchelt sehr bey Hofe; man tadelt auch gemein;
Im Lobe muß das Böse, das Gut im Tadel seyn.
81.
Die Aufferstehung Christi
Was hilffts, das unser Haupt erstund, wann wir doch, seine Glieder,
Uns in der Sünden finstres Grab vergraben immer wieder?
82.
Auff Puram
Pura helt an ihrem Gott immer treu und feste;
Ist hingegen, wo sie kan, ihres Nechsten Peste.
83.
Die Schöpffer deß Schöpffers
Der den Schöpffer weiß zu schaffen, thäte wol so gut daran,
Wann er eine Welt auch schaffte, die ein solches glauben kan.
84.
Auff Gniscum
Gniscus thut niemanden nichts; dennoch ist ihm niemand gut
Eben darum, weil er nie keinem etwas gutes thut.
85.
Ackerbau
Mit dem Pfluge Bergwerck bauen,
Gibt zum Reichthum recht vertrauen.
86.
Auff Blumonam
Blumona ward entjungfert; da solches wär geschehen,
Verschwur sie Haut und Haare, sie hett es nicht gesehen.
87.
Verleumdung
Daß ein Fromer dich geschmähet, trau nicht leichtlich auff Bericht;
Daß ein Böser dich geschmähet, wundre dich darüber nicht.
88.
Auff Vitum
Veit, gibt sich an zu dienen um schlecht-, ja keinen Sold;
Seht drauff nach wenig Jahren, was er hiedurch gewollt!
89.
Aie Gestalt
Wer, Flora, dein Gesichte nennt, der hat ein schönes Gut genant,
Das aber, wann ein Feber kümt, in einem Nu ist weggebrant.
90.
Ein heußlich Weib
Ein Weib, deß Abends wirthlich, deß Tages aber faul,
Die bleibet nur beym Esel; sie kauffet keinen Gaul.
91.
Die Zeit
Wer nichts thut, der hat viel gethan,
Daß er die Zeit so schlecht legt an.
92.
Ein babylonischer Gebrauch
Zu Babel worden schöne Töchter auff freyem Marckte feil gestellt;
Die ungestalten aber namen zur Mitgifft so gelöstes Geld.
Wann dieses heute noch bey Tage solt ebenmässig auch geschehn,
So wer es gut für solche Freyer, die nur auff schnöde Müntze sehn.
Ich aber, wann ich diesem Brauche nach Willen solte pflichten bey,
So meint ich, daß allhier das geben viel seliger als nehmen sey.
93.
Die Verwüstung Troja
Eine Stut und Hengst haben Troja umgekehrt:
Nemlich Helena und der Griechen höltznes Pferd.
94.
Auff Falsum
Ist Falsus ein Apostel? die Zung ist ihm zertheilt.
O nein! es ist nur sonsten ein Übel, das nicht heilt.
95.
Eine gleiche Heurath
Cacus hat ein Weib genommen, die ist ihm an allem gleich:
Häßlich, böse, faul und diebisch, geil, versoffen und nicht reich.
96.
Auff Vanam
Dein Mann, der ist der Finger, Frau Vana, du der Ring;
Schau, das nicht mit dem Ringe wer fälschlich siegeln gieng!
97.
Von meinen Reimen
Sind meine Reime richtig?
Sind meine Worte wichtig?
Nur daß nicht beydes nichtig!
Sonst sind sie gar nicht tüchtig.
98.
Der freye und knechtische Wille
Männer sollen luthrisch glauben; Weiber wollen bäptisch seyn:
Männer solln den Willen binden; Weiber wollen ihn befreyn.
99.
Hofe-Tugend
Bey Hof ist alles sonst umsonst;
Die beste Tugend ist die Gunst.
100.
Lachen und Weinen
Das Auge lacht die Wollust an; den Schmertz beweint es drauff:
Durch lachen ietzt, durch Weinen ietzt geht unser gantzer Lauff.
Desz dritten Tausend siebendes Hundert
1.
Eine Graß-Krone
Der sein Vaterland errettet, diesen krönte Rom mit Grase.
Blieb uns auch so viel von grünem, daß man wo zusammen lase,
Was zu einem Krantze noth denen, die das Vaterland
(Sonsten aber nichts davon) gleichwol liessen, daß es stand?
2.
Ein böse Weib
Ein böses Weib ist eine Wahr, die deutlich sagen kan,
Was für ein Narr der Käuffer war, der sie genommen an.
3.
Schnecken
Solln allererst die Schnecken
Die Hurtigkeit erwecken,
So mustu harren lange;
Sie würcken nach dem Gange.
4.
Dreyerley Glauben
Der Bapst, der wil durch thun, Calvin wil durch verstehn,
In Himmel aber wil durch glauben Luther gehn.
5.
Gewien
Wer dieser Welt wil recht genissen,
Der brauche Tück und kein Gewissen.
6.
Lob
Eines Narrens Probe,
Die besteht im Lobe;
Seine Kunst zu weisen,
Schleust ihn auff das Preisen.
7.
Menschliche Unwissenheit
Wie sehr der Mensch nach Wissenschafft verborgner Dinge ringt,
So bleibt ihm doch unzehlich viel, davon er sagt: mich dünckt.
8.
Auff Blondum
Blondus hat ein Weib gesucht, hat sie endlich auch erkohren;
Als er sie nun hat gehabt, hat er drauff sich selbst verlohren.
9.
Das Schreiben
Man schreibt auff weisses schwartz; doch bleibt als schwartz mehr weiß:
Die Schrifft ist gut, die mehr von from- als argem weiß.
10.
Göttliche und christliche Liebe
Wo es Gottes Liebe meint, wie es Christen-Liebe meint,
Wundert mich, daß einen Blick über uns die Sonne scheint.
11.
Auff Cuculum
Cuculus, dein liebes Kind, solte diß ein Vogel seyn,
Wäre, wie man meint, daran schwerlich eine Feder dein.
12.
Der Spiegel
Der Spiegel kan zwar weisen; doch kan er reden nicht;
Sonst hätt er manche Stoltze im Irrthum unterricht.
13.
Stunden-Glocke
Die Glock ist unser Wächter und saget uns die Stunden,
Nicht die, die kummen sollen, nur die, die weg sich funden.
14.
Der Glaube
Soll ein Liecht recht helle brennen, muß man es zu weilen putzen:
Daß der Glaube recht sich stärcke, kan das Creutz ihm mercklich nutzen.
15.
Auff Quintam
Quinta ist der Männer Spiegel, nimmet alles Bildnüß an,
Nur daß bey ihr nebst dem sehen ieder auch noch fühlen kan.
16.
Auff Blennum
Blennus sorgt für seine Liebste um geschickte Schenck- und Gaben,
Kauff ihr Bleyweiß; alle Tage muß sie dessen etwas haben.
17.
Von Nummoso und Biboso
Da Nummosus sterben solte, lieff er auff den Ober-Söller;
Da Bibosus sterben solte, lieff er nunter in den Keller;
Doch den schwartzen Knochen-Mann hilt nicht auff noch hoch, noch tieff,
Daß er beyden nicht hinnach, diß er sie erhaschte, lieff.
18.
Grosser Herren biten
Wann grosse Herren biten, wer deutsch alsdann versteht,
Versteht, daß hier das wollen nur bloß auff müssen geht.
19.
Ein Schein
Manches, was zum ersten Wein,
Wil zu letzte Threnen seyn.
20.
Auff Mopsum
Mopsus hat ein grob Verständnüß, meint, es sey ihm trefflich nützig;
Dann was tölpisch, tauret lange; stumpff wird leichtlich, was zu spitzig.
21.
Weiberhaare
Wie daß das Frauenvolck so lange Haare führen?
Sie sind der Zaum, womit der Mann sie kan regiren.
22.
Auff Simonem
Simon ist zu Feld ein Mann; schade! daß im Hause nicht
Einen Rock er zwingen kan, wie er einen Harnisch bricht.
23.
Der Sacarum Gewohnheit
Eh Jungfer mocht und Junggeselle sich weiland bey den Sacis paaren,
Must eines vor deß andren Stärcke durch einen sondren Kampff erfahren;
Wer überwand, war Herr im Hause.
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