Sanfthell im Seidenkleid von der Farbe weicher Seerosen. Der Nacken hebt sich frei entblößt. Das Haar über Schulter und Nacken offen. Ein helles Rosendiadem mit lichtseidenem Bande über die Stirn geschlungen.
Bleich, mit geschlossenen Augen, stillniederhängenden Armen. Sie schreitet die Stufen herab zum Thron, legt sich in die Silberkissen zurück. Hält die Hand über die geschlossenen Augen.
Dornröschens Gedanken
(singen bebend aus tiefem Schlaf)
Schwarze Rose, fern saugt ein zehrendes Licht.
Schwarze Rose, dein Schatten splittert und bricht.
Schwarze Rose, Strahlen schneiden die Nacht.
Weiß quälen Töne von Sonne entfacht!
Der Dichter
(singt leise und nähert sich Dornröschen)
Blank, im Wappenschoße den Sonnenstern,
Kommt der Prinz in Scharlach und Silbertracht
Zum Purpurschlosse der Mitternacht ...
Der Dichter faßt Dornröschens Hand und sinkt auf den Thronstufen vor ihr nieder. Dornröschen bleibt reglos mit geschlossenen Augen.
Dornröschens Gedanken
(singen aufgeregter)
Schwarze Rose, Sonne zerwühlt dein Schweigen,
Schwarze Rose, die tiefsten Quellen steigen.
Schwarze Rose, grell sprengen Wogen zum Licht.
Schwarze Rose, – schwarze Rose!
Königskind fleht,
Schwarze Rose, dein Kelch zerbricht!
Dornröschen zittert im Schlummer und sinkt erschöpft tiefer in die Kissen. Im weißen Saale fliegen Schatten grau auf und nieder.
Des Dichters Gedanken
(dumpfer)
Schwer ringen Licht und Schatten,
Des schwarzen Schlafes Ermatten
Fesselt tief mein schweigend Herz ...
Des Dichters Gedanken
(angstvoll und schlaffer, im Saale wird es grauer)
Der schwarzen Rose Duft
Wallt kühl von ihren Gliedern,
Umkreist mit Schattenliedern
Mein warmes Blut.
Grau rauchen Gesänge
Aus aschigen Schalen,
....
Das Licht erzittert,
....
Schwer wanken die Strahlen ...
Der Dichter wankt betäubt, sein Kopf sinkt in Dornröschens Schoß.
Das Echo singt im Garten die Melodie des Harfenliedes.
Die Schatten schwinden langsam von den Silberwänden. Dornröschens Gedanken beginnen leise klarer zu singen.
Dornröschens Gedanken
Einsam horcht das Königskind
Auf dem bleichen Eise.
Einsam bringt der leise Wind
Eine Harfenweise.
Das Echo des Harfenliedes klingt nochmals im Saale.
Dornröschens Gedanken
(wacher)
Zwei Augen fragen im Sonnenreiche,
Wo ist die Welle die rosenbleiche,
Die fern in blendender Brandung rauscht,
Mein Herz hat ihrem Jauchzen gelauscht.
Des Dichters Gedanken
(singen im Schlummer)
Blank im Wappenschoße den Sonnenstern
Kam der Prinz in Scharlach und Silbertracht,
Zum Purpurschlosse der Mitternacht ...
Dornröschen öffnet die Augen, singt mit eigener Stimme. Die Gärten, die Silberhalle, Rosen, Seide, beginnen sich zu röten.
Dornröschen
Auf sprühendem Throne die Sonnenmaid
In Rosenstrahlen und Lichtgeschmeid
Empfängt den Herrn der Sonne.
Rot rauschen Sonnen aus Felsenkluft,
Erwachende Lilien grüßen,
Die Maid ruft jauchzend zur Sonnenluft,
Komm meinen Herrn zu küssen.
Dornröschen biegt sich über den Dichter und küßt ihn lange. Die Rosen, das Silber, die Seide glühen purpurn. In Gärten und Halle springen in Rubinschalen rote glühende Kaskaden. Von den Ranken des Gewölbes sinken langsam dunkelrote Rosen.
Der Rosenschein
(singt heiß)
Vom Rotdorn in Strahlen schäumt Purpurhauch,
Blutscharlach bäumt der Granatenstrauch,
Öldüfte quellen vom Mandelbaum,
Rosig schwellen die Lüfte.
Dornröschen
Die Rosen rufen warm zum Garten.
Die Rosen lodern in heißem Erwarten.
Mein Prinz hörst du den Rosenschein?
Der Dichter
(erwacht)
Rosen?! Dornröschen mein!
Sie halten sich umschlungen. Sie sehen sich lange stumm in die Augen.
Der Rosenschein
(brausend)
Vom Rotdorn in Strahlen schäumt Purpurhauch,
Blutscharlach bäumt der Granatenstrauch,
Öldüfte quellen vom Mandelbaum,
Rosig schwellen die Lüfte.
Der Dichter
(hat sich erhoben und führt Dornröschen vom Throne, er singt innig leise)
Draußen flammen die Gärten, mein Kind,
Die Seen weben lichtseiden,
Draußen schäumt rosig der Blütenwind,
Mein Herz, – laß uns lieben und leiden.
Der Dichter und Dornröschen schreiten im roten Rosenregen durch die Halle hinaus in die purpurnen Gärten.
Hinter ihnen erlischt die Halle in Dunkelheit. Während sie draußen hinter den Rosenbüschen verschwinden, erlischt der Garten, mit der verklingenden Musik sinkt stummes Dunkel.
Sündflut
(Sangdichtung)
Die Flut unsichtbare Stimmen
Das letzte Lied Frauenstimme
Das letzte Gebet Männerstimme
Das Schweigen des Todes unsichtbarer Chor.
Schwarz eine Riesengrotte. Tief zerklüftet. Fleischrot der Himmel durch einen klaffenden weiten Riß. Draußen schwarzes Flutmeer, gewälzt, weit zum roten Horizont.
Auf schmaler Felskante, hinter Steinen, ein niederglühendes Feuer. Zerstäubt Rotglut über die nassen Wände. Jagt Rotschatten über das Grottengewölbe.
Rings in zerrissenen Klüften kochen die schwarzen Wasser.
Leise violette Blitze verzittern am Horizont.
Ein irres Weib, einen Aststumpf im Arme wiegend wie ein Kind, kauert am Feuer. Die Haare wirr. Brüste nackt, goldbeblendet. Sie lauscht unruhig auf den Sang der Flut.
Die Flut
Lachen, Kind, lachen,
Dunkel der Wind, Palmen knacken,
Schüttle den Nacken, schlafen nicht,
Nicht schlafen, erwachen!
Hyänen umheulen den nackten Mond,
Flammenkeulen,
Brände weiß, schnellen
Blitze, – blank gellen die Gärten.
Hörst du draußen im Mondnachtschatten,
Gold klingelt, goldene Ketten.
Hell reißen Matten, Wände,
Die bleichen geschmückten Sklaven,
Schleppen, reiten, fliehen.
Deine Hände klammre, greife mein Haar,
Irr brennen Agaven, Nesseln,
Die kreischende Schar, hinauf,
Felsentreppen,
Schwarze Schatten jagen, brüllen,
Heulende Herden Menschenratten,
Ehern klagen die Berge.
(Das Weib kriecht näher zum Feuer. Zittert angstwild.)
Eiserne Wolken, Meere,
Zischend die Mähne, stürzen,
Wellenkatzen in Knäulen
Weißnackt die Zähne,
Bleich flieht das Blut,
Blank Rachen an Rachen,
Kind! Kind! Mein Kind!!
(Das Weib springt auf. Schlägt mit der Stirn an die Felsen. Preßt das Gesicht an die Felswand.)
Traum – Traumfratzen nur,
Lachen, Kind, lachen,
Du schlummerst geborgen,
Morgen singen die Auen.
(Das Weib kichert halblaut. Preßt den Ast an ihre Brust. Liebkost das Stück Holz.)
Scharlachen die Terpintenbäume,
Hörst du den Phönix
Goldsingend erwachen?
Blau entfachen die Zedernschatten,
Ibisvögel schütteln die Träume
Lachen, lachen, lachen ....
Das Weib schüttelt sich in grellem Lachen. Lautlos fliegt weiß ein Blitz in die Grotte.
Das Weib duckt sich. Lauscht.
1 comment